Sterne
Erschrocken hielt ich den Atem an, als ich plötzlich einen stechenden Schmerz spürte und auf die Knie sank. Ich hörte irgendwen "Alice!" schreien und sah mit Tränen in den Augen wie James und Hermine versuchten zu mir zu kommen, jedoch beide von Hagrid festgehalten wurden. Mittlerweile war ich fest davon überzeugt sterben zu müssen; meine Schulter brannte höllisch und als das Einhorn seinen Kopf wieder hob war ich sicher, dass es nun mein Herz durchbohren würde. Ich holte tief Luft und verabschiedete mich gedanklich von meiner Mum und meinen Freunden, als mir etwas auffiel, was eigentlich nicht stimmen konnte. An dem messerscharfen Horn war kein Blut. Aber warum fühlte sich meine Schulter dann an, als würde sie in Flammen stehen? Ich verstand die Welt nicht mehr, als das magische Wesen seinen Kopf erneut zu mir neigte und...mich mit seiner Nase anstupste?!? Überrascht erwiderte ich den Blick aus den dunkelblauen Augen und erkannte, dass es mir nichts böses wollte. Niemandem hier wollte es irgendetwas antun und offenbar schien es ihm leid zu tun mir Schmerzen zugefügt zu haben. So sahen wir uns eine gefühlte Ewigkeit an und nach und nach verschwand der Schmerz in meiner Schulter, bis sie sich wieder fast normal anfühlte. Darauf hatte das Einhorn offensichtlich gewartet, jedenfalls stupste es mich ein letztes mal vorsichtig an um dann genauso leise wieder zu verschwinden wie es gekommen war. Ich kniete noch immer auf dem nassen Waldboden, spürte wie mir ein Stein in das linke Bein stach und sah diese unschuldigen blauen Augen, die eine solche Weisheit ausstrahlten wie ich sie noch nie gesehen hatte, immernoch vor mir.
Jemand berührte mich sanft am Arm und ich sah in das besorgte Gesicht von Hermine. "Alles in Ordnung? Hast du Schmerzen?" fragte sie mich.
Ich schüttelte nur den Kopf und bemerkte, dass auch die anderen Schüler und Hagrid um mich herum standen. So wie die alle guckten musste ich schrecklich aussehen. Erst jetzt schielte ich zu meiner Schulter rüber und bereute es sofort. Ein etwa handgroßes Stück meiner Haut war total verbrannt. Man, ich glaube in dem Moment wurde mir übel. Ich hörte noch wie Hermine etwas sagte und versuchte aufzustehen, als mir plötzlich schwarz vor Augen wurde.
...
Ich lag in einem Bett. Aber das war definitiv nicht mein Bett, die Decke war nicht so kuschelig und mein Kissen war auch anders. Also was machte ich hier? In diesem Moment fiel mir schlagartig wieder alles ein; der verbotene Wald, das Einhorn und...MEINE SCHULTER! Ich schlug die Augen auf, erstaunlicherweise hatte ich keine Schmerzen, und sah McConagall und Luna an meinem Bett sitzen. Offenbar befand ich mich auf der Krankenstation.
"Ah Sie sind wach, wie geht es Ihnen Hathaway? "
"...ganz gut würde ich sagen?" es war mehr eine Frage als eine Antwort, denn ich hatte keine Ahnung wie gut es mir wirklich ging.
"Keine Sorge, du kannst sie dir ruhig ansehen, Madam Pomfrey hat dich geheilt" ermunterte mich Luna, die wohl meine Gedanken erraten hatte. Unsicher sah ich zuerst sie und dann Professor McConagall an; auch wenn ich anscheinend gesund war, war die Erinnerung an meine verbrannte Schulter noch ziemlich präsent. Andererseits tat mir ja auch nichts weh, also wagte ich es doch nachzuschauen. Vorsichtig zog ich meinen Pullover über meine Schulter und erblickte zu meiner Überraschung statt einer Narbe eine Reihe von unterschiedlich großen schwarzen Sternen auf meiner Schulter. Sie sahen eigentlich aus wie ein Tatoo, doch...
"Ähm ist es beabsichtigt, dass ich diese Sterne habe?" fragte ich verwirrt. Es war ja nicht gerade üblich, dass man nach einer Brandwunde plötzlich ein Bild auf der Haut hatte.
McConagall runzelte die Stirn. "Soll das heißen, dass Sie dieses Tatoo noch nicht vorher hatten?"
Das bedeutete dann wohl, dass es nicht normal war. "Nein, deswegen frage ich doch. Sie wollen mir doch nicht erzählen, das Einhorn hätte mir die Sterne verpasst, oder Professor? " Also das wäre wirklich zu komisch. Ein Einhorn als Tätowierer; ich musste mir auf die Lippe beißen um ein hysterisches Kichern zu unterdrücken.
