Ein ganz gewöhnlicher Tag (Teil 1)

Hallo, mein Name ist Tara Klauser und ich bin vierzehn Jahre alt. Vor etwa vier Monaten ist mir etwas seltsames passiert, etwas, von dem man wahrscheinlich eher in Büchern liest. 

Ich und meine Familie fuhren gerade nach Berlin zur Hochzeit meiner Tante, und ich war auf Wattpad, als ich ein Buch namens "Badgirl Story" anklickte. Die Geschichte war völlig Logikfrei und Rechtschreibung  existierte anscheinend gar nicht. Gerade als ich ein anderes Buch suchen wollte, verlor meine Mutter die Kontrolle über das Auto und wir krachten in einen LKW. Als ich meine Augen wieder öffnete, war ich zwar wie erwartet in einem Krankenhaus, aber nicht mehr in meiner Welt, sondern in einer Art Paralleluniversum. Jetzt bin ich in diesem Waisenhaus. Allerdings macht diese Welt genauso wenig Sinn wie diese "Badgirl Story", die ich gelesen hatte...


Ich werde von einem Lauten "Drrrriiiinnnng" geweckt, wie jeden Morgen. Dann höre ich ein schrilles Kreischen. 

"ARGH, HALT DIE FRESSE, DU SCHEISS WECKER!!!!!!!" 

Man kann die sieben Ausrufezeichen förmlich hören. Dann folgt ein Knall, welcher vermuten lässt, dass Chantal, meine Zimmernachbarin, ihren Wecker an die Wand geworfen hat. 

Ich seufze und setze mich in meinem Bett auf, bevor ich einen Blick auf meine Armbanduhr werfe. Es ist sechs Uhr Morgens. An einem Sonntag. Na toll. Da höre ich eine Stimme von unten. Es ist Lisa, unsere "einzige nette" Betreuerin hier. Wir haben zwar nur sie und die Heimleiterin, die unglaublich aggressiv ist und uns ständig schlägt, aber für die Dramatik ignorieren wir das mal. 

"CHANTAL! KOMM RUNTER! HIER SIND VIER JUNGE MÄNNER, DIE DICH ADOPTIEREN WOLLEN!" quietscht Lisa ebenso schrill wie Chantal eben. 

"ICH KOMME SOFORT!" schreit Chantal zurück. Fragt nicht, warum alle so laut sind. 

Ich stehe auf. Ich ziehe mir ein blaues T-Shirt über den Kopf, schlüpfe in meine Jeans und ziehe mir ein paar Socken an, bevor ich meine Haarbürste nehme und versuche, meine braunen Locken zu bändigen. Dabei ignoriere ich gekonnt Chantals Gekreische, das sie singen nennt. Das Lied ist irgendwas von One Direction, aber ich habe keine Ahnung welches, da ich die Band eigentlich nicht kenne. Ich weiss nur, dass Chantal seit sie denken kann (zumindest behauptet sie das) in Harry Styles verliebt ist. 

Wo wir schon bei Chantal sind... Sie ist gerade dabei, sich zu duschen (und mich mit ihrem Gekreische zu nerven). In ihrer eigenen Dusche. Sie hat ein eigenes Badezimmer und ein eigenes Ankleidezimmer. Ich weiss nicht wieso, und ich bezweifle, dass es dafür überhaupt einen Grund gibt. Wahrscheinlich ist Chantal einfach so sPeZiElL. Sie ist schliesslich auch so ein Badgirl, wird von allen gemobbt und jeder fürchtet sich vor ihrem eiskalten Killerblick. Genau wie Skye, Hope, Lilly und all die anderen Mädchen die hier leben. 

Ich binde mir meine Haare, die ich mehr schlecht als recht unter Kontrolle gebracht habe, zu einem Pferdeschwanz zusammen. Ich wasche mir schnell das Gesicht und verlasse dann mein Zimmer. Unten angekommen sehe ich, dass One Direction da steht. Nein, sie tun nichts, sie stehen einfach nur wie ein Haufen Vollidioten da und warten. Auf Chantal, nehme ich an. Ich bin nur wenig überrascht, schliesslich kommen oft Berühmtheiten hierher um fünfzehnjährige Mädchen zu adoptieren. Ich schnappe mir eine Scheibe Brot und fange an, es mit Butter zu bestreichen. 

