Erstes Misstrauen
Ich bemerkte, dass der Zug wieder fuhr und als er das nächste Mal hielt, waren wir angekommen.
Die pferdelosen Kutschen fuhren uns von Hogsmeade nach Hogwarts, während die Erstklässler mit den Booten über den See fahren mussten. Vom Fenster der Kutsche aus erblickte ich Hogwarts, mit seinen beleuchteten Fenstern und vielen Türmen. Es beeindruckte mich genauso wie am ersten Tag, aber von der Nervosität von damals verspürte ich nichts mehr. Eher das Gefühl, endlich angekommen zu sein.
Zu Hause.
Ich freute mich auf das Festessen, da ich allmählich wirklich Hunger hatte. So gut Schokolade auch schmeckte, satt machte ein Stück auf Dauer nicht wirklich.
Durch die Tatsache, dass Arcturus mit mir geredet hatte und die Schokolade alle schlechten Gefühle verdrängte, hatte ich auch vergessen, dass man mich nun nicht mehr mit offenen Armen empfangen würde. Als Harry, Hermine, Rom und ich die Eingangshalle betraten, warf eine Schar Zweitklässler mir einen Blick zu und rannte panisch in die Große Halle.
Ich ignorierte sie, denn ich hörte, wie Harry und Hermine von Professor McGonagall gerufen wurde.
„Mr. Weasley, Miss Black – gehen Sie bitte weiter“, forderte sie uns auf, als auch Ron und ich langsamer wurden.
Sofort fingen wieder etliche Schüler an zu tuscheln, woraufhin ich innerlich aufstöhnte und mich beeilte, in die Große Halle zu kommen.
Gemeinsam mit Ron setzte ich mich an den Gryffindor-Tisch, wo wir für Harry und Hermine Plätze freihielten. Das war erstaunlich einfach, denn die meisten Schüler machten einen Bogen um mich. Es enttäuschte mich, dass nicht mal Lavender und Parvati, die mich immerhin schon zwei Jahre kannten, mich begrüßten. Andererseits waren die beiden schon immer unter sich geblieben.
Ich warf einen Blick zum Slytherin-Tisch, wo Arcturus saß. Er schien nicht gemieden zu werden, sondern stand bei seinen Hauskameraden anscheinend im Mittelpunkt.
Vor zwei Jahren noch hätte er es gehasst, heute schien er es zu genießen.
Paige saß in seiner Nähe, aber keiner beachtete sie. Als sie bemerkte, dass ich sie beobachtete, zwinkerte sie mir zu. Komplett unauffällig. Wenn Arcturus das mal tun würde – einfach, damit ich das Gefühl habe, ich wäre ihm wichtig.
Die Auswahlzeremonie ließ ich an mir vorbeirauschen und hörte erst mit meinen Grübeleien auf, als Harry und Hermine sich zu uns setzten. Hermine schien sich über irgendetwas zu freuen, während Harry genervt wirkte.
„Gibt es irgendwas Neues?“, wollte Hermine neugierig wissen.
„Bis auf die Tatsache, dass Melania von allen behandelt wird, als wäre sie ihr-wisst-schon-wer in Person? Nö, eigentlich nicht“, sagte Ron grinsend, woraufhin ich ihm einen mörderischen Blick zuwarf. Mein Vater wäre bestimmt stolz auf mich.
„Das ist nicht witzig, Ron!“, wies Hermine ihn sofort zurecht.
„Was wollte McGonagall von euch?“ Ich wollte vom Thema ablenken.
„Fragen, wie es mir wegen dem Dementorenangriff geht“, antwortete Harry augenverdrehend.
Hermine reagierte ausweichend:
„Nur noch was wegen meinem Stundenplan besprechen.“
„Ich bitte um Aufmerksamkeit!“
Erstaunt blickten wir nach vorne, denn normalerweise hielt Dumbledore seine Rede immer nach dem Essen.
„Heute geht es um ein unangenehmes Thema, deshalb bringen wir es lieber gleich hinter uns“, erklärte Dumbledore, dem die Verwirrung nicht entgangen war.
„Zuerst einmal möchte ich die neuen Lehrer vorstellen. Das Fach Pflege magischer Geschöpfe hat einen neuen Lehrer – und zwar niemand anderen als unseren Wildhüter Rubeus Hagrid!“ Applaus brannte auf, der am Gryffindortisch am lautesten war. Lehrer zu werden war schon immer Hagrids Traum.
