Special

„Gib mir einen Grund, und ich schwöre, ich werde es tun.“
Ich erstarrte und auch sonst rührte sich keiner.
Das durfte jetzt nicht wahr sein! Zwölf Jahre lang wartete ich auf diesen Moment – dass ließ ich mir auf keinen Fall zerstören!
Schon gar nicht von jemandem wie Schniefelus. Was tat er überhaupt hier? Fledermaus spielen? Oder Schülerschreck? Und wieso tauchte er ausgerechnet jetzt auftauchen, wo die vier uns langsam glaubten?  
Das braunhaarige Mädchen – ich glaube, sie hieß Hermine – fragte zögerlich:
„Professor Snape … es kann doch nicht schaden, sich mal anzuhören, was sie zu sagen haben, o-oder?“
„Miss Granger, halten Sie den Mund. Auf Sie, Potter, Black und Weasley wartet bereits der Schulverweis. Sie haben alle Regeln gebrochen und befinden sich in Gesellschaft eines Massenmörders und eines Werwolfs.“
„Du willst mich von Hogwarts schmeißen?“, fragte ich verblüfft. Musste ich mir Sorgen um Snapes geistige Gesundheit machen? Ich dachte, James und ich hätten bei ihm für eine unvergessliche Schulzeit gesorgt und er wüsste, dass er mit uns in einem Jahrgang waren.
Snape hatte meine Frage scheinbar nicht gehört, doch aus den Augenwinkeln sah ich, wie Melania, das schwarzhaarige Mädchen, zusammenzuckte.
Ihren Namen hatte Snape nicht gesagt, also hatte er mit ihr andere Pläne. Was auch immer es war, ich musste es verhindern. Das war ich ihr schuldig.
Wenn sie nun schon damit leben musste, mir geholfen zu haben, so wollte ich auch was für sie tun.     
Aber erst das Wesentliche. Harry versperrte die Tür und lieferte sich ein heftiges Wortgefecht mit Snape. Offenbar wollte mein Patensohn nun doch nicht, dass Remus und ich den Dementoren überlassen wurden. Anscheinend hatten wir doch große Fortschritte erzielt. Ich wollte ihm helfen, doch ohne Zauberstab war das praktisch unmöglich. James und Lily wären enttäuscht von mir.  
„Sie sind jämmerlich!“, rief Harry. „Nur weil Sie in der Schule zum Narren gehalten wurden, wollen Sie jetzt nicht mal zuhören!“
Ich musste fast lachen. Offenbar konnte Harry Snape genauso wenig leiden, wie James es getan hatte. 
„Ruhe!“, kreischte Snape. In seinen Augen erschien ein irrer Glanz und kurz machte ich mir Sorgen, dass er etwas unbedachtes tat. „So spricht man nicht mit mir! Wie der Vater, so der Sohn – oder die Tochter!“ 
Diese Worte verwirrten mich. James und Lily hätten es mir doch mit Sicherheit gesagt, wenn sie eine Tochter hätten. 
Snape schrie weiter:
„Ihr solltet mir auf Knien dafür danken, dass ich euch den Hals gerettet habe! Wäre euch Recht geschehen, wenn er euch umgebracht hätte! Du wärst gestorben wie dein Vater, Potter, zu hochmütig, um zu glauben, er hätte sich in Black getäuscht! Dich hätte er vielleicht am Leben gelassen Denn sicher bist du genauso falsch wie er! Ich werde Fudge sagen, dass ich dich in Blacks Gesellschaft gefunden habe, dann war es das für dich!“ 
Die letzten Sätze richteten sich gegen Melania und erneut verstand ich nicht, was Snape meinte. Wenn ich wirklich ein Massenmörder wäre, machte es doch keinen Unterschied, wie viele Menschen ich tötete.
Oder wusste er, dass Melania mich mit Essen versorgt hatte und ich ihr deshalb etwas schuldig war?
Aber die Wahrscheinlichste Erklärung war, dass er seinen Verstand verloren hatte. Seine nächsten Worte schienen das zu bestätigen.     
„Und jetzt geh mir aus dem Weg, Potter, oder ich räum dich fort!“
Um zu verhindern, dass Snape Harry etwas antun konnte, wollte ich mich auf ihn stürzen, doch ich war zu langsam. Harry, Melania, Hermine und der rothaarige Junge – Ron? – der eindeutig ein Weasley war, hatten ihren Zauberstab erhoben und riefen gleichzeitig:
„Expelliarmus!“
Die vierfache Wirkung des Zaubers hob Snape von den Füßen und ließ ihn gegen eine Wand krachen. Ohnmächtig rutschte er an ihr herunter. Sein Zauberstab landete auf dem Bett und an seiner Schläfe erschien ein kleines Blutgerinnsel.
„Wir haben einen Lehrer angegriffen.“ Hermine schien kurz davor, in Tränen auszubrechen. „Wir kriegen solchen Ärger.“
Lehrer? Die armen Schüler. Aber wenn dass gerade ihre einzige Sorge war … 
