10. Kapitel
Der Tag fing schön an, meine Eltern hatten Frühstück gemacht und Luftballons lagen überall rum. Jeder umarmte mich und Kuchen gab es auch. Aber am meisten freute ich mich natürlich auf die Geschenke.
Wie wahnsinnig riss ich das Papier ab - im Gegensatz zu meinen Freunden bin ich nicht so darauf bedacht dass man die Verpackung nochmal verwenden kann - und freute mich riesig.
Da entdeckte ich ein buchgroßes Paket, das nur in Zeitungspapier eingewickelt worden war. Mit einem schwarzen Filzstift hatte jemand Happy Birthday darauf geschrieben, verwirrt sah ich meine Eltern an: "Von wem ist das?" Meine Mutter zuckte mit den Schultern: "Es lag im Briefkasten. Also wenn du es nicht weißt...?" "Ich hab so eine Idee", sagte ich und packte das letzte Geschenk aus.
Es war ein DIN A5 großes Taschenbuch mit dunkelblauem Einband und in schöner goldener Schrift stand mein Name darauf.
Ergriffen schlug ich es auf, und las die paar Zeilen, die darin standen.
Hi Misu!
Alles Gute und Wunderbare zumGeburtstag!
Feiere schön und relax mal ein bisschen, wir sehen uns,
dein Nuke <3
Es war also tatsächlich von Nuke. Dabei hatte ich ihm doch gestern erst gesagt dass mein Geburtstag heute war. Ich war wirklich beeindruckt. "Und? Von wem ist es?", fragte meine Mutter. Ich grinste: "Von einem Freund."
Ich beließ es bei dieser Antwort und machte mich fertig für die Schule, denn heute war kein gesetzlich festgelegter Feiertag, auch wenn mir so zu Mute war. Es wäre super wenn einfach jeder an seinem Birthday machen dürfte was er wollte. Dann würde ich jetzt - so in Gedanken war ich allen Ernstes auf dem Weg zur Bushaltestelle auf die Fresse gefallen. Der Boden war verdammt glatt. "So ein Kack", ich rieb mir den Ellenbogen und lief vorsichtig weiter.
Aber von sowas ließ ich mir nicht meine gute Stimmung versauen. Nein, heute war ein toller Tag und das sollte auch so bleiben
Der Bus war überfüllt und keiner gratulierte mir, weil mich halt keiner kannte, aber trotzdem blieb die gute Laune.
Da tanzten vereinzelte Schneeflocken draußen vorbei, schnell wurden es mehr und auch wenn sie nicht auf den Feldern liegen blieben, es war Schnee.
Ich mag Schnee, auch wenn er eigentlich nur kalt und nass ist, aber irgendwie ist er toll.
In der Schule wurde ich halb erdrückt von meinen Freunden, die mir alles Gute wünschten, und irgendwie schaffte ich es, den gesamten Unterricht so gut wie zu ignorieren, sodass ich am Mittag immer noch bester Stimmung war.
Wir redeten über Schnee und Weihnachten und ob irgendwer Bock hätte auf den Weihnachtsmarkt zu gehen.
Und dann nach der Schule, traf ich doch tatsächlich wieder auf Nuke und die anderen. Sie standen frierend - sie froren ganz sicher aber sie ließen es sich natürlich nicht anmerken - in einer Seitenstraße und winkten als sie mich sahen. Gerochen hatten sie mich wahrscheinlich schon früher.
Da fand ich es irgendwie an der Zeit sie meinen Freunden vorzustellen, denn Ji guckte mich schon wieder so komisch an wie gestern. Oder besser gesagt nicht mich, sondern Felix. Den schien das zu amüsieren und er fuhr sich durch die schwarzen Haare.
