Die Rheumaklinik
Es war 2020. Corona war bereits im vollem Gange und löste Panik auf der ganzen Welt aus. In dieser Zeit habe ich mir gesagt das ich nach diesem Schub ganz sicher nicht mehr so weiter mache, dieser Schub hat mir solche Schmerzen und so eine Angst gemacht, das ich endlich eine Diagnose, ein Medikament, einfach irgendetwas haben wollte. In der Zeit lebte ich schon mit meinem Partner zusammen und habe auch erneut den Hausarzt gewechselt, was die beste Entscheidung überhaupt war. Meine neue Hausärztin stand zwar kurz vor der Rente, tat aber alles dafür mir endlich eine Diagnose zu verschaffen. Ich musste sie nicht erst von meinen Beschwerden überzeugen und da ich schon bei einem Rheumatologen in Behandlung war, war ihr auch schnell klar das endlich was passieren musste.
Ungefähr Ende 2020, als meine Schmerzen wieder etwas schlimmer wurden, tat sie sich mit meinem Rheumatologen zusammen und rief noch am selben Tag in der Rheumaklinik in Oberammergau an um dort einen Platz für mich zu reservieren und ungefähr 2-3 Wochen später bekam ich einen Brief von der Klinik das ich im April.2021 Stationär zur Diagnostik aufgenommen werde. Die Arbeit unterstützte mich voll und ganz und ich hatte erneut Hoffnung endlich antworten zu bekommen.
An Tag X war das schlimmste das ich dort völlig alleine hinfahren musste (ca. 1 1/2 Stunden). Wegen Corona waren Besuche nur in absoluten Außnahmefällen erlaubt. Glücklicherweise habe ich alles genau in meinem Kalender Dokumentiert und ich kann euch sagen wie meine Zeit dort ablief:
Ich werde aber bei den Behandlungen nicht ins Detail gehen, da mir das aus Datenschutzgründen nicht gestattet ist.
Tag 1:
Ich musste meine Einweisungspapiere, Daten und eine Telefonnummer für Notfälle hinterlegen. Mir wurde der Zimmerschlüssel und mein Schmerztagebuch gegeben das ich jeden Tag ausfüllen und am Ende des Aufenthalts wieder abgeben musste. Ich musste einen Fragebogen ausfüllen wo ich näher auf meine Beschwerden eingehen konnte.
Am ersten Tag fanden noch keine Therapien statt. Nur Arztgespräche, Blutabnahmen, EKG...
Ich fand es einfach faszienierend wie die Ärzte dort in 15 Minuten mehr herausfanden als die anderen Ärzte in den letzten Jahren. Bis zu dem Zeitpunkt wusste ich nicht mal das sich die Entzündliche Flüssigkeitsansammlung auch schon in meinen Hüftgelenken zeigte.
Der letzte Punkt war eine Visite bei der ich den Therapieplanplan für die nächsten Tage erhielt.
Zur Essenssituation:
Wegen Corona galten hier strikte Regeln. Es wurde Zeitversetzt gegessen, damit nicht zu viele gleichzeitig im Speißesaal waren und zu seinem gegenüber hatte man 2m Abstand und eine Plexiglasscheibe dazwischen. Sich da zu unterhalten war vor allem für die älteren Patienten nicht gerade ein vergnügen. Ich habe mich dort einmal mit einer älteren Dame unterhalten die dort gerade auf Reha war. Sie sagte das sie diese Einsamkeit dort nicht mehr aushielte und die zwei Wochen Rehaverlängerunge die sie bekommen hätte nicht antreten werde. Das machte mich einfach traurig, zu sehen wie gerade die älteren Menschen in der Klinik vereinsahmten. Ich will dem Krankenhaus auch nichts ankreiden, das waren allgemeine Regelungen der Politik und an die mussten sich alle Krankenhäuser halten. Dennoch fand ich das sehr traurig zu sehen.
Tag 2:
Der erste Behandlungstag startete für mich nicht sehr angenehm. Ich hatte meine Arztbriefe dabei und die Ärzte vorort konnten dort bereits herauslesen das meine Rheumafaktoren im Blut alle negativ waren. Zwar nahmen sie mir auch Blut ab, sagten aber von vornherein das die Werte dort womöglich auch negativ sein werden (Dem war auch so). Die einzige alternative um die Diagnose sicher stellen zu können, war mein Knie zu punktieren und sich die Flüssigkeit darin anzusehen. Ich gehe nicht ins Detail, aber es war schmerzhaft und ich spürte es den gesamten Tag über.
