Wie ich einen Idioten kennenlernte

Der Tag als ich den größten Idioten, der auf Erden wandelt, kennenlernen durfte, war einer dieser wahnsinnig öden Schultage. Nie und nimmer hätte ich gedacht, dass meine Begegnung mit ihm, mein Leben so sehr auf dem Kopf stellen würde.

Und niemals hätte ich gedacht, dass ich mich in ihn verlieben würde. Obwohl verlieben wohl ein viel zu harmloses Wort für das war, was ich für ihn empfand. Er war mein Leben. Sogar mehr als das. Er war einfach alles für mich.

Doch als ich ihn zum ersten Mal sah, wie er mit seiner Hornbrille und den schmierig zurück gebundenen Haaren, vor seinen Büchern saß und eifrig etwas in sein Heft kritzelte, dachte ich nur - oh man, was ein Streber.

Ich dachte er wäre der Typ Junge, der morgens vor der Schule sein Hemd bügelte, damit es ja keine Falte warf.
Das er seiner Mutter einen Abschiedkuss auf die Wange drückte, bevor er zur Schule eilte, damit er der erste im dem Gebäude war.
Das er ein eigenbrödler war, der sich nicht traute mit anderen ein Wort zu wechseln und dessen besten Freunde seine Bücher waren, indessen er seine Nase so tief hinein steckte.
Das die Lehrer ihn mit Hochachtung begegneten und er schon ein Empfehlungsschreiben, für eine herausragende Uni am Start hatte.
Doch das dies alles mehr von der Realität abwich, als es Meßskala's gab, daran hätte ich nicht im Traum gedacht. Auch wenn ich wusste das er die Klasse wiederholte, schien es für mich nicht danach, als wäre es Eigenverschulden.

Sein erster Eindruck mir gegenüber, war also alles andere als hoch, doch diesen hatte er so schnell beiseite gefegt, wie er gekommen war.
Als ich nach Schulschluss zufällig wieder an seinem Klassenzimmer vorbei lief, sah ich ihn wie er immer noch eifig in ein Buch etwas nachschlug und anschließend dies auf ein Papier übertrug. Er sah dabei ziemlich hektisch und aufgeschmissen aus, weshalb ich neugierig wurde.

Ich ließ mich auf den Stuhl vor seinem Pult fallen und sah auf den Zettel, den er mit seiner Sauklaue beschmierte.
"Hmm... Wer bist du denn?" ,wollte der Streber wissen, als er mich bemerkte. Ein wenig verblüfft sah ich ihn an und nannte ihn meinen Namen, sowie die Klasse in die ich ging. Er hatte unglaubliche Augen. Ein funkelndes Bernstein, dass hinter seinen dicken Brillengläsern regelrecht schimmerte. Hübsch.
Damit hatte ich nicht gerechnet, weshalb ich ihn auch weiter anstierte, als er meinen Namen wiederholte.
Er hatte eine schöne Stimme. Tief und rauchig, mit einen starken Bariton. Verführerisch.

Was zur Hölle denke ich Volltrottel da...
Schockiert von meinen eigenen Gedanken, zwang ich mich wieder auf den Wisch zu blicken.
"Hey Streber, was soll denn das hier bitte heißen?" ,wollte ich von ihm wissen, während ich versuchte das Wort zu entziffern.
"Strafanstalt" ,kam es nun ziemlich kleinlaut von ihm. Ich runzelte meine Stirn. Nichts passte zusammen. Weder seine Aufmachung, noch der unsicherer Klang, dieser samtigen Stimme. Er sah aus wie ein Streber, doch schien alles andere an ihm das Gegenteil zu schreien.

"Das ist falsch geschrieben" ,wies ich ihn hin, worauf er panisch die Augen aufriss und hektisch in seinem Buch blätterte.
"Was? Das kann nicht sein!"
Amüsiert sah ich ihm dabei zu, wie er nach dem richtigen Wort suchte.
"Was soll der Aufzug, wenn du nicht Mal ein richtiger Streber bist?" ,harkte ich nun neugierig nach. Ich verstand einfach nicht, warum er wie ein schmieriger Arschkriecher herum lief, wenn er nicht mal das Wort Strafanstalt, richtig schreiben konnte.
Nur wenn man genau überlegte, konnte man erkennen, um welches Wort es sich bei Straffanstalldt handeln konnte, besonders da seine Handschrift für den Rest sorgte. Seine l's sahen aus wie e's und seine f's glichen eher Schleifen, als Buchstaben.

