Ein Pferd erzählt seine traurige Geschichte
Ich war so ein lebendiges und lebensfrohes Fohlen, als ich geboren wurde. Doch zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass das meine schönste Zeit in meinem ganzen Leben sein sollte...für mich war es eine so wundervolle Zeit! Ich hatte alles, was ich mir wünschen konnte. Ich hatte meine Mutter so sehr geliebt! Sie hatte mir vieles beigebracht und war immer für mich da. Meine Mutter und ich gehörten einer Familie mit einem Mädchen, dir, ich hatte dich sofort in mein kleines Herz geschlossen, denn ich kannte dich seit meinen ersten Atemzügen, wir wurden ein absolutes Dreamteam! Ich wuchs von Tag zu Tag mehr und bald war ich schon ein kräftiges, ausgewachsenes Pferd. Es kam die Zeit, in der ich eingeritten wurde, aber ihr habt mir viel Zeit gelassen, damit ich mich an alles gewöhnen konnte. Doch ich lernte schnell und so kam es, dass wir schon bald zusammen über die Wiesen galoppierten! Ich war ein stolzes Pferd mit ganz viel Lebensfreude! Und vor allem war ich eins: FREI! wir beide genossen diese Momente zusammen, ich denke gerne noch an die Zeit zurück, wo wir einfach nur die Weite des Feldes sehen haben und unseren Gefühlen freien Lauf lassen konnten. Es war alles so perfekt, das gleichmäßige Trommeln der Hufe auf dem Boden, die Sonne, die uns wärmte, der leichte, kühle Wind, der uns um die Ohren wehte, als wir einfach eins waren und zusammen harmonierten. Ich liebe dich so sehr! Für dich würde ich durch die Hölle gehen und bis ans Ende der Welt! Doch dann, von dem einen auf den anderen Tag nahm mein Leben eine schreckliche Wendung. Ich werde den Morgen nie vergessen, als du zu mir in den Stall gekommen bist. Du hast so schrecklich geweint, dass ich sofort wusste, dass etwas Schlimmes passiert sein muss. Du hast dich um meinen Hals geschlungen und hast mir erzählt, dass ihr mich weggeben müsst, da das Geld knapp geworden ist. Schon am nächsten Morgen soll ein Mann kommen, der mich abholt. Das sollte also der letzte gemeinsame Tag für uns sein. Am Abend gingen wir noch einmal ausreiten. Ein letztes mal. Du hast die Zügel locker gelassen und hast mich einfach laufen lassen. Ich durfte bestimmen, wo es lang geht. Ich führte dich zu unserem Lieblingsplatz. Wir standen dort noch ganz lange, bis die Sonne untergegangen war. Ich merkte, dass dir wieder die Tränen kamen und auch mir wurde klar, dass das die letzten gemeinsamen Momente waren. Ich hätte alles dafür gegeben, um die Zeit festzuhalten, aber leider bin ich auch nur ein Pferd. Am nächsten Morgen war es soweit: der Abschied von dir, meiner über alles geliebten Freundin! Es hat mir fast das Herz zerrissen, als du das letzte mal dein Gesicht in meine Mähne gedrückt hast und als du mir gesagt hast, dass du mich nie vergessen würdest, dass du mich liebst und dass du wüsstest, dass wir uns irgendwann nochmal wiedersehen werden. Dann kam ein Mann. Ich kannte es nicht, so grob angepackt zu werden und vor allem wollte ich nur eins: BEI DIR BLEIBEN! Doch dann stieg ich in den Hänger, weil du es mir so beigebracht hast. Als wir losfuhren, wieherte ich dir noch einmal zum Abschied zu, aber schon bald ging das Wiehern unter dem Geräusch der Autoreifen unter. Ich kam in einen Stall mit einer kleinen Box. Die ersten Tage kam keiner zu mir. Ich fühlte mich so einsam. Ich hatte so heimweh nach dir! Ich wollte zurück! Nach drei Tagen, in denen ich nicht draußen war, kam ein Mädchen. Zuerst hatte ich die Hoffnung, dass sie wenigstens annähernd so ein großes und liebevolles Herz wie du hat. Jedoch wurde dieser Hoffnungsschimmer schon sofort zerstört, als sie mich sattelte. Sie hatte gar kein Gefühl. Als sie mich ritt, war es für mich eine riesen Qual. Sie haute mir solange die Sporen in mein Leib, dass es blutete, aber sie störte es nicht. Aber ich wollte nicht aufgeben, ich wollte zeigen, was ich alles kann, was du mir beigebracht hast. Ich wollte weiterkämpfen, für dich! Immer, wenn ich kurz davor war aufzugeben, habe ich an deine Worte gedacht und neuen Lebensmut geschöpft, in der Hoffnung , dass wir uns irgendwann wiedersehen. Aber es