52. Kapitel - Ich muss dir was sagen

Während Chessie also etwas an ihrer Kamera macht, gehe ich wieder zu den Bäumen am Wiesenrand. Ratlos bleibe ich stehen und schaue mich um. Viel sehe ich nicht, bis auf den Waldstreifen neben mir, der sich in beide Richtungen etwa zweihundert Meter, wahrscheinlich sogar länger, zieht, ist da eben nur die Wiese und durch die blätterlosen Äste sehe ich eine weitere Wiese. Ich verharre eine Weile so und entscheide mich schließlich nach rechts zu gehen, damit kann ich nicht viel falsch machen, solange ich bei den Bäumen bleibe. Das nasse Gras unter mir ist hier höher als auf der Wiese selbst, sodass meine Hose und die Socken zu meinem Pech auch nass werden. Egal, so schlimm ist das jetzt auch nicht. Ich gehe weiter, bis ich Chessie fast nicht mehr sehe und stattdessen die bekannten Geräusche fahrender Autos wahrnehme. Als ich weiterlaufe, sehe ich die Autos und eine viel befahrene Landstraße. Nur das Gebüsch trennt mich jetzt von der Straße. Gut ist das eher nicht. Ich kann weder durch die Büsche hindurchgehen, noch den Asphalt überqueren. Ich habe keine andere Wahl als umzukehren, aber das will ich nicht. Mein Handy sagt mir, dass ich weniger als zehn Minuten unterwegs bin, Chessie wird noch nicht fertig mit ihren Videoaufnahmen sein. Letztendlich kehre ich um. Weiter entlang der Landstraße will ich auf keinen Fall gehen, Autos kann ich in Wiesbaden genug sehen. Wenig später bin ich wieder in Chessie's Sichtweite. "Chessie!", rufe ich laut und grinse, als Chessie sich in meine Richtung dreht und etwas zurückruft. Etwas schneller gehe ich die letzten Meter zu ihr. "War da hinten nichts spannendes, oder warum bist du schon wieder hier?", erkundigt sich Chessie bei mir. Ich zucke mit den Schultern. "Eigentlich wollte ich noch weiter gehen, aber da war so eine Landstraße.", erkläre ich und füge dann hinzu: "Aber ich kann auch noch mal in die andere Richtung gehen." Chessie nickt. "Ja, das wäre gut, denn ich brauche noch ein bisschen. Sorry, dass das solange dauert." In Chessie's Blick sehe ich, dass es ihr wirklich leid tut, also wende ich nichts ein und gehe zum Radweg. Vielleicht gibt es da etwas interessanteres. Hinter mir klingelt ein Radfahrer, ich mache einen Schritt zur Seite und lasse die zwei Fahrräder an mir vorbeifahren. "Hallo.", murmele ich ihnen zu, bekomme aber keine Antwort. Ich vermute mal, die haben es nicht gehört. Irgendwann wird mir langweilig und es ist mittlerweile auch schon fast eine halbe Stunde vergangen, deswegen beschließe ich, wieder zurückzugehen. Der Radweg hat schnell in einen kleinen Wald geführt und als ich diesen durchquert hatte, habe ich sowieso nur ein Dorf gesehen. Chessie scheint auch fertig zu sein, denn als ich ankomme, hat sie ihre Kamera nicht mehr in der Hand. "Hallo.", begrüße ich sie. "Hey, Lana. Jetzt bin ich übrigens fertig." Grinsend nicke ich. "Ok, wollen wir langsam wieder zurückfahren?" Ich deute auf die dunkeln Wolken über uns. Wahrscheinlich wird es gleich regnen und bis dahin würde ich gerne wieder in der Straßenbahn sitzen. Wir würden uns beeilen müssen, wenn wir rechtzeitig ankommen wollen. Bis zur Station ist es nämlich noch ziemlich weit zu laufen. Chessie nickt und folgt mit ihrem Blick meiner. "Ja, es wird gleich regnen.", stellt auch sie fest und ruft den Hunden zu: "Gonzo, Balu!" Die beiden kommen angesprintet und lassen sich neben Chessie nieder. "Nicht sitzen, wir wollen gehen.", meint sie mit einem strengen Unterton, lächelt dabei allerdings.

Chessie und ich sitzen in der Straßenbahn auf dem Weg zurück nach Hause. Wir haben es nicht mehr geschafft vor dem Regeneinbruch da zu sein und sind dementsprechend auch ziemlich nass. Das Regenwasser läuft die Scheibe hinunter und ich bin wirklich froh, jetzt nicht mehr draußen sein zu müssen. Schweigend schaue ich mir den Regen an. "Lana, ich muss dir was sagen.", unterbricht Chessie die Stille. Ich blicke zu ihr und sehe ihr die Anspannung förmlich an. "Ja, was ist denn?" "Also...", begibt Chessie und sinkt dann wortwörtlich in sich zusammen. "Ich habe einen Fehler gemacht." Einen Fehler? Gespannt warte ich darauf, dass Chessie weiterredet. Was für ein Fehler? "Ich war an deinem Handy. Als du es bei uns gelassen hattest. Man, ich weiß, das war falsch, aber ich habe eine WhatsApp gelesen. Die von Paluten." Erleichtert, es endlich gesagt zu haben, atmet Chessie aus. Ich nicke langsam und versuche das Ganze zu verstehen. Also hatte Chessie die WhatsApp von Paluten gelesen... Und der mich daraufhin beschuldigt, sie gesehen, aber nicht geantwortet zu haben. "Chessie, das ist nicht schlimm, ehrlich.", meine ich schließlich und nehme ihre Hand. "Das ist total in Ordnung. Es war ja nichts weltbewegendes." Chessie nickt vorsichtig. "Du sagst es aber nicht Paluten, oder?" Lachend verneine ich. "Ich habe keinen Grund dazu". Paluten hatte noch nie persönlich mit Chessie geredet und würde sich so vielleicht ein falsches Bild von ihr machen. Außerdem ist das vor zwei Wochen gewesen und jetzt nicht mehr wichtig. Dass Chessie es mir trotzdem noch gesagt hat, finde ich wirklich mutig von ihr. Ich glaube nicht, dass ich mich so etwas getraut hätte.

Wie findet ihr es, dass Chessie das gesagt hat? Hättet ihr das auch gemacht? (Ich bin gerade in Fragen-stellen-Laune XD)

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