Alles verloren?

Mir stockte der Atem. Irgendwas lief hier gewaltig schief.
Mein Blick huschte zwischen meinem Vater und Pettigrew hin und her. Pettigrew musste getötet werden, er war Schuld, dass Harry keine Eltern hatte und ich im Waisenhaus aufgewachsen war. Oder? 
Kurz ging ich im Kopf die Alternative durch. Wenn Harrys Eltern überlebt hätten, wäre trotzdem meine Mutter getötet worden. Sirius hätte nichts von meiner Existenz gewusst, aber vielleicht hätte Dumbledore ihm gesagt, dass er Kinder hatte. Dann wären Harry, Arcturus und ich wie Geschwister aufgewachsen.
Vielleicht wäre Arcturus auch nach Gryffindor gekommen.
Aber wenn nicht? Wenn Dumbledore nichts gesagt hätte? Die Überraschung wäre grandios geworden, wenn er es herausgefunden hätte. 
Aber es war nun mal so, wie es war. Und wenn Pettigrew gleich getötet wurde, dann – was dann? Nichts würde mehr auf seine Unschuld hinweisen, außer unser Wort. Und wer nahm schon vier minderjährige Hexen und Zauberer ernst?
Ich sah Harry flehentlich an. In seinem Gesicht sah ich die gleiche Erkenntnis. Aber wieso tat er denn nichts?
So gern ich es auch wollte, ich durfte sie nicht aufhalten. Harry schon. Sein Leben war durch diesen Verrat wesentlich mehr beeinflusst worden als meins.
Harry sah mich an. In seinen grünen Augen stand eine Frage. Ich nickte und er verstand.
Gerade als Sirius und Lupin den Fluch aussprechen wollten sprang Harry vor Pettigrew.
„Stopp! Sie sollten ihn nicht töten.“
Verblüfft starrten die zwei ihn an.
„Wenn er tot ist, gibt es keinen Beweis dafür, dass Sie unschuldig zwölf Jahre in Askaban gesessen haben“, erklärte Harry Sirius.
„Harry, dieser Feigling ist der Grund, warum du keine Eltern mehr hast“, sagte der. „Er hätte auch dich ohne mit der Wimper zu zucken verraten. Du hast ihn gehört, seine eigene Haut ist ihm mehr wert, als die deiner ganzen Familie.“
„Ich weiß. Aber er soll nach Askaban. Wenn es jemand verdient, dort zu sitzen, dann er. Wie siehst du das?“ Fragend sah Harry mich an. Ich nickte.
„Harry!“ Pettigrew warf sich vor Harry auf den Boden. „Ich danke dir! Das ist mehr, als ich verdiene!“
„Das stimmt.“ Ich warf ihm einen angeekelten Blick zu. „Du bist Schuld, dass mein bester Freund keine Eltern hat und ich dieses Schuljahr gemieden wurde, wie die Pest. Nur Klassenkameraden, die mich seit dem ersten Schuljahr kannten, haben noch mit mir geredet. Alle anderen haben mich voller Angst und Hass angesehen!“ Die Verzweiflung, die sich das ganze Schuljahr über angesammelt hatte, brach aus mir heraus. „Ich konnte es ihnen nicht einmal wirklich übelnehmen – wer will schon etwas mit der Tochter eines Massenmörders zu tun haben? Und nun zu erfahren, dass alles ganz anders ist … es ist unbeschreiblich. Ich habe mich schuldig gefühlt, nachdem wir das Gespräch in Hogsmeade belauscht haben, wo gesagt wurde, dass er –“ Ich zeigte auf Sirius „– Harrys Eltern verraten hat. Ich konnte nicht glauben, dass Harry noch etwas mit mir zu tun haben wollte. Und ich habe mir geschworen, wenn Harry Rache will, werde ich ihn nicht aufhalten.“
Ich verstummte abrupt. Solche Ausbrüche sahen mir nicht ähnlich. Wenn ich Kummer oder Sorgen hatte sprach nie mit anderen darüber. Ich wollte niemanden damit belästigen.    
