Der Abend
Langsam wurde es später. Bald würde mein Vater nach Hause kommen. Und was dann? Wie sollte ich ihm erklären dass die Zwerge, Bilbo und Gandalf aus Der Hobbit in unserem Haus waren? Ich musste mir etwas einfallen lassen. Und zwar schnell!
Mittlerweile schauten sich die Zwerge alles mögliche an und liefen im Haus umher. Gandalf hatte angefangen, Der Hobbit zu lesen. Ich passte natürlich auf, dass er nur so weit las, dass er nichts über die Zukunft erfahren würde. Bilbo war immernoch bei meinen Mäusen. Sie freuten sich, so viele Kräcker zu bekommen. Irgendwann meinte ich zu Bilbo: "Jetzt ist aber mal Schluss." Danach ließ Bilbo von meinen Mäusen ab und setzte sich neben Gandalf auf einen unserer Stühle.
Ich schaute auf die Uhr. Es war schon 18 Uhr. 'Er wird gleich da sein. Und was dann?', dachte ich panisch. Da klingelte das Telefon. Erschrocken blickten Galdalf und Bilbo zu dem Klingeln und die Zwerge kamen schreiend und mit gezogenen Waffen zu uns gerannt. "Nein, nein, keine Sorge. Nehmt die Waffen runter. Das ist nur unser Telefon." "Was ist ein Telefon?" Ich musste lächeln und sagte: "Macht jetzt bloß keinen Mucks!" Dann ging ich ran.
Es war meine Oma. "Hallo Oma? Ja, ich war oben. Nein, nein, alles gut. Ähhh, ich hab mein Zimmer aufgeräumt. Was, jetzt? Jetzt ist es eigentlich nicht so gut. Warum? Mir ist grad eingefallen, dass ich noch Hausaufgaben auf morgen habe. Kann Papa nicht? Er kommt spät? Na danke, und warum sagt er mir das nicht." Wütend stapfte ich mit dam Fuß und ballte meine Hand zu einer Faust. "Ist er etwa wieder bei Laila! Das darf doch nicht war sein! Immer nur Laila, Laila, Laila und ich darf in die Röhre schauen oder was?! Ja ich bin sicher, dass ich nicht kommen kann. Ja. Ja Oma! Bis morgen. Ja, dass ist gut. Jaa! Tschüss."
Wütend legte ich auf. Seit der Trennung meiner Eltern war Papa oft und lange bei seiner neuen Freundin. Am Anfang hatte mich das wenig gestört, aber jetzt war ich oft einsam. Ich atmete tief durch und versuchte, mich zu entspannen.
Nach kurzer Zeit des Schweigens öffnete ich schwungvoll die Tür und wollte gerade aus dem Zimmer gehen, da hörte ich ein Räuspern von hinten. 'So ein Mist, die hatte ich vor Wut ja ganz vergessen.', fluchte ich in Gedanken. Ich drehte mich kurz zu meinen Gästen um und meinte nur: "Eine Minute!" Schnell ging ich nach oben in mein Zimmer.
'Na super Ronja! Schon wieder so eine Szene! Jetzt werden sie erst recht Fragen stellen.', dachte ich. Ich lief in mein kleines Bad und wusch mir das Gesicht. Dann atmete ich nochmals tief durch und ging wieder nach unten.
"So, da bin ich wieder.", meinte ich und wartete leicht verängstigt auf eine Antwort oder ähnliches. Alle meine Gäste hatten sich stehend im Raum versammelt.
Irgendwann konnte sich Kili nicht mehr bremsen und fragte: "Ähm, was war denn das vorhin?" "Kili!", meinte Balin und warf ihm einen bösen Blick zu. Ich hatte diesen Blick bemerkt und sagte schnell: "Nein, nein. Ist schon ok." Kurz machte ich eine Pause und erklärte dann: "Meine Eltern haben sich vor einiger Zeit getrennt. Gerade... es ist eine schwierige Zeit. Entschuldigt, dass ich einfach rausgegangen bin." Ich schaute auf den Boden, weil ich den anderen nicht ins Gesicht sehen wollte.
Nach kurzer Zeit kam Bilbo zu mir nach vorne und nahm meine Hand. "Ist schon ok. Wir verstehen das.", sagte er und schaute zu den Zwergen, die bedrückt aussahen. Schnell nickten sie zustimmend. Ich lächelte. "Mein Name ist übrigens Ronja.", stellte ich mich letzten Endes vor. Da trat Thorin vor. "Und ich bin...." "Thorin Eichenschild. Anführer dieser Unternehmung, König unter dem Berge. Sohn des Thrain, Sohn des Thror. Jaja, ich weiß wer du bist." Verdutzt schauten mich alle an, während ich auch noch die anderen Namen aufzählte. Gandalf grinste. "Meine Freunde, was schaut ihr denn so. Habt ihr etwa schon vergessen, dass wir in dieser Welt in einem Buch existieren. Deshalb kennt sie alle unsere Namen." Den Zwergen schien ein Licht aufzugehen.
