28. Gewitter
Ich schaute vorsichtig noch einmal aus der Öffnung, die zu unserer Weide führte, hinaus. Ich machte einen kleinen Schritt nach draussen und sah mir den Himmel an. Tatsächlich waren die dunkelgrauen, fast schwarzen Wolken über uns angekommen. Es wurde auch schon langsam dunkel, nicht nur wegen den Wolken. Der von Dumbledore vorausgesagte Regen fiel noch nicht vom Himmel, doch ich war mir sicher, dass es nicht mehr lange dauern würde. ,,Komm wieder herein, Rubin, es gibt nichts schöneres als bei diesem Wetter eine Gruselgeschichte von Dumbledore zu hören!", rief Charlie mir zu. ,,Eine Gruselgeschichte?", fragte ich, befolgte aber Charlies Anweisung und kehrte nach innen zurück. ,,Eine schaurige Geschichte, die jedes Herz und jede Seele zum frösteln bringt", erklärte Charlie gut gelaunt. Offenbar mochte er Gruselgeschichten. ,,Na gut, dann soll Dumbledore mal anfangen!", meinte ich und sah den alten Wallach erwartungsvoll an. Der Graue holte tief Luft und wollte schon beginnen, die Gruselgeschichte zu erzählen, als sich Mandy einmischte: ,,Ist denn das etwas für Pluto? Ist er nicht zu jung für das?" Ihre Stimme hatte einen skeptischen Unterton. ,,Ich passe auf, das ich nichts all zu gruseliges erzähle, Pluto wird schon noch schlafen können", erklärte Dumbledore. Er schien sich genau wie Charlie auf seine Erzählungen zu freuen. ,,Ich halte das schon aus", sagte Pluto mutig, seine Stimme war zwar ziemlich leise und so nahm man ihm dies nicht so ganz ab. Trotzdem sah ich in Mandys Augen neben dem Kummer gleichzeitig den Stolz aufblitzen, dass ihr Sohn auch mal wieder zu Wort kam. ,,Ich weiss, ich weiss, und trotzdem bist du einfach noch so jung." Die Sorge war in ihrer Stimme gut zu hören, auch wenn sie sie versuchte zu überspielen. Die Stute gab schliesslich nach einem Moment zögern nach: ,,Na gut, aber bitte jag ihm nicht grosse Angst ein", mahnte Mandy Dumbledore. ,,Ich gebe Acht", versprach Dumbledore. Er überlegte einen kurzen Moment, holte noch einmal tief Atem und begann mit seiner Geschichte. Seine Stimme war sehr tief als er sprach. ,,Kennt ihr die Geschichte schon? Die Geschichte, von einem jungen Hengst, dessen Fell so schwarz war wie die Nacht? Nur ein schneeweisser kleiner Stern an seiner Stirn war in einer anderen Farbe als das sonst rabenschwarze Fell gemalt. Nirgendwo sonst entdeckte man an ihm eine weisse Stelle, so, dass er in der Nacht kaum sichtbar war und man nur einen weissen Stern vor einem sah. Sein Name? Raven. Rabe. Der Junge Hengst lebte auf einer abgelegenen Farm, irgendwo im nirgendwo. Abgeschottet von jeglicher Zivilisation, fast einen Tagesritt bis man ein Städtchen erreichte. Sein Besitzer mochte die Einsamkeit sehr, er lebte in seiner Farm alleine mit Raven und vier anderen Pferden. Die anderen Pferde aber waren immer sehr böse zu Raven, da sie ihn nicht mochten. Sie redeten und spielten nie mit ihm, und Raven fühlte sich sehr, sehr alleine. Der Farmbesitzer merkte nichts davon, dass Raven von den anderen nicht gemocht wurde, denn sie taten immer so als wenn nichts wäre wenn der Farmbesitzer unter ihnen war. Sie waren also nicht nur gemein, sondern so richtig heimtückisch. Eines Abends, als alle Pferde zusammen im