Damit war der Tag aber noch nicht vorbei. Ich hatte einen sehr getakteten Terminplan und es gab keinen Tag an dem ich nicht fix und fertig ins Bett ging. Nach der Punktion kam die Krankengymnastik und Wärmetherapie.
Kurz dazu:
Manchen Rheumapatienten hilft Wärme und manchen hilft Kälte (Hab aber auch schon von betroffenen gehört denen beides hilft). Oft ist es so das wenn eins gegen die Schmerzen hilft das andere Schmerzen verursacht.
Mir zum Beispiel hilft Wärme sehr, während Kälte bei mir starke Schmerzen verursacht (Winter ist nich meine Jahreszeit).
Nach den ersten Therapien hatte ich dann wieder Visite und die Ergebnisse der Untersuchungen waren da. Auch hier sah ich die Fragezeichen in den Gesichtern der Ärzte. Sie konnten sich nicht erklären warum meine Entzündungswerte kein bisschen erhöt waren, obwohl sie in meiner Gelenksflüssigkeit ganz klar eine Entzündung feststellen konnten. Aus irgendeinem Grund kommt die Entzündung nicht in meinem Blut an. Durch die Ergebnisse konnte aber endlich gehandelt werden. Der Arzt wollte das ich übers Wochenende 15mg Cortison einnehme. Warum auch immer wollte er das ich die Tablette um 3 Uhr Nachts nehme (Wirkt um die Zeit wohl am besten).
Nach der Visite machte ich mit gemischten Gefühlen mit dem Therapieplan weiter. Ich bekam eine Einweisung in den Geräteraum, hatte dann noch Gymnastik und zum Schluss zeigte man mir Fingerübungen die ich täglich machen musste.
Tag 3:
Der Tag war komplett mit Therapien vollgepackt und Pausen hatte man nur zum Essen und vielleicht 15min zwischen den Therapien. Ich hatte Wärmetherapie, Grppen Ergotherapie, Wassergymnastik, Qigong (Bevor ihr fragt ich habe selbst während der Therapie nicht kapiert was das ist und wie mir das helfen soll, aber einigen hat es gefallen), Einzel Ergotherapie, Geräteraum und zum Schluss Visite für die ich viel zu fertig war. Die Tage fingen um 7:30 Uhr an und endeten um 16:30 Uhr. Und dann fing das Cortison an zu wirken.
Tag 4:
Am Wochenende waren nur freiwillige Übungen wie Geräteraum und die Fingerübungen. Aber ich fühlte mich da schon extrem abgeschlagen und schlapp. Erst dachte ich mir nichts und schob es auf die ganzen Therapien. Aber es wurde nicht besser. In mir entwickelte sich so eine Unruhe und ich bekam kaum Luft. Auch nach einem Spaziergang wurde es nicht besser und es ging mir einfach miserabel.
Tag 5:
Am Sonntag musste ich nur die Fingerübungen machen, aber nur der Weg dorthin war enorm anstrengend. Ich schaffte es kaum aus dem Bett und schlief immer wieder ein. Am Nachmittag wurde die Unruhe unerträglich und ich fing aus dem nichts an zu heulen. Ich zerriss die Verpackung von dem Cortison, mein Herz raste wie wild und ich wusste überhaupt nicht was mit mir los war. Panisch rief ich die Krankenschwester die nur meinen Blutdruck aufnahm. Der war normal und nachdem ich kurz mit ihr gesprochen hatte beruhigte ich mich auch wieder. Dennoch saß ich in meinem Bett, meine Hände zitterten und ich verstand meinen Körper einfach nicht mehr. Ich weiß noch das ich viel mit meinem Freund telefoniert habe um mich abzulenken, sonst wäre ich bestimmt durchgedreht.
