Akt VII - Knowing Me, Knowing You
"Ich muss noch eine Zeichnung fertig machen!", protestierte ich lautstark und wunk ab.
"Hey, ich muss dich doch langsam an den Alkohol gewöhnen, wenn diese Freundschaft halten soll.", meinte Namjoon stur und verschlang gleich darauf den Rest von seinem Reis.
"Wohin soll es denn gehen?", Halmoni hatte bereits ihre alten Öhrchen gespitzt.
"Ich würde gerne Ihre liebliche Enkelin mit zu Taehyung nehmen, um auf unsere frisch gebackene Freundschaft anzustoßen.", verriet er ihr mit einem verräterischen Lächeln auf den prallen Lippen.
"Du hast natürlich zugesagt, nicht wahr?", nickte meine Großmutter, die Namjoons Schüssel erneut mit Reis befüllte.
"Ich kann nicht. Die Zei-"
"Mehr kann ich wirklich nicht essen! Ich brauche bald sonst noch einen zweiten Magen, wenn ich weiter so durchgefüttert werde.", fiel mir der braunhaarige ins Wort.
"Du bist so ein großer junger Mann. Natürlich musst du viel essen damit du gut auf meine kleine Hexe aufpassen kannst!"
Ich schnäubte verächtlich.
"Wer passt hier auf wen auf. Er ist wie ein kleines Kind, unabhängig von seinem Erscheinungsbild."
Er war Mysterium für sich. Denn wie konnte man auf einer Ebene so schlau sein und auf der anderen Seite so dämlich sein? Ich verstand es einfach nicht und das würde ich auch niemals.
"Gut, dass du ja da bist um ein Auge auf ihn zu werfen.", kommentierte meine Großmutter amüsiert und schlug mit Namjoon ein.
Ich schürzte die Lippen entmutigt, gab mich kraftlos geschlagen. Gegen meine Großmutter hatte ich sowieso keine Chance, wenn es um mein Privatleben ging.
[...]
Namjoons forschender Blick klebte auf meinem Gesicht, als ich mir eine ganze Dose Bier hineinkippte.
"Heol~ Du bist ja eine richtige Saufziege."
Er trug aufgrund der heutigen Frühlingshitze bloß ein einfaches schwarzes Muskelshirt. Was mich aus unerklärlichen Gründen einen Großteil meiner Konzentration kostete, um ihm nicht auf seinen gut gebauten Oberkörper zu starren.
Aus engen Schlitzen missbilligte ich ihn und wollte ihm gerade meine geballte Faust gegen seinen Dickschädel schlagen, doch entschied mich im letzten Moment doch dagegen.
Gewalt war schließlich keine Lösung.
Er kicherte wie ein Kleinkind über meine Reaktion, stöhnte schmerzhaft auf, nachdem er stattdessen von Horang einen Tritt unter dem Kieferntisch erleiden musste.
Mein Mundwinkel zuckte belustigt auf den Anblick, der sich mir bot.
"Sorry, du hast es einfach verdient.", rechtfertigte sich die schwarzhaarige Schönheit schadenfroh.
Er stöhnte frustriert auf, rieb sich wehleidig das Schienbein.
"Yah! Kim Taehyung, krieg deine Freundin mal in den Griff!"
Doch dieser schüttelte seinen Kopf, bevor er seinen Arm um Horang legte und näher an sich zog, ohne den Blick von Namjoon zu lösen.
"Ich stehe voll und ganz hinter ihr.", keck zeigte Taehyung dem größeren die Zunge.
"Hey, vergiss nicht wer hier der Hyung ist!", erwiderte Namjoon neben mir entsetzt.
"Ah.", ich schaute mich unserer kleinen Runde einmal um. "Wie alt seit ihr überhaupt?", mir war soeben aufgefallen, dass ich nämlich überhaupt keine davon Ahnung hatte.
"Zweiundzwanzig , was ist mit dir?", erhob Taehyung als Erster das Wort.
