Prolog
,,Linda!", schrie Marc, als er über den nassen Hof zum Stall lief. Es war spät abends und stockdunkel. Es regnete in Strömen und einige Blitze erhellten die finstere Nacht. Regentröpfe fielen Marc in sein Gesicht, als er sich durch den Wind einen Weg zum Stall bannte. Dort brachte nämlich gerade eine Stute ein Fohlen zur Welt und es gab einige Komplikationen. Verzweifelt suchte Marc den Hof nach Linda ab. Wo war sie denn geblieben? Vorhin wollte sie noch schnell in das Haus zurück um etwas für die gebärende Stute zu holen, doch jetzt konnte Marc sie nirgends entdecken. Ein knallender Donner ertönte und irgendein Pferd wieherte verängstigt auf. Marc hatte es bis zur Stalltür geschafft und er hörte die Schritte von Linda. ,,Marc! Ich komme!", schrie sie ihm zu und versuchte dabei das Heulen des Sturms zu übertönen. Marc riss die Stalltür auf und ein klägliches Wiehern ertönte aus der grossen Box, die extra für Geburten von trächtigen Stuten eingerichtet worden war. ,,Du wartest hier, ich kümmere mich um die Stute", wies Linda Marc an und er nickte. Eine schauerliche Angst machte sich in ihm breit und er versuchte ruhig zu bleiben. ,,Gleich hat sie es geschafft", sagte Linda und Marc bekam wieder Hoffnung. Jetzt wurde er neugierig und lief zu der Box herüber. Darin fand er Linda, die Stute und ein winziges nachtschwarzes Fohlen vor. ,,Sie hat es geschafft", seufzte Marc erleichtert und lehnte sich an die Boxenwand. Sie stand vorsichtig auf um das junge Fohlen nicht zu erschrecken und kam zu ihm. Die Stute stand auf und leckte das Fohlen zärtlich mit ihrer Zunge ab. Zum ersten Mal öffnete das kleine Fohlen jetzt seine Augen. Es stellte seine dünnen, zerbrechlichen Vorderbeine auf und stemmte sich langsam hoch. Sehr wackelig lief es sofort zu seiner Mutter und trank die lebenswichtige Milch. ,,Jetzt ist alles gu.." Ein lautes Krachen durchbrach Linda's Satz und es wurde urplötzlich hell. Ein Blitz hatte den Stall getroffen und die Pferde wieherten schrill. ,,ES BRENNT! Raus hier!", schrie Marc, doch Linda hielt in am Arm zurück. ,,Was ist mit den Pferden? Willst du sie etwa hier lassen?", forderte ihn Linda heraus. Marc überlegte kurz, danach schnappte er sich zwei Halfter, die an einem Hacken angehängt waren und rannte zum hinteren Teil des Stalles. Der Rauch brannte in seiner Nase und in seinen Augen, doch er rannte bis zu den hintersten zwei Boxen und öffnete sie. Das eine Pferd überrannte ihn fast und galoppierte mit angelegten Ohren und einem verängstigten Wiehern heraus. Das andere war starr vor Schreck und bewegte sich keinen Zentimeter. ,,Komm schon", murmelte Marc dem Pferd beruhigend zu und gab ihm einen leichten Klaps aufs Hinterteil. ,,Los jetzt!" Langsam verlor Marc die Geduld und er rammte das Pferd von hinten, damit es endlich loslief und es klappte. Sofort eilte er zu den nächsten Boxen, bei denen Linda schon Pferde herausführte.
Kurze Zeit später hatten sie die Pferde auf die Weide getrieben und wischten sich den Schweiss von der Stirn. Der Stall stand jetzt schon fast lichterloh in Flammen. ,,Waren das alle Pferde?", fragte Marc keuchend. ,,Nein! Die Stute und das Fohlen!", kreischte Linda auf und sprintete zum Stall. ,,Warte Linda, es ist zu gefährlich!", versuchte Marc sie aufzuhalten, doch Linda verschwand in dem brennenden Stall. Kurz danach kam die Stute mit weit aufgerissenen Augen aus dem Stall gestürmt. Marc fing sie geschickte ein und halfterte sie auf. Da sah er auch das Fohlen und dahinter Linda. Beide taumelten, als kämen sie gerade von einer wilden Achterbahnfahrt. Da bemerkte Marc plötzlich, dass sich ein brennender Balken gelöste hatte und jeden Moment auf das Fohlen fallen könnte. ,,Linda, der Balken!", warnte Marc sie, doch Linda hatte den brennenden Balken schon bemerkt. Im selben Moment, als der Balken abknickte und herunterfiel, machte Linda einen Hechtsprung auf das Fohlen zu, das genau in der Landebahn des Balken stand. Das Fohlen wurde unsanft zur Seite geschleudert. Der Balken landete mit einem lauten Knacksen direkt auf Lindas Genick und vergrub sie unter sich. ,,Linda!", schrie Marc voller Verzweiflung und Panik und rannte zu dem Stall, der langsam in sich zusammenfiel. ,,Ach Linda..."
Marc bekam das Sirenengeheul nur noch halb mit. Auch die Fragen der Polizisten konnte er nur stockend beantworten. Er befand sich in einer Trance und kam nicht mehr heraus, bus er das Fohlen bemerkte, das zitternd neben seiner Mutter stand. Langsam lief er auf es zu und blieb stehen. Er sprach halb zu sich selbst, halb zu dem Fohlen: ,,Linda hat für dich ihr Leben gegeben... Wahrscheinlich aus einem guten Grund... Ich möchte Linda nie vergessen und mich immer wenn ich dich sehe an sie erinnern... Linda mochte sehr gerne Edelsteine. Vor allem die roten Rubine. Sie hatte sogar eine kleine Sammlung. Kleines Fohlen, ab jetzt wirst du Rubin heissen, damit du mich immer an dein Lebensretter erinnern kann. Willkommen auf meinem Hof."
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