Türchen 12 ~ 𝐺𝑒𝑤𝑖𝑡𝑡𝑒𝑟𝑛𝑎𝑐ℎ𝑡
Kakashi konnte es nicht verstehen. Es ließ ihn nicht los. Es trieb ihm die Tränen in die bereits geröteten Augen, doch er ging tapfer weiter voran. Er musste woanders hin. Er konnte nicht nach Hause. Nein - nicht noch einmal, nicht so. Nicht solange das Blut am Boden klebte. Nicht solange er blutige Abdrücke mit seinen Schuhen hinterließ.
Der Regen prasselte ungehalten auf ihn nieder, verwischte seine Spuren und fror ihn bis auf die Knochen durch. Eigentlich war er nach Hause gelaufen, um sich vor diesem Wetter zu schützen, doch dort hatte ihn der Teufel eingeholt. Noch nie in seinem Leben war er derart aus den eigenen vier Wänden geflüchtet. Das Grauen höchstpersönlich hatte ihn erwartet.
Ein Blitz, gefolgt von einem tiefen Donnergrollen ließ seine Glieder steif werden und sein Herz rasen. Er spürte wie sein innerer Antrieb pumpte, versuchte das Blut durch seine Adern zu schieben, bis es ihm in den Ohren rauschte. Seine Sinne versagten ihm den Dienst. Hören tat er lediglich sein eigenes Blut. Sehen tat er verschwommen und war froh, überhaupt eine Straße zu erkennen. Auch sein Gefühl verschwand, machte der Kälte Platz. Selbst als er ausrutschte, mit den Knien im Schlamm landete und sich die Handflächen aufschürfte, fühlte er nur ein leichtes Kribbeln.
Das Gartentor quietschte leise, als er sich die letzten Meter über den Gartenweg schleppte und mit seiner restlichen Kraft zaghaft an die Tür klopfte. Kaum, dass die Schläge verhallten, sank er auf die Knie und die Tränen kämpften sich stärker als zuvor an die Oberfläche. Er wusste nicht, wo er anders hingehen sollte als zu ihr. Das Wasser rann ihm von den Haaren über sein Gesicht und tropfte im Takt von seiner Nasenspitze auf seine verschmutzten Hände. Diese krallte er mit jedem Tropfen stärker in seine Hose, quetschte bereits seine Haut darunter schmerzlich zusammen. Er fühlte es nicht, spürte nur die Taubheit.
Er sah erst auf, als das warme Licht des Hauses auf ihn schien und er die überraschte Stimme Toraos vernahm. Er hörte weit entfernt seinen Namen, spürte wie er an den Schultern hochgezogen und in die Wärme hineingebracht wurde. ,,Maiko, hol Decken und setz Tee auf!" Seine Beine vollführten die Bewegungen ganz von allein, wie sie liefen und die Schuhe auszogen, wie sie ihn auf das Sofa brachten.
Kaum saß er, wurde er in große, flauschige Decken eingepackt, die ihm bis unters Kinn gezogen wurden. ,,Kamiwa, hol ein Handtuch." Bei dem Klang ihres Namen horchte er auf und vernahm kurz darauf, wie sie auf ihn zukam und ihm das Handtuch um die Haare wickelte. Sanft rubbelte sie ihn trocken. Ihr besorgtes Gesicht sah ihm entgegen, doch er brachte vor Schreck kein Wort aus sich heraus. Eher zitterte er stärker, brach seine steinerne Mauer und lehnte sich in ihre Arme, die sie ihm willkommen öffnete.
Schluchzend und schniefend hatte er in ihren Armen gelegen, hatte seinen Gefühlen freien Lauf gelassen. Der Tee wärmte ihn von innen, bis die Decken ihn schwitzen ließen. Trockene Kleidung hatte er von Torao erhalten, bis Kamiwa ihn auf die Beine zog und in ihr Zimmer brachte.