"Okay Leute, ich denke wir könnten uns mal...", weiter kam ich nicht, denn Felix und Mikey versuchten mich gleichzeitig zu umarmen: "Alles Gute!", sagte Nuke, und nahm mich auch in den Arm, als die anderen Beiden mich wieder losgelassen hatten. Ein Schauer lief meinen Rücken hinunter, und ich spürte wie ich rot wurde, als ich Nukes raue Stimme nah an meinem Ohr spürte. Sein Atem kitzelte mich auf der Haut. Ich bekam gar nicht wirklich mit was er sagte, zu sehr berauschte mich das Gefühl von seinen Händen an meinem Rücken. Selbst wenn eine dicke Winterjacke dazwischen war, lösten seine Berührungen starke Glücksgefühle aus.
"Saeng il chuk ha ham ni da!- oder so ähnlich, keine Ahnung ob ich's richtig ausgesprochen habe." Mikey lachte und Nuke trennte sich wieder von mir. Mikey sah inzwischen Ji und Marita an: "Hi! Wir sind Nuke, Felix und ich bin Mikey. Nice to meet you." Konnte es sein dass er gerade etwas aufgedreht war? Mein Bauch kribbelte noch immer, aber ich schien nicht rot geworden zu sein, denn niemand achtete auf mich. Das war gut, ich musste mich gerade etwas beruhigen.
Ji hatte bereits angefangen sich mit Felix zu unterhalten - what the hell wie schnell war das denn gegangen?
Marita dagegen stand etwas abseits, murmelte irgendetwas vor sich hin was "Ich geh schon mal vor" bedeutet haben könnte, sie ging auch tatsächlich.
"Igitt, Vampire", murmelte Mikey und knurrte. Aber nur kurz, denn dann sagte Nuke etwas, und er wollte seinen Alpha wohl nicht stören.
"Und? Ist das Geschenk angekommen?" "Ja. Danke dafür, es ist total schön. Ich hoffe nur es ist nicht geklaut?", ich grinste. Die angenehme Anspannung fiel immer mehr von mir ab. "Nein, wir haben total lang dafür gespart. Also eigentlich für was anderes, aber es hat sich jetzt so ergeben", Mikey winkte ab, "ach egal, so find ich es viel besser ausgegeben. Es hätte ja doch nur ein Kinobesuch werden sollen. Und wann läuft schon ein Film der auf unserem Niveau ist?" "Auf koreanisch oder wie?", ich kicherte. "Ja genau!" Es war unglaublich lustig sich mit den beiden zu unterhalten. Irgendwie fühlte es sich so an als würde ich sie schon Ewigkeiten kennen.
"Hey Leute, seit wann quatschen wir mit Menschen?", flüsterte Mikey uns auf einmal zu.
Felix redete immer noch mit Ji. Normalerweise lauschte ich ja nicht, aber hatte sie dem Werwolf gerade ihre Nummer gegeben? Sonst war sie doch auch nicht so?
Irgendwie mussten wir alle drei lachen und die zwei sahen verwirrt auf. Keiner von ihnen war rot geworden, das musste man ihnen lassen. Irgendwie cute, Ji war fast zwei Köpfe kleiner als Felix.
"Wir könnten ja noch irgendwas zu fünft unternehmen", schlug Felix vor, der Beta blickte Nuke an. Dieser überlegte kurz und war wohl kurz davor abzulehnen, sagte aber dann doch: "Okay. Weihnachtsmarkt?"
Alle waren einverstanden und wir fuhren mit dem Bus in die Stadt. Es war wirklich lustig, wie Ji so schnell Anschluss gefunden hatte. Sie hatte sich in den Beta verguckt das war mal klar, aber dass Werwölfe auch so gut Kontakt mit gewöhnlichen Menschen aufnahmen, hätte ich nicht gedacht. Andererseits hatte ich ja auch Freunde, und nicht zu vergessen meine Familie.
Gemeinsam stiegen wir aus. Weihnachtsstimmung lag bereits in der Luft. In den kahlen Bäumen hingen Lichterketten, es roch nach Glühwein und Lebkuchen, und in den Schaufenstern standen Weihnachtsmänner neben Winterjacken.
