~ 49. Kapitel ~

»I Know What You Did Last Summer (Shawn Mendes x Camila Cabello)«

Ich drücke lange die Klingel, die ich in den letzten Wochen so unglaublich oft betätigt habe. Ich kann nur hoffen, dass Serafina zu Hause ist. In mir steigt nämlich das Bedürfnis immer mehr, mich von irgendwem ablenken zu lassen.

Die Tür wird, nach längerer Wartezeit, allerdings nicht von Serafina geöffnet, sondern von Joshua. Nervös schlucke ich. "Hey. Komm rein.", sagt er mit einem Lächeln, ohne überhaupt vorher gefragt zu haben, was ich bei ihm will, oder ob ich überhaupt zu ihm will.

Ich werde jetzt auch nicht so unhöflich sein und ihm sagen, dass ich eigentlich nicht zu ihm wollte. Anscheinend hat er sich ja auf mich gefreut.

Er fährt sich mit seiner Hand durch die Haare, um dort wieder Ordnung hinein zu bringen, wo vorher Wirrwarr gewesen ist und läuft gleichzeitig ein paar Schritte zurück, um mir platz zu machen. Ich folge seiner Aufforderung und streife mir drinnen meine Schuhe und Jacke ab. Als ich mich wieder Joshua zuwende, bemerke ich, dass er mich wohl schon die ganze Zeit beobachtet hat.

"Hallo.", sage ich, weil mir nichts besseres einfällt. Er lacht leise und läuft dann unvermittelt los. Ich verstehe seine Stille Aufforderung und folge ihm. "Als du geklingelt hast, habe ich gerade, seit ein paar Minuten, angefangen zu üben.", erklärt er mir und betritt das Zimmer mit dem roten Flügel. Er lässt sich auf den Klavierhocker fallen, doch ich zögere noch, mich neben ihn zu setzen. Ich bin mir nämlich nicht sicher, ob ich es aushalte, ihm so nah zu sein.

Wie bedeppert stehe ich im Türrahmen und weiß nicht, was ich machen soll.

Meine Füße nehmen mir die Entscheidung jedoch ab und schon sitze ich rechts neben Joshua. Bein an Bein, Schulter an Schulter. Ich atme tief ein. Keine Ahnung, warum ich so nervös bin. Ok. Eigentlich habe ich doch eine Ahnung. Und die merke ich auch an meinem Magen, der sich fast umdreht und an meinem Herz, dass wie verrückt schlägt.

Total nervös konzentriere ich mich auf meine Atmung, um mich wieder herunter zu bringen.

Ein. Aus. Und noch mal.

"Ist alles in Ordnung?", unterbricht mich Joshua und ein Hauch Besorgnis schwingt in seiner Stimme mit. "Du schaust aus, als würdest du gleich in Ohnmacht fallen." Jetzt lächelt er ein klein wenig und nimmt damit die Ernsthaftigkeit aus seiner Aussage.

Ich schüttele schnell den Kopf. "Alles gut." Er braucht sich keine Sorgen zu machen.

Nun ist er an der Reihe zu nicken. Er wendet sich dem Klavier zu und drückt gedankenverloren ein paar Tasten. Es kommt ein ganz hässlicher Klang zu Stande, weswegen er ruckartig seine Hände zurücknimmt und sie im Schoß ablegt. "Eigentlich wollte ich nicht damit anfangen, aber hast du seit dem Vorkommnis", er zeigt hinter sich auf die Couch, "was von Anton gehört? Er hat sich nicht wieder bei mir gemeldet."

Wenn Joshua wüsste, warum sich Anton nicht gemeldet hat.

Ich erstarre förmlich. Auf die Frage war ich nicht gefasst. Was soll ich denn jetzt antworten?

Lüge ich, kommt das ganze früher oder später heraus. Und das will ich natürlich auf keinen Fall riskieren. Sage ich die Wahrheit, will Joshua sicher wissen, was Anton wollte und das kann ich ja, aufgrund meines Versprechens nicht erzählen.

"Ähm, wir wollten doch nicht mehr über ihn reden?", meine Stimme ist unnatürlich hoch, als ich das sage. Aber etwas besseres fällt mir zur Ablenkung nicht ein.

"Du hast recht.", meint Joshua dazu nur und nickt ganz leicht.

Ich habe recht? Ernsthaft? So einfach bin ich davon gekommen?

Ich starre Joshua einige Sekunden lang ungläubig an, bis er sich räuspert und sich erneut mit seiner Hand durch die Haare fährt. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, er ist nervös, genau wie ich. Umständlich lehnt er sich zurück, dreht dann seinen Körper zu mir und klemmt seinen Fuß unter sein anderes Bein. "Warum bist du hier?"

Der Satz 'um mich von Anton abzulenken' ist jetzt sicher nicht angebracht. Schon die zweite Frage von ihm, auf die ich schlecht eine Antwort geben kann. Am besten bleibt mein Mund einfach verschlossen, bevor ich mich hier in Grund und Boden Lüge. Deswegen zucke ich nur mit den Schultern.

Joshua lächelt. Er strahlt sogar förmlich. "Du musst mir natürlich nicht sagen, dass du mich einfach sehen wolltest."

Ich grinse zurück und bin erstmal froh, dass mein Zögern nicht aufgefallen ist. "Vielleicht war mir ja einfach langweilig?"

Joshua fasst sich theatralisch an seine Brust. "Das hört mein Ego nicht gerne.", meint er mit trauriger Stimme, aber einem Glitzern in den Augen, dass mir zeigt, dass er nur Spaß macht.

Ich muss lachen und lehne mich ein Stück zu ihm hin. Als ich jedoch in seine Augen schaue, höre ich abrupt auf zu lachen, weil ich etwas in ihnen sehe, was ich nicht deuten kann. Mein Herz beginnt noch lauter zu schlagen, jedenfalls kommt mir das so vor, als ich bemerke, dass uns nur noch einige wenige Zentimeter trennen.

Joshuas Blick schweift zwischen meinen Augen hin und her und findet dann für eine Millisekunde meinen Mund, bevor er sich zu mir beugt und die letzten Zentimeter überbrückt.

Der Kuss ist kurz, so gar nicht wie ich es mir vorgestellt habe. Er ist mehr wie eine Frage, ob ich es zulasse, als so ein Filmkuss, wie sich jeder ihn vorstellt. Bevor ich mir darüber klar werden kann, was hier eigentlich gerade genau abgeht, löst er sich wieder von mir, verharrt aber wartend nicht weit weg.

Ich überlege überhaupt nicht, sondern lehne mich blitzschnell wieder zu ihm hin, mit der Hoffnung auf mehr von den Glücksgefühlen. Ich spüre, wie sich seine Lippen, auf meinen, zu einem winzigen Lächeln verziehen und ich weiß, dass auch er auf diese Reaktion von mir gehofft hat.

Genau so sanft, wie seine Lippen sind, berührt seine Handfläche meine Wange und hinterlässt ein Kribbeln auf meiner Haut.

Dieses Mal dauert der Kuss länger und ich will gar nicht, dass er überhaupt irgendwann stoppt. Für ein paar Sekunden vergesse ich mein Umfeld komplett, ich fühle nur diese wundervollen Lippen und höre das Blut in meinen Ohren rauschen.

Was für ein krasses Gefühl.
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Endlich haben die beiden sich gefunden... Manche von euch freuen sich sicherlich, aber manche auch nicht :D

Achso, stellt mir ruhig noch weitere Fragen, auch wenn schon einige gekommen sind, gerade auch privat... :)

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