Wolfwalkers

Nur äusserst selten sehe ich einen Trailer zu einem Film, von dem ich keine Ahnung habe und denke mir danach, dass ich diesen Film sofort sehen will, während ich den Trailer wieder und wieder sehe.

Wolfwalkers ist ein Animationsfilm, der gerade letztes Jahr herausgekommen ist. Es spielt während dem 17. Jahrhundert in Irland, als die Englänger gerade ihre Expansionsphase hatten. Das Mädchen Robyn und ihr Vater Bill Goodfellowe, ein Jäger, begeben sich zur Stadt Kilkenny, da Bill den Auftrag erhalten hat, das dortige Wolfsrudel auszurotten. Dort angekommen treffen sie auf die irischen Bewohner, die nicht besonders gut auf Engländer zu sprechen sind. Robyn, die ihrem Vater bei der Jagd helfen will, schleicht sich immer wieder aus der Stadt, während ihr Vater will, dass sie bei der Burg in der Küche hilft, da er nicht will, dass sie sich in Gefahr bringt, nachdem seine Frau/ihre Mutter gestorben ist. Robyn, die einen Falken Namens Merlyn besitzt, trifft dann auf Mebh, ein anderes Mädchen, dass eine Wolfwandlerin ist und den Wald und die Tiere darin, insbesondere das Wolfsrudel, beschützen will.



Dieser Film ist toll, ich mag ihn wirklich. Der Zeichnungsstyl ist einer der grösseren Gründe dafür. Altes, klassisches 2d, gemacht mit Bleistift, Tinte und Kohle, bevor es zur digitalen Überarbeitung eingescannt wurde. 2d Animationsfilme sind einfach eine andere Klasse als das neue 3d-Zeug und es hat mich ganz nostalgisch gemacht, es zu sehen. Alles ist bunt, es ist farbentechnisch ziemlich atemberaubend und man kann zusätzliche Linien um die Umrisse erkennen. Es sieht praktisch so aus, als wäre ein Comic-Buch zum Leben erwacht.

Es wurde ausserdem sehr mit der Art, wie man die Animationen präsentieren wollte, gespielt. So sieht man manchmal drei oder vier Szenen gleichzeitig, bei denen man entweder in allen gleichzeitig etwas sieht oder ein Geschehnis springt von einem Abschnitt in den nächsten und legt so eine Distanz zurück. Manchmal sieht es auch so aus, als würde man von direkt oben herabsehen, aber die Charaktere sind seitlich abgebildet, um weiterhin sichtbar zu sein.




Charaktere:

Robyn ist ein junges Mädchen aus England, das liebend gerne jagt und ihrem Vater bei seinen Aufträgen helfen will, womit sie in dieser Zeit ziemlich aus der Reihe tanzt, was nicht überall geduldet wird. Sie ist ein Freigeist und widersetzt sich gerne Anweisungen, damit sie tun kann, was sie will. Ausserdem bleibt sie nicht still und sagt Dinge, wenn sie glaubt, damit helfen zu können, was häufig nicht funktioniert, da man nicht ein kleines Mädchen hören will.

Mebh ist eine Wolfwandlerin und ziemlich ungehalten. Sie kann sehr dickköpfig sein und ist nicht die beste im Umgang mit anderen Personen. Aber sie befreundet sich denoch schnell mit Robyn, wenn auch auf etwas seltsame Art und Weise. Sie übernimmt sich auch immer wieder ein bisschen und hat die Tendenz, etwas vorschnell zu handeln, aber bei einem Kind ist das auch zu erwarten. Sie hat sehr lange Haare und wenn sie sich manchmal bewegt, sieht man nur einen roten Haarball in der Gegend rumflitzen.

Bill ist Robyns Vater und sehr vorsorglich. Er will sie zwar lieber in der Burg in der Küche sehen, aber nicht, weil er nicht glaubt, dass sie nicht jagen kann, sondern, weil er sie in Sicherheit wissen will, da ihre Mutter das so gewollt hätte. Er macht sich grosse Sorgen um sie und bleibt Anfangs auch ruhig, wenn er sie bei Dingen erwischt, die sie nicht tun sollte. Erst später, wenn es immer häufiger Zwischenfälle gibt, wird er langsam ungehalten, gibt sich aber trotzdem Mühe, sie zu beschützen. Wenn sie zum Beispiel etwas in Gegenwart des Vorgesetzten ihres Vaters herauslässt, will er, dass sie schweigt, damit sie nicht in Probleme gerät.

Moll ist die Mutter von Mebh, ebenfalls eine Wolfwandlerin. Sie ist losgezogen, um einen neuen Lebensraum für das Rudel zu finden, ist aber seit einer Weile vermisst.

