13.11.
Liebes Tagebuch!
Ich hasse Winter. Nagut, hassen vielleicht nicht gleich, aber Sommer ist mir eindeutig lieber. Heute ist für dieses Jahr meine letzte Nachhilfestunde mit James, ich bin mir noch nicht sicher, ob ich mich darüber freuen soll oder nicht. Einerseits ist es ja ganzschön anstrengend das ganze Zeug auswendig zu lernen, andererseits macht es ja auch manchmal Spaß und ich fühle mich total wohl in James Nähe.... zu wohl, wenn man bedenkt, dass wir uns theoretisch hassen oder zumindest schlecht leiden sollten. Schlecht leiden - gibs das Wort überhaupt? Naja egal...

Ich seufzte; Tagebuch schreiben war eigentlich nicht wirklich mein Ding, aber aus irgendeinem Grund hatte ich doch damit angefangen. Wahrscheinlich würde ich das Zeug nie wieder lesen, aber vielleicht hatte ich ja irgendwann das Bedürfnis es doch zu tun; auch wenn ich dann wohl vor der grausigen Schreibweise zurückschrecken würde. Ich musste grinsen und sah erneut auf das saphirblaue, durch einen Zauber verschließbare Buch; nein, im Schreiben von Aufsätzen war ich wirklich noch nie sonderlich gut gewesen.
"Alice?" Schnell schob ich mein Tagebuch in das sicherste Versteck das mir einfiel: unter mein Kissen! Das war so offensichtlich, dass wohl niemand dort nach etwas wertvollem suchen würde. Hoffte ich jedenfalls.
"Ich bin hier Hermine!" antwortete ich und eine Sekunde später riss sie die Tür auf "Ich habe dich überall gesucht; wir gehen nach Hogsmade, kommst du mit?" sagte sie atemlos. Erst jetzt fiel mir auf, dass sie bereits ihre graue Bommelmütze, den dazu passenden Schal und ihre Winterjacke anhatte. Offenbar wollten sie und die anderen wirklich jetzt nach Hogsmade.
Bedauernd schüttelte ich den Kopf "Tut mir leid Hermine, ich hab doch jetzt noch Zaubertränke-Nachhilfe. Aber geht ruhig schon, ich komm dann nach".
Sie sah mich unsicher an. "Und das ist wirklich in Ordnung? Also wir könnten auch noch auf dich warten".
"Es ist echt lieb, dass du mir das anbietest, aber ich habe keine Ahnung wann ich fertig bin. Wir treffen uns dann einfach....in den drei Besen?" Ich sah ihr an wie sehr sie sich auf Hogsmade freute, besonders, weil es in den letzten Tagen nur Schneestürme gab. Mittlerweile bedeckte eine zum Teil 1 Meter hohe Schneedecke die Umgebung und der Himmel erstrahlte in einem leuchtenden Blau. Wer würde da nicht raus gehen wollen? Achja, ich.
"...okay, wenn du meinst. Also wir sehen uns dann nachher." Sie warf mir einen letzten nachdenklichen Blick zu und verließ unseren Schlafsaal.
Ich würde wirklich viel lieber mit meinem Freunden raus gehen, stattdessen musste ich mich mit der richtigen Dosierung von Zaubertrankzutaten beschäftigen. Laaaaaangweilig. Seufzend ließ ich mich zurück in mein Bett fallen und richtete mich sofort fluchend wieder auf. Mein Kissen war vielleicht doch nicht das ideale Versteck für ein Buch.

Lustlos schlenderte ich in Richtung Kerker; warum musste der Zaubertränkeraum eigentlich unbedingt da unten sein? Naja auch egal, jedenfalls war das ganze Schloss wie ausgestorben. Offenbar hatte echt jeder etwas besseres zu tun als in dem alten Gemäuer rumzugeistern. Apropos Geister, eigentlich war es ziemlich seltsam, dass mir noch keiner über den Weg gelaufen war. Normalerweise flogen die doch ständig hier rum. Grübelnd ging ich weiter, als plötzlich direkt vor mir Sir Nicholas aus der Wand kam.
