Die Augen

Schöne Augen. Nicht blau, aber auch nicht grün oder einfaches türkis. Meer... Die Augen erinnern mich an ein Meer oder Ozean. Sie sind so schön! Ich kann stundenlang hineinblicken. Keine Sekunde Zeit für Ablenkung. Nur diese Augen. Ich sehe sie in meinen Träumen. Ich sehe sie, wenn ich meine Augen schließe. Sie wärmen mich auf, wenn's mir schlecht geht. Wenn ich traurig bin. Wenn die Einsamkeit kein Ende findet. Und das passiert oft. Die Augen scheinen, mich immer zu trösten, wenn es mal nötig ist.
Irgendwie kann ich mich manchmal an eine Person erinnern, die solch schöne Augen hatte. Aber mir fällt nie ein, wer das war und wann ich diesem Menschen begegnet war.
Durch einen Unfall hatte ich alles verloren. Auch diese Augen. Doch wie Geister besuchen sie mich... Das war doch ein Unfall? Ich konnte mich doch nicht die ganzen zehn Jahre irren!
Ich gucke in den Spiegel. Da sind sie, die Augen. Für einen Augenblick gehören sie mir. Und schenken mir meine Vergangenheit.
Es waren die Augen meiner Zwillingsschwester. Das einzige, wodurch man uns unterscheidete.
Ich hatte alles zerstört. Es war kein Unfall. Ich hatte in diese schönen Meeraugen geblickt und ihren Glanz beendet. Vor Neid hatte ich meine Schwester umgebracht. Ein Messerstich in den Bauch. Ein Messerstich ins Herz. Ein Messerstich in den Rücken. Schreie. Überall im Garten Blut. Aus Neid... Mit jedem weiteren Stich weniger Erinnerungen. Mit jedem weiteren Stich schwärzere Augen. Meine Augen. Meine erschrockenen Eltern rannten auf mich zu. Blieben abrupt stehen, als sie mich und meine Schwester sahen. Meine Mutter schrie auf, fiel auf die Knie. Mein Vater... Er hatte versucht etwas zu unternehmen. Und war bei diesem Versuch von meiner Hand getötet worden. Und meine Mutter... Sie hatte fast die gleiche Augenfarbe wie meine Schwester. Nur etwas bläulicher. Sie war schön, schöner als mein Zwilling. Ich war auf sie neidisch. Unverzeihlich, aber wahr. Sie ist gestorben. Sie ist gleich daraufhin gestorben. Ich war zwölf. Sie hatte Angst. Sie hatte gefleht. Dass alles noch gut wird. Dass ich sie nur nicht töten soll. Aber... Unverzeihlich. Dann trat ich zurück zu meiner Schwester. Sie war so... schön. Ihre Augen... Ihre meeresfarbene Augen... Ich konnte nur dastehen und hypnotisiert darauf starren. Und plötzlich wusste ich nicht mehr, wer das Mädchen war. Ich wusste nicht mehr, wer der Mann und die Frau waren. Und nur diese Augen schienen, etwas vertrautes an sich zu haben. Diese schönen Augen...

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