Vollmondglanz
Prolog:
Ihre langen, blonden Locken vielen ihr wallend über die Schultern. Das Kinn hatte sie schläfrig in ihre Hand gestützt und ihre grünen Augen geschlossen. Ihr rotes Kleid war in falten geworfen und unter ihrem Po eingeklemmt. Träumend atmete sie langsam ein und aus, und lauschte dem knarren des Holzbodens. In ihren Gedanken spukte schon seit längerer Zeit eine geisterhafte Gestalt, die nur undeutliche Wörter murmelte und ihr zweites Ich immer sehr intensiv anstarrte, wenn sie in ihren eigen Gedanken auftauchte. Wie diese Person aussah wusste sie nicht genau, doch sie fühlte sich ihr immer sehr nahe. Manchmal sagte das geisterhafte Wesen etwas genau zu ihr, doch nie kam nur ein Laut aus seinem Mund. Manchmal ritt er auf einem riesigen, majestätischen Schneeleoparden, der sie mit seinen eisblauen Augen ruhig und geduldig anschaute. Auch in seiner nähe fühlte sie sich wohl und geborgen, obwohl sie vor so einer muskulösen Raubkatze eigentlich angst haben müsste. Manchmal kam es ihr vor, als lächelte dieses Tier sie an, doch entblößte nie seine scharfen, gefährlichen Zähne. Ein heftiger Schlag auf die Tischplatte riss sie aus ihrer Gedankenwelt, erschrocken starrte sie in die erbosten Augen ihrer Lehrerin. Mit ihrem zurückgesteckten, weißen Haar und ihren ausdruckslosen blauen Augen sah sie aus wie die Eiskönigin in ihrem Lieblingsbuch. Das schwarze Kleid schmiegte sich an ihren schlanken Körper und zeigte nur kleine Rundungen am Ansatz der eigentlichen Brust. Dem Mädchen gefiel es, nicht von anderen Kindern ausgelacht zu werden, da sie eigentlich den ganzen Tag träumte und sehr oft von der strengen Frau angefahren wurde. Ihre Eltern hatten schon seit ihrem zehnten Lebensjahr entschieden, dass die privat Schule am ende des Dorfes, warum, hatten sie ihr aber noch nie verraten. Eigentlich hatte es ihr schon Spaß gemacht, sich mit den anderen Kindern zu unterhalten und quatsch zu machen, doch so ganz bei der Sache war sie nie gewesen. Ganz oft hatte sie sich gewünscht, dass es ein Junge war, der sie in schlechten Zeiten in den Arm nahm und in guten Zeiten zum lachen brachte. Doch sie fürchtete sich auch davor, da sie noch nie mit einem Jungen gesprochen hatte, da an ihrer Schule nur Mädchen unterrichtet wurden. Hartnäckig räusperte sich die alte Frau, doch das Mädchen war schon lange in tiefen Schlaf gefallen, da sie nachts über nie so gut schlafen konnte, doch das war nicht das erste mal. Empört stöckelte die alte Dame ins Wohnzimmer und erzählte den Eltern des Mädchens, wie faul sie doch wäre, doch das scherte das Kind nicht mehr, sie war schon voll und ganz in ihrer Welt versunken. Sehr oft fiel das Mädchen zu ungünstigen Zeiten in diese Welt, und das störte ihre Eltern natürlich, doch das war ihr egal, Hauptsache sie bekam den Geist und sein Reittier zu Gesicht. Auch wenn das Kind eigentlich nie wirklich müde war, versank sie immer wieder in tiefen Schlaf, der sie wie ein Magnet anzog. Erst hörte sie eine schöne, melodische Stimmer, die ihr vorsang. Ab und zu hörte sie ihren Namen, wechselhaft von Männer- zu Frauenstimmen. Eines Tages passierte etwas seltsames. Der Geist war nur kurze Zeit da, doch dann verschwand er plötzlich und lies den Leoparden alleine. Dieser sie wieder freundlich anzulächeln schien. Als das Mädchen intensiv in die tiefblauen Augen des Tiers schaute, schienen sie zu lodern, wie blaues Feuer. Die schwarzen Flecken verblassten und das Fell wurde immer weißer, bis es schlussendlich in ein schönes, makelloses schneeweißes Fell. Das Maul schien um mehrere Zentimeter länger und breiter zu werden genauso wie das Gesicht und allgemein der ganze Körper des Tieres wuchs. Die Muskeln waren kräftiger und größer, auch die Krallen hatten sich verändert. Nur für einen winzigen Augenblick nahm das Tier die Gestalt eines wunderschönen Drachen an, dessen freundlicher Gesichtsausdruck sich kein bisschen verändert hatte. Ein heller Glanz strahlte von seinen makellosen Schuppen aus, die sich ganz deutlich von dem Nebel abhoben, der sie umgab. Statt kreischen zurück zu weichen, stand sie wie zu Stein erstarrt da und glotzte in die flammenden eisblauen Augen des Tieres, die vertrauenswürdig funkelten. Ohne es zu merken fing ihre zitternde Hand an, sich den Nüstern des Tieres zu nähern, dass jetzt ein breites, gutmütiges Lächeln aufgesetzt hatte. Irgendetwas veränderte sich an dem Gesichtsausdruck des Tieres, doch es rührte sich nicht. Hinter ihm tauschte die verschwommene Gestalt auf, diesmal etwas deutlicher, doch dann wurde sie schlagartig aus diesem Traum katapultiert.
1.Kapitel
Es war ein schöner Herbstabend, die Sterne funkelten und der milchig blaue Himmel zeichnete magische Silhouetten. Wiedereinmal befand sich das Mädchen in ihrer Traumwelt, umgeben von süßlich duftenden Blumen und dem vertrauten Nebel.
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