☀︎︎Ausflug mit Folgen☽︎

„Guten Morgen, Noctura!", rief ich und schmiss Noctura's Kleidung auf ihr Bett, „Du hast schon wieder verschlafen. Warst du wieder die ganze Nacht wach?".
Sie sah mich mit einem genervten Blick an und antwortete:„Der Tag sollte verboten werden. Dann ist es nicht so hell."
Ich lächelte und kämmte meine langen, blonden Haare.
Noctura zog ein lilanes Kleid an, während ich in der Tür stand und auf sie wartete.
„Es ist Samstag. Warum müssen wir trotzdem so früh aufstehen?", zeterte sie.
Ich lachte nur, denn die Frage stellte sie jeden Samstag.
„Komm jetzt.", sagte ich und öffnete die Tür. Immer noch genervt folgte sie mir in den dunklen Speisesaal und als wir ankamen, kam sie ins Staunen.
Mum und Dad saßen nicht wie gewohnt am Tisch. Nur Mum stand daneben und lächelte uns kurz an. „Wir haben noch etwas wichtiges zu erledigen. Der Herzog diskutiert schon wieder wegen den Steuern. Es könnte den ganzen Tag dauern. Also könnt ihr zwei etwas zusammen machen.", sagte sie und verließ stürmisch den Raum. „Und was machen wir jetzt?", fragte Noctura mürrisch und rieb sich die müden Augen. „Wir könnten im Wald picknicken.", schlug ich vor und Noctura nickte.
Noctura's Augen vergrößerten sich augenblicklich und ihr Mund formte ein großes „O". „Du meinst doch nicht etwa den Tiegeraugen-Wald?", ich lächelte, „Vielleicht bist du ja doch cool. ", sagte sie und grinste mit einem klitzekleinen Hauch von einer düsteren Idee.
Warum Tiegeraugen-Wald?
Komischerweise wurden Plätze der Natur nach Edelsteinen, die dem Ort ähnlich sahen, benannt. Der Tiegeraugen-Wald war dunkel und ziemlich gruselig. Wand man den Bäumen auch nur eine Sekunde den Rücken zu, bewegten sie sich und setzten alles daran, dich zu erschrecken.
Ganz im Gegenteil zu Noctura mochte ich gruselige Dinge ganz und gar nicht.
Ich kleidete mich in gelb, rosa und grassgrün, während Noctura blaue, lilane und schwarze Kleidung bevorzugte.
Doch manchmal sollte man sich seiner Schwester anschließen und ihre Perspektive sehen oder es zumindest versuchen. Das war jedoch nur meine Ansicht.
„Komm schon! Wir müssen noch Sachen zusammen packen. Trödel nicht so, Lumia.", rief Noctura von der Tür aus und riss mich so aus den Gedanken, die mich beinahe zum Kichern gebracht hätten.
Schnell packten wir Essen und Decken in eine Tasche, die ich an dem Sattel meiner weißen Pegasus Stute befestigte. Ich nannte sie Lucy, denn es erinnerte mich an das lateinische „Lux", welches „Tageslicht" bedeuteten.
Sie warf ihre goldene Mähne zurück und blickte darauf zu Noctura's pechschwarzen Hengst mit dem Namen Nick, der dem lateinischen Wort für „Schwarz" ähnelte. Seine Mähne war dunkelblau. So wie der Nachthimmel, die einzige Freude am Nachthimmel hing für mich an den Sterne, die wie kleine Glühwürmchen den Himmel zierten.
Mit einem Schwung bestieg ich meine schöne Stute und flog voraus. Noctura folgte mir und drehte ein paar Saltos.
In diesem Moment fiel mir wieder ein, weshalb ich die Satteltasche hatte.
Angekommen am Waldrand band ich Lucy sorgfältig fest und nahm ihr dir Satteltasche ab. Sie schauderte auch gewaltig vor dem Wald, wie eigentlich alle Pferde. Auch Nick wollte nicht eine Hufe in den dunklen Wald setzten.
Während die Sonne schien, war der Wald eigentlich gar nicht so furchterregend.
Noctura rannte überschwänglich voraus und suchte inmitten des Waldes einen »schönen« Ort zum picknicken.
Als sie dann endlich eine düstere und verwachsene Lichtung gefunden hatte, könnte ich die schwere Tasche absetzen.
Noctura breitete die karierte Decke aus und ich holte ein paar Brote hervor.
Ich nahm einen großen Bissen von meinem, mit Sonnenmustern verziertes, Toast und genoss für einen Moment die Stille. Auch Noctura ließ sich die Gelegenheit zu Essen nicht entgehen und aß drei Brote mit Sternförmiger Salami darauf.
„Lass uns noch ein wenig den Wald erkunden. Vielleicht finden wir Beeren oder Pilze.", schlug Noctura mit Halbbildern Mund vor.
Die Vorstellung Lisa mich kurz erzittern, doch heute stimmte ich zu. Noctura hatte echt Glück!
Wir packten in aller Ruhe die Tasche wieder voll und machten uns auf die Suche nach Pilzen oder anderen Waldfrüchten.
Wir fanden eine ganze Menge Pfefferpilze. Die smaragdgrünen Pilze füllten unsere Taschen und führten ins tiefer in den Wald hinein.
