Olev Lifsson

Olevs Hammer krachte mit voller Wucht auf den Schild des Gegners. Das Holz hatte seiner Kraft nicht viel entgegen zu setzen und gab splitternd nach. Olev verkeilte seine Waffe in dem Faustgrossen Loch und riss sie zurück. Der junge Krieger war nicht darauf gefasst und taumelte ungeschickt vorwärts. Olev stiess ihm mit der freien Hand seinen Dolch in den ungeschützten Hals. Der Tod seines Gegners gab ihm eine kleine Verschnaufspause und er sah sich rasch um. Gylfis Männer hatten ihr Lager im Morgengrauen überfallen und Kämpften erbittert zwischen den Zelten. Die aufgehende Sonne zwängte sich durch die Nebelschleier und warf ein geisterhaftes Licht auf das Gemetzel. Olefs Blick suchte Jarl Talmund und fand ihn bedrängt von zwei feindlichen Kriegern. Zu den Füssen des drahtigen Mannes lagen tote Feinde und straften seine unscheinbare Erscheinung Lügen. Blutüberströmt schwang der Jarl sein Schwert mit tödlicher Präzision. Olev steckte den Dolch in den Gürtel und packte sich den Rundschild eines Toten. Auf seinem Weg zum Jarl vorbei an den Kämpfenden zertrümmerte er Schädel, Brustkörbe, Gliedmassen und scharte seine Kameraden um sich.

Die beiden Krieger, die Jarl Talmund bedrängten, sahen die Horde wütender Nordmänner nicht kommen und wurden regelrecht überrant. Olev eilte an die Seite seines Jarls, der sich erschöpft auf sein Schwert stüzte. "Ich danke dir Olev Lifsson, du kommst wie von den Göttern gerufen." Der etwas ältere Mann sah zu Olev auf, der ihn um mehr als einen Kopf überragte. Ein tiefer Schnitt klaffte in seiner rechten Wange. Olev erwiderte sein wildes Grinsen. "Odin weiss, dass du ihm in Valhalla den Met wegsaufen würdest." Talmund lachte laut, ein seltsamer Laut auf einem Schlachtfeld. Er wandte sich an Olev und das halbe Dutzend Männer. "Also dann Männer, Zeit die Götter stolz zu machen! Töten wir die Frevel, die von Odin abgeschworen haben!" Der Jarl stellte sich an die Seite seiner Männer und hob seinen Rundschild. "Schildwall", brüllte er aus voller Kehle und die Krieger hoben mit einem wilden Kriegschrei ihre Schilde. Die Seiten überlappend bildeten sie einen kleinen aber unüberwindbaren Wall aus Holz und Eisen. Schritt für Schritt säuberten sie ihr Lager und liessen nur Leichen in ihrem Weg zurück. Olev stand an Talmunds Rechten und teilte tödliche Hiebe über den Rand seines Schildes aus, wann immer sich ein Gegner heranwagte. Drei Männer hielten ihnen den Rücken frei, während sie zu der durchbrochenen Barrikade vordrangen, durch die ihre Feinde eingedrungen waren. Eine kleine Gruppe schützte die Lücke und hielt ihren Kameraden den Rückzug frei. In einer geschlossenen Linie rückten Olev und seine Kameraden vor und drängten die Eindringlinge zurück.

Verzweifelt versuchten einige Männer den Wall zu durchbrechen, packten die Schildränder und stachen wild auf Talmunds Männer ein. Doch jeder Versuch war zwecklos, immer mehr Krieger folgten dem Ruf des Jarls und nahmen sofort die Plätze der Gefallenen ein. Olevs Hammer wurde ihm aus der Hand gerissen, als er sich im Helm eines Feindes verkeilte, der Tod Zu Boden fiel. Sofort versuchte ein Jüngling die Möglichkeit zu ergreifen und stürzte sich auf ihn. Olev rammte ihm seinen Schild in die Brust, versuchte ihn zurückzuwerfen, doch sein Gegner blieb hartnäckig. Verzweifelt klammerte er sich an den Schild und wedelte wild mit seiner Axt. Der stumpfe Axtkopf traf Olev am ungeschützten Kopf und spornte seinen Blutrausch nur noch mehr an. Er packte die Axt und warf den Jüngling mit seinem Schild über die Schulter hinter sich. Noch bevor der überraschte Gegner sich wieder aufrappeln konnte, war Olev an seiner Seite. In blinder Wut rammte er ihm seinen Schild in den Rücken und auf den Hinterkopf, wieder und wieder bis sein Feind zuckend am Boden liegen blieb. Olev stiess ein wilder Gebrüll aus und die Umstehenden fielen mit ein.

