Zu neuen Ufern
Ein warmer Wind zerzauste Tamara die Haare. Verwirrt sah sie sich um. Sie und George standen an einem Strand. Es war eigentlich viel mehr eine Bucht mit etwas Sand und vielen rauen Steinen. Vor ihnen erstreckte sich ein türkisfarbenes Meer. Erst kurz vorm Horizont waren die gräulichen Konturen von Land zu erkennen. Fassungslos drehte Tamara sich mehrmals um sich selbst. Hinter dem Strand hob sich das Land zu einer rotbraunen, zerklüfteten Landschaft an, die in der weiten Ferne zu einigen hohen Bergen anstiegen. Sie kannte diesen Ort. Tief in ihrer Erinnerung war er verwurzelt. Während ihre Augen über die Umgebung wanderte regte sich etwas in einem Teil ihres Gedächtnisses, welches sie schon lange nicht mehr besucht hatte. „Ich weiß, landschaftlich macht es nicht viel her, aber wenigstens ist das Meer schön..." George kratzte sich verlegen am Kopf. „Wo genau sind wir?" Immer noch nach etwas Vertrautem suchend ging Tamara einige Schritte auf und ab. Kurze Bilder zuckte vor ihrem inneren Auge vorbei. Sandburgen. Kinderlachen. Korallenriffe. Ein Picknickkorb. Und eine Frau mit langen braunen Haaren. „Also genau genommen sind wir in Spanien.", erklärte George und stellte den Koffer auf einen hohen Stein direkt neben sich. „Aber eigentlich liegt die Insel viel näher an Afrika..." Tamara hockte sich hin und klaubte eine silbern schimmernde Muschel aus dem feuchten Sand. „Ich war hier schonmal.", sprach sie endlich das aus, was sie die ganze Zeit dachte. „Als ich klein war..." Ihr Freund hatte sich in den Sand fallen lassen und zog seine Schuhe und Socken aus. „War echt nicht einfach das rauszufinden." Sie kam zu ihm und ließ sich neben ihn fallen. „Ich war hier mit meiner Mum und meinem Dad. Das muss... über fünfzehn Jahre her sein." Mit starrem Blick sah sie zu wie die Wellen an den umliegenden Steinen zerbrachen und der weiße, glitzernde Schaum sich über den Sand auf sie zu schob. „Woher wusstest du davon? Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich noch daran erinnern könnte!" George schenkte ihr ein verschmitztes Lächeln. „Wie gesagt, es war echt nicht leicht... Wollen wir jetzt uns erstmal am Strand umsehen?" Sofort sprang Tamara auf. „Klar!" Damit kickte sie ihre Schuhe von den Füßen und platschte soweit ins Meer hinein, dass ihre Hosenbeine nassgespritzt wurden. „Wow, es ist alles noch so wie in meiner Erinnerung." Auch wenn sie sich an nichts Spezielles genau erinnern konnte, so kamen ihr doch einige Dinge schrecklich bekannt vor. „Der Wahnsinn." Lachend sprang sie durchs Wasser und merkte kaum, dass George sie grinsend beobachtete. „Au." Sie war auf einen spitzen Stein getreten, zum Glück konnte sie durch das klare Wasser kein Blut sehen. Vorsichtig hob sie den Stein hoch. „Früher konnte ich so einen Stein bestimmt vier Mal übers Wasser flitschen lassen!", erklärte sie stolz. „Dann zeig mal her." George war neben sie gewatet und suchte jetzt auch nach einem Stein um selbst seine Steinwerferkünste unter Beweis zu stellen. Mit der Zunge angespannt zwischen die Zähne geklemmt holte Tamaras aus und...PLATSCH. „Hm, nicht schlecht!", sagte ihr Freund breit grinsend. „Halt bloß die Klappe.", maulte sie und versuchte ihn mit einem Fuß abzuspritzen. „Lass dir zeigen wie es ein Meister macht!" „Als ob du es besser könntest." „Und wie ich das kann." Er holte aus. Platsch. Platsch. Platsch. Platsch. „Tja, es kann nicht jeder so gut sein wie ich.", witzelte George angeberisch und streckte selbstzufrieden die Arme aus, als würde er sich nach einer großen Sportleistung dehnen. „Na warte!" Tamara gab ihm einen kräftigen Schups. Mit übertrieben hektisch umherrudernden Armen sprang ihr Freund einige Schritte zurück. „Du willst also Krieg?" „Ist es denn Krieg, wenn eine Seite keine Chance hat?", fragte sie herausfordern und ging etwas in die Knie um im Notfall ausweichen zu können.