"Doch ich glaube das hat es. Ich werde Professor Dumbledore Bescheid geben, bleiben Sie hier." antwortete sie zerstreut und ging zur Tür. Großartig, jetzt war ich also auch noch von einem Einhorn mit was-auch-immer gekennzeichnet oder sonst was wurden. Und das in meiner ersten Schulwoche, ich war jetzt schon auf das weitere Jahr gespannt.
"Weißt du, diese Sterne sind nichts Schlechtes, sie sind ein Geschenk", sagte Luna nachdenklich, "ich weiß zwar nicht, was sie bedeuten, aber Einhörner sind die reinsten Wesen die es gibt, sie würden nie etwas böses tun."
Ich brachte ein schiefes Lächeln zu Stande. "Das ist ja schonmal positiv, aber warum ausgerechnet ich? Was ist so besonders an mir?" ratlos sah ich sie an.
Luna zuckte mit den Schultern "das weis ich auch nicht, aber Dumbledore wird es dir sicher erklären können. Hast du eigentlich Hunger?"
Das sah mein Bauch offenbar als sein Stichwort an, denn er knurrte ziemlich laut. "Jetzt wo dus sagst ja, wie lange habe ich überhaupt geschlafen? " So lange konnte es ja wohl nicht gewesen sein. Oder?
"3 Tage." Anscheinend konnte es wohl doch sein. "Madam Pomfrey hat dir einen Schlaftrank gegeben, damit die Wunde besser heilen kann. Hermine, Harry, Ron, Neville und ich haben abwechselnd aufgepasst, dass dich keiner aufweckt. " sie lächelte "übrigens war James auch hier und hat gefragt wies dir geht." Sie drehte sich um und griff nach etwas hinter sich. "Und er hat dir das mitgebracht". Sie drückte mir einen Teller mit einem gigantischem Stück Erdbeersahnetorte in die Hand. Ich musste grinsen. Auch wenn ich es niemals zugeben würde, freute ich mich riesig, dass James daran gedacht hatte wie sehr ich diese Torte liebte.
Ich hatte gerade die letzten Krümel von meinem Teller gekratzt, als McConagall mit Professor Dumbledore zurück kam.
"Wenn ich gewusst hätte, dass es hier Kuchen gibt wäre ich früher gekommen" er blinzelte mir zu. Das war also der berühmte Albus Dumbledore. Meine Mum würde ausrasten vor Freude, wenn sie wüsste, dass er direkt vor mir stand. Vielleicht sollte ich ihn um ein Autogramm für sie bitten und es ihr zu Weihnachten schenken; das war doch mal eine originelle Idee. Ich beglückwünschte mich selbst dazu bereits jetzt ein Geschenk gefunden zu haben (na gut, ich würde es noch besorgen müssen) als mich Dumbeldore aus meinen Gedanken holte.
"Also das Einhorn hat Ihnen eine Brandwunde an der Schulter verpasst und als diese geheilt war, hatten Sie plötzlich an besagter Stelle ein Tatoo, richtig?" Er sah mich über den Rand seiner halbmondförmigen Brille an.
"...ja genauso war's",antwortete ich unsicher, "aber, Professor, was hat das zu bedeuten? Und warum gerade ich und..."
"Wenn Sie mich ausreden lassen würden, hätte ich den Großteil Ihrer Fragen schon beantwortet, Ms.Hathaway." er klang ziemlich ernst, aber seine Augen sagten, dass er mir nicht böse war. " 'Tschuldigung" murmelte ich kleinlaut und wartete gespannt was er als nächstes sagen würde.
"Nun, warum genau das Einhorn ausgerechnet Sie ausgewählt hat kann ich Ihnen leider nicht sagen, aber es ist äußerst selten, dass etwas derartiges passiert..."
"Soll ich mich jetzt geehrt fühlen oder was?" Oh mist, konnte ich nicht einmal meine Klappe halten?
"....und dementsprechend unerforscht ist das alles. Eines ist aber bekannt, die genaue Wirkung eines solchen Symbols ist von Zauberer zu Zauberer unterschiedlich. Offenbar gibt jedes Einhorn seinem bzw seiner Auserwählten ganz individuelle Fähigkeiten; aber ein ...Merkmal ist bei allen Betroffenen aufgetreten." er sah mich forschend an, wahrscheinlich erwartete er einen erneuten Kommentar meinerseits. Als dieser nicht kam (schließlich wollte ich nicht noch unhöflicher sein) fuhr er fort.
"Sobald sich eine Gefahr näherte, fingen die gekennzeichneten Stellen an zu kribbeln beziehungsweise spürten die Betroffenen starke Schmerzen wenn große Gefahr drohte."