„Ich habe das nicht gesagt, um dir einen Gefallen zu tun“, sagte Harry an Pettigrew gewandt. „Ich tue es, weil ich glaube, dass mein Vater nicht gewollt hätte, dass seine besten Freunde zu Mördern werden – nur wegen dir. Und ich tue es für Melania.“ Mit einem traurigen Lächeln sah Harry mich an. „Glaubst du, wir haben nicht bemerkt, wie schlecht es dir ging? Und wie sehr du gelitten hast? Wir wollten dir helfen, aber es ist gar nicht so einfach jemanden zu helfen, der nicht will, dass man ihm hilft.“
„Also – Askaban?“, brachte Lupin unser Gespräch wieder zum eigentlichen Thema zurück. Harry und ich nickten.
Also wurde Pettigrew gefesselt, Rons Bein wurde geschient und Snape wurde so verzaubert, dass er ein paar Zentimeter über dem Boden schwebte.
„Zwei von uns sollten sich an das hier ketten“, sagte Sirius und stieß Pettigrew mit seinem Fuß an. „Nur um sicherzugehen.“ 
„Das mache ich“, sagte Lupin.
„Und ich.“ Ron betrachtete Pettigrew mit dem größten Ekel. Krätzes wahre Gestalt schien er als persönliche Beleidigung zu sehen. Konnte ich gut verstehen.

Sirius beschwor Handschellen aus dem Nichts herauf und Pettigrew wurde mit einem Arm an Lupin, und mit dem anderen an Ron gekettet.
Krummbein führte die Prozession, es folgten Ron, Pettigrew und Lupin. Hinter ihnen schwebte Snape. In der Schwebe hielt ihn sein eigener Zauberstab, den Sirius auf seinen Rücken gerichtet hielt. Das Schlusslicht bildeten Harry, Hermine und ich.
Sirius warf mir über der Schulter einen Blick zu.
„Du verstehst sicher, dass das ein ziemlicher Schock war – oder?“
„Hast du es denn wirklich nicht geahnt?“ Ich mied seinen Blick und konnte es mir kaum vorstellen. Andererseits – wann hatte er wohl zuletzt in den Spiegel geguckt?
„Nein. Jetzt, im Nachhinein, fällt mir auf, dass ich es hätte sehen müssen. Nicht, weil du mir ähnlich siehst –“   „Aber das tut sie“, mischte sich Lupin von vorne ein. „Sie ist dir wie aus dem Gesicht geschnitten, Tatze.“
Sirius tat, als hätte er ihn nicht gehört.
„– sondern weil du die typischen Blackmerkmale hast. Schwarze Haare, graue Augen, hohe Wangenknochen. Du siehst fast genauso aus, wie meine Cousine.“ Bei den Worten verzog er das Gesicht.
„Damit meinst du wohl nicht Mrs. Malfoy?“ Das war die einzige Cousine von ihm, die ich bisher kennengelernt hatte und sie war weißblond gewesen.
„Nein, nicht Narcissa. Ich meine ihre verrückte Schwester, Bellatrix Lestrange.“
Mehr sagte Sirius nicht und ich hörte ihm an, dass er diese Cousine nicht ausstehen konnte und auch keine Fragen zu ihr gestellt bekommen wollte.
„Harry, ich weiß nicht, ob du es weißt, aber ich bin dein Pate“, wandte sich Sirus an Harry.
„Ich weiß.“
„Nun … deine Eltern wollten, dass ich den Vormund werde, falls ihnen irgendwas geschehen sollte.“
Harry schwieg.
„Also, wenn mein guter Name wieder hergestellt ist … und wenn ihr ein neues Zuhause wollt …“
Harry und ich tauschten einen ungläubigen Blick.
„Meinst du das ernst?“, wollte ich wissen.
„Es ist verständlich, wenn ihr nicht wollt“, fügte Sirius schnell hinzu. „Es war nur so eine Idee. Damit wir uns besser kennenlernen und so.“
„Natürlich will ich vom Waisenhaus weg!“, sagte ich energisch. „Alles dort erinnert mich an Arcturus und dort ist keine andere Hexe, kein anderer Zauberer …“
„Mir ist es verboten, auch nur ein Wort über Hogwarts oder meine Freunde zu sagen“, berichtete Harry. „Hast du ein Haus? Wann können wir einziehen?“   
Verblüfft sah Sirius zwischen uns hin und her.
„Ihr wollt? Im Ernst?“
„Ja!“, antworteten wir wie aus einem Mund.
Über Sirius Gesicht huschte ein Lächeln, welches ihn um zehn Jahre jünger erscheinen ließ, dann schwiegen wir bis zum Ende des Tunnels.