Zwei Stunden später saßen sie auf einem flachen Stein nahe des Strandes. Beide triefend nass und erschöpft. Der Mond war mittlerweile aufgegangen und der ganze Himmel funkelte voller kleiner Sterne. „In der Stadt sind die Sterne nicht so hell.", murmelte Tamara und drückte die Hand ihres Freundes. „Hm, ja, aber in Hogwarts waren sie genauso schön, findest du nicht?" Sie nickte. „Ich vermisse diese Zeiten manchmal.", murmelte George und hob eine Hand gen Himmel, als wollte er einen Stern greifen. „Ich auch, aber jetzt ist doch auch nicht schlecht." Er lächelte. „Überhauptnichts schlecht." Eine Weile schwiegen sie. „Du hast mir früher nie von deinen Eltern erzählt. Ich meine, ich wusste, dass du bei deiner Stiefmutter gewohnt hast, aber was war vorher?" Tamara seufzte tief. „Meine Mum ist gestorben, da war ich noch ziemlich klein, vielleicht fünf oder sechs." Wieder wendete sie ihren Blick auf den zunehmenden Mond. „Weißt du, hier haben sie sich kennengelernt, meine Mum und mein Dad, auf dieser Insel. Er lebte damals schon in Afrika, aber sie war hier geboren worden." „Wie ist sie gestorben?" „Autounfall." Schweigen. „Es war damals ziemlich schlimm für meinen Dad und mich, er war nicht so der führsorgliche Typ, aber das war okay. Ich hatte damals nicht viele Freunde." Sie lächelte traurig bei dem Gedanken. „Irgendwann hat er dann Samantha geheiratet, so hieß seine neue Frau. Ich glaube sie konnte nie viel mit mir anfangen, auch wenn sie es versucht hat. Wir waren einfach sehr verschieden..." Das Meer rauschte leise und einige Möwen kreischten, während sie über ihre Köpfe ihren Weg nach Hause antraten. „Als ich elf war bekam ich dann meinen Brief und von da an ging ich nach Towenaar, die Academy für Zauberei. Während ich in meinem zweiten Jahr dort war wurde mein Vater sehr krank. Der damalige Schulleiter erlaubte mir für eine Woche mitten in der Schulzeit Nachhause zu fahren." Wieder schwieg sie für einen Moment. „Nach drei Tagen ist er im Krankenhaus gestorben." Sie fühlte wie George ihre Hand feste drückte. „Und seitdem haben du und Samantha zusammengelebt?" Tamara lachte hohl auf. „Naja, in den Sommerferien bin ich zwei Mal zurückgekommen und dann wurde ich ja...ich...danach ging ich nach Hogwarts und wie es da weiterging weißt du ja." Er brummte leise. „Wieso hast du eigentlich Schulen gewechselt?" Diesmal antwortete sie eine lange Zeit lang nicht. „Das erzähl ich dir ein andermal, okay?" „Okay." Mühselig setzte sie sich wieder auf. „Wo schlafen wir eigentlich? In einem Hotel?" George schüttelte den Kopf und klappte ihre Koffer auf. „Wäre doch langweilig, ich hab Dads altes Zelt mitgebracht." Stöhnend ließ Tamara sich zurück auf den flachen Stein fallen. „Nicht schon wieder ein Zelt." Unsanft knuffte er sie in die Seite. „Ach komm, das Zelt war doch nicht so schlimm, es wird dir gefallen, versprochen!" „Ok, ok, aber du baust auf und ich guck mir weiter die Sterne an." „Deal!"
Heya, ich hab ne Idee, wie würde es euch gefallen, wenn ich ein kleines Flashback in Tamaras Kindheit mache, ich meine im Spezial kann ich ja machen was ich will. Ich wollte sowieso immer mal über Towenaar schreiben (meine selbst ausgedachte zauberschule) Fändet ihr die Idee gut?
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