☆Mama?☆

Ich habe damals viel Zeit alleine verbracht, bevor ich mich getraut habe, meinen Plan meinen Eltern zu erzählen. Sie verlieren ihre Tochter... die ihnen gerade erklärt, dass sie eine Liste abarbeiten will!


Ich sitze in meinem Zimmer und starre aus dem Fenster. Heute. Heute werde ich es ihnen sagen. Ihnen sagen, dass ich eine Liste gemacht habe. Eine Liste, die Erinnerungen bindet. Nur wie? Ich habe das Gefühl, meine Gefühle verloren zu haben. Als wäre ich schon tot. Innerlich.

Ich kann es nicht in Worte fassen, diese Leere in mir macht mich fertig. Mein Kopf liegt auf meinen Knien, ich würde gerne weinen. Den ganzen Druck einfach weg weinen, aber das geht nicht. Ich hab es verlernt.

"Kinder, Essen ist fertig!", ruft Mama aus der Küche. Seit der Nachricht ruft sie uns nicht mehr mit Namen, nur noch Kinder oder Mädels. Abends höre ich sie weinen.
Langsam stehe ich auf und gehe in die Küche. Meine blonden Perückenhaare fallen mir ins Gesicht als ich meinen Kopf zu meiner Mama drehe. Sie sieht fertig aus, verweint, blass und... irgendwie kaputt. Wie kann ich ihr gleich sagen, dass ich vor meinem Tod was erleben will? Wie kann ich ihr sagen, dass... ?
Lara kommt hinter mir in die Küche und haucht mir einen Kuss auf den Kopf bevor sie sich setzt. Ich löse mich aus meiner Starre  und setze mich auch. Wie es wohl aussieht, wenn mein Platz entgültig leer ist?

Papa stellt den Topf mit Soße auf den Tisch, Mama kommt mit den Nudeln. Als wir alle sitzen, faltet Papa die Hände, wir tun es ihm nach. Ich war nie sonderlich gläubig und es hat lange gedauert bis ich dieses Tischgebet überhaupt akzeptiert habe, aber aus irgendeinem Grund bin ich heute froh darüber. Ich schließe die Augen und atme tief durch. Das wird keines Falls leicht.

Wie immer nimmt Mama sich zuerst und reicht dann den Löffel weiter. Ich nehme mir auch und beginne langsam zu essen. Es herrscht eine Stille unterdrückter Gefühle und Emotionen, die kaum auszuhalten ist. Trotzdem traut sich niemand etwas zu sagen bis alle fertig sind. Lara starrt stur auf den Teller und zeichnet Muster in die übrig gebliebene Tomatensoße auf ihrem Teller, Mama versucht ihre Nervosität zu ertrinken, denn sie kippt schon das fünfte Glas Wasser herunter und Papa... Papa sitzt da und mustert mich traurig.
"Ich... ich muss euch was sagen.", rücke ich endlich raus und sehe auf. Mama hört endlich auf zu trinken und Lara legt ihre Gabel hin.
"Ich...habe nicht mehr viel Zeit und das weiß ich. Aus dem Grund habe ich... eine Liste gemacht. Mit Dingen, die ich noch machen will. Eine Art... Buckettlist.", erkläre ich leise. Wie erwartet bricht Mama in Tränen aus. Es tut weh, sie so leiden zu sehen. Mein Vater nimmt sie in den Arm und Lara steht auf. Sie geht raus und schließt leise die Tür. Soll ich auch gehen? Oder bleiben und... Mama trösten?
"Das.... ist eine tolle Idee mein Schatz...", schluchzt Mama und streckt ihre Hand zu mir. Sanft und langsam nehme ich ihre warme in meine kalte Hand und streiche über den Handrücken.

Irgendwann bin ich dann auch in mein Zimmer gegangen und starre, wie die letzten Stunden auch, aus meinem Fenster. Mein Handy vibriert zum gefühlt 20sten Mal heute. Bestimmt grace und Zoey. Immerhin haben die beiden seit Tagen nichts von mir gehört, ich war nicht in der Schule und antworte nicht auf die Whatsapp-Nachrichten.

Seufzend nehme ich mein Handy und öffne Whatsapp. 205 Nachrichten in 3 Chats. Das eine ist eine Gruppe von einigen Leuten, die ich aus dem Krankenhaus kenne, die restlichen 150 sind von meinen Freundinnen. Zuerst lese ich die Gruppennachrichten, nichts wirklich wichtiges. Dann Grace.


"hey."
"Süße? Was ist los?"
"Hallo? Lia bitte schreib was!"
"Lia was ist, bitte wir machen uns Sorgen!"
"Hallo? Schatzi was ist los, rede mit mir. Oder melde dich wenigstens."
"Warum gehst du nicht ran?"
"Bitte nimm ab!"

Sind nur einige davon. Zwischendrin immer verpasste Anrufe. Ich fasse mir ein Herz und beginne zu schreiben.

"Hey... sorry dass ich mich nicht gemeldet habe, ich brauchte Zeit. Ich vermisse euch unglaublich doll... können wir uns bitte mal treffen? Morgen nach der Schule am alten Sportplatz? Ich muss euch was sagen."

Diese Nachricht schicke ich auch an Zoey, nachdem ich die Nachrichten gelesen habe. Dann lege ich mein Handy wieder weg. Es klopft, Mama kommt mit einer Tasse rein.
"Ich hab dir Kakao gemacht...", murmelt sie leise und stellt ihn auf den Tisch, will wieder gehen.
"Mama?", sage ich und warte bis sie mir zu hört. "Danke... für alles. Ich hab euch lieb."

Ein kleines Lächeln huscht über ihr Gesicht, sie nimmt mich in den Arm.
"Ich dich auch, mein kleiner Schatz.", murmelte sie und ich spüre, dass sie wieder anfängt zu weinen.
"Hey.... bitte weine nicht... ich... ich werde immer da sein... immer. In eurem Herzen, okay? Ich werde immer bei euch sein!", sage ich und streiche ihr über den Rücken.

Sie nickt, steht auf und lehnt die Tür an, nachdem sie gegangen ist.




Ab dem Moment war mir klar, dass meine Eltern ein unersetzlicher Teil meines Lebens sind. Meine Eltern sind die, die mich zu der gemacht haben, die ich heute bin. Und ich weiß, dass ich sie für immer bei mir haben werde, egal was passiert.

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