21. Regentag

Der nächste Tag begann kalt und mit einem Regenschauer. Fröstelnd stand ich neben dem Heuhaufen, den Max vorhin hereingebracht hatte. Seine Jacke war tropfnass gewesen und er hatte sich lautstark über das Wetter beschwert. ,,Dieses Wetter ist doch einfach nur für nichts. Schön wäre es, wenn ich einfach im Haus bleiben könnte und ein gutes Buch am warmen Kamin geniessen könnte. Aber nein, ausgerechnet heute ist Lea nicht da und ihr braucht alle mal wieder ordentlich Bewegung." Mit diesen Worten war er zurück durch den eisigen Regen zum Haus gelaufen, beide Hände in den Hosensäcken. Ich fand es nicht so nötig, aus dem Stall zu kommen. Dieses Wetter war wirklich dazu gedacht, dass man einfach an einem warmen Ort bleiben sollte. Selbst der fast immer gut gelaunte Dumbledore hatte heute einen seiner miesen Tage. Er sprach kaum ein Wort und schaute nur stumm dem Regen zu, der sich auf der Weide vor dem Stall in einer Pfütze sammelte. Wenn es so weiterginge, hatten wir dann einen See, statt eine Weide.
Drei Sonnenaufgänge waren seit dem Turnier vergangen, nur, dass man die Sonne dabei nie gesehen hatte weil dieser nervige Dauerregen eingesetzt hatte. In den zwei Tagen nach dem Turnier war ich einfach nur im Stall geblieben, nur gestern hatte mich Lea abgeholt für eine kurze Trainingsstunde. Wir hatten zuerst einfach nur Bodenarbeit gemacht und anschliessend war ich über niedrige Hindernisse gesprungen.