"Hat jemand Geld dabei?", fragte ich in die Runde, "ich hätte zwanzig Euro glaub ich." Meine Freunde durchwühlten ihre Taschen und zusammen brachten wir es tatsächlich auf fast achtzig Euro. Damit sollte sich was anfangen lassen.
Gut gelaunt ließen wir uns von der Menge treiben, betrachteten die Schneeflocken im Licht der Straßenlaternen und sangen kitschige Weihnachtslieder, wobei sich herausstellte, dass Mikey tatsächlich am besten singen konnte.
Am Glühweinstand blieben wir stehen und Nuke kaufte fünfmal alkoholfreien Punsch. Damit stellten wir uns um einen der Stehtische und wärmten unsere klammen Hände an den warmen Tassen.
"Kann es nicht warmen Schnee geben?", gedankenverloren pustete Mikey in seine Tasse. "Ja, das wäre toll", Nuke spann die Geschichte weiter, "und wenn man sich die Schneeflocken dann an die Wand hängen könnte." "Oder in ein Album kleben", grinste Ji. "Stellt euch mal vor die wären tatsächlich so hart dass man sie hochheben kann ohne dass man sie zerbricht, dann müssten sie ja auch viel schneller vom Himmel fallen -", ich mischte mich auch ein. "und dann wäre es irgendwann lebensgefährlich nach draußen zu gehen wenn es schneit. Das wäre nicht schön.", Felix nippte an seinem Getränk. Mikey tat es ihm gleich, allerdings nicht so vorsichtig und verbrannte sich die Zunge: "Aua! Manno."
Irgendwie mussten wir alle wegen dieser Bemerkung lachen und es war zu lustig hier, als dass ich mir Gedanken darüber machte, dass niemand zuhause wusste wo ich steckte und vielleicht meinen Geburtstag auch mit mir feiern wollte.
"Wollen wir Schlittschuhlaufen?" Wir hatten alle unsere Tassen ausgetrunken und steuerten auf die Eisfläche zu. Ich bin kein geübter Eisläufer. Ich stand noch nicht oft auf dem Eis und eigentlich finde ich auch nichts an dem Gedanken besonders reizvoll, sich auf eine spiegelglatte Eisfläche zu begeben, die rappelvoll ist und auf der du als Profi genauso wie als blutiger Anfänger sofort über den Haufen gefahren wirst wenn du nicht aufpasst.
Trotzdem liehen wir uns alle Schlittschuhe und standen auf dem Eis. Naja. Wir standen am Rand.
"Ich kann das nicht glaub ich", ich sah Ji an, die ebenfalls etwas verloren wirkte. Aber so schnell hatten wir gar nicht geschaut, da waren wir schon auf die Fläche gezogen worden.
Ich hörte Ji aufquietschen, als Felix ihre Hände nahm und sie über das Eis führte als wäre er Eiskunstläufer bei den Olympischen Spielen.
Nuke hatte auf jeden Fall auch mehr Erfahrung als ich und ich hatte echt Angst hinzufallen. Aber es war trotzdem irgendwie lustig, vor allem als ich erzählte dass ich Tanzkurs machte, und er unbedingt wollte dass ich ihm was beibrachte.
Naja, die Tänze die ich kannte waren nicht unbedingt dafür gedacht auf dem Eis zu tanzen und wir lachten uns die ganze Zeit kaputt.
Mikey umkreiste uns - in manchen Kurven die er zu eng schnitt legte es ihn hin, aber es machte ihm nichts aus, und so gegen acht Uhr verließen wir mit müden Füßen den Platz.
"Wir müssen das unbedingt öfter machen Leute", Felix legte seine Arme auf Nukes und Mikeys Schultern. "ja, das war so scheiß lustig!" Ji und ich wurden in die Kette aufgenommen und nebeneinander streunten wir Fünf durch die Stadt.
Das war der schönste Tag seit Wochen für mich.
Aber er sollte der schrecklichste in meinem Leben werden.
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