Séan ist ein kleinerer Nebencharakter und Holzfäller. Er wird wegen seiner lauten Klappe vom Antagonisten an den Pranger gestellt, wo Robyn ihn ab und zu besucht und Essen vorbeibringt. Er hat die Wolfwandler gesehen und erzählt Robyn davon.


Und dann ist da noch der Antagonist. Und wer wäre in Irland während dem 17. Jahrhundert besser geeignet als Oliver Cromwell? Eine der kontroversesten Figuren in der englischen Geschichte, die von einigen, zum Beispiel Winston Churchill, als Diktator, von anderen als Freiheitskämpfer und Held bezeichnet wird. Ich habe aufgrund des Filmes einige kurze Nachforschungen zu ihm angestellt und herausgefunden, dass er mindestens 10 Prozent der irischen Bevölkerung (über 200'000 Menschen) massakriert hat, also schliesse ich mich da Churchills Meinung an.

Im Film wird er nie bei seinem Namen sondern nur beim Titel Lord Protector genannt. Anfangs ist er einfach nur der strikte Boss von Bill, der ihm zwei Tage gibt, um sich um die Wölfe zu kümmern, bis er mit der Zeit immer extremer wird. Das ganze Zeug mit dem Genozid wird im Film nicht gezeigt, aber mit Revolten und Krieg angesprochen und wie Cromwell das wilde Land zähmen will, wozu er symbolisch die Wölfe ausrotten will. Als Bill seine Aufgabe nicht erledigen kann, hält Cromwell ihn nicht als Jäger würdig und macht ihn zum Fusssoldaten. Er droht ihm auch, ihn in den Krieg zu schicken und sagt Robyn, dass sie still sein soll, sonst würde sie ihren Vater nie wieder sehen. Er ist die Art von Antagonist, die das alles für Gott macht. Er ist der Charakter im Film, der am meisten mit Religion zu tun hat, immer wieder betet und das alles für den Herrn tut. Er ist nicht ein überwältigender Bösewicht, aber er funktioniert gut genug für die Geschichte. Man will nicht, dass er auf einen aufmerksam wird, weil es sonst ungut für diese Person enden könnte.



Dieser Film hat mich sehr an klassische Disney-Filme erinnert und strahlt definitiv solche Vibes aus, auch wenn es nicht von Disney ist. Der Film ist eine Ko-Produktion von Cartoon Saloon und Mélusine Productions, die unter anderem auch schon The Secret of Kells und Song of the Sea herausgebracht haben. Ich kenne die Filme zwar nicht, aber sie sind anscheinend ebenfalls ziemlich gut und wurden auch für die gute Animation nominiert. Auch wenn es an Disney-Filme erinnert, so ist es nicht so, dass in der Gegend herumgesungen wird. Es gibt ein gesungenes Lied im Film, dass aber nicht von den Charakteren selbst gesungen wird. Das ist Running with the Wolves von Aurora, die für den Film eine neue Version gemacht hat, die auch im Trailer ist und mir gut gefällt.

Es hat mich ziemlich gefreut einen Film in altem Animationsstyl zu sehen und hoffe, dass solche Filme in Zukunft weiterhin erscheinen werden. Die Handlung war zwar ein bisschen vorhersehbar und der Trailer hat ein bisschen viel gezeigt, aber der Film hat auch so gut funktioniert und mich hat es nicht gestört.

[Hier müsste ein GIF oder Video sein. Aktualisiere jetzt die App, um es zu sehen.]



Die Stimmen fand ich auch sehr toll. Ich habe den Film auf Englisch und Deutsch gesehen und bei beiden Versionen waren die Stimmen sehr gut, weshalb ich beide Versionen gut empfehlen kann. Im Englischen haben sie auch mit altem Englisch gesprochen, was es etwas mehr mit der Zeitperiode verbunden hat. Die bekannteste Stimme, die man im Film wohl hören wird ist die von Sean Bean, der Bill seine Stimme verleiht.

Der Film ist zwar meistens eher ernst, hat aber natürlich auch humorvolle Momente. Nicht zu viel und sie stören auch nicht.
Einen Moment, den ich wirklich mochte, war, als Robyn ihrem Vater etwas sagen will mit folgendem Dialog:
Robyn: "Jetzt versprich mir, dass du nicht böse wirst"
Bill: "Red weiter"
Robyn: "Du hast es nicht versprochen"
Bill: "Ich weiss und jetzt raus damit"
Ich mag Bill. Dieser Dialog ist grandios.