Nachdem ich fertig gegessen habe, nehme ich mir ein Buch. Ich setze mich in eine Ecke, wo ich hoffentlich nicht auffalle, und fange an zu lesen, während ich die Schmerzen, die Chantals Stimme meinen Ohren zufügt, zu ignorieren versuche. 

Eine halbe Stunde später verstummt sie endlich. Anscheinend ist sie aus der Dusche gekommen. Vermutlich zieht sie sich jetzt ein heisses Badgirl-Outfit an und schminkt sich danach noch dezent, wie die Leute eine Tonne Make-up hier nennen. 

Weitere zwanzig Minuten später kommt sie dann endlich die Treppe runtergehüpft. So viel zu "ich komme sofort". Als sie One Direction sieht, weiten sich ihre Augen, und sie schlägt ihre Hände vor den Mund. Sie sieht aus, als stünde sie kurz vor einem Ohnmachtsanfall. Ich verdrehe bloss meine Augen und lese weiter. 

Etwa eine Stunde später klappe ich das Buch zu und stehe auf. Chantal ist bereits zusammen mit One Direction gegangen. Ein Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht als mir bewusst wird, dass ich das morgendliche Gekreische nun nicht mehr ertragen muss. Zumindest bis jemand neues in ihr Zimmer einzieht. 

Ich stelle das Buch zurück ins Regal und ziehe mir meine Regenjacke und meine Stiefel an. Dann gehe ich nach draussen und spaziere gemütlich durch den Regen. Diese Spaziergänge sind zu einer Gewohnheit geworden, denn hier draussen kann ich mich ein wenig von der ganzen Dummheit ablenken. 

"ICH HABE ALLES GESEHEN!!! DU HAST SIE GEKÜSST!!!" 

Oder auch nicht. Ich stöhne genervt auf und ignoriere das streitende Pärchen. Ich beschleunige meine Schritte. 

Endlich bin ich an meinem Ziel. Ich trete durch das Tor zum Friedhof und schliesse für einen Moment die Augen. Es ist so herrlich ruhig. Kein Geschrei, kein schiefer Gesang. Nur der Regen, der auf mich runter prasselt. 

Ich laufe durch den Friedhof und geniesse die Ruhe, die ich nur an diesem Ort finden kann. Ab und zu bleibe ich stehen und betrachte ein Grab, das mir auffällt. 

Nach einer Weile schaue ich auf meine Armbanduhr und sehe, dass es bereits 10:13 ist. Ich habe mehr als eine Stunde hier verbracht. "Ich sollte wohl zurückgehen", murmle ich. Ich seufze und gehe extra langsam zurück zum Waisenhaus. 

Ich öffne die Tür so leise wie möglich und hänge meine Jacke an die Wand, während ich versuche, meine Stiefel loszuwerden. Dann gehe ich nach oben in mein Zimmer. Ich schnappe mir meinen Zeichenblock und einen Bleistift und fange an, einen Grabstein, der mir besonders ins Auge gefallen ist zu skizzieren. Als ich fertig bin, trenne ich das Blatt vorsichtig ab und klebe es and die Wand. Zufrieden betrachte ich die vielen Zeichnungen, die dort bereits hängen. Zeichnen ist neben Spaziergängen mein liebstes Hobby.

"MITTAGESSEN!" schreit Lisa, wie immer pünktlich um zwölf Uhr. Alle Türen gehen auf und die anderen Kinder stürmen die Treppe runter. Also schlurfe ich mittelmässig gelaunt hinterher und setze mich auf meinen Platz und fange an zu essen.


(A/N: Danke dass ihr diese Geschichte lest! Ich hoffe, das erste Kapitel hat euch gefallen. Wenn ja, lasst gerne ein Vote da ;) 

Word count: 1010)

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