Krummbein berührte den Knoten am Baumstamm und Lupin, Pettigrew und Ron kletterten hinaus. Sirius führte Snape am Zauberstab hoch und trat dann beiseite um uns vorzulassen.
Es war Nacht geworden. Der Himmel war mit ein paar Wolken verhangen, sodass das einzige Licht von den fernen Fenstern des Schlosses kam, zu dem wir uns auf den Weg machten.
„Keine falsche Bewegung, Peter!“, sagte Lupin drohend, seinen Zauberstab auf Pettigrews Brust gerichtet.
Allmählich kamen wir dem Schloss immer näher. Die Wolken verzogen sich und der Vollmond schien auf uns hinab und beleuchtete unseren Weg.

Ich stockte. Vollmond?
Lupin, der mit Ron und Pettigrew vorrausging, war stehen geblieben. Er wirkte wie erstarrt. Snape prallte gegen sie. Sirius streckte seinen Arm aus um Harry, Hermine und mich zurückzuhalten. Lupins Arme und Beine fingen heftig an zu zittern.
„Rennt“, flüsterte Sirius uns zu. „Rennt los und zwar schnell.“
Keiner von uns rührte sich. Ron war an Pettigrew gekettet und der an Lupin. Von dem ging nun ein schauriges Knurren aus. Er verwandelte sich. Erst zog sich sein Kopf in die Länge, dann der Körper. Die Schultern schrumpften. Aus Gesicht und Hände sprossen Haare, letztere ballten sich zu klauenartigen Pfoten.
Der Werwolf bäumte sich auf und riss sein langes Maul auf.
Plötzlich realisierte ich, dass mein Vater verschwunden war. Suchend sah ich umher – er würde uns doch jetzt nicht im Stich lassen, oder? – und entdeckte Tatze, seine Animagusgestalt.
Er sprang auf den Werwolf zu , der sich von seiner Fessel befreit hatte, packte ihn im Nacken und zerrte ihn von uns weg. Sie verbissen sich ineinander, zerfetzten sich mit ihren Krallen das Fell – 

Dieser Kampf hatte etwas hypnotisierendes und auch wenn ich mir Sorgen um Sirius machte, so wusste ich trotzdem nicht, was ich unternehmen konnte, um ihm zu helfen. Zumal ich das Gefühl hatte, mit dem Boden verwachsen zu sein. 
Hermine schrie.
Mit Mühe wandte ich den Blick von den kämpfenden Tieren ab und sah zu ihr.
Im Bruchteil einer Sekunde realisierte ich, was sie so schockte. 
Pettigrew hatte sich auf Lupins Zauberstab geworfen und Ron, der ohnehin wacklig auf den Beinen war, wurde umgerissen. Es gab einen Knall, einen Lichtblitz und Ron rührte sich nicht mehr. Noch ein Knall und Krummbein wirbelte durch die Luft.
„Expelliarmus!“, rief ich, meinen Zauberstab auf Pettigrew gerichtet. Lupins Zauberstab wurde ihm aus der Hand gerissen und verschwand in der Dunkelheit.
„Bleib, wo du bist!“, rief Harry drohend und rannte auf Pettigrew zu. Doch auch der verwandelte sich. Man hörte noch etwas im Gras rascheln und dann war er fort.
Da es zwecklos war im Dunkeln eine Ratte zu suchen, drehte ich mich wieder zu den kämpfenden Tieren um.
Sirius konnte als Hund bei Nacht besser sehen – hoffte ich zumindest. Auf jeden Fall hatten Hunde einen besseren Gehör- und Geruchssinn.

Den Kampf mit dem Werwolf schien Tatze auch für sich zu entscheiden, denn der Werwolf rannte auf den Wald zu.
„Er ist fort!“, rief ich dem Hund zu. „Pettigrew hat sich verwandelt!“
Ich bemerkte das Blut an Tatzes Maul und die tiefen Risse auf dem Rücken, doch ihn schien es nicht zu stören. Bei meinen Worten rappelte er sich auf und rannte über das Gelände davon.
Ich sah ihm kurz nach und betete, er würde die Ratte finden, dann rannte ich zu Ron. 
„Was hat er ihm angetan?“, flüsterte Hermine mit zitternder Stimme. Rons Augen waren halb geschlossen, sein Mund stand offen. Er lebte, doch schien uns nicht zu erkennen.
