Augenblick der Wahrheit
Heute ist es soweit. Heute ist die Gerichtsverhandlung, in der Robert, Sebastian und Andrew verurteilt werden. Zwei Wochen sind seit dem Abend vergangen, an dem ich mich Magnus hingegeben habe. Er hat mir so gut Nachhilfe gegeben, dass ich in Physik sogar eine zwei geschafft habe. Die Prüfung wurde um wenige Tage verschoben, damit ich den Lernstoff beherrsche. Die Lehrerin meinte, dass ich mit einem Aufsatz oder einem Projekt eine eins schaffen kann. Magnus und ich sind da fleißig dran. Ich wollte ja ein einfaches Vulkanprojekt machen aber Magnus meint, dass das nicht so originell ist und den Vulkan fast jeder Schüler macht. Ich habe so im Internet recherchiert, was ich so für Experimente machen kann. Bei meinem Vorschlag, eine Ampelanlage zu bauen, war Magnus hellauf begeistert. Bei dieser Technik und diesem Schulstoff hab ich nämlich noch so meine Probleme. Magnus meint, dass dieses Projekt ideal ist, um den Stoff zu verinnerlichen und somit eine eins zu schaffen.
"Ich bin nervös, Magnus."
"Das glaub ich dir. Du musst deinen Peinigern nochmal gegenüber treten."
"Begleitest du mich?"
"Immer und wenn du willst, setze ich mich sogar in den Zuschauerraum. Es ist eine öffentliche Verhandlung."
"Da bin ich deinem Vater überaus dankbar, dass er eine öffentliche Verhandlung organisieren konnte."
"Ich sagte ja bereits, dass mein Vater der Beste in seinem Job ist."
"Ich kann ihm nicht genug danken, dass er mich als Anwalt in der Nebenklage vertritt."
"Du musst das nicht tun, Alexander und das weißt du. Du könntest auch der Verhandlung fern bleiben und meinem Vater alles machen lassen."
"Ja schon aber ich will den Dreien ins Gesicht sehen. Ich will wissen, warum sie mir das angetan haben."
"Verständlich. Du siehst übrigens todschickt in dem Anzug aus."
"Izzy hat mich gestern nochmal zum Zwangsshopping verdonnert. Wie ich das hasse." Genervt verziehe ich das Gesicht.
"Zum Glück war es nur der Anzug."
"Von wegen. Sie hat mich noch in ein Schuhgeschäft, ein Krawattengeschäft und allen Ernstes noch in ein Unterwäschegeschäft gezerrt. Es ist doch scheißegal, was ich für Unterwäsche bei der Verhandlung trage. Das sieht doch eh niemand und als ob das noch nicht reichen würde, hat sie mich noch in ein Hemdengeschäft gescheucht."
"Das hat sich aber gelohnt. Ich könnte dir glatt den Anzug vom Leib reißen so scharf wie du aussiehst."
Auf einmal laufe ich rot an. Das kenn ich gar nicht.
"Du bist so süß wenn du rot wirst."
Augenblicklich laufe ich noch roter an. Das kenn ich gar nicht von mir.
"Ich entlocke wohl ungeahnte Gefühle. Nicht wahr, Alexander?"
"Ich weiß nicht, was ich davon halten soll."
Gespielt beleidigt verschränke ich die Arme.
"Nicht doch, Alexander. Das ist was vollkommen Normales. Es sind alles Gefühle, die dein Körper ausströmt. Es werden immer mehr zum Vorschein kommen dank der Veränderung, die dein Körper durchmacht."
"Wenn das noch sowas Peinliches ist, dann höre ich auf, mich zu verändern."
"Nicht doch, Alexander. Es ist was Gutes. Halte daran fest."
Ich löse meine Arme, greife nach seinen Händen, verhake unsere Finger und hauche ihm einen sanften Kuss auf seine Lippen.
Plötzlich piept mein Handy. Erinnerung sei Dank.
"Wir müssen langsam los, Magnus."
"Ich weiß. Ich krieg einfach nicht genug von dir."
"Wir können ja heute Abend weitermachen."
"Ich nehm dich beim Wort."
Kurz darauf fahren wir in Magnus'Auto zum Gericht. Grade, als ich ihn fragen will, wo er das Auto parken soll, fährt er in eine Tiefgarage.
"Das ist ja praktisch."
"Als Anwaltssohn hat man viele Vorteile."
Er parkt das Auto und gehen mit verschränkten Händen zum Aufzug. Als der Aufzug da ist, steigen wir ein und nachdem Magnus den Knopf gedrückt hat, fährt er nach oben. Mein Herz pocht immer lauter und schneller. Meine Hände fangen vor lauter Nervosität und Aufregung zu zittern an.
"Alles wird gut, Alexander. Du schaffst das."
"Warum musst eigentlich du nicht aussagen? Du hast mich ja gefunden."