„Hätten wir uns ja denken können!“, rief Ron. „Wer sonst würde ein beißendes Buch auf die Liste setzten?“
„Auch das Fach Verteidigung gegen die dunklen Künste ist neu besetzt, und zwar von Professor Remus Lupin!“, fuhr Dumbledore fort. Abermals lauter Applaus in der Großen Halle. Auch ich klatschte, denn Professor Lupin war mir sehr sympathisch. Snape aber anscheinend gar nicht, denn der Blick mit dem Snape Lupin bedachte, drückte nur eins aus: Hass.
Das fand ich nun schon ungewöhnlich, denn normalerweise war dieser Blick Harry und mir vorbehalten. Dumbledore fuhr fort:
„Der Wald ist weiterhin tabu, ebenso gilt die Regel noch, dass auf den Korridoren in der Pause nicht gezaubert werden darf. Doch dieses Jahr sind noch einige zusätzliche Sicherheitszauber um Hogwarts angebracht worden. Ich nehme an, ihr kennt den Grund.“
Anscheinend kannte ihn nicht jeder, denn Dumbledore erklärte es noch.
„In den Sommerferien ist ein Zauberer aus dem Gefängnis Askaban entkommen. Ein Zauberer, der viele Muggel mit nur einem Fluch getötet hat. Sirius Black.
Vor zwölf Jahren, als der schrecklichste Zauberer, den die Welt je gesehen hat, auf dem Höhepunkt seiner Macht war, stand Sirius Black ihm sehr nahe.“
Ich wandte den Blick von Dumbledore ab und sah zu den anderen Lehrern. Die meisten lauschten Dumbledore, doch Snape beobachtete Lupin, darauf bedacht, dass ihm keine Reaktion seinerseits entging.
„Zu eurem zusätzlichen Schutz wurden Dementoren rund um der Schule abgestellt. Bitte, auch wenn mir wiederholt versichert wurde, dass sie euch nichts tun werden, gebt ihnen keinen Anlass, euch Schaden zuzufügen. Denn sie würden euch nicht verschonen, dessen bin ich mir sehr sicher.
Gut, das war schon alles, soweit es mich betrifft …“
„Professor Dumbledore!“ Am Ravenclaw-Tisch war eine Schülerin aufgestanden, die ich auf vierte Klasse schätzte. „Black ist gefährlich, dass haben Sie selbst gesagt! Wer kann uns garantieren, dass er nicht Familienmitglieder einspannt, um ins Schloss zu kommen?“
„Miss Chang, ich vertraue jeder einzelnen Person in diesem Raum. Keine von ihnen würde Sirius Black helfen. Wenn Ihnen mein Wort nicht genügt und Sie sich in diesem Schloss nicht mehr sicher fühlen, müssen Sie die Schule wechseln oder privat unterrichtet werden.“
Keiner rührte sich, aber tiefe Dankbarkeit durchströmte mich. Dumbledore glaubte nicht, dass Arcturus und ich irgendetwas mit unserem Vater zu tun hatten. Natürlich würde diese Zuversicht nicht jeder teilen, aber vielleicht könnte unter Dumbledores Einfluss eines Tages wieder alles so werden wie früher.
Nach dem köstlichen Festessen ließen wir uns das Passwort sagen und gingen hoch in den Gemeinschaftsraum. Dort verabschiedeten Hermine und ich uns von Harry und Ron und gingen die Treppe hoch in unseren Schlafsaal. Lavender und Parvati waren noch nicht da, so dass ich mich ohne kritische Blicke bettfertig machen konnte.
„Gute Nacht!“, murmelte ich Hermine zu, während ich mich in meine Decke kuschelte.
„Gute Nacht“, kam Hermine geistesabwesende Antwort. Sie las noch ein Buch zu Ende.
Ich schlief sofort ein und bekam so nicht mehr mit, wie die anderen Mädchen den Raum betraten.
Am nächsten Morgen wachte ich rechtzeitig auf, ohne dass ich aus dem Bett gezogen werden musste. Parvati lächelte mir zu, Lavender ignorierte mich und Hermine warf mir meine Tasche aufs Bett.
„Beeil dich!“
„Dir auch einen guten Morgen.“
Ich machte mich fertig und ging gemeinsam mit Hermine in die Große Halle. Dort saßen bereits Harry und Ron, die uns die Stundenpläne gaben.
„Bei dir haben sie irgendwas durcheinander gebracht, Hermine“, merkte Ron an.
Bei einem Blick auf Hermines Stundenplan, verstand ich sofort was er meinte.