„Ich weiß nicht …“
„Wir gehen besser hoch ins Schloss und holen Hilfe“, sagte Harry. „Kommt mit –“
Doch dann durchbrach ein Winseln die Nacht, ein Hund der Qualen litt …
„Dad“, hauchte ich. Ohne zu zögern rannte ich los. Er war in Schwierigkeiten. Ich hörte jemanden hinter mir und wusste, dass es Harry war.
Das Jaulen kam vom Seeufer. Ich rannte dorthin und wunderte mich über die Kälte, die mir entgegenschlug. 
Als das Jaulen verstummte, bekam ich einen riesigen Schreck, doch als ihn sah, war ich erleichtert. Sirius hatte sich nur in einen Menschen zurückverwandelt. Er kauerte am Ufer, die Hände über dem Kopf verschränkt.
„Nein“, stöhnte er. „Nein … bitte …“
Ich verstand nicht, wovor er sich fürchtete, bis ich meinen Kopf hob. Mir wurde schwindlig. Über hundert Dementoren kamen von der anderen Seite des Sees auf uns zugeschwebt. Das erklärte die Kälte.
Noch mehr Dementoren erschienen von der Seite.
Jetzt war ein entkommen unmöglich.
Ich drehte mich zu Harry um. Ich sah über seine Schulter Hermine, die am Rand zur Ohnmacht schien, angesichts dieser Überzahl an Feinden.
„Du hast es gelernt, Harry!“, rief ich. „Du hast gelernt, wie man die Dementoren bekämpft. Sag es uns!“
„Denkt an das glücklichste Erlebnis, was euch einfällt“, sagte Harry.
Er ging ein paar Schritte weiter nach vorne, hob seinen Zauberstab und rief:
„Expecto patronum!“          
Nichts passierte.
„Es muss funktionieren!“ Harrys Stimme klang verzweifelt. Er versuchte es erneut, mit demselben Effekt. Sirius kippte zur Seite und blieb reglos liegen. 
Ich erschrak. Ein glückliches Erlebnis also, okay. Ich erinnerte mich an das Gefühl, als ich zu ersten Mal die Winkelgasse betreten habe. Wie wundersam mir alles erschienen war und wie froh ich war, dass es noch mehr gab, die seltsame Dinge tun konnten.
„Expecto patronum!“ Auch bei mir passierte nichts. 
Hermine hatte keine Kraft für diesen Zauber. Als es Harry gelang, einen dünnen silbernen Faden zu erzeugen, der wie ein schwaches Schutzschild über uns schweben blieb, brach Hermine zusammen. Ich wusste, ich würde auch nicht mehr lange durchhalten. Die Dementoren zogen ihren Kreis immer enger.
Noch zweimal versuchte ich einen Patronuszauber heraufzubeschwören, dann schwanden auch mir die Sinne.

Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf irgendwas weichen. Ich wollte weiterschlafen, doch die lauten Stimmen hielten mich davon ab.
„Ich mag mir gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn Sie nicht da gewesen wären, Snape!“
„Danke, Minister.“  
„Orden des Merlins, zweiter Klasse, würde ich sagen. Erster, wenn ich´s deichseln kann!“
„Herzlichsten Dank, Minister!“
Warum bekam Snape einen Orden des Merlins? Was war geschehen? Ich öffnete die Augen und damit kamen all die Erinnerungen zurück.
Sirius – Pettigrew – die Flucht!
Ich wollte mich aufsetzten, doch irgendwas hielt mich davon ab. Doch immerhin wusste ich jetzt, dass ich Krankenflügel war. Unterdessen redeten Fudge und Snape weiter.
„Black hat Potter, Granger und Weasley verhext, war mir auf der Stelle klar. Offenbar hat seine Tochter sie zu ihm gelockt und er hat sie dann mit einem Verwirrungszauber belegt. Glaubten, er wäre doch unschuldig. Die drei waren für ihre Taten nicht verantwortlich. Aber Miss Black – spielt ihnen jahrelang vor, sie sei ihre Freundin, um sie bei der erst besten Gelegenheit zu verraten.“
„Ja, da hat man immer noch die Hoffnung, dass die Kinder von solchen Menschen anders werden und wird so enttäuscht. Es war die richtige Entscheidung, sie zu fesseln.“ Zu fesseln?