"Ich habe bei meinem Vater eine schriftliche Aussage zu Protokoll gegeben. Erstens reicht das vollkommen und zweitens will ich dir beistehen. Ich kann mich besser auf dich konzentrieren, wenn ich nicht auch noch aussagen muss."
"Verständlich."
Der Aufzug öffnet mit einem leisen "Pling!" die Türen. Mit erhobenem Haupt begebe ich mich mit Magnus in den Gerichtssaal nachdem wir den Aufzug verlassen haben. An der Tür schenken wir uns noch einen Kuss und ich gehe dann zu meinem Platz im Saal. Asmodeus ist noch nicht da. Meine Hände lege ich in den Schoß, wo sie immer noch zittern. Mein Blick schweift durch den Raum. Magnus hat im Zuschauerraum einen Platz in der ersten Reihe gefunden. Unsere Blicke treffen sich, er lächelt mich leicht an, welches ich schwach erwidere.
Plötzlich werden drei mir nur allzubekannte Gesichter von Polizeibeamten in den Raum geführt. Robert, Sebastian und Andrew. Mein Gesichtsausdruck wechselt zu Hass, Abneigung aber auch etwas Stolz. Stolz darüber, dass sie heute ihre gerechte Strafe bekommen werden.
Kurz danach betritt auch schon Asmodeus den Saal. Er hat eine schöne schwarze Robe an. Auch wenn mir die Robe gefällt, habe ich meine Berufswahl nach meinem Abschluss schon gewählt. Magnus habe ich diesen Berufswunsch geäußert. Er unterstützt mich bei meinem Vorhaben. Ich kann kaum stolzer sein.
Nach Asmodeus betreten der Richter und die sogenannten Schöffen den Saal. Ja, Magnus hat mir alles erzählt, was so in einem Gericht abgeht. Die Personen nehmen alle Platz und der Staatsanwalt beginnt mit der Anklage.
"Am 4. Mai 2020 hat Robert Lightwood seinen Sohn schwer körperlich misshandelt. Das war nicht das einzige Mal. Alexander Lightwood wurde mehrfach von ihm misshandelt. Einen Tag später hat Sebastian Verlac Mr. Lightwood vergewaltigt. Andrew Underhill hat Mr. Verlac dazu angestiftet, nachdem Robert Lightwood Mr. Verlac gebeten hat, Alexander Lightwood das Leben schwer zu machen. Mr. Lightwood war mehrere Tage im Krankenhaus auf der Intensivstation, da er ins Koma gelegt werden musste, da seine Verletzungen zu schwerwiegend waren. Dank der körperlichen Züchtigung hat Mr. Lightwood eine Blutvergiftung erlitten. Möchten Sie sich dazu äußern, Mr. Robert Lightwood?"
"Mein Sohn hat es verdient. Er ist ein Hurensohn, ein räudiger Köter und eine Schande. Frechheit, dass so eine Missgeburt meinen Familiennamen trägt."
"Bitte mäßigen Sie sich in Ihrer Wortwahl, Mr. Lightwood." Wirft der Richter ein.
Mein Blick fällt zu Magnus, der mich freundlich anlächelt. Auf einmal öffnet sich die Tür und Maryse kommt herein. Sie setzt sich in die letzte Reihe aber es kann mir nicht egaler sein. Ich wende mich wieder der Verhandlung zu.
"Du bist hier der Übeltäter, Robert. Egal, was ich getan habe. Es gibt dir noch lange nicht das Recht, so was mir anzutun. Mein Rücken wird lebenslang Spuren deiner Taten aufweisen."
"Gut so. Hoffentlich war dir das eine Lehre."
"Genug jetzt, Mr. Lightwood. Wollen Sie was sagen, Mr. Verlac?"
"Ich gebe zu, dass alles getan zu haben. Mr. Lightwood hat mich dazu angestiftet."
"Sie dürfen auch was sagen, Mr. Underhill."
Er verweigert die Aussage.
"Sie brauchen nichts sagen. Die Beweise sind eindeutig. Wenn ich Sie nun bitten dürfte, den Zeugenstand zu betreten, Mr. Alec Lightwood."
Langsam erhebe ich mich, werfe Magnus einen flüchtigen Blick zu und setze mich dann in die Mitte des Raumes.
"Bitte schildern Sie uns die Vorfälle, Mr. Lightwood."
Meine Hände zittern nach wie vor. Ich lege diese in den Schoß und hole tief Luft.
"Ich weiß, dass es für Sie schwer ist aber ich gebe Ihnen so viel Zeit, wie Sie benötigen."
Ich nicke dem Richter zu und beginne zu erzählen.