"Guten Tag Ms.Hathaway, darf man fragen, was Sie hier so allein machen?"
Ich sah ihn verwirrt an "ähm ich muss zur Nachhilfe, aber warum ist hier eigentlich niemand?" Er schien ziemlich erstaunt zu sein
"Hat Ihnen das denn keiner gesagt? In der großen Halle gibt es gerade irgendeine Ankündigung bezüglich den Freizeitaktivitäten nach den Weihnachtsferien. Ich vermute alle anderen Schüler sind dort. Einen schönen Tag noch" summend (ja, er summte wirklich eine Melodie) schwebte er davon.
Kopfschüttelnd bog ich in einen anderen Korridor ein um zur großen Halle zu gelangen. Warum erzählte mir eigentlich nie jemand etwas von solchen Dingen?
Ich beeilte mich, um so schnell wie möglich anzukommen um wenigstens ein paar dieser Informationen mitzubekommen, aber natürlich war ich wieder mal zu spät. Nurnoch ein paar vereinzelte Gruppen standen vor dem Eingang und unterhielten sich angeregt. Großartig, also hatte ich alles verpasst. Ich wollte gerade wieder umdrehen, als mein Blick auf mehrere, neben der Tür angebrachte Zettel fiel. Die waren heute Morgen definitiv nicht da gewesen; neugierig näherte ich mich, bis ich alles gut lesen konnte. Die ersten zwei Pergamente bedachte ich nur mit einem kurzen Blick, denn in denen ging es um Quidditch, was mich bekanntlich nicht interessierte, und Zauberschach, was auch nicht so spannend war (außerdem verlor ich darin regelmäßig). Erst die dritte Nachricht klang vielversprechend; wer Tanzstunden nehmen wollte, sollte sich dort eintragen. Nachdenklich starrte ich die Liste an; eigentlich würde ich gerne Tanzen lernen, aber andererseits...
"Weist du, ich bin auch ein hervorragender Tanzlehrer" flüsterte mir jemand ins Ohr. Wie von der Tarantel gestochen sprang ich mit einem leisen Schrei gefühlte 5 Meter zur Seite. "Meine Güte James, musst du mich so erschrecken?!? Ich hätte fast einen Herzinfarkt gekriegt!" anklagend sah ich in das breite Grinsen meines unerbittlichen Nachhilfelehrers.
"Tut mir leid, ich konnte einfach nicht widerstehen", von wegen, so wie er aussah tat es ihm garantiert nicht leid, "du hast also Interesse am Tanzen?"
"Ähm nein, eigentlich nicht, ich war nur neugierig. Mit zwei linken Füßen sollte man das wohl lieber lassen" ich drehte mich um und ging wieder in Richtung Zaubertränke.
James schien von meiner Antwort überrascht zu sein, folgte mir aber sofort. "Ach komm, so schlimm wird's ja wohl nicht sein; und selbst wenn, wäre Unterricht doch gerade hilfreich..."
Ich unterbrach ihn genervt. "Ich will nicht darüber reden, okay? Lass uns einfach diese Stunde schnell hinter uns bringen." Mittlerweile hatten wir den Zaubertränkeraum erreicht und ich schnappte mir gleich meine Sachen um sofort mit dem Brauen eines Alraunentrankes zu beginnen. Währenddessen schielte ich zu James herüber; er hatte die Stirn gerunzelt und schien zu überlegen, warum ich so schlechte Laune hatte.
"Hey, es tut mir wirklich leid, dass ich dich vorhin so erschreckt habe; ich weis nicht, warum du sauer auf mich bist, aber was auch immer der Grund ist, ich möchte mich dafür entschuldigen." murmelte er zerknirscht.
Ich lächelte ihn vorsichtig an. "Es ist nicht deine Schuld, im Gegenteil, eigentlich sollte ich mich dafür entschuldigen, dass ich meine schlechte Laune an dir auslasse."
"Du bist mir also nicht böse?" er schien ziemlich erleichtert zu sein.
