4.

10 Jahre zuvor

Heute ist mal wieder ein ganz normaler Schultag in der ersten Klasse. Eigentlich ist es ziemlich langweilig hier. Ich habe nicht wirklich viel zu tun, es ist so öde wie jeden Tag. Am liebsten würde ich einfach wieder den ganzen Tag über mit meinen Freunden draußen spielen und nicht hier wie auf glühenden Kohlen den ganzen Tag verharren, über Aufgaben gebeugt, die mir noch nicht einmal Schwierigkeiten bereiten, was sie eigentlich sollten. Doch ich war immer so schnell mit allem fertig, was dazu führt, dass ich ständig grübele. Newt sitzt neben mir, er ist meistens auch kurz nach mir fertig, was dazu geführt hat, dass wir tuscheln, doch das wurde uns mittlerweile strikt untersagt, sonst würden wir auseinandergesetzt werden. Unsere Lehrerin war solch eine miese Spielverderberin! Auch meine Klassenkameraden standen auch nicht auf der Top-Liste meiner Favoriten. Immer, wenn Newt und ich etwas zusammen in der Pause unternehmen, singen sie: „Ei, ei, ei, was seh ich da, ein verliebtes Ehepaar!" Das macht mich immer total aggressiv und Newt muss mich zurückhalten. Das schrille Dröhnen der Schulklingel reißt mich aus meinen Gedanken. Etwas ist anders: Die Stunde ist doch erst in zehn Minuten vorbei! Ich höre Newt Stift neben mir auf dem Tisch aufschlagen und kann seinen brennenden Blick in meinem Nacken spüren. „Okay, Kinder, bleibt jetzt alle ganz ruhig! Steht auf, stellt euch in Zweierreihen auf und folgt mir! Ihr müsste immer auf meine Anweisungen hören und dürft euch nicht von der Gruppe trennen!" Panisch und wie in Trance stehen wir auf und tun das, was uns befohlen wurde. Einige fangen an zu weinen, solch eine Angst haben sie und ich versuche mich zu beruhigen. Wir wissen doch noch gar nicht wirklich, was los ist! Vielleicht ist es ja nur eine Übung! Doch dass es das nicht ist, müsste mir eigentlich klar sein, dafür ist unsere Lehrerin zu ernst und die anderen Lehrer auf dem Flur auch. Ich stehe mit Newt in der Reihe und folge unserer Lehrerin gerade aus der Tür. Sie steuert den Gang in die Richtung der Keller an, was gar nichts Gutes zu bedeuten hat. Noch nie war jemand von uns schon einmal in diesem Keller gewesen und es war strengstens verboten, sich ihm auch nur zu nähern. Unsere Lehrerin hat gesagt, dass er nur für die größten Notfälle vorgesehen ist. Anscheinend ist gerade so ein Notfall und das scheint nicht nur ich zu registrieren. Alle sind mittlerweile panisch und fangen entweder an zu weinen, oder zu zittern. Wie sollen wir alle das denn nur in den Keller schaffen? Wir müssen uns beeilen, verflixt noch einmal! Etwas passiert, etwas schlimmes und wir müssen uns beeilen. Beruhige dich, Maria! Alles wird gut! Newt neben mir zittert auch wie Espenlaub und ich kann nichts machen, als nach seiner Hand zu greifen und dafür zu sorgen, dass er mir zum Keller folgt. Mittlerweile sind wir auf der Treppe, die zum Keller führt und es staut sich alles. Alle Klassen stopfen sich durch die schmale Tür in den Keller, anstatt geordnet zu gehen. Ist ja typisch! „Okay, Kinder, bleibt in einer Reihe! Wenn wir im Keller sind, seid ihr in Sicherheit. Wir bleiben dort eine Weile und dann ist alles okay. Es gibt keinen Grund zur Beunruhigung!" Ich weiß, dass sie versucht, uns zu beruhigen, doch ich höre ihrer Stimme an, dass sie ebenfalls eine Heidenangst hat. Sie weiß, dass es lange dauern kann. Was ist denn nur los? Ich will endlich Klarheit! Der Junge hinter mir fängt an zu würgen und auf einmal breitet sich ein bestialischer Gestank aus und bahnt sich seinen Weg in meine Nase. Warum muss er sich denn jetzt übergeben? Das trägt sicherlich nicht dazu bei, dass sich die anderen beruhigen! Panisch greift Newt nach meiner Hand. Ich halte sie, während wir uns immer weiter bis zur Tür vorquetschen, denn dies ist das einzige, womit ich ihm zeigen kann, dass ich zu ihm halte. Ich bin für ihn da und das soll er wissen. Ich habe solche Angst, meine Eltern nicht wiedersehen zu können. Mein ganzer Magen schnürt sich zusammen, solche Angst habe ich. Zuminest ist Newt bei mir, das ist ein ganz schwacher Trost. Ich klapper mit den Zähnen, da es immer kälter wird, je mehr wir uns dem Keller nähern. Nach einigen weiteren Minuten haben wir es endlich geschafft, den Keller zu betreten. Newt und ich verkümeln uns in eine Ecke, als auf einmal die Geräusche losgehen. Sie hören sich an, als würde ein Mensch sterben oder zumindest endlose Schmerzen haben. Es ist ein Schrei, der durch Mark und Bein geht und er kommt aus der Richtung des Schulhofes. Sie sind also hier, die Leute, denen Newt und ich damals begegnet sind und die uns noch oft in unseren Träumen heimsuchen, sie sind hier. Und das sicherlich nicht in friedlicher Absicht. „Kontaktieren Sie A.N.G.S.T., schnell, sie müssen sofort herkommen, es sind zu viele Cranks hier!", brüllt ein Lehrer neben mir meine Lehrerin an. Sie hält verzweifelt ihr Handy gen Decke, doch ich kann auf ihrem Gesicht erkennen, dass irgendetwas nicht nach Plan läuft. „Ich habe ganz schlechten Empfang ...", wispert sie, kaum merklich. Ich werde käsebleich im Gesicht, als sie diese Worte stockend hervorbringt. Meine Beine halte ich eng umschlungen an meinen Körper gepresst, um meine Fassade aufrecht zu erhalten. Warum nur? Warum können die nicht einfach abhauen?! Was macht der Brand mit ihnen? Diese Leute, die den Brand haben, Cranks, wie sie gerade gennant wurden, was bewegt sie dazu, so etwas zu tun?! Wir sind doch alle nur unschuldige Kinder! Newt kauert neben mir und zuckt bei jedem kleinsten Geräusch zusammen. „Wir schaffen das!", flüstere ich in sein Ohr und verkrieche mich noch mehr. Meine Klassenkameraden neben mir fangen an zu weinen. Voller schmerzlicher Angst, panischer Angst. Sie tun mir alle so sehr leid, doch mir geht es auch nicht viel besser. Ich bin mir sicher, dass Newt und ich die einzigen sind, die Cranks schon mal wirklich gesehen haben und wir hätten auf diese Erfahrung getrost verzichten können. Auf einmal kratzt etwas an der Tür. Es wird muckmäuschenstill im Keller. Alle hören dem Schaben der Fingernägel auf der Tür und hoffen, dass die Metalltür so dick wie auch nur möglich sein kann. Die Anspannung ist förmlich zu spüren. Was sollen wir denn nun tun?

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