Das Mädchen, das in den Wolken segelt

Thema: Eine schöne aber traurige Geschichte

Wörter: 851

Sie lag am Boden. Ihre langen blonden Haare ausgelegt auf der kalten Erde und ihre Hände mit ihrer Oberfläche auf den Boden liegend. Eine Träne kullerte ihre roten Wange hinunter, hinab auf die dunkle Moos Oberfläche des Waldes. Lange lag sie schon so dort. Lange hatte sie nachdenken müssen, warum überhaupt. Warum das alles? Wieso ich? wieso die Welt?

Dem ein oder anderem, kommen diese Fragen vielleicht lächerlich vor, aber in diesem Moment, waren genau dies die Fragen, die ihr durch den Kopf schossen. Sie war anders, anders als andere. Sie war diejenige, die die Welt in Frage stellte. Eine Welt, indem alles perfekt sein musste? Perfekt, dieses Wort kam ihr lächerlich vor, genau wie hundert Prozent. Es gab keine Hundert Prozent, nach ihrer Meinung, denn es würde vermutlich nie etwas geben, was zu hundert Prozent Hundert Prozent etwas sein würde. Auf Verpackungen von Essen stand immer Hundert Prozent Recycelt, aber so ganz stimmte es ja auch nicht, denn es gab ja noch einen Prozent, der etwas anderes war vielleicht Luft oder ein anderes Material. Genauso war es mit Meinungen. Sie hatte einmal gemeint, dass er alles für sie war und das er für immer ihr Herz sein würde, doch so war es nicht gewesen, denn sie hatte ihn nicht wirklich gekannt. Sie hatte jemand anders kennen gelernt, der ihr aus der Phase des anderen geholfen hatte, doch war es so gut gewesen? Hatte sie diese Entscheidung wirklich treffen müssen? Wäre es anders gewesen, hätte sie ihrem Herzen folgen müssen, oder ihrem Verstand? Sie wusste die Antwort nicht, niemand wusste sie.

Doch sie lag noch lange so dort. Auf dem kalten Waldboden, dem langsamen untergehen der Sonne und das kitzeln an den Fußsohlen. Sie hatte keine Schuhe, keine Socken, oder gar eine Jacke. Sie lag dort mit einem einfachen weißen leichten Kleid dort und zitterte am ganzen Körper. Das machte ihr jedoch nicht aus. Sie kümmerte sich nicht mehr um irgendwas. Sie wollte nur noch eins. Die letzten Fragen stellen und dann ein neues Leben beginnen. Ein anderer Mensch sein. Ein Mensch ohne Furcht, Ängste oder gar Freude? Warum sie eine Aussage macht aber es in Frage stellt? Sie weiß nicht, ob das überhaupt geht. Würde es gehen nichts zu fühlen und einfach auf der Welt zu sein? Wie ein kleiner stiller Beobachter des ganzen? Das würde vermutlich nicht gehen.

Sie zuckte ja nicht einmal zusammen, als ein kleiner Marinen Käfer auf ihrer Stirn landete. Sie schaute einfach weiter in das dichte Blätterdach und dachte nach. Über sich und die Welt. Wer hatte überhaupt die Welt erbaut? Oder wer hatte entschieden, dass die Welt rund war? So könnte doch auch eine Kugel sein, oder ein Dreieck. Warum genau eine Scheibe?

Ihr Vater war Seefahrer und erzählte ihr von seinen großen Eroberungsfahrten, in ferne Länder. Er plünderte sie und nahm all den Reichtum mit zu ihr, damit sie immer mehr zu sehen bekam. Eines Tages versprach er ihr, bevor er eine erneute Reise mit seiner Besatzung erleben wollte, dass sie nächstes mal alt genug sei, dass sie mitkommen konnte. Doch als das Schiff nach einem Jahr wieder in den Hafen einfuhr, wurde bekannt gegeben, dass die ganze Besatzung zugrunde gegangen sei. Das Schiff, wurde am Rande der Scheibe von einer Rivalen Schiffsbesatzung gefunden und sie brachten es zurück zu unserem Stamm. Sie erzählten, dass sie zu dicht heran gefahren waren und sie durch einen Wasserstrudel vom Schiff gefallen sind und wurden bis ans Ende der Scheibe getrieben worden und dann in die Unendlichkeit der Schwärze gefallen.

Als sie diese Geschichte bei der Ratssammlung gehört hatte, wollte sie es nicht glauben. Mit fünfzehn Jahren sein letztes Familien Mitglied zu verlieren und dann alleine da zu stehen, war nicht leicht und so fing sie an, nur noch alles zu hinterfragen. Es war wie eine Art Schock, den die Welt ihr in ihre Taschen gelegt hatte. Sie hatte sich entschlossen ans Ende der Scheibe zu reisen und ebenfalls dort zu sterben, dann konnte sie endlich bei ihrer Familie sein. Sie packte ihre Sachen, aber wurde von ihrem Volk aufgehalten. Sie meinten, dass sie dies nicht tun sollte und sie auf sie aufpassen werden und sie stritt es sich ab, denn was sie sich in den Kopf setzte, wurde bei ihr auch immer durchgezogen.

Und so kommen wir zu ihrer jetzigen Lage. Langsam und mit einem Lächeln auf den Lippen, glitt ihr die letzte und schönste Frage durch den Kopf. Wie wäre es wohl auf der Seefahrt mit ihrem Vater gewesen? Mit dieser Frage schloss sie langsam die Augen und ihr Herz stand still.

Sie hörte die leisen Schritte, der kleinen Vögel nicht. Sie hörte die Elche nicht mehr röhren oder das knuspern der Eichhörnchen. Das Gras, dass sie an ihren Füßen gekitzelt hatte, war fort und auch die roten Bäckchen auf ihren Wangen. So musste jeder einmal einschlafen, hatte sie damals von ihrer Mutter sagen gehört, als ihr letztes Stündlein geschlagen hatte und sie gab ihr Recht. Einzuschlafen und nie wieder auf zu wachen, war ein schöner Abschied dieser Welt, aber wer weiß, vielleicht besegelt sie gerade über unseren Köpfen den Horizont mit ihr und ihrer Familie.

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