Ich hob soweit es ging meinen Kopf und sah, dass über meinen Brustkorb, meine Oberschenkel und Knöchel Gurte festgeschnallt waren.
Darum konnte ich mich nicht bewegen.
Ich war auf Muggelart gefesselt worden.
Ich strengte mich an, ruhig zu bleiben und nicht gegen die Gurte zu kämpfen.
Das würde sie nur noch in dem Glauben bestärken, dass sie alles richtig gemacht hatten und mir nicht zu trauen war.
Stattdessen lauschte ich weiter.
„Was mich am meisten überrascht, ist das Verhalten der Dementoren. Sie haben keine Ahnung, warum sie zurückgewichen sind, Snape?“
„Nein, Minister. Als ich zu mir kam, nahmen sie gerade wieder ihre Posten an den Toren ein.“
„Unglaublich. Aber Black, seine Tochter, Harry und das Mädchen waren –“ 
„Alle bewusstlos, als ich zu ihnen gelangte. Ich habe die Blacks natürlich sofort gefesselt, Tragen heraufbeschworen und sie gleich ins Schloss gebracht.“
Ich drehte meinen Kopf. Links von mir lag Ron, Madam Pomfrey beugte sich über ihn. Zu meiner rechten Seite sah ich Harry und hinter ihm Hermine. Hermine schien starr vor Angst. In Harrys Gesicht konnte ich entsetzten erkennen. Hermine legte einen Finger auf die Lippen und zeigte auf den Eingang.
Ich sah zur Tür. Sie stand offen  und vom Korridor drangen die Stimmen von Fudge und Snape. Madam Pomfrey ging zu Harrys, ohne mich eines Blickes zu würdigen.      
„Aha, du bist wach!“, begrüßte sie ihn.
„Wie geht’s Ron?“, fragten wir alle gleichzeitig.
„Er wird’s überleben.“ Madam Pomfreys Miene war bitter. Es war wohl etwas ernstes. „Und ihr, ihr bleibt hier, bis ich überzeugt bin, dass – Potter, was fällt dir ein?“
Harry hatte sich aufgerichtet, seine Brille aufgesetzt und nach dem Zauberstab gegriffen. Er sah zu mir.
„Was haben sie dir angetan?“
Ich schaffte ein schwaches Lächeln und sagte sarkastisch:
„Du hast es doch gehört, ich habe euch zu meinem Vater geführt.“
„Aha, ein Eingeständnis der Schuld!“, rief Madam Pomfrey und warf mir einen vernichtenden Blick zu.
Harry drehte sich zu ihr um.
„Ich muss mit dem Schulleiter sprechen.“
„Potter“, versuchte Madam Pomfrey ihn zu beruhigen, „es ist alles gut. Sie haben Black. Er ist oben eingeschlossen. Die Dementoren werden ihn jeden Moment küssen –“
„WAS?“
Harry und Hermine sprangen auf. Einfach aus Instinkt heraus wollte ich ihnen folgen – doch die Gurte hielten mich zurück. Hermine kam zu mir und versuchte mich zu befreien.
„Lassen Sie sie frei!“, flehte sie Madam Pomfrey an. „Sie hat nichts getan!“
„Das habe nicht ich zu entscheiden“, war die schlichte Antwort.
Fudge und Snape hatten den Schrei gehört und einen Moment später standen sie m Krankenflügel. 
„Harry, Harry, was soll das denn?“, fragte Fudge ihn besorgt. „Du sollst doch liegenbleiben!“
„Minister, bitte hören Sie!“, flehte Harry. „Sirius Black ist unschuldig! Peter Pettigrew hat seinen eigenen Tod nur vorgetäuscht! Wir haben ihn heute gesehen! Sie dürfen nicht zulassen, dass die Dementoren diese Sache mit Sirius anstellen!“
„Das stimmt, Minister“, mischte ich mich von meinem Platz im Bett ein. „Pettigrew ist ein Animagus! Er kann sich in eine Ratte verwandeln und –“
„Miss Black, Sie werden angeklagt, da Sie einem potenziellen Mörder Beihilfe geleistet haben. Noch dazu haben Sie ihre Freunde fast in den sicheren Tod geführt! Nur Dank Professor Snape sind Sie noch hier. Macht das Ihnen kein schlechtes Gewissen?“
„Nun, da ich nichts von dem getan habe, was Sie gesagt haben, würde ich sagen - Nein!“
„Minister, bitte!“, versuchte Hermine ihr Glück. „Ich habe Pettigrew auch gesehen. Er war Rons Ratte Krätze! Und die Vorwürfe gegen Melania sind wirklich nicht berechtigt! Sie hat nichts von dem getan, was ihr vorgeworfen wird! Sirius wusste nicht mal was von ihr!“
„Sehen Sie, Minister?“, fragte Snape mit einem gehässigen Grinsen. „Völlig übergeschnappt. Black hat ganze Arbeit geleistet …“
„Wir sind nicht übergeschnappt!“, sagte Harry zornig. „Wir versuchen nur, Ihnen zu erklären, was passiert –“
Madam Pomfrey steckte Harry ein riesiges Stück Schokolade in den Mund, an dem Harry sich verschluckte. Madam Pomfrey nutzte das und schob ihn zu seinem Bett.  