Überrascht hob ich meine Brauen, da ich nicht damit gerechnet hatte, dass er in meinem Alter sei.
"Ich auch! 95iger?"
Er nickte fieberhaft und wir gaben uns feierlich ein High Five.
"Ein Chingu, endlich! Sonst bin ich immer der Jüngste. Wann hast du denn Geburtstag?", Taehyung schien sehr aufgeregt darüber zu sein, was ich als wirklich liebenswert empfand.
Ich unterdrückte den Drang zu Lachen -was ich in letzter Zeit recht häufig tat- und kratzte peinlich berührt meinen Hals, bevor ich sprach.
"Am 24 Dezember...", gestand ich und wurde himbeerrot vor Scham.
"Was?!", riefen alle drei im Chor und machten ein Gesicht, als wäre ich der heilige Geist persönlich.
"Das gibt's doch nicht. An Weihnachten Geburtstag haben.", merkte Namjoon gedankenverloren an und kam aus dem Staunen gar nicht mehr raus.
"Vor allem, weil Taehyung genau sechs Tage nach dir geboren wurde.", erfuhr ich von einer strahlenden Horang.
"Das ist echt Wahnsinn!", bemerkte Taehyung und ich war ebenfalls ziemlich verwundert über diesen Zufall.
"Ich bin die Älteste hier. Ich bin letzten Monat 24 geworden.", erzählte Horang mir.
"Wir beide.", sie zeigte abwechselnd auf sich und Namjoon. "Sind auch im selben Jahr geboren."
Das wurde ja immer skurriler hier, dachte ich mir, war aber tief im innern richtig fasziniert von diesem Zufall.
"Sie ist deine Noona?", hakte ich nach, jedoch nur damit ich Taehyung damit aufziehen konnte.
Er schien die Anspielung zu verstehen und gab mir mit einem kurzen warnenden Blick zu verstehen, dass ich nicht weiter darauf eingehen sollte.
"Ich werde erst im September vierundzwanzig", warf nun auch Namjoon ein und lächelte bestimmt.
Horangs Wohnung war nicht groß, doch sehr hübsch eingerichtet und mehr als genug für eine Studentin. Wir saßen in der Küche, die cremefarbene Wände besaß und mit einigen Fotos von ihr und Taehyung, sowie ihrer Familie ausgestattet waren. Es war gemütlich und ich fühlte mich kein wenig unbehaglich, anders als ich es zu Beginn befürchtet hatte.
"Erzähl uns noch etwas über dich.", Horang grinste selig.
"Ja, wir wollen dich kennenlernen. Was ist deine Lieblingsfarbe oder was machen deine Eltern beruflich?"
Bei der letzten Frage erstarrte ich .
"Taehyung.", ermahnte Namjoon ihn streng, woraufhin ich zusammenzuckte.
"Was denn?", Taehyung machte ein ahnungsloses Gesicht und auch Horang hob argwöhnisch eine Braue bei Namjoons schroffen Reaktion.
Er wusste es. Halmoni musste ihm davon erzählt haben. Da war ich mir sicher.
"Meine Eltern leben nicht mehr.", versuchte ich so unbeschwert, wie möglich zu sagen.
"Ich lebe seit meinem elften Lebensjahr mit meinen Großeltern zusammen... und seit kurzem nur noch mit meiner Oma.", verriet ich und zuckte mit den Schultern, als wäre es nichts besonderes.
"Tut mir leid, das wusste ich nicht..."
Reue spiegelte sich in Taehyungs Augen wieder und ich ahnte wie schlecht er sich fühlen musste. Doch ich hasste das Mitleid, das ihm ins Gesicht geschrieben stand.
"Schon gut...", ich gab mir Mühe die Stimmung nicht allzu sehr zu zerstören, doch es war bereits zu spät dafür.
[...]
"Du wusstest davon, oder?", verlangte ich von Namjoon zu erfahren nachdem er kurzerhand entschlossen hatten uns auf den Heimweg zu machen.
