Vergissmeinnicht | Sternenaward 2023 Runde 1

Ich saß gerade auf dem Bett meiner besten Freundin und hielt mir vor Lachen den Bauch, da sie mal wieder einen ihrer Witze über unseren gruseligen Geographie Lehrer gerissen hatte.

Seufzend wischte ich mir eine Lachträne aus den Augen. "Irgendwann verschluck ich mich wegen dir noch an meinem eigenen Lachen und dann erstick ich", scherzte ich, woraufhin Lara ein psychopathisches Grinsen aufsetzte.

Ich kannte Lara seit bald sechs Jahren und wir wurden eigentlich ziemlich schnell beste Freunde, was vermutlich daran lag, dass wir beide den gleichen kaputten Humor hatten und wir beide nicht sehr viele andere Freunde hatten.
Ich mochte Lara echt gerne, nur eine Sache konnte ich an ihr, beziehungsweise ihren Eltern nicht ganz verstehen. -Sie hatten Lara strengstens verboten, mir ihren Keller zu zeigen

"Hey Oni, ich muss dir was zeigen", meinte Lara plötzlich. Erwartungsvoll sah ich sie an. "Komm mit", bedeutete sie mir, ihr zu folgen und sprang von ihrem Bett auf. Ich streckte mich einmal ausgiebig, dann stand ich ebenfalls auf und tat aus Spaß so, als wäre ich ein alter Mann mit starken Rückenproblemen.

Ich folgte Lara die Treppe runter ins Erdgeschoss, doch statt ins Wohnzimmer oder die Küche zu gehen, betrat sie nun die erste Stufe der Kellertreppe. "Ich glaube, wir sind jetzt lange genug befreundet und ich kann dir gut genug vertrauen", begann sie und deutete auf die nach unten führende Treppe.
"Ich werde dir jetzt zeigen, was da unten ist, aber du musst mir versprechen, dass du mit niemandem -und damit meine ich auch wirklich keinem Menschen der Welt, außer eben mir- darüber sprichst, was du da unten gleich sehen wirst", bat mich Lara.

Einen kurzen Moment zögerte ich. Was ist, wenn ihre Eltern da unten Leichen verstecken, oder eine Atombombe bauen?, ging es mir durch den Kopf, doch ich verdrängte diese dummen Gedanken gleich wieder. Wir waren hier schließlich in keinem Pscho-Thriller.
Also nickte ich langsam und reichte Lara meine Hand. "Ich werde niemanden davon erzählen", versprach ich. "Ehrenwort."

"Also gut." Lara atmete noch einmal tief durch, dann öffnete sie von einem Knarzen begleitet die Kellertür. Jedoch befand sich dahinter nicht wie erwartet irgendein dunkler, kahler Raum, sondern vor uns erstreckte sich ein Wald. Riesige Tannen ragten in den Himmel und nur durch die Lücken zwischen den Tannen fiel das Sonnenlicht. Auf dem moosigen Boden wuchsen viele Pilze, aber nicht nur Fliegenpilze und normale, braune und weiße Pilze, sondern auch blaue Pilze, die irgendwie durchsichtig waren, gelbe Pilze, bunt schillernde Pilze und viele weitere Pilze in den verschiedensten Farben.

Ebenfalls wuchsen auf dem Boden vereinselte Blumen, vor allem welche mit weißen und blauen Blütenblättern. Die blauen Blumen konnte ich sogar als Vergissmeinnicht erkennen.
"Was ist das hier für ein Ort?", fragte ich beeindruckt. "Das ist die Welt unserer Fantasie", erklärte Lara, nahm mich an der Hand und führte mich in den magisch wirkenden Wald hinein.

"Seit wann weißt du davon?", hakte ich neugierig nach. "Ich weiß es selber erst seit zwei Jahren" gab Lara zu. "Davor bin ich immer davon ausgegangen, dass meine Eltern hier irgendwelche Leichen verstecken oder gefährliche Experimente durchführen", lachte meine beste Freundin. Ein Grinsen schlich sich auf meine Lippen. "Genau die gleiche Befürchtung hatte ich gerade auch", gluckste ich belustigt.

Eine Weile stapften wir einfach weiter durch diesen atemberaubend schönen Wald, bis Lara auf einmal stehen blieb.

"Irgendwie ist es hier heute so seltsam ruhig", stellte sie fest. Normalerweise sollten die Vögel zwitschern, man sollte die Stimmen der Gnome hören, wir hätten schon längst den Einhörnern begegnen müssen, die Drachen und Greifen am Himmel fliehen sehen, die Bäume sollten flüstern", murmelte Lara misstrauisch und ich musste zugeben, dass es jetzt, wo sie es sagte tatsächlich irgendwie seltsam ruhig wirkte. So als wäre dieser Wald hier...tot .

Auf einmal ging eine starke Windböe, welche mich beinahe zu Boden riss, weil sie so unerwartet wurde und der Himmel, welcher gerade noch strahlend blau war, zog nun langsam zu und mit dem verschwinden der Sonne wurde es auch schlagartig ein parr Grad kälter. Eine leichte Gänsehaut bildete sich auf meinem Körper, als es erneut einen starken Windstoß gab.

"Hier stimmt irgendetwas ganz und gar nicht", meinte Lara und ich hörte einen leicht panischen Unterton in ihrer Stimme mitschwanken.

"Ich hab dir doch gesagt, dein Vater und ich haben dich immer im Blick", vernahm ich eine drohende Stimme, die mir leider  nur allzu bekannt vorkam. "Fuck!", flüsterte Lara. "Meine Eltern wissen darüber bescheid, dass ich dir das hier gezeigt habe", fluchte Lara.

"Tja, da es viel zu unsicher wäre, wenn unser lieber Oni sich bei jemanden hierrüber verplappert, muss ich nun leider dafür sorgen, dass er sich bei niemanden mehr verplappern kann", kam es boshaft von Laras Mutter. Lara ballte ihre Fäuste. "Was hast du vor?", zischte sie und wurde im nächsten Moment von einer riesigen Hand gepackt, welche sie zurück in die reale Welt brachte. Verzweifelt versuchte ich, sie einzuholen und Lara zappelte wie wild, um sich zu befreien, doch es brachte keinem von uns etwas.

Lara wird durch die Stelle, an dem die Fantasiewelt wieder zur realen Welt wird gezogen und ich versuche, ihr hinterher zu springen, pralle jedoch an einer unsichtbaren Barriere zurück. "Oni!", kreischt Lara ängstlich und in diesem Moment wird die Kellertür, der Zugang und Ausgang dieser Welt von einer unsichtbaren Macht zugeschlagen.
Mit aller Kraft werfe ich mich dagegen, doch die schwere Metalltür bewegt sich keinen Millimeter und von innen hatte sie keine Türklinke.

Ich sank an dem kalten Metall ins Gras hinab. Ich war gefangen. In einer Welt, die noch nicht einmal real war. Getrennt von meiner besten Freundin und allem anderen, was mir wichtig war. Und ich schätzte nicht, dass Laras Eltern sie wieder hier reinlassen würden, bevor ich hier verottet war.

Ich riss eine Blume aus dem Boden und drehte sie in meiner Hand. Irgendwie hatte es etwas beruhigendes. Es war ein blaues Vergissmeinnicht.

"Vergiss mich nicht", flüsterte ich mit zittriger Stimme.

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981 Wörter

Das Ende war so eigentlich nicht geplant, aber ich mag es irgendwie :D

Ein_Wasserkind

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