Er zog seine Brille einen keines Stück von seiner Nase und sah mich scharf an.
Fuck, diese Augen...
"Ich darf nicht nochmal sitzen bleiben, meine Mutter würde heulen" ,meinte er dann mit gepresster Stimme zu mir, als hätte er Angst belauscht zu werden. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff das er mir auf meine vorherige Frage antwortete. Seine Augen hatten mich aus dem Konzept gebracht. Etwas das total untypisch für mich war. Auch wenn ich mir schon eine zeitlang sicher war, das ich nur auf Männer stand, so hatten mich dennoch bisher niemals die Augen von irgendwem, aus der Fassung gebracht.

Schnell atmete ich tief durch und klaute ihn dann einer seiner Stifte, welche auf seinen Pult verstreut lagen, bevor ich ihn das Wort Strafanstalt auf einen der Zettel schrieb.
"So schreibt man das" ,meinte ich anschließend zu ihm. Er riss seine Augen staunend auf und besah sich das Wort, ehe er wieder aufschaute und sich freudestrahlend bedankte. Mein Herz machte einen kleinen Satz, bevor ich es für den Unsinn innerlich tadelte. Ich verstand nicht warum ich hier bei der Schmalzlocke ausflippte, wenn mir das nichtmal bei meinem Lieblingsschauspieler passierte.

Klar er hatte fantastische Augen, doch ließ der Rest doch eher zu wünschen übrig. Zumal ich eigentlich auf blaue Augen stand.
Merkwürdig....
"Aber was mich Mal interessieren würde, was schreibst du da eigentlich?" ,ich beobachtete sein Gesicht dabei, wie es sich rosa verfärbte.
Süß... Ahhh... Fuck! Schnauze!
"Ei-Einen Brief" ,erwiederte er wieder ziemlich kleinlaut, ohne von seinem Blatt Papier aufzublicken.

"Hast du etwa nen Brieffreund? Ist ja mega schräg" ,harkte ich amüsiert nach, was ihn direkt aufblicken ließ und mir freie Sicht auf seine geröteten Wangen bot.
"Schauze!" ,brüllte er mich an, "kann dir doch Scheissegal sein! Ich mach dich kalt!"
Ein Lachen entfuhr mir, als ich mir auf den Oberschenkel schlug.
"Wow, was ein derbes Mundwerk."
"Fresse du Arsch!" ,brüllte er wieder drauf los, was mich nur noch mehr zum lachen brachte. Beleidigt schnappte er sich wieder seinen Stift und fing an zu schreiben.
"Das hier stimmt auch nicht" ,machte ich ihn auf einen weiteren Fehler aufmerksam, der mir ins Auge stach, als ich mich ein wenig beruhigt hatte.
"Was? Im ernst?" ,entfuhr es ihm erschrocken, worauf ich ihn abermals zeigte, wie es richtig geschrieben wurde.
Oh man, was ein Trottel und der meint wirklich, dass ihm sein Streberoutfit helfen konnte?

Innerlich und äußerlich, amüsierte ich mich köstlich, während ich ihn noch einige Zeit weiter half, seine Rechtschreibung in den Griff zu bekommen. Solange bis die Jungs aus ihrer AG kamen und mich entdeckten. Ich verabschiedete mich schnell, ehe ich mich von den anderen mitschleifen ließ. Die ganze Zeit über musste ich über den Streber nachdenken und war nicht wirklich bei der Sache, weshalb ich mich von den Jungs verabschiedete und alleine Richtung meiner Wohnsiedlung trottete.

"Oi Matsuno!" ,vor mir tauchte mit einen Mal, eine Gruppe halbstarker auf. Eine Möchtegerngang, welche ich leider zu spät bemerkt hatte, da meine Gedanken immernoch um den Idioten kreisten, welcher sich als Streber ausgeben wollte. Ich war Unaufmerksam gewesen und jetzt hatte ich die Arschkarte. Nicht das ich mit diesen Trotteln nicht alleine fertig werden würde, denn auf den ersten Blick erkannte ich mehrere, denen ich schon Mal in der Vergangenheit die Fressen poliert hatte, doch sie waren in der Überzahl. Weit in der Überzahl. Doch ich würde nicht Chifuyu Matsuno heißen, wenn ich deshalb kneifen würde.