"Von deinen Eltern?"
Ich nickte zustimmend.
"Ja.", gab er zu und warf mir einen Seitenblick zu.
"Ich habe mit deiner Halmoni über meine Familie geredet, dann hat sie angesprochen was vor zwölf Jahren geschehen ist. Es war nicht meine Absicht davon zu erfahren. Es hat sich so ergeben."
Im Augenwinkel entdeckte ich, dass er die Stirn runzelte.
"Ich habe erzählt, dass meine Mutter uns verlassen hat, als ich noch ein Junge war.", seine Stimme bebte.
"Mein... Beileid.", Traurigkeit erfüllte mich, doch ich versuchte diese zu überspielen.
Ein verächtliches Lachen ertönte seinerseits und verschlug mir die Sprache.
Hatte ich etwas falsches gesagt?
"Sie lebt.", er verzog das Gesicht kummervoll.
"Sie hat mich alleine bei meinem Vater zurückgelassen und ist dann ohne weiteres verschwunden. Und ich...", er machte eine kurze Pause, als ich dabei war die Tür der Wohnung zu öffnen.
"Ja?", ich sah auf, um ihm zu signalisieren, dass ich ihm zuhörte.
"Ich möchte Halmoni nicht wecken.", flüsterte er, als wir den kleinen Flur mit der Garderobe betraten.
Der Anflug eines Lächelns legte sich auf meine Mundwinkel, was ihn anscheinend bedrückte.
"Keine Sorge, sie schläft wie ein Stein. Man könnte eine House Party schmeißen und sie würde es nicht bemerken.", dies war ein Fakt -ohne zu übertreiben.
Wie auf's Stichwort schaltete ich das Licht an und warf polternd meine Schuhe in die Ecke.
"Zur demonstration.", versicherte ich ihm sofort, da er auf der Stelle stand wie bestellt und nicht abgeholt.
Weiter ging er darauf nicht ein, da er zu merken schiein, dass ich etwas angetrunken war.
"Jedenfalls...", fing er den Fanden erneut auf. Hellhörig stolperte ich in unsere Küche, um mir etwas zu trinken zu holen. Hinter mir hörte ich wie er mir folgte.
"Möchtest du- Huch!", beinahe wäre ich gegen den Boden gekracht, da ich nicht aufgepasst hatte. Doch ich konnte spüren wie mich ein Paar starker Hände aufgefangen hatte.
"Du musst eindeutig lernen zu trinken.", er lachte spöttisch auf.
Ich entzog ihm den Griff von mir, drehte mich blitzartig zu ihm um.
"Gut, aber nur wenn du weitererzähltst."
Skepsis flackerte in seinen haselnussbraunen Augen auf, doch seine Mimik blieb regungslos.
"Wieso?"
Ich seufzte theatralisch auf.
"Weil ich absolut nichts von dir weiß, vielleicht?!", fauchte ich mit verärgertem Gesicht.
"Hm-mhm...Ich bin Kim Namjoon, bin 23 Jahre alt und meine Blutgruppe-", er stockte, verfiel in schallendes Gelächter, nachdem er meinen ungeduldigen und frustrierten Gesichtsausdruck endlich bemerkt hatte.
"Tut mir leid... Das ist nicht fair, ich weiß. Aber das ist eine lange Geschichte."
"Pff, ich hab Zeit.", ich wusste, dass ich meine Entscheidung am nächsten Morgen bereuen würde, aber im Augenblick war meine Begierde etwas über ihn zu erfahren größer, als das Bedürfins nach Schlaf.
"Wie du willst..", gab er schmunzelnd nach und ich merkte wie es in meinem Bauch kribelte, ignorierte es jedoch da ich nicht wusste weshalb.
Gemeinsam mit einer großen Flasche Soda und zwei Gläsern hatten wir abermals in der Küche platz genommen und redeten schließlich so lange, bis die Flasche leer und wir am Tisch eingeschlafen waren.
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