Türchen 14 ~ Besuch für Sie

Völlig verblüfft spazierte Kakashi einige Tage später durch Konoha und betrachtete das geschmückte Dorf. Die Bewohner verzierten fleißig die letzten Details an ihren Ständen, während die ersten bereits geöffnet hatten. Es war noch früh am Morgen, doch das Dorf war hellauf und in größter Weihnachtsstimmung, die sich der Hokage erträumt hatte.

Auch sein Büro, so musste er feststellen, war mit einem kleinen Weihnachtsbaum geschmückt. Tsunade hatte ihn mit offenen Armen empfangen und schleunigst auf seinen Stuhl gesetzt, ehe sie winkend das Büro verlassen hatte. Nun saß er hier, vor seinem altbekannten Dokumentenstapel und sollte weiter arbeitete. Tsunade hatte es tatsächlich geschafft. Das gesamte Dorf war organisiert und glücklich, auch wenn sein Stapel gewachsen war. Es war eine wohltuenden Last weniger, nachdem eine weitere hinzugekommen war.

Guy hatte sein Bestes versucht, ihn zum Schlafen zu überreden, doch er konnte nicht. Selbst wenn er sich zwang, er vertrug keine Pause. Lieber war er sofort auf die Arbeit gegangen, um seinen Kopf mit anderen Gedanken zu füllen. Doch anstatt zu arbeiten, starrte er seit mehreren Stunden auf die flackernden Kerzen des kleinen Bäumchens und kritzelte ein Blatt nach dem nächsten voll.

Worte, die sein Geist ausspuckte. Worte, die sein Herz herausschreien wollten. Der Besuch hatte etwas in ihm geheilt. Er wusste, sie lebte. Ihr ging es gut. Sie war glücklich. Andererseits schien sie ihn zu hassen, was ihm die Luft aus den Lungen raubte. War das, was er da gerade tat, wirklich seine Lösung der Probleme? Ein letztes Wort.

Gierig sog er nach dem Sauerstoff, als es an der Tür klopfte und Shizune auf sein Zeichen eintrat. ,,Hokage-sama", begrüßte sie ihn und verbeugte sich mit ihrem Schweinchen auf dem Arm. ,,Besuch für Sie." Als sie beiseite schritt und er Kamiwa in sein Büro treten sah, glaubte er zu halluzinieren. Sein Stift klapperte auf den Holz, als dieser ihm spielend leicht aus der Hand glitt.

Sein Herz pochte so laut, dass sie ihn vermutlich hörte, desto näher sie trat. Vor seinem Schreibtisch blieb sie stehen, was ihn aus seiner Schockstarre holte und er hastig seine Zettel zusammen schob. Das Geschreibsel musste sie nicht unbedingt sehen. Ein Wort brachte er dennoch nicht aus sich heraus. Ihre Worte waren doch eindeutig gewesen, aber sie stand wirklich vor ihm und sah ihm fest in die Augen.

,,Ich bin immer noch nicht überzeugt, ob das eine gute Idee ist", begann sie das Gespräch, nachdem Shizune die Tür geschlossen hatte und die beiden interessiert beobachtete. ,,Aber ich möchte Antworten über jene Nacht und ich möchte versuchen, euer Anliegen umzusetzen." Ihre Entschlossenheit raubte ihm den Atem, ließ ihn schwer schlucken. Er wusste, auf was dies hinauslaufen würde - zumindest der Teil, der ihn direkt betraf.

,,Was hat dich so schnell umdenken lassen? Du warst dir deiner Meinung so sicher." Er war von sich selbst überrascht, dass er seine Stimme wiedergefunden hatte und sogar vollständige Worte über seine Lippen brachte. ,,Es gibt zu viele Ungereimtheiten und außerdem sehe ich es." Sie stoppte, schielte zu seiner Assistentin und er hörte ihre Frage, ob sie es laut aussprechen durfte. Zumindest wusste Kakashi, auf was sie anspielte.

Sorgfältig sammelte er seine Papiere zusammen und faltete sie, ehe er sie in die Taschen seiner Weste schob und sich erhob. Seine Schritte waren schwer, als wären seine Füße mit Blei gefüllt. ,,Shizune, kümmere dich bitte darum, dass Tsunade ihre Arbeit zu Ende bringt. Ich bin noch nicht auf der Höhe", befahl er ihr, was sie verdutzt schauen ließ, ehe sie verstand und aus seinem Büro verschwand.