Dort lag er nun immer noch - in ihrem Bett, eingemummelt in ihrer Bettdecke. Die Tränen waren versiegt, doch schlafen konnte er nicht. Die Bilder hielten ihn wach. Die Bilder, die er im Wohnzimmer gesehen hatte, die ihn begrüßt hatten. Da vernahm er Stimmen. Nur leise, aber er konnte verstehen, dass sie über ihn redeten. Es waren Kamiwa und ihr Vater. Der Lautstärke nach mussten sie in der Tür stehen und ihn beobachten, auf ihn acht geben.
,,Deine Zeit ist gekommen. Pass auf ihn auf", hörte er Torao flüstern und einen Ton stiller hörte er ein heftiges Schlucken seitens Kamiwa. ,,Ich hoffe, du verstehst nun, warum du dich immer mit unserer Lehre beschäftigen musstest, anstatt Freunde zu finden." Irgendwie konnte Kakashi verstehen, was er damit meinte. Früher hatte er sie nie gesehen, nicht gekannt. Sie war eine Fremde, als sie in die Akademie kam. ,,Ja, Tou-san", flüsterte sie zurück, ,,um Shinobi wie ihm zu helfen."
Torao lachte heißer, um ihn nicht zu wecken, wie sie vermuteten. ,,So besagt es die Lehre, aber nun hast du Freunde. Kakashi ist einer davon, wenn nicht sogar dein bester Freund." Er glaubte, er tat etwas Verbotenes. Sein Kopf kreiste, denn die Lehre war doch eine Clan-Besonderheit. Sie hatte ihm einst erklärt, dass sie geheim und einzig für Angehörige gedacht war. ,,Du kannst nun deinen Freunden helfen und sie auf den rechten Weg bringen, Kamiwa. Eure Generation braucht dich als rettenden Anker. Vergiss das nie, egal wie schwer es für dich wird."
Wieder bejahte sie, diesmal bemerkte er jedoch den zögernden Hauch, der in ihrer Stimme schwang. ,,In dieser von Hass dominierten Welt braucht es Menschen wie uns. Auch wenn sie unsere Hilfe nicht annehmen, so reicht es vielen zu wissen, dass wir da sind." ,,Ich weiß. Ich kenne unsere Lehre bestens", kicherte Kamiwa, ehe seichte Schritte ertönten. ,,Gute Nacht, Tou-san."
Kakashi spürte, wie das Bett sich senkte und die Decke angehoben wurde. Sie rutschte neben ihn, hatte glücklicherweise sogar genügend Platz, da er sich an die Wand verkrochen hatte. Das Klicken der Tür verriet ihm, dass sie nun allein waren, weshalb er sich zu ihr umdrehte und in ihre sich weitenden Augen blickte. Das überraschte Braun funkelte ihm in der Dunkelheit entgegen.
,,Ich hätte das nicht hören sollen oder?", sprach er die Wahrheit. Er konnte sie einfach nicht belügen und sich gegenseitig anschweigen wollte er auch nicht. Er brauchte Ablenkung und sie gab ihm diese. ,,Ach, es war nichts allzu wichtiges", beruhigte sie ihn und wank ab, als sie ihren Kopf endlich auf das Kissen legte. Kakashi wurde warm ums Herz, als ihre Nasen nur wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. ,,Es gibt wesentlich Bedeutenderes in unserer Lehre, das ich dir nicht verraten werde." Frech grinste sie, doch zuckte zusammen, als ein Blitz das Zimmer erhellte und ein weiterer Donner von draußen ertönte.
,,Ob Shivani-Clan oder nicht, ich helfe dir auch so. Wir schaffen das." Sie klang zuversichtlicher, als er sich fühlte. Die Bilder drehten sich, waren präsent, verseuchten seine Gedanken. ,,Versuch zu schlafen. Morgen ist auch noch ein Tag und den werden wir nutzen." Nicht überzeugt von ihrem Plan nickte er dennoch und schloss widerwillig die Augen. Er sah es vor sich, doch als er ihre Hand auf seinem Arm spürte, wie sie ihn beruhigend streichelte, verblasste das Bild. Ihre Wärme stahl den Platz der Bilder, breitete sich in ihm aus und kaum dass er zur Ruhe kam, war er eingeschlafen.
1080 Wörter
Türchen 12: Die Hälfte ist geschafft und die Situation könnte doch besser nicht sein oder?^^
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