Tag 6:
In der Nacht auf Tag 6 hielt ich es nicht mehr aus. Ich konnte nicht schlafen und wällste mich im Bett herum, holte mir Tee während alle anderen Patienten seelenruhig schliefen. Wieder raste mein Herz und ich holte erneut die Pflegekraft. Der Verdacht auf das Cortison verschärfte sich und ich flehte den Pfleger regelrecht an mich von diesem Teufelszeug zu befreien. Es war mir egal ob ich dadurch keine Rheumabeschwerden mehr hatte, lieber habe ich weiter schmerzen als das das Zeug weiter meinen Verstand benebelt und mich Grundlos zum heulen brachte.
Ich kam dann zu einer Ärztin die das Cortison zwar nicht absetzte, aber auf 5mg reduzierte. Etwas beruhigter ging ich dann wieder ins Bett und schaffte es doch noch ein paar Stunden zu schlafen.
Zum Glück war der Tag nicht ganz so vollgepackt, da ich nicht viel geschlafen hatte. Ich musste in einen Hygienevortrag von dem ich wegen meiner Müdigkeit kaum etwas mitbekam (Corona war bestimmt das Hauptthema). Danach musste ich nur in den Geräteraum, zur Gruppen Gymnastik und zu den Fingerübungen.
Tag 7:
In dieser Nacht wachte ich wieder auf, aber nicht wegen der Unruhe oder dem Herzrasen. Ich bekam sehr starkes Nasenbluten. Es hörte einfach nicht mehr auf zu bluten und ich war damit völlig überfordert, da ich so gut wie nie Nasenbluten bekomme und wenn nur ganz leicht. Mir wurde sogar schwindelig und es hörte erst auf als ein Pfleger mir ein Kühlpäck brachte welches ich mir in den Nacken legte. Ein eigenartiges Erlebnis dich ich zum Glück nie wieder erlebte.
Dieser Tag begann mit einer Ultraschalluntersuchung und der Chefarztvisite. Ich weiß noch genau wie ich vor ihm gesessen bin und er mir sagte:
"Wir können die Juvenile idiopathische Arthritis als sichere Diagnose feststellen" ich war in dem Moment so froh das ich ganz vergas das ich gerade eine Chronische unheilbare Krankheit die mit Lebenslangen Schmerzen verbunden ist als Diagnose bekommen habe. Aber ich habe so lange darauf gewartet endlich zu erfahren was mit mir nicht stimmt, das ich einfach erleichtert war. Endlich konnte ich meinen Eltern sagen das ich mir das ganze nicht eingebildet habe. Einen weiterer Satz von dem Arzt wird mir aber auch für immer im Gedächtnis bleiben:
"Es ist einfach traurig das sie so viele Jahre unter diesen Schmerzen gelebt haben ohne eine Diagnose zu bekommen. Aber hey, sehen sie es Positiv! Ihr Rheuma hat noch nicht damit angefangen ihr Knorpelgewebe zu zerstören!" Er sagte das in einem so Glücklichen Ton das ich nicht wusste ob ich schockiert oder erleichtert sein sollte, aber ich nahm das einfach mal so mit und widmete mich wieder meinem Therapieplan, nachdem sie mir mein erstes Rheumamedikament gaben. Sulfasalazin. Tabletten die extrem den Magen angreifen (Ist super wenn man schon von Haus aus einem empfindlichen Magen hat)
Dosierung:
1-0-0
nach einer Woche
1-0-1
nach einer Woche
2-0-1
nach einer Woche
2-0-2
0-0-0 = Morgend-Mittags-Abends
Das Medikament musste langsam gesteigert werden, gerade weil es den Magen so angreift und anfangs habe ich das Medikament auch ganz gut vertragen.
Sonst hatte ich an dem Tag noch Wärmetherapie, Ergotherapie, Geräteraum, Krankengymnastik und Gruppengymnastik.
Tag 8:
Das war mein letzter Tag, der aber noch mit ein paar Therapien vollgepackt war. Außer dem Abschlussgespräch, einem Fragebogen und einem letzten Test, hatte ich noch Ergotherapie, Gruppengymnastik, Wärmetherapie und Fingerübungen. Danach durfte ich endlich wieder zurück nach Hause.
Seit April.2021 weiß ich endlich das ich Rheuma habe. Ich war zu dem Zeitpunkt bereits 23 Jahre alt...
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