,,Würdest du ein Stück mit mir gehen?" Er hatte nicht gedacht, dass es ihm so viel Kraft abverlangte, danach zu fragen, doch er war erwachsen und konnte die Dinge sachlich klären. Die Schwere breitete sich dennoch in seinem Körper aus, zog ihm die Augenlider zu. Er fühlte sich plötzlich so müde und an ihren Blick verstand er, dass sie es registriert hatte. Sie hatte es schon immer gesehen. ,,Natürlich." Sie lächelte schwach, aber ihr Lächeln strahlte so viel Wärme und Leichtigkeit aus, dass er die Energie fand, einen Schritt vor den anderen zu setzen.

So spazierten sie den Treppen hinab und verließen den Hokageturm. Kakashi führte sie, begleitet von dem Knirschen ihrer Schritte auf dem Schnee, aus dem Dorfkern heraus an den Rand, bis sie die Trainingsplätze vom Weg aus sehen konnten. Kleine Atemwölkchen verhinderten teils die Sicht, doch sein Blick blieb an dem See des Platzes hängen, der mittlerweile von Eis bedeckt war.

Auch Kamiwa entdeckte den See. ,,Da kommen Erinnerungen hoch", brach sie das Schweigen, als sie die Eisschicht musterte. ,,Das Eis wird aber noch zu dünn sein", klammerte er sich an den selben Gedanken und zuckte leicht mit den Mundwinkeln. Jeden Winter beobachtete er den See und schwelgte in Erinnerungen, doch deshalb waren sie nicht aus der Nähe des Dorftrubels getreten, sodass sie sich auf eine Bank nieder setzten, den glänzenden See dennoch im Auge behielten.

,,Was möchtest du wissen", lenkte er das Gespräch gezwungenermaßen zurück zu ihrem ursprünglichen Thema, doch zu seiner Überraschung schüttelte sie mit dem Kopf. ,,Ich möchte gern deine Version der Geschehnisse hören, aber das hat noch Zeit. Ich glaube, es ist wichtiger, dich wieder gerade zu biegen." Am liebsten hätte er geschnaubt. ,,Es hat die letzten zwei Jahrzehnte funktioniert, also sind ein paar weitere Tage kein Problem", rutschte es ihm heraus, sodass er sich zurücklehnte und in den Himmel blickte. Er wollte bloß keinen Augenkontakt herstellen, denn er wusste von ihrer Fähigkeit und wollte ihr diese Schmerzen ersparen. Vermutlich hatte sie es längst gesehen.

,,Ich habe es doch gesehen. Im Wirtshaus und vorhin in deinem Büro. Du bist am Ende deiner Kräfte." ,,Wenn du es schon weißt, wieso sprichst du es nicht direkt aus?" Es tat ihm in dem Moment leid, als die Worte seinen Mund verließen. Er war zu forsch, doch im Augenwinkel konnte er nur ihr warmes Lächeln sehen. Beruhigt, sie nicht verletzt zu haben, sah er wieder zum See. ,,Es sind deine Erfahrungen. Ich möchte sie dir nicht stehlen, sondern du sollst sie mir selbst erzählen." Nur ein Brummen entfloh ihm. Auch sie war erwachsen geworden, konnte ihre anfängliche Abneigung zügeln und zurückschrauben.

Er kannte ihre angesprochene Methode bereits, doch hatte sie nie angewendet, zumindest in den letzten Jahren nie. Wem sollte er auch seine Probleme erzählen? Doch wie durch ein Wunder war sie wieder bei ihm und bot es ihm an. Er zweifelte nicht an seinem Vertrauen ihr gegenüber, doch konnte er nach dieser langen Zeit sofort sein Herz ausschütten? Er fühlte sich in die alten Tage zurückversetzt, wie er jede freie Minute mit ihr verbracht und sie immer ein offenes Ohr für ihn gefunden hatte.

,,Hast du schon einen Platz für die Nacht?" Kakashi floh vor der Konfrontation, doch er suchte sich bereits Worte in seinem Kopf. Er brauchte nur Zeit, wollte aber diese nicht in Schweigen hüllen. Kamiwa verstand und schüttelte den Kopf. Fasziniert betrachtete er dabei ihr schwarzes Haar und wie ihre hellen Spitzen umherwirbelten. ,,Noch nicht", gab sie zur Antwort, auf die er sofort eine Reaktion abgeben konnte. Er war insgeheim Stolz auf sich, dass er die Konversation am laufen halten konnte. ,,Mach dir keinen Kopf. Ich kümmere mich darum."

1187 Wörter

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