Ich bückte mich und befreite Remus, während Snapes Worte durch meinen Kopf hallten. Nachdenklich sah ich Moony an.
„Wieso sagte er „Wie der Vater so die Tochter“ ? Lily und James hatten keine Tochter! Und wieso wollte er mich von Hogwarts werfen?“
Wenn mich nicht alles täuschte, zögerte Remus kurz, bevor er antwortete.
„Er wollte dich nicht von Hogwarts werfen. Und Lily und James hatten keine Tochter, das stimmt.“
Gut, Lily und James hatten mir nichts verschwiegen. Remus sah Melania an, die sichtlich zitterte. Ob vor Kälte oder Angst, wusste ich nicht, tippte aber eher auf Angst. Doch das machte mich nicht unbedingt klüger.  
„Was meinte er dann damit?“
Remus seufzte.
„Das deine Tochter dir sehr ähnlich ist. Sie wollte er rauswerfen.“
Totenstille. In meinem Kopf ging es drunter und drüber, doch ich war mir sicher, dass ich von einer Tochter wüsste. Das musste also ein schlechter Scherz sein.
Trotzdem lachte ich, immerhin hatte Remus es geschafft, mich für einen Moment sprachlos zu machen. Das war ihm zu unserer Schulzeit nicht gelungen. 
„Sehr witzig, Moony. Ich habe keine Tochter, das kann ich dir versichern.“
„Und ich kann dir versichern, dass du eine hast. Aber frag sie doch selbst.“
Mir klappte der Mund auf. Ich folgte Remus Blick, der auf Melania ruhte. Sie starrte scheinbar hochkonzentriert zu einem zugenagelten Fenster, schien aber zu spüren, dass sie im Zentrum der Aufmerksamkeit stand. Sie wandte den Blick ab und sah mich an. Ihr schien das alles sehr unangenehm zu sein. Das war auch zu viel für mich.  
„Aber … wie … das kann nicht sein …“ Ich stürzte mich auf den letzten Rettungsanker der mir blieb, auch wenn es nur ein schwacher Versuch war. „Du hast gesagt, dein Vater wäre in Askaban!“
„Zu dem Zeitpunkt dachte ich das auch noch. Erst ein paar Tage später hörte ich, dass du geflohen bist.“ Ihre Worte waren kaum verständlich, sie flüsterte nur.
„Aber …“ Ich hatte keine Ahnung, welche Worte in so einer Situation angemessen wären. Allmählich kam ich zu dem Schluss, dass ich irgendwo – wahrscheinlich in Askaban – gestorben war. Dann wäre dass alles nur ein Traum, den sich das Schicksal für mich ausgedacht hatte.
Remus ersparte uns beiden die Antwort. 
„Das kann Melania alles später erklären. Dann kann sie dir auch von ihrem Bruder erzählen. Aber erst einmal sollten wir -“
„Bruder?“ Jetzt wo er es erwähnte, fiel es mir wieder ein. Arcturus. Es ergab Sinn. Auf irgendeine verdrehte Art und Weise.
Die Tatsache, dass Ron die Ratte nicht aushändigen wollte, wurde unwichtig, als ich wie gebannt Melania anstarrte. Melania Black, eine Gryffindor. Schwester von dem Slytherin Arcturus Black. So oft hatte sie mir die Geschichte erzählt, wie sie ihren Bruder an eine reinblütige Familie - die Malfoys - verloren hatte. Ich hatte sie immer verstanden, immer die Parallele zu dem Verlust meines Bruders gesehen – den ich nicht hatte retten können. Doch nie hatte ich dem Namen ihres Bruders große Beachtung geschenkt. Oder hatte ich es geahnt, aber wollte es nicht glauben? Die Familie Black war schließlich dafür bekannt, ihren Mitgliedern Namen von Sternen oder Sternbildern zu geben. Melania war zwar kein Name von einem Stern, aber das könnte daran liegen, dass ich meine sogenannte Familie und alle Traditionen gehasst habe. Außer meinem Bruder. Und ihr Bruder trug seinen Zweitnamen. Wie blind war ich gewesen? 
Melania wich meinem Blick aus. Als ob das etwas ändern würde. Sie hatte mir alles erzählt.
„Wie hast du rausgefunden, wo du hinmusst, Sirius?“
Remus Frage brachte mich auf den Boden der Tatsachen zurück. Erst der Verräter. Er hatte mir schon zu viele wichtige Menschen aus meinem Leben genommene. Also löste ich meinen Blick von Melania und holte aus meinem Umhang ein zerknittertes Stück Papier heraus. Dann hielt es hoch. Es war ein Zeitungsartikel von der ganzen Familie Weasley. Und auf Rons Schulter saß Krätze.

Das war das erste Special-Kapitel. Das zweite, das auch die Geschichte abschließen wird, erscheint nächste Woche.

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