Der schwarze Streifen meines Lebens

Barfuß lief sie über die Straße. Nur weiße Rüschensöckchen hatte sie an den Füßen. Sie trug ein weißes, knielanges Rüschenkleid mit engen, langen Ärmeln. Ihre Haut war ebenfalls sehr hell. Mit ihren fast goldenen, lockigen, mittellangen Haaren und einer Spange mit einem weißen Schleifchen darin sah sie wie ein Engel aus. Aber eins störte an ihrem Aussehen. Die so schwarzen Augen. Nur, keiner schien sie zu bemerken. Keiner, außer mir. Und das sechsjährige Mädchen rannte direkt auf mich zu. Sie war so süß, doch gleichzeitig so gruselig. Das Gruseligste an ihr war, dass ich sie wiedererkannte. Darf ich vorstellen, meine Schwester. Leider war sie vor fünf Jahren gestorben. Und in diesem ich nenn das mal Outfit wurde sie begraben. Ich wusste, die Augenfarbe hatte was mit ihrer Krankheit zu tun, worüber ich nicht gerne erzähle. Warum sah ich sie dann jetzt? War es etwa ein Fantasiestreich?
Das Mädchen verlangsamte sich knapp zwei Meter vor mir, in der Länge des ausgestreckten Armes blieb sie stehen. Sie schaute zu mir hoch, lächelte und winkte dann. Ich stand an einen Baum gelehnt und wusste nicht, was ich jetzt tun sollte. Ich wusste, sie war nicht echt, ich hatte keine Angst, ich war nicht einmal überrascht, warum auch immer.
"Was hat dich hierher gebracht?", entschied ich mich dann zu fragen.
Sie lächelte immer noch, faltete die Hände hinter dem Rücken zusammen und zuckte die Schultern.
"Ich hatte das Gefühl, dir etwas Wichtiges sagen zu müssen."
"Und?"
Sie zuckte wieder die Schultern.
"Pass auf dich auf. Und lebe wohl!"
Sie drehte sich auf den Haken um, doch ich hielt sie mit meinem Halt!-Ruf auf und sie blickte zu mir zurück. "Schwesterherz, geht es dir gut?"
Sie nickte einmal heftig wie es die Kinder so oft tun, kniff dabei lächelnd die Augen zu. Ich hätte die Antwort wissen müssen.
"Pass auf dich auf.", wiederholte sie und löste sich in der Luft auf.
Und dann passierte das Unerwartete, was mich aufschreien ließ. Ein Auto raste in meine Richtung und knallte in den Baum direkt neben mir rein. Ich glaube, in diesem Moment fing der schwarze Streifen meines Lebens an.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top