🌅 16
Kurze Zeit später fliegt schwungvoll die Tür der Suite auf. "Gott, wie ich Männer hasse. Sowas Ekelhaftes!", regt sie sich lautstark auf. Inho kann es durch die Schlafzimmertür hören. Denkt sie denn wirklich, er wäre am Pool?
Sie rauscht durch das Aufenthaltszimmer, irgendwann telefoniert sie anscheinend. Er versteht nicht alles, aber einige Sätze schnappt er auf.
"Ja, ich hab einen passenden Kandidaten gefunden. Den wollte eigentlich ich mir angeln, aber mein jetziger Mann kam dazwischen. ... Ja, hahaha. ... Der reist in zwei Tagen zurück, ich schick dir die Uhrzeit, dann kannst du ihn am Flughafen abpassen. Er ist Single und ein bisschen alt, aber dich stört sowas ja nicht. ... Ja, Inho ist ja so ein Glücksgriff! Der ist nicht ganz so eklig wie die anderen, aber..."
Obwohl er sein Ohr immer fester gegen die Tür presst, hört er den Rest nicht mehr, da sie ins andere Schlafzimmer geht. Sein Herz rast und kalter Schweiß rinnt ihm den Rücken herunter. Es juckt ihn den Fingern, durch die Suite zu rasen und sie auszufragen. Auf ihre Ausreden ist er sehr gespannt, aber erst stellt er lieber Nachforschungen an. Kann ja auch sein, dass es ein Missverständnis ist - bei der Hälfte von dem, was sie da von sich gegeben hat, ist er sich sicher, sich verhört zu haben.
Er lauscht ganz genau, was sie nebenan treibt. Irgendwann geht sie ins kleine Badezimmer. Eilig schleicht er sich hinaus und späht durchs Schlüsselloch. Sie zieht sich aus und steigt unter die Dusche. Perfekt. Jetzt muss er nur noch hoffen, dass sie ihr Handy nicht mitgenommen hat.
Im anderen Schlafzimmer sieht er es auf dem Nachttisch liegen. So viel Glück ist ja unfassbar! Er fotografiert, wie es dort liegt, damit er es nachher exakt so wieder ablegen kann, falls es verrutscht, und schaltet das Display ein. Es ist mit einer PIN gesichert.
Inho versucht es mit seinem Geburtstag. Fehlanzeige. Es ist auch weder der Geburtstag seiner Frau, noch ihr Hochzeitstag oder irgendein anderes wichtiges Datum. Nach drei Fehleingaben muss er jedes Mal dreißig Sekunden länger warten. Angestrengt lauscht er, ob sie fertig ist, doch das Wasser läuft noch. Sie lässt es immer laufen, selbst wenn sie sich einseift.
Er probiert ein weiteres Datum. Es ist der Geburtstag ihrer Mutter. Dass ihm das nicht gleich eingefallen ist!
Ärgerlich öffnet er das Anrufprotokoll, sieht nach, mit welcher Freundin sie eben telefoniert hat und exportiert sich dann deren Chatverlauf. Außerdem noch den mit ihrer Mutter. Beide verschickt er an sich und löscht dann alle Spuren seines Zugriffs vom Gerät.
Das Wasser läuft nicht mehr. Schnell sperrt er das Handy und schleicht so schnell er kann aus ihrem Zimmer zurück in seins. Hinter der Tür lässt er sich sinken und hält sich mit zitternden Händen die Brust. Diese Aufregung! Leute, die ihren Partners ausspionieren, kennt er bisher nur aus dem Fernsehen. Hoffentlich hat er keinen dummen Fehler gemacht!
Tief atmet er durch und greift dann in seine Hosentasche. Sein Herz setzt einen Schlag aus, weil er sein Handy nicht dort findet, wo es sein sollte. "Sche¡ße!" Flüsternd flucht er und malt sich schon aus, aufzufliegen, als er es in der anderen Hosentasche findet.
Erleichterung durchströmt ihn. Leise schleicht er zum Bett, lässt sich auf die Matratze sinken und starrt das Display an. Will er wirklich die Geheimnisse seiner Frau wissen? Wer weiß, was er hier findet, und ob er dafür bereit ist.
Er hätte sich auch nie für jemanden gehalten, der sowas Schäbiges macht wie im Handy des Partners zu schnüffeln.
Ihm ist sehr unwohl, als er schließlich den Chatlog der Freundin öffnet. Es geht ganz am Anfang los, nachdem die beiden vor zwei Jahren ihre Nummern ausgetauscht hatten, und er hat jetzt schon keine Lust mehr, sich das alles durchlesen und überfliegt nur wenige Nachrichten. Doch bereits dann findet er etwas Interessantes und zugleich Beunruhigendes.
Immer wieder taucht ein ganz bestimmtes Wort auf.
Golddigger.
Gern würde er jetzt wütend sein Handy durch die Gegend schmeißen, doch er möchte hier nicht randalieren. Er schickt die Chats an seine Anwältin und pfeffert dann ersatzweise einen weichen Hotellatsch auf den Fußboden und flucht.
Dann erstarrt er. Nach mehreren Sekunden ertönt die Stimme seiner Frau vorm Zimmer. "Inho?"
"Ja?"
"Puh, ich dachte schon, ein Einbrecher! Alles okay?", ruft sie.
"Jaa... bin nur gestolpert." Er öffnet die Tür und setzt ein Lächeln auf, sobald er sie erblickt. "Schönes Kleid", komplimentiert er ihr neues Outfit, das sie sicher von seinem Geld gekauft hat.
Geschmeichelt bedankt sie sich und fragt dann: "Ich dachte, du wolltest zum Pool?" Unterschwellige Sorge schwingt in ihrer Stimme mit. Klar, sie will rausfinden, ob er sie belauscht hat.
"Ich wollte meine Badehose holen und hab dann gedöst."
"Achso."
"Jetzt geh ich aber", meint er, schnappt sich eins ihrer vielen, kleinen Sonnencremetübchen und verzieht sich aufs Dach, wo er tief durchatmet. Es ist nicht zu fassen.
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