Dieses Jahr würden wir mit einigen neuen Fächern anfangen, die wir am Ende des letzten Schuljahr wählen sollten. Während ich mich mit Harry und Ron abgesprochen hatte und wir uns für dieselben Fächer entschieden, hatte Hermine jedes neue Fach gewählt.
Wir hatten ihr gesagt, dass das ganz schön viel werden würde, aber Hermine hatte sich taub gestellt.
Und nun stand auf ihrem Stundenplan um 9.00 Uhr Wahrsagen, Muggelkunde und Arithmantik.
„Ähm – Hermine, bist du sicher, dass dein Stundenplan so richtig ist?“, fragte ich verblüfft.
Sie las ihn sorgfältig durch und nickte dann.
„Ja, ich habe schließlich mehr Unterrichtet als ihr.“
„Aber wie willst du zeitgleich in drei Kursen sein?“
„Ich habe alles mit McGonagall besprochen.“ Mehr sagte Hermine dazu nicht, sondern aß ihr Frühstück. Ich musste mich ganz schön mit dem Essen beeilen, denn als Erstes hatten wir Wahrsagen und zwar ganz oben im Nordturm.
Es dauerte eine Weile bis wir hinfanden. Unzählige Treppen mussten wir hinaufsteigen, bis wir an einer Gabelung mit einem Gemälde von einem dicken, scheckigen Pony nicht weiterwussten, Harry und Ron wollten links langgehen, Hermine und ich rechts.
„Hey, ihr! Wohin des Weges?“
Ein Ritter stürmte in das Bild, wodurch sich das Pony aber nicht stören ließ, sondern in Ruhe weitergraste.
„Was habt ihr hier zu suchen, in meinem Teil des Schlosses? Verschwindet!“
Wir tauschten erstaunte Blicke, während der Ritter ein Schwert zog und damit herumfuchtelte – und sich fast selbst verletzte.
„Habt ihr mich nicht verstanden, ihr aufmüpfigen Rebellen? Ihr sollt verschwinden!“
„Können Sie uns vielleicht weiterhelfen?“ Vorsichtig näherte ich mich dem Gemälde, wovon der Ritter nicht begeistert war.
„Gehen Sie zurück, junge Lady! Ich will Sie nicht verletzten, doch ich würde es tun, um mein Land zu verteidigen! Das weite Land des edlen Ritters Sir Cadogan.“
„Wir müssen nur in den Nordturm. Kennen Sie den Weg?“, versuchte Harry sein Glück.
„Das ist alles? Ihr wollt nicht in meinem Land verweilen?“
Wir schüttelten einstimmig den Kopf.
„Dann folgt mir, werte Herren und edle Damen! Ich führe euch hin, auf schnellstem Wege! Und ich gebe euch meine Erlaubnis, ungehindert meine Lande zu durchstreiften. Doch solltet ihr kämpfen wollen, werde ich gnadenlos zurückschlagen. Und nun folgt mir werte Freunde, folgt Sir Cadogan!“ Mit diesen Worten rannte der durchgeknallte Ritter aus dem Bild und tauchte im Nächsten auf. Er führte uns zum Nordturm.
Gefühlte tausend steile Treppen später trafen wir auf einen Teil unseres Jahrgangs, der sich in einem kleinen Rundgang versammelte.
„Braucht Ihr jemals wieder Hilfe oder findet Ihr den Weg durch meine Ländereien nicht, dann ruft Sir Cadogan“, rief der Ritter.
„Klar, machen wir“, versicherte ihm Ron, woraufhin der Ritter verschwand. „- wenn wir je einen Narren brauchen.“
Ich sah mich im Rundgang um, konnte allerdings keine Tür zu einem Klassenzimmer sehen.
„Da oben“, murmelte Ron und als ich zur Decke sah, sah ich dort eine geschlossene Luke mit Aufschrift.
‚Sybill Trelawney, Lehrerin für Wahrsagen‘, las ich stumm und Harry, der meinem Blick gefolgt war, fragte laut:
„Wie sollen wir da hochkommen?“
Als hätte er ein entscheidendes Wort ausgesprochen, öffnete sich die Falltür und eine silberne Leiter entfaltete sich der Länge nach bis vor Harrys Füßen. So war er gezwungen, zuerst zu gehen und ich folgte ihm neugierig.
Ja, ich lebe noch! Tut mir Leid, dass in den letzten Wochen nichts gekommen ist. Ich hatte schulisch einiges zu tun. Die Lehrer haben beschlossen, in den letzten zwei, drei Wochen vor den Ferien noch einmal viele Klausuren zu schreiben.
Jetzt geht es jedenfalls weiter : )
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