Stall standen, waren die anderen Pferde so richtig fies zu Raven. Sie zählten ihn aus und wollten ihm kein Futter überlassen, so dass er hungern musste. Der arme konnte sich nicht wehren und er wurde sofort als ,Schwächling' bezeichnet, der keinen Mut habe. Raven wollte ihnen endlich einmal zeigen, dass er genau so gut und mutig war wie sie, und er entschied sich abzuhauen. Wohin? Weg, zu einer alten Höhle, in der es angeblich spuken soll. Die Sage erzählte, dass dort viele schöne Edelsteine versteckt waren. Jedoch wurden diese Edelsteine von einem geflügelten Pferd mit einem Horn bewacht. Ihr denkt jetzt wahrscheinlich, dass Einhörner doch gute Wesen sind, nicht aber dieses. Sein Fell, seine Flügel und sein Horn waren tiefschwarz, schwärzer als Ravens Fell. Es bringt alle die ums Leben, die sich den Edelsteinen auf mehr als sieben Pferdelängen nähern. Der junge Hengst brach also auf, nachdem er die Stalltür mit einem kräftigen Hufschlag aus den Angeln gerissen hatte, um einen dieser Edelsteine zu holen. Damit konnte er den anderen Pferden beweisen, wie mutig er war. Nach einem langen Weg kam er dann bei der Höhle an. Es war Neumond, so gaben nur die Sterne ihr Licht auf die Erde weiter. Raven stand vor dem Höhleneingang, zuerst unentschlossen, dann aber nahm er seinen Mut, der durch den Hohn der anderen Pferde gestärkt war und trat entschlossen in die Dunkelheit. Kaum war er einige Schritte gegangen, rauschte etwas an ihm vorbei. Raven erschrak und wollte fliehen, doch seine Hufe machten keinen Wank, sein Körper war erstarrt. »Was willst du hier?«, rief ihm eine dunkle, angstenflössende Stimme zu. Raven konnte nicht einmal mehr antworten, so viel Angst hatte er in diesem Moment. »Ich weiss es! Du willst meine Edelsteine! MEINE!« Die Gestalt trat nun vor Raven, so dass er sie sehen konnte. Der geflügelte Pegasus sah genau so aus, wie man ihn beschrieben hatte: Seine Farbe war schwarz wie die Nacht, man sah ihn kaum in dieser Höhle. Sein Horn war lang und dünn und wurde bedrohlich in die Höhe gestreckt. »Aber mit mir hast du wohl nicht gerechnet, niemand hat bisher mit mir gerechnet, aber sie haben alle dafür bezahlt. MIT IHREM LEBEN!«, schrie das geflügelte Einhorn, und im nächsten Moment durchbohrte sein nachtschwarzes Horn den schneeweissen Stern auf der Stirn von Raven. Er war auf der Stelle tot, doch er wollte Rache. Nicht Rache an dem Wesen, das ihn umgebracht hatte, nein, er lebte nämlich als Geist weiter und suchte jede Neumondnacht die Pferde von seiner Farm heim, um sie zu erschrecken und sie für dies bezahlen zu lassen, was sie ihm angetan hatten. Und so sagt man, dass wenn man einen kleinen weissen Stern in einer Neumondnacht sieht, es Raven ist, der sich an einem rächt, weil man einem anderen Pferd Unrecht getan hat. Also hütet euch davor, ein anderes Pferd schlecht zu behandeln, sonst kommt Raven und jagt einem Angst und Schrecken ein." Pluto riss verängstigt die Augen auf und Mandy, die dies bemerkte, schaute böse zu Dumbledore. ,,Das war etwas zu viel", meinte die Stute und drückte ihren Körper gegen Plutos. ,,Ach was, die Geschichte war richtig spannend!", meinte der kleine und versuchte, möglichst gerade auf eigenen Beinen zu stehen. ,,Da