ging trotzdem nicht lange gut. Für sie war ich nur ein Sportgerät. Mitten in der Woche stand ich den ganzen Tag alleine in der Box. Nur an den Wochenenden kam sie, weil es auf ein Turnier ging. Aber irgendwann passierte es, ich konnte meine Beine nicht mehr richtig bewegen, da ich zu lange in meiner engen Box stand, ohne Bewegung. Auf dem Turnier fiel sie herunter, weil ich keine Kontrolle mehr über meine Beine hatte. Ab dem Moment wollte sie nichts mehr von mir wissen. Sie schrie ihren Vater an, dass sie ein neues Pferd haben möchte! Noch am gleichen Tag kamen Männer. Ich hatte solche Schmerzen. Doch sie prügelten mich in einen Hänger, der voll war mit anderen Pferden. Ich verstand die Welt nicht mehr! Du hast mich geliebt, so wie ich war! Wieso verstanden diese Leute nicht, dass ich Schmerzen habe?! Dass ich mich quäle?! Ich kam zu einem Mann, dem ich auch egal war. Er gab mir nichts mehr zu fressen. Ich wurde immer magerer und schwächer und ich merkte, wie meine Lebenskraft erlosch. Jeden Tag unf jede Nacht dachte ich an DICH! Ich träumte von der Zeit, wo wir noch zusammen über die Felder galoppiert sind. Ich wollte dich so gerne noch einmal spüren, deine Stimme hören, noch einmal mit dir Lebensfreude spüren und einfach noch ein letztes mal frei sein, so wie ich es mal war. Tage vergingen. Wochen vergingen. Monate vergingen. Ich war am Ende. Ich konnte nicht mehr. Es kamen ab und zu mal Leute, die ein Pferd kaufen wollten und schauten sich die anderen Pferde an. Als sie an mir vorbeikamen, guckten sie mich nur kurz an, schüttelten den Kopf und meinten: "Der lebt sowieso nicht mehr lange, der ist ja schon halb tot." Als mich meine Beine kaum noch tragen konnten, wurde ich angebunden. Ich bestand nur noch aus Haut und Knochen. In meinen Augen konnte man die Leere und Schmerzen erkennen und wenn mir jemand in die Seele hätte gucken können, dann hätte er gesehen, dass ich einst ein stolzes Pferd war. Ich hörte eines Tages Schritte. Doch ich fühlte mich zu schwach, um aufzusehen. Eine warme Stimme sprach: "Oh Gott, mein Schatz, was haben die mit dir gemacht?" Moment! Ich kannte diese Stimme! Ich blickte auf und da standest DU vor mir! Über deine Wangen liefen Tränen und du hast so oft gesagt, wie leid es dir tut, was sie mit mir angestellt haben, bis du mir um den Hals gefallen bist und ich dich endlich nochmal spüren konnte! Du brachtest mich zu dir, meine Beine schmerzten, aber dir würde ich bis ans Ende der Welt folgen! Du hast gespürt, dass es mein letzter Wunsch war, noch einmal frei zu sein, ein Pferd zu sein. Also brachtest du mich auf eine Wiese mit einer Herde. Es war ein Traum für mich! Ich fühlte mich, als könnte ich fliegen! Meine Beine donnerten über den Boden, meine Mähne flog im Wind und ich genoss deine Blicke, die mir bei jedem Schritt folgten. Dann kehrte ich zu dir zurück. Ich fühlte mich so glücklich wie schon lange nicht mehr! Dank DIR! Ich legte mich hin, denn ich merkte, dass meine Zeit gekommen war. Du hast dich zu mir gekniet und meinen Kopf auf deinen Schoß gelegt. Du hast sehr doll geweint. Leise hast du geflüstert: "Bitte geh nicht! Wir haben uns doch jetzt erst gefunden. Es tut mir so leid! Ich habe dich immer geliebt und werde dich auch immer lieben." Doch wir beide wussten genau, dass das meine letzten Minuten waren. Ich habe dich auch immer geliebt! DU warst der Grund, dass ich weitergekämpft hatte! Früher hatte ich dir geschworen, dass ich für dich durch die Hölle gehe und das habe ich nicht gemacht, für DICH! Ich werde für immer dankbar sein, dafür, dass ich mit dir die beste Zeit meines Lebens verbringen konnte, dass du mir deine Liebe geschenkt hast und dass du mir meinen letzten Lebenswunsch erfüllt hast. Du hast mit mir meine ersten Atemzüge verbracht und nun sollten es auch meine letzten sein. Dann war es soweit, ich schlief glücklich für immer in deinen Armen ein. Mit traurigen, aber auch wundervollen Erinnerungen.
Oh Gott, endlich fertig! Ich musste tatsächlich heulen. Bitte lasst mir doch ein Kommi da, wie ihr diese Geschichte fandet.
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