Saint-Elizabeth

Die Saint-Elizabeth dient als ein Heim für Kinder, die an unheilbaren Krankheiten leiden. Das war früher ein Krankenhaus, welches im Jahr 1910 umgebaut wurde. Man sagt, dass dort Geister der verstorbenen Kinder leben. Doch keiner konnte es je wirklich beweisen.
Aber...

1.
1936. Louis, 7 Jahre alt.
Der kleine Louis hatte ein eigenes Zimmer. In seinem kurzen Leben war er kein einziges Mal krank gewesen. Nicht einmal Husten hatte er. Doch sein Herz konnte jeden Moment stehen bleiben. Einfach so. Es brauche keinen Grund zu geben. Deshalb wollten ihn seine Eltern nicht. Und darum verbietete man ihm alles Mögliche in der Saint-Elizabeth. Er war einsam. Er hatte keine Freunde. Doch Louis verlor nicht die Hoffnung.
  Es war 2 Uhr nachts. Louis wachte auf. Er stieg aus dem Bett und ging in die Küche, um sich ein Glas Wasser zu holen, weil man ihm keins gebracht hatte. Auf dem Weg zurück sah er einen Jungen vor der Tür in sein Zimmer stehen. Er war vielleicht 9.
“Wer bist du?“
“Elvin.“
“Was willst du in meinem Zimmer?“
“Ich wollte dich holen. Draußen schneit es und ich will schon seit langem mal im Schnee spielen. Aber allein ist langweilig.“
“Ich darf nicht.“
“Ach, keiner wird's sehen. Und ich darf's auch nicht. Kommst du?“
Louis stellte sein Glas auf dem Boden ab und folgte dem Älteren.
“Mir ist kalt. Dir nicht?“
Louis zitterte am ganzen Leib.
“Mir nicht.“
Elvin legte sich ins Schnee und machte einen Engel.
“Ich gehe zurück.“
Louis drehte sich um, ging los. Elvin sprang auf und überholte ihn.
“Halt! Du darfst nicht gehen. Willst du mich hier alleine lassen?“
“Eh... Mir ist nur so kalt.“
“Du wirst dich daran schon gewöhnen. Lass uns noch ein bisschen spielen.“
“Ich will nicht. Ich werde einfach warten, bis du fertig bist.“
Louis setzte sich in den Schnee und umklammerte seine Knie. Er zitterte, ihm war sehr, sehr kalt. Aber er sagte nichts. Er sah zu, wie der andere spielte. So lange, bis er selbst einschlief.
  Er wachte nicht mehr auf. Die Erzieher fanden ihn am frühen Morgen im Schnee sitzen. Dank den Spuren, die er hinterlassen hatte. Es gab aber nur ein Paar Fußabdrücke. Louis war allein rausgegangen, ganz allein. Und nur im Nachthemd. Er war bei der Kälte erfroren.

2.
1952. Maria, 10 Jahre alt.
Auch Maria hatte ein eigenes Zimmer, wo alle Fenster zugemauert waren. Seit der Geburt an konnte sie kein Sonnenlicht vertragen. Ihre Eltern brachten sie in die Saint-Elizabeth als sie ein Jahr alt war. Die Erzieher gingen ab und zu mit ihr nachts spazieren. Denn jeder muss mal an die frische Luft gehen.
  Es war Mittagsruhe. Marias Tür, die immer abgeschlossen war, wenn die Sonne schien, wurde langsam geöffnet. Ein kleiner Junge, etwa 5 Jahre alt, späte durch den Türspalt.
“Hallo. Du bist doch Maria. Ich bin Nick. Wollen wir spielen?“
“Nein, ich darf nicht.“
“Alle sind in ihren Zimmern. Und mir ist soo langweilig. Lass uns spielen.“
“Wir können doch hier spielen. Ich habe genug Spielzeug.“
“Ich will aber draußen spielen.“
“Ich darf nicht.“
Der Junge fing an laut zu weinen. Maria eilte zu ihm.
“Schon gut, schon gut. Ich werde mit dir spielen.“
Der Junge wischte die Tränen weg und lächelte. Beide Kinder schlichen sich durch die fensterlosen Flure des Heimes.
“Wo gehen wir hin?“
“In den Garten. Wusstest du nicht, dass es hier einen Garten gibt?“
“Nein.“
  Maria wurde erst nach einer Woche am Eingang zum verlassenen Garten gefunden, wessen Tor mit einem großen Schloss verschlossen war. Auch die Tür in ihr Zimmer war abgeschlossen. Alle raten bis jetzt noch, wie sie da rausgekommen und in den Garten gelangt war.