"Nein, natürlich ni...autsch, verdammt!" fluchend zog ich meine Hand zurück, offenbar hatte ich mir irgendein ätzende Flüssigkeit darüber gekippt. Im selben Moment stand auch schon James neben mir und nahm vorsichtig meine verletzte Hand "shit, das müssen wir sofort behandeln, sonst verlierst du womöglich deine..." ich hatte vor Schmerzen die Augen geschlossen, doch als er nicht weiter sprach, bekam ich Panik; ich hatte so eine Angst, dass meine Hand bereits abgefallen war, das würde jedenfalls erklären, warum die Schmerzen langsam nachließen, ohne Hand konnte ich schließlich keine Schmerzen in dieser haben.
"Alice..."
Ich wimmerte leise; auf keinen Fall wollte ich mir das ansehen.
"Alice mach die Augen auf!" drängte James mich trotzdem. Warum verstand er denn nicht, dass ich das nicht konnte? Ich versuchte seine Hand abzuschütteln...moment mal, ich konnte meine Hand bewegen!?! Das bedeutete doch... Schnell öffnete ich meine Augen. Was ich dann sah, ließ mich erschrocken aufkeuchen: über meinen ganzen Arm zogen sich leuchtend blaue Linien bis zu meiner Hand. Und dort hatte sich ein regelrechter Knoten aus diesen Linien gebildet; keine Spur von einer Verletzung oder gar einer weggeätzten Hand war zu sehen. "Was..? Wie..?" stammelte ich. Das war doch nicht möglich, was passierte da mit mir?
"Du...du hast doch dieses Symbol von dem Einhorn bekommen, die Strahlen scheinen von dort zu kommen, vielleicht heilt es dich?" James schien genauso verwirrt zu sein wie ich.
Das Leuchten hörte allmählich auf und verschwand nach und nach; zurück blieb meine völlig gesunde Hand. Ich bewegte sie vorsichtig hin und her, doch ich hatte weder Schmerzen, noch gab es irgendwelche anderen Schwierigkeiten. "Schon möglich, Dumbledore hat gesagt, dass es noch viele Vorteile bringen würde, aber das hätte ich nun echt nicht erwartet..." ratlos sahen wir uns an; erst jetzt fiel mir auf, dass James noch immer meine Hand hielt. Er räusperte sich unbehaglich und trat einen Schritt zurück.
"Also, wenn du nichts dagegen hast, sollten wir die Nachhilfe lieber für heute ausfallen lassen, nicht, dass noch mehr passiert."
"Ähm ja, wäre wahrscheinlich besser, vermutlich war das irgendein Omen oder so..." verlegen starrte ich auf den Boden.
"Nun...dann..wie wäre es, wenn wir nach Hogsmade gehen? Also wenn du noch nichts anderes vorhast."er sah mich fragend an.
"Ja klar, gerne" warum hatte ich das jetzt gesagt?! Ich wollte mich doch mit Hermine und den anderen in Hogsmade treffen. Ich wollte gerade sagen, dass ich doch nicht mit konnte, als ich erkannte, wie sehr sich James offenbar darüber freute, sodass ich meine Antwort einfach nicht zurück nehmen konnte.

Schweigend gingen wir durch die verschneite Landschaft in Richtung Hogsmade; es war eigentlich kein unangenehmes Schweigen, trotzdem unterbrach ich es. "Glaubst du, dass es mich aus einem bestimmten Grund ausgewählt hat? Das Einhorn meine ich..."
"Keine Ahnung, aber wahrscheinlich schon; vielleicht war es der Meinung, dass du ganz besonderen Schutz brauchst. Oder es hat in dir etwas gesehen, von dem wir noch nicht wissen was es ist." er sah mich nachdenklich an, " möglicherweise gehörst du ja zu einer neuen Spezies, die mit Einhörnern verwandt ist und es hat dich als Familienmitglied erkannt. "
Ich warf einen Schneeball nach ihm. "Sehr witzig wirklich", natürlich duckte er sich rechtzeitig, " wenn ich mit Einhörnern verwandt bin, gehörst du zu...."
"Den Drachen, ich weis".
