Licht fiel in meine Augen. Ich gähnte mehrmals und hatte das Gefühl, meinen eigenen Körper nicht mehr zu spüren. Als ich die Augen dann öffnete, war ich für einen kleinen Moment irritiert, doch recht schnell wurde mir wieder alles klar. Ich war tatsächlich hier im Wohnzimmer eingeschlafen. Und das im Sitzen, weshalb sich mein Körper auch taub anfühlte. Ich sah nun neben mich auf das Ding, was für mein Unwohlsein verantwortlich war. Es schlummerte ganz unschuldig, wie als wäre es die ganze Zeit so gewesen. Dieser Anblick machte mich sauer. Da jetzt allerdings ein neuer Tag angebrochen war, wollte ich die miese Nacht hinter mir lassen und wollte meine Sachen packen, um anschließend zu Simon zu gehen, so wie wir es gestern nach dem Kino ausgemacht hatten. Auf dem Weg in mein Zimmer kam mir meine Mutter entgegen und fragte mich, warum ich schon so früh auf den Beinen an einem Samstag war. Als Begründung gab ich an, nicht mehr schlafen zu können, was auch stimmte, und ich erzählte ihr dann gleich noch davon, dass ich das Haus jetzt verlassen wollte. Ich wartete nicht bis sie dazu etwas sagte und ging vorwärts, als sie antwortete: "Denkst du auch daran, deinem Pokémon Futter zu geben?" Dass sie auf das Vulpix zu sprechen kam, nervte mich; hatte sie doch keine Ahnung, was ich wegen ihm durchmachen musste. Dennoch ließ ich mir nichts von meiner schlechten Laune anmerken, damit sie nicht noch mehr Fragen stellte. Eilig ging ich in die Küche, damit ich es hinter mir haben würde, doch als ich die Futterschachtel öffnete, merkte ich, dass so gut wie nichts mehr drinnen war. Ich rief sofort nach meiner Mutter. Sie überzeugte sich selbst davon und meinte: "Tja, jetzt wo wir zwei Pokémon haben, brauchen wir auch mehr Futter." Wir sahen uns dann in die Augen und ihr leicht lächelnder Blick ließ erahnen, auf was sie hinauswollte. "Nein, ich gehe mit Sicherheit nicht einkaufen! Immerhin muss ich jetzt weg.", versuchte ich mich herauszureden. Aber da sie nun damit kam, dass sie in die Arbeit musste und erst nachmittags zurückkommen werde, blieb die Aufgabe letztendlich an mir hängen. Ich stöhnte laut auf und bevor meine Mutter das Haus verließ, sagte sie noch: "Bist ein guter Junge!" Kaum hatte sie die Tür hinter sich geschlossen, fluchte ich. So ein Mist! Das Pokémon trieb mich noch in den Wahnsinn. Nun ja, es war ja doch noch ziemlich früh, sodass ich tatsächlich noch die Zeit hatte, kurz in den Supermarkt zu laufen. Gesagt, getan! Ich kam vom Supermarkt zurück und der Blick auf meine Uhr verriet mir, dass es doch länger gedauert hatte, als vermutet. Das kam halt davon, wenn man noch nie Pokémon-Sachen gekauft hatte und daher keine Ahnung hatte, wo sie im Supermarkt versteckt waren. Ich ging dann mit dem Futter in die Küche, doch bevor ich weitermachte, holte ich mir einen Orangensaft und setzte mich erstmal hin. "Puh! Was für ein anstrengender Tag.", sagte ich zu mir selbst, wohl bewusst, dass es erst der Anfang von einem langen Tag war. Doch eigentlich konnte es ja nur noch besser werden! So motivierte ich mich und holte nun die leere Schüssel, die vor dem noch schlafenden Vulpix stand, um sie zu befüllen. Nachdem sie wieder aufgefüllt war, wollte ich die Schüssel wieder zum Vulpix zurückbringen, als mich auf einmal etwas von hinten ansprang. Ich erschrak mich so sehr, dass die Schüssel samt Inhalt zu Boden flog und dort mit einem klirrenden Klang zersprang. Die nächsten Sekunden stand ich wie gelähmt da und bemerkte nicht, dass das Eneco währenddessen begann, das Futter vom Boden zu essen. Fassungslos beobachtete ich es dabei. Dieses katzenartige Pokémon fehlte mir jetzt noch. Mein Hals schwoll nun immer mehr an. Ich versuchte trotzdem einigermaßen ruhig zu bleiben und begann, den Boden zu säubern. Dabei störte mich das Eneco, da es einfach nicht aufhörte, das Futter vom Boden zu essen und mir somit im Weg war. Gereizt versuchte ich mit dem Besen das Eneco zu verscheuchen, was tatsächlich klappte. Na also, ging doch! Als ich dann allerdings sah, was es als nächstes machte, hielt ich die Luft an. Es sprang nämlich auf den Küchentisch, worauf die Futterschachtel lag. Und natürlich war sie noch offen. "Bitte sei ein liebes Pokémon und lass die Schachtel in Ruhe.", versuchte ich es noch daran zu hindern. Da passierte