„Nun Minister, diese Kinder brauchen Ruhe und Pflege – bitte gehen Sie.“
Dumbledore kam durch die offene Tür in den Krankenflügel.
Bei seinem Anblick wurde mir leichter ums Herz.
Dumbledore konnte alles regeln.
Das schien auch Harry zu denken. Er würgte sein Schokoladenstück herunter und fing an zu reden.
Ich hielt wohlweislich meinen Mund, schließlich war Fudge noch da. 
„Professor Dumbledore, Sirius Black …“
„Um Himmels willen!“, platze Madam Pomfrey der Kragen. „Ist das hier der Krankenflügel oder nicht? Direktor, ich muss darauf –“
„Verzeihung, Poppy, aber ich muss kurz mit Mr. Potter, Miss Granger und Miss Black sprechen.“ Dumbledore blieb ruhig. „Ich habe eben mit Sirius Black geredet –“
„Und der hat Ihnen mit Sicherheit den gleichen Mist erzählt, den er Potter ins Hirn gepflanzt hat?“, zischte Snape. „Mit einer Ratte und Peter Pettigrew, der noch am Leben sein soll?“
„Das ist tatsächlich seine Darstellung.“
„Und meine Darstellung zählt überhaut nicht?“, fragte Snape wütend. „Pettigrew war nicht in der Heulenden Hütte und auch draußen auf den Ländereien war keine Spur von ihm!“
„Sie waren doch bewusstlos, Professor!“, erinnerte Hermine ihn. „Und Sie kamen zu spät um zu hören –“
„Miss Granger, hüten Sie ihre Zunge!“
„Ich möchte mit Harry, Hermine und Melania unter acht Augen sprechen“, sagte Dumbledore bestimmt. „Cornelius, Severus, Poppy – bitte lassen Sie uns alleine. Die Angelegenheit duldet keinen Aufschub.“
Madam Pomfrey ging wütend in ihr Büro und Fudge warf einen Blick auf seine Taschenuhr.
„Die Dementoren müssten inzwischen da sein. Ich werde sie in Empfang nehmen. Wir sehen uns dann oben, Dumbledore.“
Fudge ging zur Tür und hielt sie für Snape offen. Der rührte sich nicht, sondern starrte Dumbledore an.
„Sie glauben doch nicht etwa Blacks Geschichte?“
„Ich würde jetzt gern mit Harry, Hermine und Melania alleine reden“, wiederholte Dumbledore.
Snape trat näher und senkte die Stimme.
„Sirius Black hat schon im Alter von sechzehn Jahren bewiesen, dass es zum  Mord fähig ist. Sie haben nicht vergessen, dass er mich einst umbringen wollte?“
„Mein Gedächtnis hat nicht gelitten, Severus.“
Snape drehte sich um und rauschte hinaus.
Als auch Fudge verschwunden war und Dumbledore sich uns zuwandte, fingen wir alle gleichzeitig an zu erzählen. Doch Dumbledore hob die Hand um uns zum Schweigen zu bringen.
„Ihr seid jetzt mit zuhören dran und bitte unterbricht mich nicht“, sagte er ruhig. „Wir haben wenig Zeit. Es gibt nicht einen Beweis für Sirius Geschichte – nur eure Aussagen. Und die Aussagen von vier minderjährigen Zauberern – von denen auch noch eine mit Sirius verwandt ist – wird niemanden überzeugen.