Immer tiefer und immer dunkler und unheimlicher.
Mir lief ein eiskalter Schauer über den Rücken, als ich gerade noch so die Hand vor meinen Augen sehen konnte.
„Wir haben uns verlaufen.", schrie ich panisch und packte fest das Handgelenk meiner Schwester.

„D-du hast doch die Karte eingepackt, oder?", stotterte sie hoffnungsvoll. Ein kleiner Hoffnungsschimmer breitete sich in meinen Gedankenaus, wie der erste Sonnenstrahl des morgens, doch noch waren wir nicht gerettet.
Ich kramte kurz in dem Rucksack und tatsächlich war die Karte darin. Ich breitete sie aus und warf einen Blick darauf.
Doch wo waren wir?
Auf der Karte war ein Fluss, eine Lichtung und eine kleine Waldhütte eingezeichnet, ansonsten nur wirre Pfade.
Ich sah mich um und entdeckte eine alte Trauerweide und suchte sie dann auf der Karte.
„Hast du etwas gefunden? Ich habe genug Panik um jetzt loszurennen und mich noch mehr zu verirren.", drängte Noctura mich mit panischem Unterton, den sie versuchte zu unterdrücken. „Siehst du die alte Trauerweide?", ich zeigte auf den tiefschwarzen Baum inmitten der grau-blauen Bäume, „Der ist auch auf der Karte, hier." „Dann haben wir einen Orientierungspunkt.", ergänzte Noctura.
Ich nickte lächelnd und zeigte ihr die Wege, mit denen wir wieder zurückfinden sollten. Die Wege waren sehr lang und verzweigt.
Wir nahmen eine Abzweigung und folgten einige Zeit einem nachtblauen Weg.
Der Wald wurde immer dunkler und unheimlicher.
„Bist du dir sicher, dass wir hier richtig sind, Lumia?", fragte Noctura ein wenig ängstlich. Die gleiche Frage stellte ich mir schon die ganze Zeit.
Ich versuchte möglichst überzeugend zu nicken und übertrieb es leider ein wenig.
Plötzlich raschelte es im Gebüsch.
Ein eiskalter Schauer lieg mir den Rücken herunter.
Die aufgerollte Karte in meiner Hand zitterte mit mir.
Ein kleines, rosanes Kaninchen mit Schmetterlingsflügeln sprang hervor und jagte uns einen großen Schrecken ein. Noctura fasste meine Hand und drückte sie fest.
Erst saß das Kaninchen still vor uns und betrachtete uns mit seinen großen Kulleraugen. Doch dann sprang es auf und riss mir die Karte aus der Hand.
Oh nein!
Mit einem angstvollem Blick sah ich Noctura an und versuchte vergebens nicht panisch zu werden.
Noctura starrte mich an.
„Wir müssen hinterher. Sonst finden wir nie zurück nach Hause. ", drängte ich aufgeregt, doch Noctura hielt mich zurück und zeigte in die Richtung, in die das Kaninchen verschwunden war.
Dort war ein festes Dickicht aus Schlingpflanzen und hohen Hecken zu sehen.
„Es ergibt einfach keinen Sinn, dem Kaninchen nachzujagen.", sagte sie und machte ein nachdenkliches Gesicht.
Ich versuchte wenigstens jetzt einen halbwegs kühlen Kopf zu behalten und atmete langsam ein und aus.
„Du musst dich doch noch an die Wege erinnern können. Versuch es bitte. Es war doch nicht mehr weit.", sagte Noctura und umarmte mich fest.
Ich setzte mich auf einen Felsen und schloss die Augen, um mich besser erinnern zu können.
Nichts.
Ich konnte mich nur an diesen Weg erinnern.
Verzweifelt stand ich auf und wollte Noctura die schlechte Nachricht überbringen.
Jedoch der Felsen! Genau, ich konnte mich an den Felsen erinnern.
„Kristall der Feen, Felsen!", rief ich, „Hier links und dann rechts!"
Noctura lächelte und ging vor.
Ich folgte ihr, aber meine Gedanken drehten sich nicht um die Hoffnung, sondern über das, was geschehen könnte, wenn ich falsch läge.
Eine klein Träne kullerte über meine Wange und ich wischte sie schnell weg, damit Noctura es nicht mitbekam. Sie sollte nicht auch daran verzweifeln.
Wir schaffen das! Wir schaffen das!
Wiederholte ich immer wieder in meinen Gedanken. Es brachte mir leider trotzdem nicht viel.
Noctura bog rechts ab und rief überglücklich:„ Unsere Pferde! Du hast es geschafft!" Sie fiel mir um den Hals und stieß mich fast um.
Auch ich war überglücklich und setzte mich eilig auf Lucy, meine schöne Stute, endlich wieder hier. Die Beeren füllte ich in die Satteltasche und den Rucksack behielt ich einfach auf.
So schnell wie möglich flogen wir zum Palast zurück und Mama erwartete uns schon.
Wir rannten auf sie zu und umarmten sie fest. „Du glaubst gar nicht wie froh wir sind, dich zu sehen.”, sagte ich und erzählte ihr dann zusammen mit Noctura die ganze Geschichte.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top