11.
8 Jahre zuvor
Heute ist mal ein Tag, an dem ich einfach nur fröhlich sein kann und auch keine Bedenken haben muss, was denn jemand anders von mir denken könnte, wenn ich einfach mal mein Gehirn für einen Tag abschalte, lache und glücklich bin. Newt hat mir vor einigen Wochen mitgeteilt, dass seine Tante, die Schwester seines Vaters heiraten würde und er gerne jemanden mitbringen dürfte, den er wollte. Newt hat mich ausgewählt und nachdem mein Dad ziemlich schnell
einverstanden war, konnten wir uns damit beschäftigen, alles für diesen Tag zu planen. Ich stehe in meinem wohl schönsten Kleid, das ich jemals anhatte, vor der Kirche, der einzigen in dieser Siedlung, die noch sehr schön hergerichtet ist und warte darauf, dass alles losgeht. Newt neben mir wippt nervös auf und ab, als wäre es seine eigene Hochzeit. Ich kann mir im Moment gar nicht vorstellen, wie es wohl sein mag, den Partner fürs Leben gefunden zu haben und zu heiraten. Newt rückt seinen Anzug zurecht, für den Newts Mom verhältnismäßig viel Geld ausgegeben hat, denn es ist sozusagen ein Wunsch von seinem Dad gewesen, dass auf der Hochzeit seiner kleinen Schwester alles gut verlaufen würde. „Maria, genau so wie meine Tante möchte ich auch irgendwann einmal heiraten. Glücklich und zufrieden an einem schönen Tag. Du wirst dann meine Ehefrau werden, das wird doch toll. Also ich freue mich schon und du?" Als er das sagt, erröte ich wie eine Tomate und meine Hände fangen an zu schwitzen. Hat er das wirklich gerade zu mir gesagt? Natürlich hat er es spaßeshalber gemeint, doch da ich ein Mädchen bin, denke ich über solche Sachen immer kritischer nach als Jungs, das liegt einfach in unserer Natur. Auf einmal dringt die Melodie des Hochzeitsmarsches in mein Ohr. Die Trauung geht also los.
Die Trauung war einfach perfekt, glücklich und friedlich. Wir haben uns zur Feier des Tages alle in einem Raum versammelt, in dem wir alle etwas trinken, essen und der Musik, die aus den Lautsprechern dringt lauschen. Die Atmosphäre ist ganz locker, alle sind gut gelaunt, tratschen und lachen. Da ich das einzige junge Mädchen hier bin, bin ich ständig am Laufen, da jeder sich mit mir unterhalten will. Gerade kommt Newts Tante auf mich zugelaufen und stellt sich fröhlich mit ihrem Sektglas in der Hand vor mich hin. „Ich will mich nochmals herzlich bei Ihnen für die Einladung bedanken. Es ist sehr schön und ich freue mich so sehr für Sie", lächele ich. „Danke sehr, das ist doch selbstverständlich. Maria, ich möchte dir etwas sagen, von Frau zu Frau: Ich kenne meinen Neffen sehr gut, er ist sehr kontaktfreudig, doch bei dir ist das weit mehr. Er hat ein Auge auf dich geworfen, das merkt ein Blinder mit Krückstock. Ihr seid zwar noch nicht in dem Alter dazu, doch bitte versprich mir, dass auch wenn ihr Teenies seid, du immer für ihn da bist, denn Newt ist ein echt liebenswerter Junge." „Das werde ich, Miss Whitman, das verspreche ich", sage ich breit lächelnd. Meine Vermutung wurde gerade von ihr bestätigt. Newts Verhalten geht über normale Freundschaft hinaus. Ich weiß nicht genau, wie ich damit umgehen soll. Etwas verwirrt bin ich natürlich schon, das bekommt man ja nicht jeden Tag mitgeteilt, doch ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich mich nicht total geehrt fühlen würde und jetzt sehr glücklich bin. Das ist doch die beste Voraussetzung, dass der restliche Tag auch einfach nur super verlaufen wird, denn es liegen noch einige Stunden vor uns, bevor wir uns wieder der bitteren Realität des Alltags stellen müssen. Den Cranks, dem Brand, den Zicken, meine Hausarbeit über unseren letzen Besuch bei A.N.G.S.T., Lilli, die mir total leid tut und noch viel mehr. Ich will gerade nachsehen, ob Newts Tante noch bei mir steht, doch sie unterhält sich mittlerweile wahrscheinlich schon wieder mit anderen. An ihrer Stelle kommt Newt allerdings breit grinsend auf mich zugelaufen. Er stellt sich vor mich hin und wippt leicht im Takt der Musik auf seinen Füßen hin und her. Er sieht mich an, als wolle er mich etwas fragen, das er sich aber anscheinend gerade nicht trauen würde. Was soll ich denn tun? Soll ich ihn fragen, ob wir tanzen wollen? Wenn ich ehrlich bin, habe ich da schon Lust zu, meine Tanzkünste sind zwar nicht so hervorragend, doch es steht doch schließlich an erster Stelle, auf einer Hochzeit Spaß zu haben oder? Also fasse ich mir ein Herz. „Newt, willst du vielleicht tanzen, also mit mir? Wir könnten uns zu den anderen auf die Tanzfläche stellen!", frage ich ihn und ob es am Beat der Musik liegt oder an meiner Nervosität, weiß ich nicht, doch ich wippe jetzt ebenfalls von meinen Fußballen auf meine Ferse und zurück. „Ähh, klar. Komm mit!", lächelt er und greift mich am Handgelenk, um mich zur Tanzfläche zu ziehen. Gerade in der Sekunde, in der wir die Tanzfläche betreten, wird ein schnelles Lied angespielt, was ich ehrlich gesagt aber auch besser finde, als wenn ich jetzt einen langsamen Tanz tanzen müsste, das fände ich etwas zu viel für den Anfang. „Was denkst du, tanzt man hierauf denn?", fragt Newt mich doch ich habe, ehrlich gesagt, keine Ahnung. Ich denke einfach etwas schnelles. Bevor uns die Leute noch dumm ansehen können, greife ich einfach nach seiner Hand und tanze mit ihm los, einfach irgendetwas zusammen, doch es ist ein angenehmes Gefühl, sich einfach frei zu bewegen. Ich bewege die Füße und Arme schon fast wie automatisch und Newt führt mich mit seinem Arm zu verschiedenen Drehungen. Er scheint nun wohl auch Gefallen daran gefunden zu haben, denn er lächelt mich breit an. Ich könnte wirklich stundenlang so weitermachen, würde es so etwas bei uns geben, würde ich sehr gerne eine Tanzschule besuchen und bei ihr mehr dazulernen. Man müsste in dieser Welt einfach mehr Freiheiten besitzen, dann wäre einfach alles perfekt. Newt ist mittlerweile etwas in Atemnot, ich auch leicht, deswegen beschließe ich, kurz auszusetzen. „Eines muss ich dir noch sagen", meint Newt, als wir unter Applaus der Gäste die Tanzfläche verlassen, „du siehst heute einfach bezaubernd aus!"
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