muss ich dem jungen Pluto beipflichten, eine tolle Schauergeschichte war das, und ich weiss dass er noch viel schlimmere auf Lager hätte", sagte Charlie und nickte Dumbledore anerkennend zu. Dieser bedankte sich für das Lob mit einem einfachen Nicken und schenkte Mandy einen entschuldigenden Blick. ,,Er wird schon noch schlafen können, wenn nicht, dann wird das Gewitter schuld sein", sagte ich. Wie zur Bestätigung wurde der Stall vom hellen, weissen Licht eines Blitzes erleuchtet und fast im selben Augenblick krachte der Donner hinterher. Das Gewitter war nach wie vor in vollem Gange, wahrscheinlich würde es noch eine Weile dauern, bis es fortziehen würde, sagt mir mein Gefühl. ,,Oh ja, das Gewitter wird der einzige Grund für eine schlaflose Nacht sein", rief Pluto und versuchte den nächsten Donner mit seiner Stimme zu übertönen. ,,Okay, aber ich warne dich wenn du auch nur ein Auge nicht zutun kannst und es an der Geschichte liegt! Dann..." Mandy wurde von ihrem Sohn unterbrochen: ,,Wird dann Dumbledore bestraft?" Er schaute sie mit grossen Augen an. ,,Von dir?", fügte er noch hinzu. ,,Nein nein, Dumbledore hatte wohl wirklich recht und die Geschichte hat dir nicht halb so viel ausgemacht wie ich befürchtet habe", sagte seine Mutter liebevoll zu ihm und entfernte mit ihren Nüstern einige Strohhalme von seinem Rücken. Pluto machte einen unbeholfenen Satz zur Seite, wahrscheinlich hätte er einen eleganten Sprung zur Seite machen wollen, doch seinen Gesundheitszustand hatte dies nicht zugelassen. ,,Das kitzelt", beschwerte er sich. ,,Nun denn, wir sollten jetzt alle mal versuchen zu schlafen, wir werden die Energie für den morgigen Tag brauchen."
In diesem Moment öffnete sich plötzlich die Stalltür, und Max kam herein. Seine Haare waren vom Wind verweht worden und standen in alle Richtungen ab, er selbst hatte sich durch einen hellbraunen Mantel vor dem Wind geschützt. Wir schauten ihm alle neugierig entgegen. ,,Blödes Wetter", murmelte der Mann nur, ging an uns vorbei und schloss den Ausgang, der zu unserer Weide führte. ,,Kommt mir ja nicht auf die Idee, bei diesem Sturm euren Stall zu verlassen! Der ist zwar auch nicht mehr so extrem sicher..." Sein Blick schweifte kurz über die Holzbanken über unseren Köpfen, dann wandte er sich um, ging aus dem Stall, verriegelte die Tür und schon war er weg. Ein kurzer Besuch war das aber. ,,Mit dem Stall dürfte er wohl recht haben", sagte Dumbledore. In seinem Blick, mit dem er nun auch die Balken über uns betrachtete, übersah man die Sorge kaum. Noch einmal blitzte es, der Donner folgte nur einen kurzen Moment später. ,,Das Gewitter ist ziemlich nah", verkündete jetzt Charlie. Als Dumbledore nichts sagte und somit bedeutete dass Charlies Aussage stimmte, blickte er stolz in die Runde. Der graue Wallach starrte nur still an die Decke und sagte nicht. Seine besorgten Augen wurden von einem Blitz geblendet, er schloss sie für einen kurzen Moment. ,,So, wir gehen jetzt nach hinten ins Stroh und legen uns hin, vielleicht kriegen wir ja doch noch ein bisschen Schlaf." Mandys Stimme tönte aber nicht zuversichtlich. Pluto vor sich hinscheuchend verschwand sie in einer Ecke des Stalles, Charlie folgte ihr nach kurzem Zögern.