es aber schon. Eneco wollte an das Futter und dabei kippte die Schachtel um und das Futter fiel auf den Boden. Mittlerweile sah es in der Küche aus wie auf einem Schlachtfeld. Zerbrochene Scherben und jede Menge Futter lagen verstreut am Boden. Jetzt hatte ich genug! Wütend lief ich auf Eneco zu und machte etwas, was ich noch nie mit ihm gemacht hatte: ich packte es am Rücken, so schnell konnte es gar nicht reagieren, und brüllte ihm laut ins Gesicht: "Du hast mich zum letzten Mal genervt!" Ich warf es auf das Bett meiner Eltern und schlug die Tür zu. Das war allerdings ein großer Fehler, wie sich herausstellte. Es ertönte nämlich wieder das Geräusch, was ich mir schon die ganze Nacht anhören musste. Doch ganz ehrlich war mir das Vulpix jetzt egal. Sollte es doch so viel schreien, wie es wollte. Ich wollte nur noch von hier verschwinden. Ich hatte einfach keinen Bock mehr! Sollte sich doch meine Mutter darum kümmern, aber mir reichte es! Auch den Dreck in der Küche wollte ich in meiner Wut nicht beseitigen. Stattdessen schnappte ich mir meinen Rucksack und packte ihn, als ich plötzlich hörte, wie jemand die Haustür aufsperrte. Das konnte einfach nicht sein! Es musste mein Vater sein, der von seiner Nachtschicht zurückkam. Ich musste auf jeden Fall schleunigst den Dreck in der Küche beseitigen, wenn ich keinen Riesenärger bekommen wollte. Daher rannte ich schnell dahin und kehrte alles, zumindest grob, auf, ehe er die Küche betrat. Gerade als ich den letzten Schwung in den Mülleimer tat, kam mein Vater. "Dass du an einem Samstag das Haus putzt, hätte ich mir nie träumen lassen. Aus dir scheint ja doch noch ein anständiger Kerl zu werden.", scherzte er. So ein Spruch war echt das Letzte, was ich im Moment brauchte. Dennoch ließ ich mir nichts anmerken, was angesichts dafür, was mir alles widerfahren war, erstaunlich war. Ich versuchte irgendwie zu lächeln, um zu beweisen, dass alles in Ordnung war. "Ich räume nur etwas auf, weiter nichts.", fügte ich noch an. Mein Vater durchschaute mich aber und während er auf ein paar Stellen am Boden schaute, wo noch ein paar Scherben der zerbrochenen Schüssel zu sehen waren, sagte er: "Ja, dass seh ich." Er verschwand dann, weil er ja ins Bett musste, und ich atmete erleichtert auf. Wenn ich da an den Stress vor Klausuren und anderen Schultests dachte, so musste ich sagen, dass das nichts im Vergleich dazu war, was ich heute durchmachen musste. Die Stimme meines Vaters holte mich aus meinen Gedanken: "Sag mal, wer schreit denn hier so?" Da kam mir wieder das Vulpix in den Sinn. Natürlich musste ich es jetzt beruhigen, da mein Vater sonst nicht schlafen konnte. Zuerst startete ich allerdings einen neuen Versuch und tat das restliche Pokémonfutter in eine neue Schüssel. Wenigsten konnte mir das Eneco dieses Mal nicht dazwischen kommen. Das Futter platzierte ich vor das Vulpix und genau wie ich es mir erhofft hatte, begann es still zu sein und stattdessen zu essen. Konnte das echt wahr sein? Hatte ich es tatsächlich endlich geschafft? Ich fühlte mich so erleichtert, wobei sich dies änderte, als ich dem Vulpix beim Essen zusah. Wie es da einfach genüsslich aß, regte mich unheimlich auf. Diese Nervensäge! Das war wohl wahrlich der stressigste Tag meines Lebens. Hätte ich es doch im Gras liegen gelassen. Irgendeiner hätte es bestimmt schon mitgenommen und hätte mir das ganze Theater ersparen können. Mit einem verachtenden Blick auf das Vulpix verließ ich es und holte nochmals ein Glas Orangensaft und setzte mich erschöpft in die Küche. Wie als wenn ich mich heute gar nicht mehr zur Ruhe setzen durfte, hörte ich meinen Vater rufen: "Hast du Eneco im Schlafzimmer eingesperrt? Wenn ja, kannst du auch gleich unser Schlafzimmer saubermachen. Hier sind ja überall Haare im Bett!" Ich antwortete mit einer Lüge: "Das war bestimmt Mama!" Ob er mir das glaubte oder nicht, wenigstens schien er nicht nachzufragen, was mich beruhigte. Stattdessen blätterte ich in der Zeitung, die am Tisch lag, und versuchte mich abzulenken. Da stieß ich auf eine für mich äußerst interessante Anzeige, die es schaffte, mir zum ersten Mal am heutigen Tag ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Das Blatt schien sich doch noch zu wenden!
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top