Ich runzelte die Stirn. "Also warnt es mich vor Bedrohungen? "
"Ja. Sie werden noch einige andere positive Auswirkungen bemerken; welche das sind werden Sie jedoch selbst herausfinden müssen." Er lächelte mich an. "Sie haben ein außergewöhnliches Geschenk erhalten, was Ihnen viele Vorteile bringen wird. Ich hoffe ich konnte Ihnen Ihre Angst etwas nehmen".
"Ja schon irgendwie, aber ich bin mir nicht sicher ob Schmerzen etwas gutes sind" erwiderte ich kläglich.
"Manchmal braucht es ein kleines Opfer um etwas großes zu gewinnen" mit diesen rätselhaften Worten verließ er die Krankenstation. Was sollte das denn bitte bedeuten?
"Ähm Professor" er dreht sich noch einmal um "könnte ich vielleicht ein Autogramm für meine Mum haben?"
Ein paar Wochen später war noch immer nichts passiert und mittlerweile hatte ich mich damit abgefunden doch keine mysteriösen Fähigkeiten von dem Einhorn bekommen zu haben. Vermutlich war dem einfach nur langweilig oder so....apropos, das selbe Gefühl hatte ich auch gerade. Hermine, Luna, Neville und ich saßen auf der Quidditchtribüne und beobachteten das Training der Gryffindors. Eigentlich war ich nur Hermine zuliebe mitgekommen, die darauf bestanden hatte bei dem schönen Wetter raus zugehen. Zugegeben, es war ein tolles Gefühl sich von der strahlenden Sonne wärmen zu lassen, und vermutlich war heute einer der letzten warmen Tage dieses Jahr, aber mich interessierte Quidditch einfach überhaupt nicht. Seufzend sah ich Harry nach oben kommen, irgendwie wusste ich schon, was er wollte.
"Wenn das so weitergeht verlieren wir dieses Jahr haushoch" er ließ sich missmutig auf die Bank fallen vor uns fallen und stützte seinen Kopf auf die Hände. "Du hast nicht zufällig ein verborgenes Quidditch-Talent, Alice?".
"Oh nein, nein, nein überhaupt nicht. Wenn man mich in die Nähe eines Besens oder noch schlimmer eines Klatschers bringt, sollte man einen 1km großen Sicherheitsbogen um mich ziehen" wehrte ich ab.
"Ach komm schon, so schlimm wirds doch wohl nicht sein, probier es wenigstens" versuchte mich Harry zu überreden.
"Ja, ich bin sicher du kannst das voll gut" stimmte ihm Neville zu.
"Also Leute ich weis euer Vertrauen in mich durchaus zu schätzen, aber wenn ihr nicht alle auf der Krankenstation landen wollt, sollte ich das wirklich lassen. Das letzte Mal als ich auf einen Besen gestiegen bin, habe ich.." ich musste kurz überlegen "5 Leute umgeflogen." Ich sah meine Freunde so ernst an, dass alle nach ein paar Sekunden anfingen zu lachen. Ich grinste und fügte meine letzten, hoffentlich ausschlaggebenden Argumente hinzu. "Außerdem hab ich Höhenangst und verliere immer die Orientierung; mit ein bisschen Glück würde ich ein paar Punkte machen. Für das gegnerische Team."
"Okay okay du hast mich überzeugt", Harry wischte sich ein paar Lachtränen aus den Augen, "aber ich würde nur zu gern sehen, wie du Malfoy umfliegst". Ich grinste, das wäre wirklich mal etwas was ich tun sollte.
"Naja, ich schätze mal wir gehen jetzt, nicht das Alice noch vor lauter Langeweile doch noch auf die Idee kommt einen Besen zu besteigen" scherzte Hermine. Wir standen also alle auf, als ich plötzlich ein starkes Ziehen in meiner Schulter spürte. Moment mal, dass hieß doch nicht etwa...ohne Nachzudenken schrie ich "Runter!" und warf mich gemeinsam mit Luna zu Boden. Ich hörte noch wie die anderen sich ebenfalls fallen ließen und das keinen Moment zu spät. Ein Klatscher schnellte über uns hinweg.
"Puh, das war knapp, eine Sekunde später und das Ding hätte uns alle in den Krankenflügel befördert", keuchte Neville, "woher wusstest du das Alice?" Ich war selbst noch zu verwirrt von der ganzen Sache, sodass Luna an meiner Stelle antwortete. "Das waren die Sterne, nicht wahr? Deine Schulter hat geschmerzt und dich so vor der Gefahr gewarnt."
Hermine runzelte die Stirn "aber ich dachte es funktioniert nicht..."
"Tja offenbar doch" murmelte ich. Blieb nur die Frage, warum ich 'Runter' geschrien hatte. Schließlich konnte ich ja nicht wissen, dass hinter uns ein Klatscher kam. Also war das am Ende auch der Verdienst des Einhorn-Symbols? Oder hatte ich doch nur intuitiv reagiert? Sehr merkwürdig das ganze, sehr merkwürdig.
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