,,Was ist los?", fragte ich Dumbledore leise. ,,Diese Balken. Ich weiss nicht, wieviele Stürme sie schon ausgehalten haben und wieviele sie noch überleben werden. Wahrscheinlich nicht so viele, schau mal, wie sie sich von diesem Sturm bewegen lassen. Wenn das so weitergeht, brechen sie einmal zusammen." Ich hob meinen Blick und sah mir die Holzbalken über uns genauer an. Tatsächlich bewegten sie sich vom starken Wind, einige knarzten sogar dass ich es hörte. Das Knarzen hörte sich unheimlich an, als würde bald hier alles kaputtgehen. ,,Weisst du was Dumbledore? Ich bewundere dich. Du hast so ein ausgeprägtes Gespür für andere Lebewesen. Du sorgst so gut für unsere Gemeinschaft und dir ist unser Wohl fast wichtiger als dein eigenes. Ich möchte dir einfach mal danken, dass du...", es war schwierig, die richtigen Worte für Dumbledore zu finden, ,,Dass du immer so positiv unter uns bist, und immer für einen da bist." Dumbledore schaute mich langsam an. Ich merkte wieder einmal, dass er nicht mehr der jüngste war. Offensichtlich lasteten die Jahre auf seinem durchhängenden Rücken, die Schultern zeigten nur noch wenig, wie ihre Muskeln früher Kutschen mit anderen Pferden herumgezogen hatten. Sein Fell war matt und glänzte nich so wie meines, die Mähne war grau und hing ohne Volumen an seinem Hals herab. Aber seine Augen glänzten und funkelten voller Weisheit, in ihnen sah man eindeutig, wieviel der alte Wallach in seinem Leben schon erlebt hatte, und wieviel er wusste. Seine Augen strahlten Klugheit und gleichzeitig auf eine Art eine Liebe aus, die eine Stute ihrem Fohlen widmete. Dumledore war ein unglaubliches Pferd.
Langsam nickte er schliesslich und sagte mit leisen Worten: ,,Danke Rubin. Ich bin froh, wenn ich der Gesellschaft um mich eine Hilfe sein kann. Ich möchte, wenn wir schon dabei sind, dir auch etwas persönliches sagen. Du bist ein aussergewöhnliches Pferd, sehr feinfühlig. Du merkst sofort, wie andere fühlen und was sie momentan benötigen. Gehe gut mit dieser Gabe um, du kannst sie noch oft in deinem Leben benutzen. Sie ist sehr wertvoll." Dumbledores Worte waren wunderbar anzuhören. Wie schaffte er es immer, so wenige Worte in eine umhauende Botschaft zu verwandeln? Die dann sogar an mich war. Dumbledores Gestalt wurde von einem Blitz erleuchtet. ,,Wir sollten jetzt auch versuchen zu schlafen", meinte er schliesslich, doch noch bevor er sich umdrehen konnte, krachte es über uns laut auf. Ich hatte in meinem ganzen Leben noch die so einen lauten Donner gehört! Gleichzeitig wurde es überall um uns hell, heller als am Tag, wenn die Sonne schien. Der Knall dazu war fürchterlich laut und schmerzte in meinen Ohren, währen ich die Augen vor dem hellen Licht zusammenkniff. Mandy wieherte panisch auf und Charlie, der sich gerade hingelegt hatte, sprang wieder auf. Ich konnte kaum die momentane Lage einschätzen, als die Wand vor mir in Flammen aufging. Holzsplitter flogen mir und Dumbledore entgegen, oberhalb von uns klaffte ein grosses Loch, irgendeine gewaltige Kraft hatte das Dach einfach kaputt gemacht. Die Flammen, orangerot und heiss, züngelten sich an der alten Holzwand hoch und frassen sich gierig durch das Holz, das sehr trocken war, da es in den letzten Tagen kaum geregnet hatte. Entsetzt schaute ich zu Dumbledore und stellte mit Schrecken fest, dass ein wahrscheinlich grosser Holzsplitter, der auf ihn zugeflogen war, ihm die Flanke aufgeritzt hatte. Blut tropfte aus der langen Wunde, doch sie sah zum Glück nicht tief auf. Dumbledore schien sie gar nicht zu