8.
9 Jahre zuvor
Ich bin nun schon so lange planlos durch die Gegend gerannt, dass ich gar nicht mehr weiß wo ich bin. Habe ich mich denn verlaufen? Ich muss rausfinden, wo ich mich befinde, sonst habe ich ein großes Problem. Die Backsteinhäuse um mich kommen mir irgendwie bekannt vor, als wäre unbewusst irgendwo hingerannt, an einen Ort, den ich kenne. Es kommt mir hier so bekannt vor, also wo ich bin hier? Denk nach, Maria! Da fällt es mir auf einmal wie Schuppen vor Augen, natürlich, dass ich da nicht gleich draufgekommen bin. Es gibt nur ein Haus, dem ein Stein an genau der Stelle fehlt. Ich bin unbewusst zu Newts Haus gelaufen. Mein ganzes Unterbewusstsein hat wohl an ihn gedacht und weiß, dass ich ihn jetzt brauche. Schnell stürme ich zur Tür und klingele sturm. Er muss einfach hinauskommen, sonst weiß ich nicht, was mit mir passiert. Ich brauche ihn, so schlecht geht es mir jetzt. Ich will einfach nur, dass es meiner Mom gut geht, doch ich weiß, dass das nie wieder der Fall sein wird und diese Erkenntis ist einfach so grausam. Die Tür wird aufgerissen und ich werde umarmt. Er weiß, was los ist, auch wenn ich es nicht sage, dafür kennt er mich zu gut. Er weiß, wie ihr Zustand ist und wusste, dass es früher oder später so weit war. Schluchzend zittere ich und meine Beine wollen mich nicht mehr tragen, sie klappen fast unter mir zusammen. Newt schleift mich hinter sich ins Haus, er führt mich und ich vertraue ihm einfach. Momentan bin ich zu nichts in der Lage. Newt bringt mich in sein Zimmer und legt mich auf sein Bett, wo er mich zudeckt. Ich zittere noch immer, trotz der Wärme, die seine Decke abgibt. Ich liege zitternd wie Espenlaub auf seinem Bett und Newt sitzt am Rand und hält meine Hand. Er weiß genau, dass es jetzt erst einmal das Wichtigste für mich ist, den ersten Schock zu überstehen, danach können wir auch reden. Ich bin ihm so dankbar, dass er für mich da ist, er ist wirklich der beste Freund, den man sich auch nur wünschen kann.
Ich bin wohl tatsächlich eingeschlafen, denn als ich die Augen öffne, fühle ich mich schon ein klein wenig besser. Der Schmerz sitzt tief, das ist klar, aber immerhin habe ich nicht mehr das Gefühl, nicht mehr den nächsten Tag voller Kummer erleben zu können. Ich habe alles, was in meiner Macht steht, getan, um meiner Mom zu helfen. Ich habe es ja nur gut gemeint, dass ich A.N.G.S.T. kontaktiert habe und ich habe ihr somit doch eigentlich auch geholfen, schließlich ist es besser, als wenn sie zu Hause undendlich leidet und niemand ihr helfen kann. Die Leute sind darauf spezialisiert und können mehr für sie tun als ich. „Hey, ich habe dich jetzt erst mal einige Stunden schlafen. Hier, du bist bestimmt durstig ...", Newt hält mir ein Glas mit Wasser an die Lippen und ich nehme vorsichtig ein paar Schlücke, „jetzt erzähl mal alles." Es ist nicht so, dass ich nicht selbst in der Lage wäre, mit etwas zu trinken zu besorgen und es mir zu verabreichen, doch ich weiß seine besorgte Geste sehr zu schätzen und das bestätigt mich auch wieder darin, dass er mein bester Freund ist. „Mom ging es in den letzten Tagen immer schlechter ... Heute war sie daran, auf mich loszugehen und ich habe sie im Schlafzimmer eingesperrt. Dad war der Meinung, dass ich bei dir bin, doch ich bin bei ihr geblieben und habe A.N.G.S.T. kontaktiert. Ich hatte keine andere Wahl, wer weiß, was sie sonst mir oder womöglich noch sich alles angetan hätte? Nachdem sie gekommen sind, um sie abzuholen, bin ich planlos geflüchtet, doch mein Weg hat mich zu dir geführt und hier bin ich nun ..." Newt betrachtet mich mit einem so betrübten Blick, in dem ich sein ganzes Verständnis für meine Lage erkennen kann. Er hat schließlich haargenau dasselbe durchgemacht und weiß, dass es mir momentan am besten tut, wenn ich möglichst wenig daran denke und jemanden um mich habe, der mich ablenkt. „Mensch, Maria. So kann das doch nicht weitergehen. Irgendwann wird die ganze Welt den Brand haben, alle werden sterben und es kann doch nicht sein, dass man nichts dagegen machen kann?" Ich muss über seine Aussage nachdenken und dabei stelle ich etwas fest. Ich könnte etwas tun, damit es in Zukunft den Menschen besser geht, sie nicht mehr alle am Brand sterben müssen. Bei meinem Test wurde doch herausgefunden, dass, wenn ich eine Testperson werde, mit ihnen also zusammenarbeite, dabei helfen kann, die Welt zu retten. Meiner Mom würde es zwar nichts mehr helfen, dafür ist sie schon zu krank, aber wer sagt, dass nicht mein Dad irgendwann auch ein Crank wird, Newts Mutter? Oder womöglich noch Newt selbst. Newt kann und will ich mir gar nicht mit dem Brand vorstellen, die Vorstellung ist zu grausam. „Woran denkst du gerade?", fragt Newt und rutscht etwas näher an mich. „Ich kann etwas verändern, das haben sie doch selbst gesagt. Newt, ich muss zu ihnen, so schnell wie möglich, das ist mein einziger Weg!" Newt starrt mich völlig engeistert an, als hätte ich völlig den Verstand verloren. „Wovon redest du da bitte?" „Von A.N.G.S.T., ich muss zu ihnen und dafür sorgen, dass nicht noch mehr Unschuldige sterben müssen!" Newt hält mich an der Schulter fest. „Das ist doch völlig absurd. Wir haben uns doch geschworen, niemals zu ihnen zu gehen. Maria, sie können auch nichts für sie tun. Sie sagen das nur immer, um ein gutes Image zu haben, aber sie sind Heuchler, alle miteinander. Wir haben es uns geschworen, in Ordnung. Ich vertraue dir, dass du nicht zu einer von denen willst, ich brauche dich doch hier bei mir und nicht bei diesen Verrätern. Bitte, Maria, bitte ...!" Er hat Recht. Das bemerke ich nun, in meiner Verzweiflung hätte ich fast das aufgegeben, das wir haben und wäre zum Feind gerannt. Newt hat mich, mal wieder, bewahrt. „Ich bleibe bei dir, für immer", flüstere ich und schmiege mich eng an ihn.
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