Es gibt einen Moment im Film, den ich ansprechen muss, da bei dieser Szene die beabsichtigte Wirkung meiner Meinung nach weit verfehlt wird. Es gibt eine Szene, da wird Jemand überraschend schwer verwundet. Diese Szene sollte sicherlich schockierend sein, aber die Reaktion der restlichen Charaktere darauf ist absolut lächerlich und hat beide Male, als ich den Film sah, einen Lachanfall ausgelöst, was sicherlich nicht der Fall sein sollte, da da jemand gerade draufgeht. Seht den Film, ihr werdet wissen, welche Szene ich meine. Oder sucht es auf Youtube, es sollte ein Video haben, in dem die Szene direkt am Anfang vorhanden ist.
Diese Szene ist einfach ein bisschen speziell und wirft einen ein bisschen aus der Bahn, da es so unerwartet ist.



Was ich auch mag ist die Anspielung von homosexualität bei Robyn und Mebh. Die beiden Charaktere sind zwar noch zu jung für eine Beziehung oder um solche Gefühle überhaupt zu verstehen, aber es gibt einige Szenen, die mich definitiv denken lassen, dass zwischen den beiden in Zukunft etwas passieren könnte. Wenn man vom Ende ausgeht, ist es zwar ein wenig unwahrscheinlich, aber meiner Meinung nach immer noch möglich und ich mag es, dass sie so etwas angedeutet haben.



Es gibt aber auch ein bisschen Kritikpunkte. Zum Beispiel wenn vier Musketen simultan nebeneinander abgefeuert werden, aber im Abstand von jeweils einer Sekunde bei der Person eintreffen, auf die geschossen wird, die als Antwort in der Gegend herumhüpft, als könnte sie die Kugeln sehen und gezielt ausweichen. (Ausserdem sind Schusswaffen von damals sehr ungenau, weshalb solches Umherhüpfen es vermutlich sogar wahrscheinlicher machen würde, getroffen zu werden, als wenn man stattdessen an Ort und Stelle bleiben würde.) Es ist kein grosser Kritikpunkt aber es ist mir schon aufgefallen, besonders, da es mehrmals passiert.
Auch gibt es einmal einen Moment, bei dem gegen die etablierten Lore-Regeln verstossen wird. Man kann nur die Wolfform annehmen, wenn man schläft? Diese Person ist hellwach und in einer Notfallsituation, vermutlich mit einem Haufen Adrenalin im System, wieso ist sie plötzlich ein Wolf? Müsste sie sich nicht zuerst beruhigen, hinlegen, einschlafen und dann zum Wolf werden? Ok, es gibt eventuell eine Erklärung, aber die habe ich selbst aufgestellt, da von der Lore, die wir kennenlernen, dazu keine Antwort kommt. Hier ebenfalls, kein grosser Kritikpunkt, es fällt einfach auf.

Dann gibt es noch etwas, bei dem ich nicht sicher bin, ob es als Kritikpunkt gilt oder nicht, aber ich denke, eher weniger. Nachdem ich den Film zum ersten Mal gesehen habe, habe ich mir Reviews dazu angesehen und mehr über den Film informiert, wobei ich zahlreiche Dinge herausfand, die ich vorher noch nicht wusste, weshalb ich den Film beim zweiten mal in einem anderen Licht sah. So wusste ich erst beim zweiten mal, dass der Film während der englischen Besetzung von Irland stattfand, was einige Szenen hier und da erklärte, die ich vorher noch nicht genau verstanden hatte. Zum Beispiel bei einer Szene, in der einige irische Kinder eine englische Flagge stehlen und mit dieser, von Soldaten verfolgt, wegrennen und von Einwohnern als Rebellen angefeuert werden. Oder wieso Robyn und Bill als Engländer nicht in der Stadt willkommen seien. Ein bisschen Hintergrundwissen zu der damaligen Situation könnte deswegen eine kleine Hilfe sein, die eventuell im Film hätte eingefügt werden können, ist aber nicht unbedingt notwendig.



Alles in allem ist der Film sehr gut und ich mochte ihn sehr. Und das kommt von einem 19 jährigen Teenager, der sich definitiv nicht dadurch auszeichnet, häufig Animationsfilme für Kinder zu sehen. Ich kann ihn sehr gut weiterempfehlen und das Alter spielt meiner Meinung nach keine Rolle.

04.01.21

Ich will gerade so sehr die neue Episode von Mountain Monsters sehen, aber alle Versionen, die ich finde, sind gesperrt. Kommt schon, ich will es sehen, verflucht noch mal!
Naja, wenigstens hat es einen Trailer zur Staffel gegeben, den ich sehen konnte.

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