Die Verfolgung

Ich war auf dem Weg nach Hause, als ich über das Geschehene nachdachte. Zwar war ich erleichtert, dass ich das Gespräch hinter mir hatte, aber befriedigt hatte es mich nicht. Und war der Grundgedanke nicht, dass es mir danach besser gehen sollte? Es hatte mich in der Tat einiges an Überwindung gekostet, daher war ich mit dem Ausgang des Dialogs unzufrieden. Vor allem war ich so nah dran! Aber weil ich jetzt nicht mehr tun konnte, musste ich anfangen damit zu leben. Ich musste einfach damit abschließen. Außerdem war es vielleicht sogar schon genug Information, die ich erhalten hatte. Das Vulpix würde nämlich nicht bei dem widerlichen Mann bleiben, sondern verkauft werden, dessen neue Besitzer bestimmt gut für es sorgen würden. Mehr hatte ich mir vor dem Gespräch auch eigentlich nicht erhofft. Ich sollte zufrieden sein, dass alles gut ausgegangen war. Doch eine Sache beschäftigte mich trotzdem. Ich konnte mir einfach immer noch nicht das Geschäftsmodell von den Käufern vorstellen. Sie nahmen nämlich Pokémon in jedem Zustand an und wollten diese wieder verkaufen. Aber verletzte oder schwache Pokémon wie das Vulpix würden sich doch nicht zu einem hohen Preis wieder verkaufen lassen. Das würde einfach keinen Sinn ergeben. Auch wenn sie diese Pokémon gesund pflegen würden, wäre das mit zu viel Zeit und Aufwand verbunden. Je mehr ich über diese Ungereimtheiten nachdachte, desto mehr Zweifel kamen mir auf. Und warum wollte mir der Käufer nicht sagen, wo die Pokémon verkauft werden? Warum sollte das ein so großes Geheimnis darstellen? Damit ich das Vulpix nicht wieder finden würde? Wohl kaum, denn sie könnten es mir ja dann wieder verkaufen. Irgendetwas schien da faul zu sein. Aber solange ich nicht wusste, wo die Pokémon hingebracht wurden, konnte ich nicht viel sagen. Genau bei dem Gedanken kam mir eine Idee. Ich musste den LKW verfolgen. Das war die einzige Möglichkeit, Klarheit in die Angelegenheit zu bringen. Kaum hatte ich den Gedanken gefasst, überlegte ich, wie ich das am besten anstellte. Schließlich hatte ich noch keinen Führerschein. Wie sollte ich dem LKW dann nur folgen? Es blieb mir tatsächlich nur das Fahrrad übrig. In der Stadt dürfte die Verfolgung damit noch möglich sein, da der LKW wegen den vielen Kreuzungen und Ampeln nicht sehr schnell fahren konnte. Aber sobald er schneller fahren konnte, hatte ich ein Problem. Doch soweit dachte ich jetzt nicht. Einen Versuch war es auf jeden Fall wert. Außerdem konnte ich mir ja, wenn es nicht klappte, immer noch etwas Neues überlegen. So ging ich mit dem neuen Plan im Kopf nach Hause.

Daheim angekommen setzte ich mich erstmal auf die Couch und holte mein Smartphone aus der Hosentasche. Ich sah, dass mir Simon mal wieder ein Foto von seinem Pokémon geschickt hatte; dieses Mal um mir das neue Halsband zu zeigen, das man sogar mit einem Smartphone orten konnte. "Wie konnte man sein Geld nur für solch unnötigen Dinge ausgeben?", schüttelte ich als Reaktion den Kopf, doch hielt mich zurück, ihm das als Antwort zu schreiben. Stattdessen suchte ich nochmal nach der Anzeige in der Zeitung, um festzustellen, bis wann der Verkauf ging, damit ich es nicht verpasste, den LKW zu verfolgen. "12 Uhr", las ich laut vor und stellte fest, dass mir damit noch zwei Stunden blieben. Wenigstens konnte ich mich in der Zeit noch ein bisschen ausruhen. Und diese Ruhepause werde ich jetzt auch brauchen, denn das Radfahren später dürfte sehr anstrengend werden. Ich wollte meine Zeit nun mit dem Smartphone totschlagen, als mir Simons Nachricht nochmal in den Sinn kam. Da kam mir plötzlich eine Idee! Wenn ich solch ein Halsband hätte, könnte ich es irgendwie in den LKW schmuggeln und wäre dann in der Lage, ganz gemütlich den LKW zu verfolgen, da mir ja das Smartphone sagte, wo er hingefahren ist. Begeistert von diesem Einfall suchte ich sofort im Internet nach einem solchen Halsband und fand heraus, dass es sie in jedem Markt gab, der Pokémonsachen verkaufte. Sofort machte ich mich auf den Weg und ging abermals zum Supermarkt, um mir ein solches Band zu holen. Als ich es gekauft hatte, ging ich mit einem wirklich guten Gefühl nach Hause. "Die Verfolgung wird ein Kinderspiel!", jubelte ich innerlich und verband dann zu Hause die Kette, die mit einem Ortungschip ausgestattet war, mit meinem Smartphone. Jetzt musste ich es nur noch schaffen, die Kette unbemerkt in den LKW zu bringen. Aber so schwierig dürfte das bestimmt auch nicht werden, schließlich stand ja der Mann nicht ständig hinten beim LKW. Irgendeine Gelegenheit wird sich da schon auftun.

Weil ich jetzt nur noch eine knappe Stunde hatte und ich die Kette mal in den LKW bringen musste, verließ ich zum dritten Mal das Haus. Ich ging zum LKW und konnte von Weitem sehen, wie dieser widerliche Mann einem weiteren Kunden ein Pokémon abnahm. Als der Kunde wegtrat, setzte sich der Mann ins Fahrerhaus, um sich dann in aller Gemütlichkeit eine Zigarette anzuzünden. Das war meine Chance! Mit schnellen Schritten ging ich zum Fahrzeug, versuchte aber trotzdem nicht zu auffällig und auch nicht zu laut zu sein. Da gerade kein Mensch in der Nähe war, warf ich die Kette in einen der Kartons und ging dann mit einem Grinsen wieder weg. Das war dann auch geschafft! Da ich jetzt viel Zeit hatte und ich auch nicht darauf achten musste, wann der LKW losfährt, weil ich ihn sowieso orten konnte, wollte ich mir jetzt ein Essen gönnen; immerhin war ich dazu noch nicht gekommen.

Es war nun bereits Nachmittag und der LKW dürfte wohl sein Ziel längst erreicht haben, sodass ich neugierig die App öffnete, die mir den Ort der Kette anzeigte. Und tatsächlich! Der Ort schien sich nicht mehr zu ändern, was bedeutete, dass der LKW nicht mehr fuhr. Gespannt, wo die Kette nun war, sah ich genauer hin. Etwas irritiert kratzte ich mich am Kopf. Laut der App befand sich die Kette etwa zehn Kilometer weg von hier und zwar in einer Firma namens "Warm & Flauschig". Den Namen hatte ich schon mal gehört, da war ich mir sicher, konnte mich jedoch gerade nicht erinnern. Zum Glück konnte ich das ganz leicht im Internet herausfinden und als ich dann die Website der Firma gefunden hatte, kam mir der Schreck. Die Firma stellte Jacken und Mäntel her.

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