Pluto, der auf der Weide kurz seine Energie abgelassen hatte, kam wieder herein. Sein braunes Fell war klatschnass und Wasser tropfte gleichmässig von seinem Körper herunter. ,,Du siehst aus, als wärst du in einen See gefallen", bemerkte ich belustigt, doch Mandy reagierte besorgt. Du solltest dringend an die Wärme kommen, sonst holst du dir noch eine Erkältung. Dieses Wetter ist nicht fürs draussen rumtollen gedacht. Ausserdem durchnässt du das ganze Stroh hier am Boden! Du solltest dich sofort putzen!" ,,Nicht so überheblich Mandy", meinte Dumbledore. ,,So schnell hat sich noch kein Pferd erkältet." ,,Aber er ist noch ein Fohlen!", sorgte sich die Stute. Dumbledore gab viel zu schnell mit seiner Überzeugung auf, was er normalerweise nicht tat. Meistens versuchte er vieles Mandy langsam und deutlich zu erklären, doch jetzt hatte er sich einfach abgewandt. Ich wunderte mich, warum er heute so drauf war. Auch Mandy hatte es bemerkt, sie schaute kurz auf Dumbledores Rücken, den er ihr zugekehrt hatte und ging schliesslich zu Pluto.
Das Gras auf der Weide war von ihm niedergetrampelt und steckte im Schlamm fest, den der Regen verursacht hatte. Vorsichtig machte ich einen Schritt nach draussen und die ersten Tropfen fielen auf mein weisses Fell. Meine Hufe sanken in den aufgeweichten Boden ein und ich erschauderte, als das kalte Wasser bei meinem Bauch hinunter tropfte. Die kalte Nässe durchdrang rasch mein Fell und mir wurde kalt. Aber trotzdem ging ich eine kleine Runde auf der Weide. Bei jedem Schritt hörte ich, wie das Wasser bei der Berührung meiner Hufe plantschte. Die Bäume neigten sich im eisigen Wind hin und her, keine Vogelstimme durchbrach das Geräusch des strömenden Regens. Wie in jedem Winter verschwand ihr Gesang mit der Wärme, beide wichen der Kälte und dem Frost. Manchmal auch dem Schnee. Der wäre mir heute lieber gewesen, denn ich merkte schon, dass die aufgeweichte Erde unter dem Gras sich an meine Beine geheftet hatte. ,,Komm rein, Rubin!" Dumbledore stand am Eingang zum Stall und schlug mit seinem Schweif. ,,Das ist kein Wetter um sich draussen die Beide zu vertreten, so robust du auch bis. Oder wie sehr du dieses Wetter magst, aber du holst dir wirklich nur eine Erkältung." Ich war überrascht, das von Dumbledore zu hören. ,,Du hörst dich an wie Mandy", schnaubte ich belustigt, ging aber auf ihn zu. Er machte mir Platz, damit ich in den Stall rein konnte. Mein Fell war komplett nass, genau wie vorhin bei Pluto. Die weisse Mähne klebte an meinem Hals und meine Hufe waren voll mit Schlamm. Dumbledore hatte nichts zu meinem Kommentar gesagt. Er schaute mir nur stumm zu, wie ich mich kurz schüttelte. ,,Was ist los?", fragte ich etwas verunsichert. ,,Du hast doch vorhin bei Pluto etwas völlig anderes gesagt, jetzt widersprichst du dir gerade." Der Wallach vor mir neigte seinen Kopf. ,,Du hast recht. Ich mache mir zu viele Sorgen. Du solltest dich nicht mit den Sorgen eines alten Pferdes auseinandersetzen müssen, vergiss alles wieder", sagte Dumbledore müde. ,,Das nehme ich dir nicht ab", sagte ich zu ihm. Das war überhaupt nicht seine Art, was war los? Dumbledore bedeutete mir mit einem Nicken, ihm zu folgen. Wir entfernten uns in die andere Ecke, so dass Mandy, die gerade Plutos Fell putzte und gleichzeitig mit Charlie sprach, uns nicht hören konnte. Als Dumbledore sich zu mir gedreht hatte, begann er leise zu erzählen: ,,Es ist so. Max hat nicht so viel Geld, das heisst..." ,,Was? Geld?", fragte ich dazwischen. Dumbledore fuhr mit zuckendem Ohr fort: ,,Mit dem bezahlen die Menschen ihre Dinge. Sie tauschen es mit anderen Sachen ein, wie Max es für Pferde tut. Nun ist es eben so, dass er seit einiger Zeit nicht mehr so viel davon hat." Er machte eine Pause. ,,Ich verstehe immer noch nicht genau, was Geld ist", meinte ich. ,,Ich versuche es dir so zu erklären. Max geht arbeiten, er hilft jemandem und als Belohnung oder zum Dank erhält er danach Geld. Dieses kann er schliesslich in Essen umtauschen oder in Pferde. Bestimmte Sachen kosten mehr und andere weniger Geld. Das bestimmen die Menschen." Langsam verstand ich, was Dumbledore meinte. Dieser sprach weiter: ,,Aber momentan ist es so, dass Max kaum Geld verdient und so zu wenig hat um es in Essen für sich oder zur Pflege von uns einzutauschen. Ein Pferd zu besitzen kostet anscheinend viel Geld." Ich nickte und sagte: ,,Das bedeutet, dass er mehr Geld braucht? Was passiert wenn er keines mehr hat?" ,,Ja genau. Und das andere kann ich dir nicht beantworten. Wahrscheinlich wird er etwas wertvolles verkaufen müssen, es könnt sogar ein Pferd sein." Dumbledore schwieg und ich nickte betroffen. Nach einer Pause fragte ich vorsichtig: ,,Und was hat das mit allem zu tun?" Der Apfelschimmel hob seinen Kopf und blickte mir direkt in die Augen. ,,Rubin, du musst ein Geschenk für Mac gewesen sein. Du kannst gut springen, mit dir kann er auf Turnieren Geld verdienen!" - ,,Tut er das?" - ,,Oh ja, je besser du in einem Turnier bist, desto mehr Geld bekommt Max für deine Leistung. Rubin- du bist wie ein Hoffnungsschimmer in allen ihren Geldproblemen, mit dem durch dich gewonnenen Geld können sie alles wieder bezahlen." Ich richtete mich auf. ,,Und sie müssten kein Pferd verkaufen...", fügte der Wallach leise hinzu. Ich nickte langsam, was Dumbledore sagte schien Sinn zu machen. Er wollte gerade nich etwas sagen, doch er brach ab als Max in den Stall hinein kam. Er ärgerte sich wohl immer noch über den anhaltenden Regen, denn seine stampfenden Schritte verrieten seine Wut. Er hatte drei Halfter mitsamt Führstricken dabei und kam mit langsamen Schritten zu mir. ,,Zeit für eine Runde Ausreiten", erklärte er. Ich war nicht begeistert von seiner Idee, trotzdem liess ich mir brav das Halfter anlegen. Als Max den Führstrick an das Halfter angemacht hatte, schwang er ihn über meinen Hals und ging zu Mandy und Pluto. Ich merkte erst jetzt, dass das eine Halfter kleiner war und wohl für Pluto gedacht war. Max Halfterte Mutter und Sohn auf und führte sie mit mir aus dem Stall heraus.
Max hatte gestern bei der Tür von unserem Stall ein kleines Vordach angebracht, damit er uns in Ruhe an der frischen Luft putzen konnte, ohne dass wir vom Regen durchnässt wurden. Wir drei Pferde wurden jetzt unter dem Vordach angebunden und Max holte in dieser Zeit meinen Sattel. Er war missmutig gelaunt und nicht in Stimmung bei diesem Wetter ausreiten zu gehen. Ich wäre auch lieber hier im Stall geblieben, doch beim Ausritt konnte ich meine Energie ablassen, was auch Pluto dringend nötig hatte. Gestern hatte ich von Max gehört, dass er den Ausgang zur Weide schliessen wollte, wenn das Wetter sich nicht besserte. Denn Pluto war, so ungestüm wie er war, gestern am Morgen in vollem Tempo dem Weidenzaun entlang gerast, da er im Stall keinen Platz hatte um zu rennen. Einmal hatte er das versucht und wurde prompt von Charlie gestoppt. Er hatte sich sehr über das junge Fohlen aufgeregt und Dumbledore musste ihn beruhigen, damit er Pluto nicht zu sehr einschüchterte. Also musste der junge Hengst seine Runden auf der Weide drehen, und gestern hatte er sich wohl überschätzt und war in der Kurve auf dem rutschigen schlammigen Boden ausgerutscht und in den Zaun gekracht. Zum Glück hatte er nur einen kleinen Schock gehabt, verletzt war er nicht. Aber da Max alles gesehen hatte, mussten wir doch damit rechnen, dass Pluto in nächster Zeit sich im Stall austoben würde. Das wollte Max wahrscheinlich auch nicht und so durfte er mit Mandy bei meinem Ausritt mitkommen.