3.
1978. Emil, 14 Jahre alt.
Emil kam im Alter von 8 Jahren in die Saint-Elizabeth. Nach einem Unfall spürte er keine Schmerzen mehr. Das wollte er aber. Er versuchte auf jede mögliche Weise sich weh zu tun. Doch mit den vielen Kindern im Heim hörte er damit auf.
  Es war Mitternacht. Alle Jungs in Emils Zimmer waren schon eingeschlafen, nur ihm gelang das nicht. Er hörte leises Weinen, stand auf, folgte dem Geräusch. Es führte ihn zur Mädchentoilette. Emil dachte nach, ob er das Mädchen einfach weiter weinen lassen sollte. Er entschied sich aber zu ihr zu gehen. Das Mädchen saß in einer der Kabinen, es war ungefähr 13 Jahre alt, und weinte und blutete aus den Handgelenken.
“Wer bist du? Ich kenne dich nicht. Was ist los? Warum weinst du?“
“Anita bin ich. Es tut nicht weh...“
“Was tut nicht weh?“
“Alles. Ich habe alles ausprobiert, aber ich fühle einfach keine Schmerzen.“
“Ich auch nicht. Aber das ist nicht schlimm.“
“Doch, es ist sehr schlimm.“
Sie stand auf, ging zur Tür. Emil blieb an seinem Platz.
“Wohin?“
“Komm mit.“
Er tat das. Beide stiegen die Treppe ins dritte Stockwerk hoch. Das Mädchen öffnete das Fenster am Ende des langen dunklen Flures.
“Was willst du tun?“
“Es ist mir alles egal. Ich will nicht mehr leben.“
Sie schmiss sich aus dem Fenster. Emil versuchte sie aufzufangen, wobei er jedoch selbst das Gleichgewicht verlor.
  Am nächsten Morgen wurden alle von einem schrillen Schrei aufgeschreckt. Eine Erzieherin hatte die Eingangstüren geöffnet und sah ihn. Emil war tot.

4.
1994. Olivia, 19 Jahre alt.
Olivia war ein ruhiges und stilles Mädchen. Viel zu still. Sie sagte kaum ein Wort. Die Ärzte hatten gesagt, dass sie nie richtig sprechen können wird. Es war sehr schwer, mit ihr Kontakt aufzunehmen, aber mit ihr im Zimmer lebten noch zwei andere Mädchen in ihrem Alter.
  Es war ein warmer Julitag. Olivias Jahrgangsstufe war in der Nähe eines Sees picknicken. Olivia saß abseits von allen. Ein Mädchen erhob sich und ging zu ihr.
“Ich bin Monica. Und du... Olivia. Wollen wir schwimmen gehen?“
Olivia schüttelte heftig den Kopf.
“Warum nich? Kannst du nicht schwimmen?“
Ein weiteres Kopfschütteln.
“Ich bring's dir bei. Begleite mich bitte. Keiner will.“
Olivia seufzte, stand auf. Die Mädels gingen zum See, keiner beachtete sie. Dort zogen sie die Kleider aus. Monica führte Olivia immer tiefer in das Wasser. Tiefer und tiefer zog sie Olivia rein. Dann drückte sie Olivias Kopf in das Wasser. Olivia schrie, aber niemand hörte sie. Niemand kam zur Hilfe. Olivia ertrank.
  Man merkte erst am späten Abend, dass das stille Mädchen nicht da war. Die Suche hat die ganze Nacht gedauert. Bis eine Gruppe Kinder Olivias Kleid fanden. Sie sahen ihre Fußabdrücke, die ins Wasser führten. Und ihre Leiche, die im Wasser schwamm.