Einer der Typen - ein breit gebauter Typ mit Hackfresse, trat auf mich zu.
"Was fällt dir keinen Pissnelke ein, dich an meinen Leuten zu vergreifen?" ,wollte er von mir wissen, als er näher kam, worauf im Hintergrund ein Typ mit demulierter Visage meinte mich aufklären zu müssen, welcher Gang sie abstammen und das es ja so ein großer Fehler von mir war, mich mit ihnen abzulegen.
Ja, ja... Für'n Arsch!
"Dir werde ich heute Mal Manieren einprügeln, Flitzpiepe!" ,brüllte mich die Hackfresse an, als er vor mir stand. Am liebsten hätte ich laut aufgelacht, doch entschied ich mich seine Fresse ein wenig zu richten.
Sein Gesicht war ja nicht zum aushalten... Da bekomm ich am Ende noch Augenkrebs, so nah wie er steht...

Mit voller Wucht ließ ich meinen Kopf vorschnellen und gab ihn eine saftige Kopfnuss, welche ihn direkt ein paar Schritte nach hinten taumeln leiß. Das Blut schoss ihm aus der Nase und es sah so aus, als hätte ich sein Gesicht wenigstens schon etwas gerichtet.
"Oh sorry, da ist meine Verbeugung wohl daneben gegangen" ,lachte ich ihn aus, bevor ich mich ein wenig umsah.
Scheisse, ich habe sowas von verkackt...
"Zwanzig gehen einen? Tolle Rockergang seit ihr! Echt jämmerlich!"
Ich zog mir mein Schuljacket aus und machte mich mental bereit, einiges einstecken zu müssen.
Doch schwör ich mir, auch wenn ich verlieren sollte, keiner der Pisser ohne gebrochen Nase vom Platz gehen würde.

Eine zeitlang schlug ich mich wacker. Ich verpasste einen nach dem anderen eine Packung, bis sie anfingen mit mehreren auf mich zuzustürmen.
Fuck! Das sind einfach zu viele für mich allein...
Ich spürte wie mir die Kräfte langsam schwanden, nachdem ich einige üble Treffer einstecken musste.
Etwas kratze über den Boden und lenkte meine Aufmerksamkeit hinter mich. Die Hackfresse hatte einen Wischmop in seiner Hand, womit dieser gemächlich auf mich zuschritt.
"Ich spalte dir den Schädel!" ,verkündete er unheilvoll.
"Fuck" ,stieß ich frustriert aus, da ich wusste das jetzt mein letztes stündlein geschlagen hatte, als ich sah das plötzlich jemand hinter der Hackfresse auftauchte.

Meine Sicht war ein wenig verschwommen und ich musste mich kurz anstrengen, um wieder schärfer zu sehen.
"Alle gegen einen und dann auch noch ne Waffe, was für eine feige Bande" ,erklang eine wohlig klingende Stimme, welche mich noch vor einer Stunde nach der richtigen Schreibweise des Wortes Tiger gefragt hatte.
Ungläubig schaute ich zu ihm, als mein Blick sich vollständig klärte.
"Hä? Und wer zum Teufel bist du?" ,fuhr ihn die Hackfresse - von möchtegern Gangboss, an. Mein Herz sackte mir in die Hose. Dies würde nicht gut für den Streber enden.
"Hey, ich hab den Brief übrigens abgeschickt. Danke nochmal" ,kam es ungerührt von den schwarzhaarigen, als er zu mir sah.
Danke nochmal? Ist der Idiot sich überhaupt im klaren, in was für einer Situation er sich befand?