Max hatte mich gesattelt, mir das Zaumzeug angelegt und stieg jetzt auf. Er nahm den Strick von Mandy in die Hand und band Plutos Führstrick an meinem Sattel an. Ob das eine gute Idee war, wusste ich selber nicht. Schliesslich brachen wir auf und schritten in Richtung Wald. Pluto war ganz aufgeregt, er war nur sehr selten bei einem Ausritt dabei gewesen und er war ganz fasziniert von dieser Welt da draussen. Aber es war auch nervig mit ihm. Während seine Mutter brav auf meiner linken Seite trottete, zog der kleine Hengst ständig an meinem Sattel nach vorne, oder blieb stehen um an allen möglichen Dingen zu schnuppern und sie zu untersuchen. Das Blätterdach im Wald schützte uns ein wenig vor dem Regen, doch es fielen immer wieder kalte grosse Tropfen direkt auch mein Fell und liessen mich erschaudern. Pluto hingegen sprang vergnügt hin und her, der Regen schien ihn kaum zu stören. Der Boden unter meinen Hufen war aus einem harten Material dass Stein ähnelte. Jedes Mal wenn ich abstand hörte man ein Klappern.
Langsam wurde auch Pluto etwas ruhiger und begann brav neben mir zu gehen. Max, der auf mir sass lenkte mich kaum, ausser bei Abzweigungen und auch dann spürte ich das Ziehen an meinen Zügeln kaum. Er war deutlich schwerer als Lea und so war es anstrengender, aber gut auszuhalten.
Nun lenkte mich Max plötzlich etwas energischer zu einer Abzweigung die nach links dichter in den Wald führte. Hier war unsere Galoppstrecke. Der Waldboden war perfekt für einen schnellen Galopp und bot sicheren Halt. Aber da es viel geregnet hatte, mussten wir vorsichtig sein. Die Vorstellung, dass ich mit Mandy und Pluto auf dem nassen, rutschigen Waldboden ausrutschen würde, gefiel mir überhaupt nicht. Ich wollte mir schon gar nicht mal ausmalen, was alles passieren konnte. Trotzdem spürte ich plötzlich meine Energie in meinen Beinen, die mich zum tänzeln brachte. Ich schob den Gedanken an den gefährlichen Boden zur Seite und wartete ungeduldig auf Max' Kommando zum Start. Jedoch spürte ich nur seine Unsicherheit, die sich in ihm ausbreitete. Unentschlossen zog er mich an den Zügeln gegen links, damit ich wendete, doch ich wehrte mich und zog meinen Kopf gegen rechts. Auch Pluto hatte meine Energie gespürt und war darauf an, gleich loszustürmen. Er hob seinen Kopf und scharte mit seinem linken Vorderhuf am nassen Boden, dabei spritzte ihm die kalte Erde an den Bauch. Mandy war genau so unentschlossen wie Max. Sie wäre auch gerne gerannt, doch sie sorgte sich um ihren Sohn und wollte auch kehrt machen. Ich stemmte meinen Kopf immer noch gegen rechts, als Max nachgab. Mein Kopf schwankte kurz nach rechts, als Max plötzlich erneut am Zügel zog, diesmal stärker, dass es schmerzte. ,,Rubin, lass das", brummte er und ich wendete mich schwerfällig. Dabei lief ich fast in Pluto hinein, der nicht richtig wusste, was er jetzt tun sollte. Max lenkte uns wieder aus dem dichteren Wald heraus und wir gingen auf einem anderen Weg zurück nach Hause. Leider ohne Galopp, aber es hatte sich gelohnt.

