8. Kapitel
Wir plauderten noch etwas über Musik und Nuke lernte innerhalb einer halben Stunde BTS mit Stagenames kennen, und schaffte es sogar Namjin auf all meinen Postern richtig zu benennen.
Als meine Schwester dann ohne Anklopfen plötzlich im Zimmer stand, Nuke anstarrte und sich garantiert sehr weirdes Zeig dachte, fiel ihm wieder ein warum er eigentlich gekommen war. Schnell scheuchte ich mein Familienmitglied wieder raus.
"Ich zeige dir jetzt wie du mit deinem inneren Wolf kommunizierst", sagte Nuke feierlich und nahm grinsend eine Art Meditationspose ein. Ich blickte ihn verwirrt an: "Echt jetzt?" Er öffnete eines seiner bernsteinfarbenen Augen: "Natürlich, irgendwie musst du dich entspannen." Nuke hockte inzwischen auf dem Boden, sodass ich Platz in meinem Bett hatte. Mit gemischten Gefühlen machte ich es mir bequem: "Ist das schwierig?" "Das Entspannen?", er beobachtete mich weiterhin grinsend nur mit einem Auge. "Nein das Kommunizieren mit meinem inneren Wolf!", ich lachte etwas, was meine ängstlichen Gedanken etwas verscheuchte. Ich hatte keine Ahnung was auf mich zukam, aber bei diesem Anblick konnte ich nicht anders als zu kichern. Es sah zu lustig aus.
"Entspann dich einfach, und dann wirst du ihn schon spüren. Es ist wie ein großer Gedanke der in deinem Kopf rumspukt und will dass du an ihn denkst... falls das irgendwie begreiflich war." Ich nickte "Ich versuchs einfach mal", damit schloss ich die Augen. Anfangs war ich total aufgeregt und wusste nicht wie ich das anstellen sollte. Ich hörte Nukes gleichmäßige Atmung, ab und zu schien er zu schnuppern. Dann döste ich langsam ein und gerade als ich an so gut wie nichts dachte, war er da.
Man kann sich das Gespräch zwischen uns nicht vorstellen, ich kann es auch nicht beschreiben. Es bestand einfach nicht aus Worten, sondern eben aus Gefühlen. Ich konnte ihm auch nicht befehlen, er solle keine Menschen mehr fressen oder ähnliches. Das einzige was ich tun konnte, war eine Verbindung aufzubauen, damit ich über das Handeln meines anderen Ichs mitbestimmen konnte. Zwar nur zu einem gewissen Punkt und er würde mein Leben ebenfalls beeinflussen, aber immerhin fanden wir einen Kompromiss. Worüber ich sehr froh bin.
Es war auch nicht unangenehm, und ich beschloss, öfter zu ihm Kontakt aufzubauen.
Als ich die Augen wieder öffnete, musste ich feststellen, dass ich zugedeckt in meinem Bett lag. Die Sonne war längst untergegangen und Nuke war weg. Hatte ich so lange in diesem Zustand verbracht? Offenbar.
Schnell zog ich mich um und entdeckte auf meinem Schreibtisch einen Zettel, auf dem mir Nuke gute Nacht wünschte. Ich lächelte. Schade dass ich mich nicht von ihm verabschieden hatte können.
Müde kuschelte ich mich wieder in die Gemütlichkeit meines Bettes und schloss die Augen.
Das mache ich jetzt auch. Es ist schon spät und ich bin erschöpft. Sorgfältig schließe ich das kleine Buch und lege es unter mein Kopfkissen. Ich habe Kopfschmerzen und meine Augen fallen von selbst zu, aber ich kann nicht schlafen. Ich spüre ein wildes grausames Verlangen in mir, ein Blutdurst, von dem ich weiß, dass ich ihn nicht mehr länger zurückhalten werden kann. Ob ich dann getötet werde oder so? Erschießen sie mich dann kaltherzig wenn ich meine Mitbewohnerin fresse?
Scharfe spitze Zähne entstehen in meinem Maul und ich fühle bereits das vetraute Kribbeln, wenn sich mein Körper mit Fell überzieht. Aber noch halte ich es zurück. Ich darf nicht ausrasten, nicht jetzt.
Ich atme tief und gleichmäßig. Mein Herzschlag beruhigt sich wieder und mein Körper bricht die unvollendete Verwandlung ab. Ich spüre den nagenden Hunger in mir, rieche meinen vor Anspannung und Angst verschwitzten Körper, höre sein tierisches Blut durch meine Adern rauschen, aber ich gebe nicht nach, und der Wolf in mir legt sich wieder zur Ruhe.
Wir sind eins, aber er hat Bedürfnisse ebenso wie ich. Ich kann es ihm nicht verübeln. Aber ich bin dankbar dass er sich zurück hält.
Gleich am nächsten Tag bekomme ich eine weitere Gelegenheit meine Vergangenheit weiterzuschreiben. Allein der Gedanke beruhigt mich zusehends und als mich wieder an die Wand lehne und das Büchlein aufschlage, kann ich erneut die bedrückende Realität um mich vergessen:
Der Dienstag macht allein schon mit seinem Namen alles kaputt. Dienst - Arbeit - Schule. Und das bis drei Uhr mittags. Würg.
Es gab also wieder eine Mittagspause, und so hockte ich mal wieder mit Ji, Lucy und Marita in der Aula.