Die Hackfresse packte den Streber am Kragen seines Hemdes.
"Bist du taub oder was? Wichser!" ,brüllte er die Brillenschlange an, doch schien dieser weiter ungerührt.
"Dafür helfe ich dir jetzt auch" ,meinte der Streber nun mit einen Lächeln auf den Lippen.
So ein Idiot!
Angst um den Trottel überkam mich. Er wusste gar nicht, wie tief er sich gerade in die Scheisse ritt und auch wenn ich ihn erst seit eben kannte, so wollte ich nicht das ihm etwas passierte.
"Spinnst du! Halt dich da raus, sonst..." ,wollte ich ihn warnen, doch kam ich gar nicht weiter, da hatte der Streber schon seine Faust in das Gesicht der Hackfresse geknallt. Dieser krachte mit seinen Kopf ins Mauerwerk, wodurch der Putz Risse zog und der möchtegern Gangboss k.o. zu Boden glitt.

"Hä? Mit einen Schlag?" ,fassungslos sah ich zu den Streber, welcher sich die Brille vom Gesicht zog und diese achtlos beiseite warf. Anschließend griff er in sein Haar und löste das Haargummi.
"Ich bin der Commandant der ersten Division der Tokyo Manji Gang, Keisuke Baji" ,stellte er sich vor, wobei er seine Faust, in seine andere Handfläche krachen ließ.
Sein Haar wehte im Wind und seine bernsteinfarben Augen funkelten in der untergehenden Sonne, wie flüssiges Gold.
Eine Ader zeichnete sich auf seiner Stirn ab.
Seine spitzen Eckzähne strahlten mit seinen Augen, um die Wette.
Ich hatte in meinen ganzen Leben noch nie etwas heißeres gesehen.
Wie er dastand, bereit mich zu verteidigen und nur so vor Stärke und Selbstvertrauen strotze.
Er glich einen Kriegsgott, aus alten Sagen und Legenden.

Ich hatte noch nie jemanden gesehen, der sich so bewegte. Staunend sah ich zu, wie er einen nach den anderen niederstreckte. Alles mit einem Grinsen im Gesicht, als könnte er sich nichts spaßigeres vorstellen, als Typen die Fressen zu polieren.
Das Blut spritze ihm ins Gesicht und färbte seine helle Haut.
Er war unglaublich sexy.
So sexy, dass ich meine Augen nicht von ihm nehmen konnte, bis sie alle am Boden lagen und selbst danach nicht.
"Lauscher auf ihr Arschgeigen! Die Manji Gang, macht kurzen Prozess, mit allen, die sich an einen von uns vergreifen! Merkt euch das!" ,fuhr er die am Boden liegenden an, welche ängstlich zu ihm aufsahen, "der da ist ein Kumpel von mir. Wenn ihr ihn das nächste Mal anrührt, dann stampfen wir eure ganze Gang in den Boden!!!"
Panische Verständisbekundungen wurden laut, ehe sich einige aufrappelten und ihre schlimmer verletzen Mitglieder einfach am Boden zurück ließen, während sie den Abflug machten.

"Chifuyu..." ,sprach mich der Commandant der Tokyo Manji Gang an, während ich ihn immernoch erstaunt anstarrte, "...magst du auch Peyoung-Yakisoba?"
Er lächelte mich an und mein Herz setzte einen Schlag aus.
Ich blinzelte und versuchte zu erfassen, was er von mir wollte.
"Was?... Oh!... J-Ja" ,gab ich wie der letzte Vollidiot, mit einen dümmlichen Grinsen von mir.
Mir kam das alles so unwirklich vor, dass ich mich fragte ob ich wohl k.o. geschlagen wurde und mir dies alles nur einbildete. Es erschien um einiges logischer, als das dies alles wirklich passierte. Besonders als ich ihm folgte und er mit mir zu meinem Wohnhaus maschierte und meinte das er in diesem wohnte.
Es erschien alles so unwirklich.
Er hatte mich gerettet.
Ganz alleine.
Wir wohnten im selben Gebäude.
Und aufeinmal waren wir bei ihm Zuhause und teilten uns eine Packung Peyoung-Yakisoba.

Doch war dies alles wirklich geschehen.
Genauso hatte ich den ersten Menschen kennengelernt, für den ich wirklich Respekt empfand.
Genauso hatte ich den ersten Menschen kennengelernt, dem ich folgen wollte.
Genauso hatte ich den Menschen kennengelernt, welcher mein Leben auf dem Kopf stellte.
Genauso hatte ich den größten Idioten, der auf Erden wandelt kennengelernt.
Meinen Idioten.

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