"Gut, jetzt müssen wir erst einmal schauen, wo wir euch unter bringen. Lasst mich mal überlegen.... Ihr könntet in den Keller gehen.", schlug ich vor. "In den Keller?", fragte Bilbo ungläubig. "Das ist der einzige Ort, wo mein Vater nicht so oft hingeht. Und genug Platz für alle ist dort auch. Ihr müsst nur leise dort unten sein.", erklärte ich. Da grummelte Bombur's Magen. "Ich glaube zuerst gebe ich euch was zum Essen.", sagte ich und lief kopfschüttelnd in die Küche. Als die Zwerge laut jubelten zischte ich: "Pscht!" Sofort verstummen sie wieder. Ich sah in den Kühlschrank und entdeckte zwei Packungen Rehsalami, die mein Vater vor ein paar Tagen geholt hatte. Ich nahm sie aus der Verpackung und Schnitt sie in Stücke. Dann brachte ich sie den Zwergen und eilte zur Terassentür, um vom andern Kühlschrank in der Garage noch mehr zu holen. "Ist das etwa schon alles?", fragte Dwalin. "Ich hole ja noch was, keine Sorge. Ihr werdet schon nicht verhungern.", sagte ich leicht genervt. Und bevor ich mich umdrehte sah ich noch, wie sich ein Lächeln auf Gandalf's Lippen stahl. Dann nahm ich acht Packungen aus dem anderen Kühlschrank und betete, dass mein Vater nichts bemerken würde. Zwei Packungen legte ich in den Kühlschrank. Die anderen Schnitt ich wieder und brachte alles zu den Zwergen, die in der kurzen Zeit schon alles gegessen hatten. "Das ist sehr gut. Habt Dank.", sagte Balin. Ich lächelte. "Ach, keine Ursache. Ich hoffe nur mein Vater bemerkt nichts." Da hörte ich eine Hupe. Mein Vater war gekommen!
"Schnell! In den Keller!", rief ich und schob die Zwerge mitsamt all ihren Sachen die Kellertreppe runter. Unten angekommen ermahnte ich sie nochmals, bloß keinen Lärm zu machen. Da hörte ich schon die Haustür. Gehetzt rannte ich nach oben, machte das Kellerlicht aus und konnte gerade noch rechtzeitig auf's Sofa springen, da war mein Vater auch schon im Haus.
"Hallo Papa, wie war dein Tag?", fragte ich ihn und versuchte, so ruhig wie möglich zu atmen. "Wie immer halt. Nichts neues. Und bei dir? Latein zurück bekommen?" "Ne, gar nichts. Der Englisch-Test war aber eigentlich ganz gut.", erwiderte ich und hoffte, dass nichts schief gehen würde.
Alles lief sehr gut, bis mein Vater meinte: "Ich muss mal schnell in den Keller." Mir blieb das Herz stehen! 'Oh nein!', dachte ich. Schnell stellte ich mich vor ihn und versperte ihm so den Weg nach unten. "Wieso denn?", fragte ich nervös. "Ich muss wieder Wäsche aus dem Trockner holen.", antwortete er. "Ach lass mich das doch für dich machen.", sagte ich und nahm ihm den Wäschekorb ab. "Ist irgendwas passiert? Sicher, dass du keine schlechte Note hast? Du bist doch sonst auch nicht so hilfsbereit.", sagte mein Vater. "Ach was, ich mache das gerne. Du könntest dafür aber auch die Spühlmaschine für mich ausräumen.", sagte ich, damit es wieder wie eine halbwegs normale Situation klang. Mein Vater lachte und meinte dann: "Na gut." Er ging in die Küche und ich drehte mich um und ging in den Keller. Dabei vergaß ich aber leider völlig, dass wir die Schuhe der Zwerge auf die untersten Stufen gestellt hatten. Ich war immernoch abgelenkt und stolperte über die Schuhe. Ich schrie und schloß die Augen. Im letzten Moment waren Kili und Fili zur Stelle und fing mich auf. "Danke.", flüsterte ich, bevor ich die besorgte Stimme meines Vaters hörte: "Ronja!? Alles in Ordnung?" "Jaja, ich bin nur gestolpert.", rief ich zurück. "Hast du etwa dein Handy bei dir?", fragte er mit leicht spötischem Unterton. "Ein 14-jähriges Mädchen hat ja wohl im Keller was besseres zu tun, als auf ihrem Handy zu schreiben. Und ausserdem hab ich hier unten eh kein Netz.", rief ich worauf schallendes Gelächter meines Vaters folgte. "Jaja, ich dich auch!", rief ich genervt hoch und verdrehte die Augen. Dann bahnte ich mir einen Weg durch die Zwerge, die mich anstarrten als wäre ich ein Höhlentroll oder so was, und nahm die Wäsche aus dem Trockner. Als ich wieder von der Wäsche aufsah, bemerkte ich, dass alle ihre Schuhe von den Stufen genommen hatten und nun in den Händen hielte. Erstaunt schaute ich sie an. Sie lächelten. Ich erwiderte das Lächeln. "Ronja! Bist du vor dem Trockner eingeschlafen oder hast du doch dein Handy?", fragte mein Vater. "Nein! Ich komme ja schon. Und ich hab doch gesagt, dass ich hier unten kein Netz hab.", rief ich und eillt nach oben. Auf der Treppe blieb ich noch kurz stehen. "Dauert nicht mehr lang.", meinte ich und ließ die anderen (mal wieder) verwirrt zurück.