5.
2013. Tanil, 25 Jahre alt.
Tanil hätte schon längst ausziehen müssen. Aber die Erzieher schätzten ihn, weil er eine große Hilfe war. Als kleines Kind hatte er einen Überfall überlebt, weshalb er dann später Menschenangst hatte. Aber jetzt wusste er mit seiner Angst umzugehen.
Es kamen Kinder zu ihm, weil sie nach Hilfe suchten, und die gab er ihnen. Er wusste es am eigenen Leib, wie schwer das Leben war. Die Erzieher nicht.
  Es war Nachmittag. Es klopfte an die Tür und ein Mädchen im Alter von 19 Jahren trat herein.
“Hallo.“
“Hi. Wer bist du?“
“Ich heiße Monica. Bin neu. Man meinte, du kannst helfen.“
“Ja. Was ist denn?“
“Ich... hab schreckliche Träume. Sie sind so... echt. Ich habe Angst.“
Es klopfte an die Tür. Ein weiteres Mädchen, etwa 13, kam rein.
“Hi... Ich bin Anita.“
“Du...“
“Nein, ich kann nicht warten. Ich muss jetzt mit dir sprechen. Sonst werde ich mich aus dem Fenster werfen. Oder mich im Klo ertränken.“
“Hey, hey, hey. Du hast das nicht nötig. Setz dich neben Monica auf das Bett.“
In seinem Inneren wurde Tanil unruhig, aber den Mädchen zeigte er es nicht. Zwei Menschen war eigentlich das Meiste, was er ertragen konnte. Aber es klopfte ein weiteres Mal. Tanil erlaubte dem Kind, reinzukommen. Es war ein 9-jähriger Junge.
“Elvin, du solltest vor der Tür bleiben.“
Monica sagte das mit einem Lächeln.
“Mir ist langweilig. Ich will nach draußen, aber man erlaubt es mir nicht. Ich werde euch zuhören.“
Elvin setzte sich auf den Boden neben der Tür. Tanil rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her. Und es klopfte ein viertes Mal. Man wartete nicht auf die Antwort. Noch ein Junge trat vorsichtig herein. Er war vielleicht 5.
“Kommt von euch jemand mit in den Garten?“
“Nick, komm her.“
Anita klopfte auf ihre Knie. Tanil schrie auf. Er hatte versucht, sich im Rahmen zu halten, aber hatte es nicht geschafft. Die gekommenen Kinder lachten, was Tanil noch wahnsinniger machte. Er nahm eine Schere, die zufälligerweise auf dem Tisch lag, und stach sie sich ins Herz. Er war tot. Lachend rannten Monica, Anita, Elvin und Nick aus dem Zimmer und lösten sich dabei in der Luft auf, wobei ihr Lachen echote.

6.
Nick war in dem verlassenen Garten gestorben. Zu seiner Zeit, wo es noch das Krankenhaus gab, war er nicht verlassen, sondern wurde gerade wegen seinem Tod geschlossen. Nick war an einer Wurzel gestolpert und hatte sich den Schädel an einem Stein durchgebrochen.

Elvin war an einem Wintertag nach draußen gegangen, weil ihm langweilig war, denn im Krankenhaus gab es nichts zu tun. Er wollte im Schnee spielen, da es schon zwei Jahre lang nicht geschneit hatte. So spielte er draußen bis er erfror.

Anita mochte ihr Leben so wenig, dass sie sich an Suizid versuchte. Aber man hatte sie immer gerettet. Doch eines Abends sprang sie aus dem Fenster. Niemand war bei Anita, um ihr zu helfen.

Monica war mit ihren Krankenhaus-Freunden zum See gegangen und sie hatten rumgealbert. Ein Junge hielt kurz ihren Kopf unter's Wasser. Doch als er sie losließ, war sie schon tot. Monica hatte keine Luft geholt, bevor sie untertauchte.

Jetzt finden diese Kinder - und noch mehr - keine Ruhe und quälen die Bewohner der Saint-Elizabeth.

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