Eine Straße voll Augenzeugen hat bestätigt, dass Sirius Peter getötet hat und ich selbst habe im Ministerium ausgesagt, dass Sirius der Geheimniswahrer deiner Eltern war, Harry.“
„Professor Lupin kann Ihnen erklären –“
„Professor Lupin steckt gegenwärtig im verbotenen Wald und kann niemandem etwas erklären. Wenn er morgen früh wieder zurück kommt, wird Sirius tot sein; schlimmer als tot. Noch dazu wird einem Werwolf heftig misstraut und dass er früher mit Sirius befreundet war, verbessert die Situation nicht gerade.“
„Aber –“
„Es ist zu spät, Harry. Professor Snapes Schilderung der Ereignisse war überzeugender als eure.“
„Aber er hasst meinen Dad!“, rief ich verzweifelt und kämpfte gegen die Gurte. „Nur weil er Snape früher einen Streich gespielt hat!“
Dumbledores Blick ruhte nun auf mich.
„Sirius hat sich nicht wie ein Unschuldiger benommen. Er hat die fette Dame angegriffen und ist mit einem Messer in den Gemeinschaftsraum der Gryffindor eingedrungen. Ohne Pettigrew haben wir keine Chance, Sirius die Strafe zu ersparen.“
„Aber Sie glauben uns.“
„Das tue ich“, sagte Dumbledore leise, „aber es liegt nicht in meiner Macht, andere Menschen von der Wahrheit, die sie nicht sehen wollen, zu überzeugen oder den Minister in seine Schranken zu weisen. Darum kann ich dich auch nicht befreien, Melania.“
In mir ging etwas zu Bruch. Dumbledore konnte immer alles zurechtbiegen und hatte immer eine Lösung parat. Das er nun sagte, dass seine Macht beschränkt war, war unvorstellbar. 
„Was wir brauchen“, sagte Dumbledore, nun Hermine anblickend, „ist mehr Zeit.“
„Aber –“ Hermines Augen wurden rund. „Oh.“
„Passt auf. Sirius ist in Professor Flitwicks Büro im siebten Stock eingeschlossen. Dreizehntes Fenster rechts vom Westflügel. Wenn alles gut läuft, könnt ihr heute Nacht mehr als einen Unschuldigen vor dem Tod bewahren. Aber vergesst nicht; niemand darf euch sehen! Hermine, du kennst das Gesetz und Risiko. Niemand – darf – euch – sehen.“
Dumbledore war bei der Tür, als er sich noch einmal umdrehte. Ich hatte keine Ahnung, wovon er eben geredet hatte.
„Ich werde euch einschließen. Es ist fünf vor zwölf. Drei Umdrehungen sollten genügen. Viel Glück.“
„Viel Glück? Drei Umdrehungen? Wovon hat er geredet?“ Ich war komplett verwirrt. Harry schien es ähnlich zu gehen, doch Hermine fingerte an ihrem Kragen rum und brachte eine dünne goldene Kette zum Vorschein.
„Komm her!“ Sie winkte Harry zu sich heran. Dann sah sie mich an. „Es tut mir Leid, Mel, aber dich können wir nicht mitnehmen.“.
„Was habt ihr vor?“
„Wir werden eine Zeitreise machen. Drei Stunden in die Vergangenheit. Das muss uns irgendwie helfen Sirius, zu befreien.“
Ich starrte sie verwirrt an.
„Okay?“
„Ich erklär es dir gleich“, versprach Hermine.
Sie warf die Kette auch über Harry und drehte das winzige Stundenglas daran.
„Gleich? Ich dachte, es dauert drei Stunden?“, fragte ich.
Doch Harry und Hermine waren bereits weg. Spurlos verschwunden. Während ich im Krankenflügel umsah, auf der Suche nach irgendwas, dass mir einen Hinweis gab, wohin meine Freunde verschwunden waren, ging die Tür auf. Harry und Hermine erschienen. In meinen Kopf waren tausend Fragen, aber ich hatte keine Ahnung, welche ich zuerst stellen sollte. Hinter ihnen sah ich Dumbledore. Die Gesichter von ihnen verhießen nichts gutes.
„Konntet ihr ihm irgendwie helfen?“ Ich hatte fast Angst vor der Antwort.
„Es hat nicht geklappt. Wir konnten Seidenschnabel retten, aber nicht Sirius.“

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