bemerken, er hatte nur seine Ohren angelegt und taumelte zu mir um zu sprechen. ,,Rubin! Das war ein Blitz, er hat eingeschlagen. Wir müssen hier alle so schnell wie möglich raus!" Ich schaute mich ängstlich um und versuchte zu nicken. Bloss keine Panik. Doch plötzlich tauchte ein Bild in meinem Hinterkopf auf. Die weisse Stute versucht, ihr kleines Fohlen zum aufstehen zu bewegen. Etwas stimmt nicht. Ich schüttelte meinen Kopf um ihn klar zu kriegen und hoffte darauf, das Dumbledore mir irgendeine Anweisung gab. Der Wallach gab mir ein Zeichen, ihm zu folgen. ,,Du musst dich um Pluto kümmern, bringe ihn hier sicher raus. Ich schaue, ob ich Mandy helfen kann hier herauszukommen. Ich glaube, über ihnen sind auch Holzteile heruntergefallen, vielleicht ist sie oder Pluto verletzt. Beeil dich, aber falle nicht in Panik", warnte Dumbledore. Um die Stute und ihr Fohlen brennt der Stall. Noch einmal versuchte ich, diese Gedanken aus meinem Kopf zu verbannen. Ich nickte also nur und gesellte mich so schnell es ging zu Pluto. Tatsächlich hatte Mandy eine Verletzung an ihrem Huf, es blutete ziemlich stark und Mandy stellte sich aus Versehen auf diesen Huf und brach von den Schmerzen zusammen. Sie wieherte kläglich und sofort war Dumbledore zur Stelle. ,,Bring Pluto raus, ich kümmere mich um sie!", rief mir Dumbledore zu. Grob schob ich den zitternden Pluto von seiner Mutter weg, Richtung Ausgang. ,,Meine... Meine Mutter...", stotterte Pluto. ,,Sie kommt sofort nach, du musst aber zuerst hier raus", versuchte ich ihn zu beruhigen. Es klappte nicht so gut. Das Feuer breitete sich immer wie mehr aus, die Hitze wurde immer unerträglicher. Pluto war sehr unsicher auf den Beinen, es lag nicht nur an seiner immer noch nicht gegangenen Krankheit, der Blitzeinschlag hatte ihn noch einmal heftig aus der Bahn geworfen. Er taumelte fast in eine Flammenwand hinein aber ich konnte ihn gerade noch stoppen. Es war einfach zu gefährlich hier drin, wir mussten so schnell wie möglich raus. Eine Frau scheucht die beiden, Mutter und Fohlen aus der Box. Ich sollte mich unbedingt auf das hier konzentrieren, nicht auf die komischen Bilder, die sich in meinem Hinterkopf abspielten. Plötzlich, kurz vor der Tür nach draussen, fiel ein Balken direkt hinter uns an den Boden. Pluto quiekte erschrocken auf. Ich machte ebenfalls einen Satz nach vorne, es hatte nur noch so wenig gefehlt und wir wären getroffen worden! Doch bei der Tür kamen wir nicht weiter. Sie war verschlossen. Scheisse, dachte ich. Doch da kam mir eine Idee. Ich drehte der Tür den Rücken zu, befahl Pluto sich etwas zu entfernen und schlug mit aller Kraft, die ich momentan noch aufbringen konnte, aus. Mehrmals. Zuerst fürchtete ich, die Tür würde meine Schläge aushalten, doch dann merkte ich, wie das alte Holz langsam nachgab. Noch ein letztes Mal Ausschlagen und das Holz brach unter meinen Hufen weg. Wir haben den Weg nach draussen! Sofort drängte ich Pluto durch die Öffnung nach draussen und schnappte nach Luft. Die körperliche Anstrengung mit dem Rauch in der Luft hatte mich ziemlich angestrengt. Auch Pluto neben mir keuchte erschöpft, für ihn als junges Fohlen war das alles noch viel schlimmer. Trotzdem blieb ich nicht stehen, nicht so nahe am Stall. Es war zu gefährlich, also galoppierte ich, Pluto vor mich hinscheuchend, in einiger Entfernung auf eine Wiese. Mein Fell war schweissnass, vor der Hitze und vor der Angst. Ich wagte den Blick zurück auf den Stall und sah, wie Dumbledore die humpelnde Mandy vor sich hinschob. ,,Du bleibst hier