11. Kapitel

"Ich hab euch alle lieb"
Mikey stand wie wir am Brunnen im Schlosspark und blickte in den Himmel hoch. Es hatte aufgehört zu schneien, man konnte zwar die Sterne nicht sehen dafür war es noch zu bewölkt, aber der Vollmond schimmerte hell durch die Wolkendecke. Kurz glühten Mikeys Augen golden auf, aber dann beherrschte er sich.
Auch ich hatte das Bedürfnis die Schnauze zum Mond zu heben und mit langen Beinen durch den Park zu rennen. Aber Ji war ja noch da.
Da spürte ich Nukes Blick auf mir ruhen und sah in seine braunen Augen. "Na? Wie fühlst du dich?" "Super", ich lächelte, und er erwiederte es glücklich.

Da kam Ji auf mich zu: "Hey Misu. Das sind echt tolle Leute, du hattest Recht. Es ist der Wahnsinn. Ich hätte nie gedacht, dass ich einfach mal so mit drei fremden Typen auf den Weihnachtsmarkt gehe." Ich konnte ihr nur zustimmen: "Ja. Davor war mein Leben noch normal.", ich merkte wie sich eine Stille zwischen uns ausbreitete, und versuchte das Gespräch wieder zum Laufen zu bringen: "Felix scheint dich echt zu mögen." Ji grinste: "Er ist echt mega nett. Und hast du diese süßen Grübchen gesehen? Wie bei Rm." Ich lachte.
Ji war so in Ordnung, aber ich konnte sie nicht in diese Werwolfsache einweihen und wenn Felix' wahres Wesen zum Vorschein käme, würde diese frische Freundschaft sicher auch schnell wieder zerstört werden.
Dieser Gedanke stimmte mich traurig.

"Felix loves you Ji!", Mikey stand plötzlich auf dem Wasserbecken des Brunnens und formte mit seinen Händen ein Herz. Er grinste über beide Ohren. Felix war rot wie eine Tomate und Nuke lachte vor sich hin.
Schließlich konnte ich mich nicht mehr halten und kicherte ebenfalls los. Es war echt süß von Mikey, nur Felix und Ji schienen da anderer Meinung. Ji lief grinsend auf Mikey zu und ich war mir nicht sicher wer von beiden dieses Duell gewinnen würde. Schon klar, Mikey war ein Werwolf, aber Ji war Ji...

Bevor der Kampf allerdings beginnen konnte, gesellten sich drei Polizisten zu uns. Alle mit Taschenlampen bewaffnet. Schnell kamen sie näher: "Hey ihr da! Der Brunnen ist kein Klettergerüst!" Der eine Polizist hatte eine fette Hand, mit der er auf Mikey zeigte, welcher mit einem genervten: "Sorry Leute", vom Becken sprang.
"Und ihr wisst schon dass Jugendliche nicht so lange ohne Erwachsenen draußen bleiben dürfen?" Der zweite Polizist zog eine leichte Alkoholfahne hinter sich her, und mir wurde klar: Das bedeutete Stress. Ich zupfte Nuke am Jackenärmel: "Vielleicht sollten wir gehen." Mein Alpha nickte und machte eine Handbewegung zu den anderen drei. Ji, Mikey und Felix setzten sich in Bewegung und wir steuerten den Ausgang an. Aber kaum hatten wir den Menschen den Rücken zugedreht, begannen sie zu schimpfen: "Hey! Llaufft ihr nu wegg oddder wie??!" Okay, der dritte Typ war garantiert nicht mehr ganz nüchtern. Trinken im Dienst und dann junge Leute anpöbeln. Geil.
Mikey drehte sich im Laufen um: "Wir gehen jetzt nach Hause! Das wolltet ihr doch!" Anscheinend hatten sich die Polizisten aber umentschieden: "Ihr bleibt jetzt da! Stehengeblieben!" "Lasst uns in Ruhe sonst - ", Nuke hatte Mikey am Arm gepackt: "Hör auf, du machst es nur schlimmer." Mikey knurrte, aber folgsam drehte er sich um.
"Ihr habt doch garantiert Dreck am Stecken!", die Polizisten folgten uns im Laufschritt und hatten uns schnell eingeholt, "wwie heiißt ihrr?"
Entschlossen blieb unser Alpha stehen und mit ihm das gesamte Rudel - und Ji. "Wir haben nichts getan, klar? Lassen Sie uns in Ruhe." Felix hatte einen Arm nach Ji ausgestreckt, als wolle er sie beschützen. Mikeys Augen schimmerten golden und er knurrte die Beamten an. Aber Nuke blieb selbstbewusst. Die Polizisten blieben betrunken: "Llos! beantwortet meine Fraggen ihr Rootzlööffll!" Der mit den dicken Händen griff nach meinen Haaren, aber ich wich zurück: "Hey!"
"Lass unsere Maknae in Ruhe!", auch der Beta setzte sich nun ein.
"Lasst uns gehen", als Nuke sprach konnte ich seine scharfen Zähne sehen. Es war nicht gerade ermutigend. Wenn er sich nicht mehr beherrschen konnte, wie sahen denn dann die Chancen für mich aus?
Aber die Männer ließen sich nicht abwimmeln, auch als wir uns wieder zum Gehen umgewandt hatten, schienen sie noch immer nicht fertig mit uns zu sein.