"Es hat alles mit dem Tod meines Bruders Max angefangen. Er ist einen Tag vor meinem siebzehnten Geburtstag entführt worden. Meine Eltern haben an dem Tag ihren Hochzeitstag gefeiert weil ich mich dazu bereiterklärt habe, auf Max aufzupassen. Max und ich haben verstecken gespielt. Ich habe nur kurz mitbekommen, wie er in den Garten gerannt ist. Anscheinend wollte er sich dort verstecken. Nach zwei Stunden habe ich ihn immer noch nicht gefunden. Irgendwann ging eine Lösegeldforderung ein aber zu diesem Zeitpunkt war Max schon tot. Die Entführer haben unser Haus wohl schon länger beobachtet und als Max sich dann im Garten versteckt hat, war das die ideale Möglichkeit, um ihn zu entführen. Robert hat mir die Schuld für die Entführung gegeben und macht mir seit diesem Tag das Leben zur Hölle. Er hat mich oft geschlagen. Das sehen Sie ja an den Bildern, die von der Ärztin geschossen wurden, als ich ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Ich bin in Magnus' Armen zusammengebrochen, nachdem mich Robert wieder einmal mit dem Gürtel geschlagen hat. Davor bin ich noch auf dem Schulweg überfallen worden. Den Rest wissen Sie ja."
Tränen verlassen wieder meine Augen. Es überkommen mich so viele Emotionen. Es ist fast zu viel für mich. Plötzlich spüre ich eine warme Hand an meiner Wange. Ich blicke auf und kann trotz tränenverhangenem Blick erkennen, dass Magnus zu mir gekommen ist.
Er streichelt sanft meine Wange. Er weiß, dass mich seine Nähe immer beruhigt.
"Sie haben das gut gemacht, Mr. Lightwood. Sie dürfen sich wieder neben Mr. Bane setzen."
Langsam erhebe ich mich, nicke Magnus dankbar zu und begebe mich wieder auf meinen Platz zurück.
"Ich nehme noch die schriftliche Aussage von Mr. Magnus Bane zu Protokoll und ziehe mich mit den Schöffen jetzt zur Urteilsberatung zurück."
Die Schöffen und der Richter erheben sich und verlassen den Raum.
Immer noch fließen Tränen sanft meine Wange runter. Magnus kommt zu mir und nimmt mich in den Arm.
"Shhhht. Alles wird gut, Alexander. Soll ich morgen einen Termin bei Luke für dich ausmachen?"
"Das wäre sehr nett von dir." Schluchze ich in sein Jackett.
Sanft streichelt er meinen Rücken.
"Ich bin sehr stolz auf dich, Alexander. Du hast das toll gemacht."
"Danke Magnus aber es war viel für mich."
"Das glaub ich dir. Sowas hat man auch nicht alle Tage. Sollen wir uns heute Abend ein heißes Bad gönnen?"
"Ja, bitte. Das hat mir bisher immer sehr gut getan."
"Dann machen wir das."
"Danke Magnus, dass du heute mitgekommen bist. Ich wüsste nicht, wie ich es ohne dich geschafft hätte."
"Darüber zerbrich dir nicht dein hübsches Köpfchen. Ich bin mitgekommen und das ist alles, was zählt."
"Danke."
Ich wische mir die Tränen aus dem Gesicht und blicke Magnus dankbar an.
"Die Schöffen und der Richter kommen. Ich setze mich wieder."
"Bis gleich, Magnus."
Magnus setzt sich auf seinen Platz und der Richter und die Schöffen nehmen auch ihre Plätze ein.
"Bitte erheben Sie sich zur Urteilsverkündung."
Alle erheben sich und starren gebannt zum Richter.
"Das Urteil lautet wie folgt: Mr. Robert Lightwood wird wegen mehrfacher schwerer Körperverletzung, Anstiftung zur Vergewaltigung und Anstiftung zur Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vierzehn Jahren verurteilt. Mr. Sebastian Verlac wird wegen Vergewaltigung zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt und Mr. Andrew Underhill wird wegen Anstiftung ebenfalls zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt. Bitte führen Sie die Verurteilten ab."
Die Polizeibeamten führen alle drei ab und hoffe, dass ich nie wieder jemanden von ihnen im Leben sehen muss. Siegessicher grinse ich. Das geschieht allen dreien Recht.
Magnus kommt auf mich zu und umarmt mich.
"Endlich hast du es hinter dir, Alexander. Ich bin so stolz auf dich."
"Ich kann es immer noch nicht glauben."
"Na komm. Lass uns nach Hause fahren. Die Badewanne wartet."
"Warte kurz."
Ich drehe mich zu Mr. Bane.
"Ich danke Ihnen, dass Sie mich so toll unterstützt haben."
"Ach gerngeschehen, Alec. Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest. Der nächste Termin wartet."
"So kenn ich dich, Dad. Immer nur am Arbeiten."
"Ich weiß. Es reißt nicht ab. Wir sehen uns, Magnus. Bye."
Mr. Bane huscht an uns vorbei und schon ist er weg.
Ich greife Magnus' Hand und begebe mich mit ihm Richtung Ausgang.
"Warte kurz, Alec. Ich möchte mit dir reden."
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