"Ich habe gestern voll das lustige Buch angefangen zu lesen", berichtete Ji, "da gibt es Vampire und Werwölfe und die ..." Irgendwie hatte ich bei dem Wort Werwölfe abgeschaltet. Stimmte ja, man fand doch heutzutage in jedem vierten Fantasyroman etwas über diese gefährlichen Bestien. Angeblich verwandelten sie sich bei Vollmond und hatten da keine Kontrolle über sich selbst. Da gab es aber auch Variationen. Mal war das jede Nacht so, mal nur an Vollmond. Mal konnte der Lykantrop sich von sich aus verwandeln. Auch war das Erscheinungsbild unterschiedlich und die Vermehrung dieser Monster, ob nun durch Biss, Wunde, gar Tod oder Geburt, war ebenfalls immer anders. Und sie führten Kriege mit Vampiren, das war wirklich eindeutig, dass diese Rassen sich nicht verstanden. Und was war mit Silber? Konnte man sich dadurch vor ihnen schützen - pardon konnte ich mich daran verletzen? Ich drehte den kleinen silbernen Ring an meinem Zeigefinger. Sterlingsilber machte mir jedenfalls nichts.
Es war also eindeutig: Jeder wusste dass sie existierten, aber keiner war wohl jemals einem begegnet oder hatte von seinem Werwolfsleben etwas zu Papier gebracht. Oder aber die Wahrheit verstrickte sich so sehr in den Fabeln, Geschichten und Mythen, dass sie völlig ausgerottet war. Oder gab es unterschiedliche Arten von Werwölfen?
Ich nahm es zurück, es war ganz und gar nicht eindeutig.
Etwas schüttelte mich und ich kehrte wieder in die Realität zurück: "Hä?"
Lucy grinste: "Wir haben dich gefragt ob du an Werwölfe und so glaubst du Hubsi!" "Ja klar, es gibt...", sollte ich so leichtfertig damit umgehen? Warum nicht, es waren meine Freunde und ich musste es unbedingt jemandem erzählen, "Ich bin nämlich auch ein Werwolf." Lachen. Ji kicherte: "Und weißt du was? Ich bin ein Vampir!", sie sprang auf mich zu als wollte sie mir in den Hals beißen, reflexartig warf ich meine Arme hoch. Lucy lachte auch, allerdings schüttelte sie auch gleichzeitig den Kopf und murmelte irgendetwas von kleinen Kindern.
Nur Marita lachte nicht, sie war vertieft in ihre Hausaufgaben.
Nach der Schule lief ich zur Bushaltestelle, ohne meinen Freundinnen, denn sie hatten noch irgendwas musikalisches nach der Schule. Da ich aber sehr unmusikalisch war und immer noch bin, trottete ich schon mal heim.
Mit den Händen in den Taschen und den Gedanken in einem Paralleluniversum mindestens zehntausend Lichtjahre von hier entfernt, lief ich Richtung Haltestelle. Also so ungefähr in die richtige Richtung...
Plötzlich quatschte mich jemand an und ich wurde so ruckartig zurück ins Hier und Jetzt katapultiert, dass ich erstmal ein verblüfftes "Hui!" ausstieß und stehen blieb.
Um mich herum standen ein paar Leute, so elfte Klasse würde ich schätzen, und ein Mädchen stand direkt vor mir. Wie hatten die es geschafft sich so lautlos zu nähren? Sie hatte makellos helle Haut und tiefschwarze Haare. Ihr Gesicht trug auf jeden Fall zu viel Make up. "Hi, na?", das Mädchen sagte nicht mehr, was sollte ich denn darauf antworten, ich kannte die Typen doch gar nicht. Sie waren alle ziemlich groß und schlank und von jedem einzelnen fühlte ich mich bedroht. "Hi, ähm... Was wollt ihr?", Das Fell an meinen Armen und in meinem Nacken stellte sich auf - verdammt FELL?! Schnell blickte ich an mir hinunter, aber ich hatte lediglich schwarzes Fell angesetzt und ich roch das zarte Parfüm, welches die Unbekannte vor mir umnebelte.
"Was streunst du hier denn so rum? Kein Rudel?", ein Junge aus der Menge lachte. Ich knurrte, das waren keine gewöhnlichen Menschen und keine Werwölfe. Was zum Teufel gab es denn noch hier? Dämonen? Elfen? Vampire? Zombies?
Was immer sie waren, ich verspürte eine große Abneigung gegenüber diesen Wesen. So als wäre der Konflikt unserer beider Rassen schon in ihren jeweiligen Anfängen verankert gewesen. Außerdem hatte ich ein Rudel... es war eben nur gerade nicht da.
Demonstrativ verschränkte ich meine Arme vor der Brust: "Geht weg, ich verpasse meinen Bus sonst." So ein Mist, es waren keine anderen Schüler zu sehen, auch die Hauptstraße konnte man nur noch hören und riechen. Ich war wohl doch etwas vom Weg abgekommen.
"Los Leute, schnappen wir sie uns", das Mädchen kicherte krank und schien komplett überhört zu haben was ich gesagt hatte und dann sah ich wie ein Dutzend Fledermäuse über mich herfielen. Ich warf die Arme vors Gesicht, spürte ein Kratzen im Nacken, strauchelte und stürzte zu Boden.
Dann war alles schwarz.
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