Olev stand schwer atmend über seinem Opfer. Hinter sich hörte er Jubel als die Lücke in der Barrikade geschlossen wurde und ihre Feinde die Beine in die Hand nahmen. Talmund kam auf Olev zu und betrachtete anerkennend den Toten zu dessen Füssen. Ein Lächeln lag auf seinen Zügen, trotz der immer noch blutenden Wunde im Gesicht. Seine Kleidung und seine schulterlangen Haare waren blutig und verdreckt. "Man könnte meinen, du seist der allmächtige Thor höchstpersönlich, so wie du kämpfst mein Freund!" Er klopfte ihm kameradschaftlich auf die Schulter und wandte sich an die umstehenden Männer. "Aber ich kenne ihn schon, seit er aus seiner Mutter herausgerutscht ist. Glaubt mir, ein Gott ist er nicht!" Er fasste sich an den Schritt und alle lachten über den derben Witz, die Stimmung lockerte sich. "Wer unverletzt ist, hat ab sofort Wachdienst an der Barrikade! Sorgt dafür, dass das Loch repariert und der Rest verstärkt wird", begann Jarl Talmund seine Befehle zu verteilen, "wer noch gehen kann, kümmert sich um die Verwundeten und Gefallenen und sammelt Holz für die Scheiterhaufen!Unsere Kameraden trinken heute Nacht in Odins Halle!" Lauter Jubel folgte seinen letzten Worten und sofort machten sich alle an die zugeteilten Arbeiten. Talmund ging in das Zelt des Heilers, um seine Wunde versorgen zu lassen.

Olev schritt über das Schlachtfeld und hielt nach seinem Hammer Ausschau. Talmunds Männer unterschieden nicht zwischen den eigenen Gefallenen oder den Toten des Feindes, alle würden verbrannt werden. Den verwundeten Feinden wurde die Kehle durchgeschnitten. Die Götter kannten keine Gnade, schon gar nicht mit Verrätern ihres Glaubens. Olev fand seinen Hammer und warf den Leichnam des Mannes zu den restlichen Toten. Dann machte er sich auf die Suche nach Überlebenden, sollen sich andere um die Toten kümmern. Er fand einen jungen Mann, mit einem grausigen Schnitt im Bauch. Ängstlich presste er seine Hände darauf, als ob er so sein Leben festhalten könne. Doch der rote Lebenssaft quoll gnadenlos zwischen seinen Fingern hervor. Olev setzte sich neben den Sterbenden. Es dauerte einen Moment, ehe ihn der Junge bemerkte. Olev erinnerte sich an ihn, er war erst letzten Sommer zum Mann geworden und dies war sein erster Kampf gewesen. "Wie ist dein Name?" Der glasige Blick versuchte Olev zu fassen, schweifte aber immer wieder in die Ferne ab. Ob er bereits die Walküren kommen sah, um ihn zu holen? "Jan, Jan Arminsson", antwortete er dennoch, "sterbe ich?" Olev nickte, es hatte keinen Sinn mehr ihn anzulügen. "Ja du stirbst", sagte er sanft und sah wieder die Angst in Jans Blick, "aber du darfst keine Angst haben Junge! Odin nimmt nur die Mutigen Krieger an seine Tafel. Im Kampf zu sterben ist eine Ehre." Jans Atem ging rasselnd, Blut musste in seine Lunge geflossen sein. Er hatte nicht mehr viel Zeit. "Wo ist deine Waffe, Jan Arminsson?" Eine schwache Geste nach Links und Jans suchender Blick waren die einzige Antwort. Olev stand auf und fand unter einem Leichnam die Axt des Jungen. Blut klebte an der Klinge, er musste viele Gegner erschlagen haben. Sanft nahm er Jans Hände von der Wunde und frisches Blut begann zu fliessen. Olev drückte dem sterbenden Krieger die Waffe in die Rechte und schloss seine Finger darum. "Du hast tapfer gekämpft Jan Arminsson, hast Odins Feinde getötet. Heute Nacht trinkst du in Valhalla!" Ein Lächeln umspielte Jans Lippen, als er seinen letzten Atemzug tat. Seine Faust hielt noch immer den Griff der Axt. Olev legte ihm die Hände auf die Brust und trug ihn zu den anderen Toten.

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