stehen, du machst keinen Schritt, verstanden?" Prüfend schaute ich Pluto an, in der Hoffnung dass er meine Forderung auch befolgte. Der Kleine stand nur da, zitternd und erschöpft vor Angst und nickte leicht. Er sah sowieso nicht aus als ob er noch einen Schritt machen könnte. Ich trabte Mandy und Dumbledore entgegen. ,,Wo ist Charlie?", fragte ich, er war mir gerade in den Sinn gekommen. Dumbledore antwortete schliesslich: ,,Ich habe gedacht, dass er es alleine aus den Flammen schafft, jedoch sehe ich ihn nirgends. Ich werde zurückgehen und ihn suchen, vielleicht hat ein herabfallender Balken ihn erwischt. Kümmere dich um Mandy!" Er wollte sich schon wieder umdrehen, doch ich hielt ihn auf. ,,Das ist zu gefährlich, du könntest sterben!", rief ich ihm zu. ,,Charlie auch", sagte er nur. Ich schaute ihn wortlos an. ,,Hör zu, Rubin. Ich muss Charlie retten, er hat mir auch einmal das Leben gerettet." Ein schwerer Regentropfen landete zwischen uns auf dem Boden. Noch einer. ,,Dann komme ich eben mit", entschied ich. ,,Nein! Du bleibst hier!", befahl mir Dumbledore. ,,Du musst dich um Mandy und Pluto kümmern, sie brauchen jemand. Und noch etwas Rubin - wenn ich tatsächlich nicht mehr herauskomme... Gib auf dein junges »ich« acht." Und schon verschwand Dumbledore wieder, liess mich mit den rätselhaften Worten stehen. Die Regentropfen fielen immer schneller und dichter vom Himmel. Die Stute und ihr Fohlen stehen am Ausgang. Hinter ihnen die Frau, um sie der brennende Stall. Ein Balken schwankt. Er fällt. Ein Schrei. »Linda!« Das Fohlen wird weggestossen. Der Balken landet auf der Frau, nicht auf ihm.
,,Nein, Dumbledore!", schrie ich laut. Er war schon im Stall verschwunden. Ich missachtete seine Anweisung und galoppierte zurück zum brennenden Stall. Die Flammen erleuchteten die dunkle Nacht und verschlangen das Holz. Als ich näher kam, stolperte Charlie heraus. Sein braunes Fell wurde von dunkeln Stellen durchzogen, überall hatte er kleine Kratzer mit Blut an seinem Körper. Vom Rauch keuchend stand er in der Öffnung, den Kopf gesenkt, die Beine zitternd. Dann sah ich es. Der Balken über der Öffnung hatte Feuer gefangen und stand nicht mehr stabil dort, wo er sein sollte. ,,Der Balken!", wieherte ich so laut ich konnte. Charlie wurde wie aus dem nichts aus dem Stall gestossen, durch Dumbledores Hufe. Schon krachte der Balken herunter und verfehlte den alten Charlie nur knapp. Auch hinter ihm traf der Balken niemanden. Doch er riss die Stallwand mit sich, damit die Öffnung wieder geschlossen wurde. Und ich realisierte, dass Dumbledore noch da drin war und nun keinen Ausweg mehr hatte. ,,Dumbledore!", wieherte ich verzweifelt. Ein schwaches, krächzendes Wiehern war die Antwort. ,,Nein, das darf nicht sein!" Verzweifelt stand ich vor dem brennenden Stall, der stärker gewordene Regen übergoss mich, bald war ich am ganzen Körper tropfnass. Charlie kam langsam auf mich zu. ,,Er hat mir das Leben gerettet. Er ist für mich gestorben. Er hat mir das Leben gerettet...", krächzte der Alte, immer und immer wieder. Eine Welt brachte zusammen. Für uns beide. Unser bester Freund, er, der immer zu uns geschaut hatte, war wohl in diesem Moment gerade tot. Dumbledore...
Gib auf dein junges »ich« acht.
Rubin flieht mit Pluto vor dem Feuer
von mir gezeichnet
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Meine Entschuldigung geht an Dumbledore, der es nicht verdiente zu sterben. Und natürlich an euch, ich glaube, die meisten haben ihn gemocht.
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