Oben angekommen reichte ich die Wäsche meinem Vater. Dann setzte ich mich auf's Sofa. Nach kurzer Zeit war er fertig und setzte sich neben mich. Dann fing er mit einem Mal an, mich zu kitzeln. Ich lachte und schrie: "Nicht! Aufhören!" Vor Lachen kamen mir schon fast die Tränen. Ich schnappte mir ein Kissen und warf es auf meinen Vater. Aber er kitzelt mich einfach weiter. "Stop! Bitte!", lachte ich. Als ich kopfüber auf der Sofa Lehne hing, sah ich mit einem Mal Thorin's Gesicht. Geschockt schrie ich: "Jetzt ist aber mal gut." Endlich hörte er auf und ich taumelte vor Lachen auf den Flur. Dabei schloß ich unauffällig die Tür. Dann rutschte ich auch noch aus (blöd wie ich bin) und fiel mit dem Rücken auf den Boden. Ich lachte leise, was dann in ein Seufzen überging. Dann drehte ich meinen Kopf zur Seite und sah die Zwerge. "Was macht ihr hier! Geht wieder runter!", flüsterte ich. "Alles in Ordnung bei dir?", fragte Bofur. "Jaja, jetzt geht endlich. Mein Vater hat mich nur gekitzelt.", meint ich und endlich gingen die Zwerge wieder in den Keller. Gerade rechtzeitig, denn schon öffnete mein Vater die Tür. "Was machst du denn auf dem Boden?", fragte er lachend. "Ich teste die Weichheit des Teppichs. Und ich muss sagen, der ist echt ungemütlich.", meinte ich und lachte, als mein Vater mich an meinen Armen nach oben zog.
Einige Zeit blieben mein Vater und ich noch wach, und ich hatte schon Angst er würde nie schlafen gehen. Deshalb versuchte ich mich abzulenken, indem ich Der Hobbit las. Das half dann aber auch nicht besonders. Schließlich war sogar mein Vater so müde, dass wir beide ins Bett gingen. 'Endlich!'
Vorsichtshalber blieb ich noch eine Weile liegen. Als ich mir sicher war, dass mein Vater schlief, schlich ich leise nach unten. Kurz hielt ich inne und betrachtete meinen Schlafanzug. Wollte ich mich wirklich so von den Zwergen sehen lassen? Aber ich hatte keine Lust, jetzt eine Jeans und ein anderes T-Shirt anzuziehen. Leise und im Dunkeln schlich ich die Treppen runter. Vor dem Wohnzimmer stoppte ich kurz, nur um festzustellen, dass meine Mäuse bis zum Anschlag aktiv waren. Sie budelten und knaberten und alles mögliche. Die eine verschob die Papierröhre, die andere rückte sie wieder zurück. Es war einfach herrlich!
Schnell lief ich weiter, nur um im Keller die schlafenden Zwerge zu entdecken. Bilbo schlief auch. Der einzige, der wach war, war Gandalf. Er saß auf dem Boden. Vorsichtig knippste ich eine schwache Taschenlampe an. "Hi Gandalf.", flüsterte ich. Gandalf nickte mir kurz zu und begann, die Zwerge zu wecken. Ich wette, er hätte sie angeschrien oder sie mit seinem Stab gehauen, aber wir mussten ja leise sein. Ich setzte mich zu den anderen auf den Boden und wir überlegten.
"Ich könnte so tun, als wäre ich krank. Aber vielleicht will mein Vater dann, dass ich zu meiner Mutter gehe.", meinte ich. "Einen Versuch ist es wert.", hörte ich Gandalf sagen. "Gut, wenn ich morgen nicht sehr früh bei euch auftauche, dann hab ich es geschafft. Wenn doch.... Ach, das besprechen wir dann morgen. Schlafen wir jetzt erst einmal alle. Und keine Sorge. Morgen früh wird mein Vater auf keinen Fall in den Keller wollen. Und selbst wenn, ich bin eh früher wach als er." Mit diesen Worten knippste ich die Taschenlampe aus und wollte mich auf den Weg nach oben machen. Als mir auffiel, dass ich dezent schlecht sehen konnte, machte ich sie jedoch wieder an.
Oben lag ich noch lange wach in meinem Bett und überlegte, wie ich das Krank-Sein am besten rüberbringen konnte. Mein Vater war nicht so leicht auszutricksen. Und dann musste ich wieder an meine Gäste da unten denken. Wie waren sie hierher gekommen? Würden wir sie wieder in ihre Welt bringen können? Ich hoffte es. Auch wenn ich sie noch nicht so schnell gehen lassen wollte. 'Sie gehören in ihre Welt!', dachte ich. Und schließlich konnte ich dann doch noch einschlafen.
Hallo ihr lieben,
Yeah, ein neues Kapitel. Wie findet ihr es?
Das war's dann auch schon wieder mit meiner Ansage.
Ronja
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