🌅 12

Auf dem Weg zum Fahrstuhl streift Hyunuks Hand Inhos. Könnte ein Versehen sein. Doch im Fahrstuhl berührt Hyunuk Inhos Finger.

"Fass mich bitte nicht an", sagt Inho leise.

"Gestern wolltest du das noch."

"Ja... aber du weißt doch auch, dass wir das lassen sollten."

"Darf ich dich dran erinnern, dass dir das egal war?"

"Es ist mir auch jetzt noch egal, aber wir sollten es trotzdem nicht tun."

Hyunuk zieht die Augenbrauen zusammen und Inho meidet seinen schneidenden Blick. Eisiges Schweigen breitet sich aus.

"Ich hätte nicht gedacht, dass das mit dem letzten Kuss so gemeint ist", meint Hyunuk, sobald sich die Fahrstuhltüren öffnen und eilt mit verletztem Gesichtsausdruck davon.

Inho eilt hinterher. Hyunuk bemerkt das und knallt ihm die Tür vor der Nase zu. "Bitte mach auf!", ruft Inho und hämmert dagegen. Kurz darauf geht sie auf, jedoch nur, damit Hyunuk ihm seine Sachen in die Hand drücken kann.

"Sind nicht gewaschen", sagt er knapp und macht die Tür wieder zu.

"Ich hab noch deine Hose!"

"Ist mir egal!"

"Hyunuk, bitte mach auf!"

"Verzieh dich."

"Hyunuk, bitte!"

Von drinnen kommt keine Antwort mehr. Inho klopft gegen die Tür, minutenlang, bis Jek ihm öffnet und nachdrücklich klarmacht, dass Hyunuk sich lieber in der Badewanne ersäufen würde als jetzt mit ihm zu reden.

"Meinst du... er würde vielleicht später..." Unsicher erstirbt Inhos Stimme, als er Jeks finsteren Gesichtsausdruck sieht.

"Das hat doch sowieso keine Zukunft mit euch, also mach es ihm bitte nicht noch schwerer und geh einfach." Nach diesen Worten macht Jek die Tür zu und Inho bleibt nichts anderes übrig, als zu verschwinden.

Der Tourist, der weiter vorne im Gang steht, grinst ihn hämisch an. "Did your wife throw you out? Classical holiday fight, huh? Hahaha", lacht er Inho, der sich hundsmiserabel fühlt, hinterher.

In seinem Zimmer wirft er die Sachen auf den Boden vors Bett und schaut auf das Bambi, das ihn irgendwie vorwurfsvoll ansieht. Er hebt sein Lieblingsshirt auf und bemerkt den salzigen Meergeruch, der ihm entgegenschlägt. Außerdem riecht es ein wenig nach Hyunuk, aber das kann auch Einbildung sein, da ihn das Shirt von nun an für immer an ihn erinnern wird.

Mit Bedauern darüber, wie die Sache verlaufen ist, lässt er sich auf die Matratze sinken. Gedankenverloren streichen seine Finger über den Aufdruck. Er legt das Shirt beiseite und schiebt sein Oberteil hoch, um seinen Bauch zu streicheln, weil das niemand sonst für ihn macht. Es fühlt sich nach Geborgenheit an, doch da er es allein macht, schwingt auch sehr viel Einsamkeit mit.

Zu viel Einsamkeit, womit er nicht klarkommt und sie zu überdecken versucht, indem er seinen Körper verwöhnt und an allen Stellen anfasst, die er gern hat, doch das, was er mit Hyunuk gespürt hat, bekommt er auf diese Weise nicht zurück.

Als eine Träne in seinem Ohr landet, zuckt er zusammen und wischt sich hektisch übers Gesicht. "Weinen bringt doch jetzt nichts", schimpft er mit sich und dreht sich auf den Bauch. Er atmet tief durch. Seine Gedanken kreisen um diesen Fremden, doch irgendwann driftet er in ein unruhiges Nickerchen ab.

Gewusel in seinem Zimmer holt ihn zurück ins Hier und Jetzt. Ein zartes Händchen, das über seinen Kopf streicht, veranlasst ihn dazu, seine Augen aufzuschlagen. Erfreut lächelt seine Frau ihn an.

Er spinnt wohl mittlerweile völlig. Wie konnte er nur mit dem Gedanken spielen, sie zu verlassen? Nur, weil der Urlaub nicht ganz so läuft wie gedacht? Das wird schon wieder, sobald sie nach Hause zurückkehren und ihr normales, schwiegermutterfreies Eheleben losgeht.

"Was hast du denn gestern gemacht, dass du heute so müde bist?", amüsiert sie sich.

"Nachtwanderung am Strand... die Sterne waren schön."

"Das klingt romantisch."

"War es auch."

"Lass uns das mit Mami auch mal machen."

"Ähhh, klar", grummelt er. Inho wundert sich, dass seine Frau keine Anstalten macht, von der Bettkante aufzustehen und immer noch durch seine Haare streicht. "Wo ist sie denn eigentlich?", hakt er nach.

"Mami? Die ist oben in der Lobby und unterhält sich mit dem netten Barkeeper. Ich glaube, der hat ein Auge auf sie geworfen", kichert sie.

"Achso", meint Inho. Dann fällt ihm etwas auf. Heißt das, Dahee hat ausnahmsweise Zeit für ihren Mann?

Er erhebt sich und sieht sie an. Die blondgefärbten Haare fallen in sanften Wellen über ihre Schulter. Ihre Wangen röten sich, als er eine Hand an ihr Gesicht legt und sanft mit dem Daumen darüber streichelt, um ihre vorige sanfte Geste zu erwidern.

Sein Herz hüpft ein winziges bisschen, als sie sich unmerklich näherlehnt. Er kommt ihr den Großteil der Strecke entgegen. Sie erwidert den zärtlichen Kuss und sieht ihn nachher unsicher an.

"Wir hatten noch keine Hochzeitsnacht", erinnert er sie.

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