"Ich zzeig euch ann! Ihrr seitt doch siicher sollche Kids diie auff der Strafße rumlaufn und keein Anstnd ham!" - Mikey war in einem Sekundenbruchteil verwandelt und der fette Polizist lag auf dem Boden. "Mikey! Lass das!", zischte Nuke, aber da hatte auch schon der zweite seine Pistole gezogen: "Ich habbs ja gewusst! Alles Aliens diese Imigranntn!"
What the Hell warum liefen die Polizisten hier mit scharfer Munition im Schlosspark rum?!

Der erste Schuss fiel, Ji schrie auf, aber sie hatte es nicht getroffen.

Dort stand ein weiterer schwarzer Wolf. Er hatte den kleineren zur Seite gestoßen, mit einer unmenschlichen Geschwindigkeit und die Kugel hatte sich in seinen Oberarm gebohrt. Aus der Entfernung musste es unglaublich schmerzhaft gewesen sein!
"Nuke!", mein Körper begann zu kribbeln, aber Felix hielt mich zurück: "Er ist nicht schwer verwundet, lauf lieber weg!" Aber ich wollte nicht weglaufen, ich wollte helfen!

Mikey stürzte sich auf den dritten Polizisten der seine Waffe ebenfalls gezogen hatte.
"Misu! Was ist hier los!?", Ji hockte zusammengekauert auf dem Boden, voller Angst starrte sie auf den Beta, der sich vor ihren Augen in ein Wesen verwandelte, das einem Albtraum entsprungen sein musste. Zumindest aus der Sicht eines Menschen waren Werwölfe garantiert garstige, hässliche und blutrünstige Kreaturen. "Wir sind Werwölfe Ji. Aber dennoch ist unsere Freundschaft echt, vertrau mir!", panisch versuchte ich die Verwandlung zurückzuhalten, aber zu viel Adrenalin rauschte durch meinen Körper, und so musste ich aufgeben.
Meine Statur war längst nicht so muskulös und groß wie die der anderen, aber immer noch genug Angst einflößend.

Da hörte ich Polizeisirenen näher kommen und Autoabgase stachen in meine Nase, verdammt, jetzt steckten wir wirklich bis zum Hals in der Scheiße.

"Monster!! HIIILFEE!!", Ji hatte so große Angst, dass sie anfing zu weinen. Ich hatte sie noch nie weinen sehen. Ji war immer die ältere gewesen, sie war immer und überall in jeder Situation cool und wusste was zu tun war! Aber jetzt ... jetzt hatte sie ... Angst. Vor mir.

"Ji! Ich bins! Es ist alles in Ordnung! Bitte, beruhige dich!", kraftlos sank ich auf die Knie, während die anderen drei gegen die Kugeln der Polizisten kämpften. Mit einem Blick über die Schulter wurde mir klar, dass es längst nicht mehr nur drei Leute waren die uns bedrohten.

Da sah ich Mikey zu Boden taumeln und reglos liegen bleiben, ich musste zu ihm. Achtlos ließ ich Ji sitzen, so schnell würde sie ihre Meinung wohl nicht ändern.
"Mikey! Kannst du mich hören!?", er rührte sich nicht, aber ich konnte seinen Puls fühlen. Interessiert stellte ich fest, dass man wohl wieder in seine Menschengestalt wechselte, sobald man ohnmächtig wurde. Der Schwarzhaarige blutete aus vielen Wunden und ich hatte echt keine Ahnung was ich jetzt machen sollte!

"Achtung!", Nuke warf sich vor mich, nein! Sie sollten sich nicht für mich opfern! Ich musste mitkämpfen!

Als hätte Nuke meine Gedanken gelesen, wandte er sich zu mir um und legte mir eine Hand auf die Wange, es war eine merkwürdig menschliche Geste und irgendwie passte sie nicht zu dem rabiaten, mit Blut befleckten Wolf der vor mir stand. In diesem gruseligem Körper steckte ein einmalig gutherziger Mensch!

Warum sah das nur keiner?!
Warum?
Warum.

"Bring dich in Sicherheit, du kannst noch entkommen. Es ist nicht deine Schuld." Seine Stimme war so warm und sanft. Ich wollte nicht gehen, ich konnte ihn hier nicht alleine lassen.
Sein Körper wurde wieder menschlich, und ich dachte schon er würde nun wie Mikey besinnungslos umkippen, aber stattdessen legte er eine Hand in meinen Nacken und legte seine Lippen sanft auf meine. Perplex und mit laut schlagenden Herz schloss ich die Augen.

Dann fiel ein Schuss.

Blut.

Ein Schrei.

Mein Schrei?

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