"... träum weiter, eher zu den Trollen.". Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass das gerade keine gute Idee war, wahrscheinlich lag das an dem Funkeln in James' Augen, jedenfalls machte ich mich lieber mal aus dem Staub. Sonderlich weit kam ich jedoch nicht, schon nach wenigen Sekunden spürte ich wie ich hoch gehoben wurde und in nächsten Moment landete ich in einer riesigen Schneewehe.
Hustend schüttelte ich einen Haufen Schnee von mir runter und sah zu James hoch. " Schätze, das habe ich verdient; hilfst du mir wenigstens aufzustehen?" Er grinste mich an, "Ausnahmsweise", und hielt mir seine Hand hin. Ich ergriff sie, doch anstatt aufzustehen lies ich mich plötzlich wieder zurück fallen und riss ihn mit in den Schneeberg. " Jetzt sind wir quitt würde ich sagen", lachend grub ich mich erneut aus und stand auf; im selben Moment zog James an meinem Arm, sodass ich heute schon zum dritten Mal im Schnee versank.
"Nein, jetzt sind wir quitt".

Auf diese Weise verzögerten wir unsere Ankunft im Dorf noch mehr, doch das war uns ziemlich egal; ich hatte schon lange nicht mehr so einen Spaß gehabt, wie bei dieser Schneeballschlacht.
Gerade, als wir beschlossen in den 'Honigtopf' zu gehen, kamen Hermine und Ron um die Ecke und winkten mir zu.
"Also, ich wollte noch etwas mit Hermine besprechen" druckste ich herum.
"Schon klar, du musst los. Viel Spaß noch, wir sehen uns dann später" er versuchte seine Enttäuschung hinter einem lächeln zu verstecken, doch seine Augen sagten, dass er gerne noch mehr Zeit mit mir verbracht hätte. Ich unterdrückte meine Schuldgefühle, lächelte entschuldigend und lief zu meinen Freunden hinüber.
"Hey Alice, wir dachten schon, dass dir irgendetwas dazwischen gekommen ist, schön, dass du doch noch kommen konntest" begrüßte mich Hermine fröhlich. Von Ron bekam ich nur ein misstrauisches "was hast du denn schon wieder mit dem gemacht?" zu hören.
"Meine Güte, du hörst dich schon an wie meine Mutter, Ron" antwortete ich genervt, "es ist doch nicht deine Sache, mit wem ich meine Zeit verbringe." Er musterte mich seltsam, "ich mache mir halt Sorgen um dich, er wartet doch nur auf den richtigen Augenblick um irgendwas blödes anzustellen." Ich verdreht die Augen; einen eifersüchtigen Jungen konnte ich nun echt nicht gebrauchen. "Du kennst ihn doch nicht mal Ron! Aber abgesehen davon gibt es wirklich wichtigere Dinge über die wir uns unterhalten sollten". Wir betraten die 'drei Besen' und setzten uns zu Luna, Harry und Neville. " Ob ihr's glaubt oder nicht, dieses Einhorn-Teil heilt mich; ich hatte mir irgendein ätzendes Zeug auf die Hand gekippt und keine 3 Minuten später war nichts mehr davon zu sehen." Ungläubig sahen mich die anderen an.
" Bist du dir sicher? Vielleicht war das Zeug ja garnicht ätzend" sagte Harry.
Ich runzelte die Stirn."Natürlich bin ich mir sicher, es fühlte sich an, als würde ein Loch durch meine Hand brennen. Außerdem kamen da so komische leuchtende Linien von meiner Schulter über meinen ganzen Arm."
"Ich denke schon, dass es dich geheilt hat; schließlich hat Dumbledore doch gesagt, dass du noch viele positive Folgen des Tatoos spüren wirst", Luna lächelte mich an, " es ist doch toll, jetzt kannst du dich so oft verletzen wie du willst und bist innerhalb kürzester Zeit wieder gesund." Ja, eigentlich hatte sie schon recht, ich sollte mich freuen; trotzdem zweifelte ich noch immer. Es konnte doch nicht so einfach sein, irgendwo musste es einen Haken geben.