Als wir bei den Stall waren, waren wir alle tropfnass, Pluto zitterte in der kalten Luft und ich schüttelte meine Mähne, so dass es in alle Richtungen Wassertröpfchen verteilte. ,,He, geht's noch?", rief Mandy aus. ,,Du bist nich eh schon nass", meinte ich belustigt und gab ihr spielerisch einen leichten Schubs. Diesen erwiderte Mandy sofort und ich torkelte in Max hinein, der neben mir stand. Er erschrak kurz, fasste sich aber schnell wieder. Er drehte sich um und klopfte mir kurz den Hals und begann mich abzusatteln.
Währenddessen kam plötzlich hinter dem Stall Lea hervor, die ein farbiges Ding, das sie in der Hand hielt, über dem Kopf aufgespannt hatte. ,,Lea!", rief Max erstaunt. ,,Wo warst du denn?", fragte Lea direkt, ohne Begrüssung. ,,Sieht man das nicht?", fragte Max und begann mit einem Tuch Pluto zu Trocknen. Das Fohlen schnappte immer wieder nach dem Tuch und wollte es Max aus den Händen ziehen. ,,Sieht man dir überhaupt nicht an", meinte Lea mit einem sarkastischen Unterton und stellte sich unter das Vordach des Stalles. ,,Ich habe dir etwas mitzuteilen", sagte sie fröhlich. ,,Was gibt's?", fragte Max tonlos, ohne sie anzuschauen. ,,Ich habe Rubin wieder bei einem Turnier angemeldet, es ist ganz in der Nähe, wieder mur für Lipizzaner. Ich dachte, es wäre das beste wenn ich mit ihr nochmals im A-Springen teilnehme, dann..." ,,Stopp, Stopp, Stopp." Max unterbrach Leas Redefluss. ,,Du hast sie bei einem Turnier angemeldet?", fragte er die junge Frau ungläubig. ,,Uns", meinte Lea und lächelte, ,,Rubin und mich." Max verschlug es fast die Sprache. ,,Sie ist immer noch mein Pferd, du kannst sie nicht einfach so irgendwo anmelden ohne es mir zu sagen!" - ,,Ich habe dir es ja jetzt gesagt." - ,,Jetzt ist zu spät! Wann ist dieses Turnier?" Lea musste eine Weile überlegen. ,,In zwei Wochen. Glaube ich", meinte sie und strahlte immer noch. ,,Dein Ernst?", fragte Max ungläubig. Lea nickte nur. ,,Na dann. Komm morgen vorbei und hole sie zum Trainieren ab. Aber diesmal hast du die volle Verantwortung."

---------------------
Bin zurück! :)
Tut mir leid für die lange Zeit, aber als ich nach einer Pause wieder schreiben wollte, habe ich mir prompt in den Daumen geschnitten, und ich bin einfach nicht mehr fähig mit einem Finger zu schreiben. (Das kann bei mir Jahre dauern, bis ich einen Text mit nur einem Finger geschrieben habe xD (ich schreibe dieses Buch ja auf den Handy (und ja, die Idee dass ich auf dem Computer schreiben könnt ist mir erst vor kurzer Zeit gekommen, und da hatte ich dann absolut keine Zeit mehr um irgendwelche Sachen zu machen)))

Naja, bis zum nächsten Mal
eure Valerie <3

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top