Die Dame im See

Leise zwitscherten die Grillen und quakten die Frösche. Schwüle Hitze umfing sie, trieb ihr den Schweiß auf die Stirn. Die Sonnenstrahlen wärmten ihre Haut und blendeten sie. Sie stand am Ufer des kleinen See, wusste nicht weshalb sie hergekommen war, doch hörte die innere Stimme die sie antrieb. Der Drang war noch immer da, zog sie direkt in die Mitte des kleinen Gewässers.
Sie sah sich um, stellte sicher, dass sie keine unerwünschten Zuschauer hatte. Der Ort befand sich auf einer kleinen Lichtung mitten im Wald. In ihrem Wald, denn sie so gut kannte, wie ihren Handrücken und doch war sie noch nie hier gewesen. Der See war vollkommen umgeben von hohen Bäumen, die sie noch nie gesehen hatte. Doch dies spielte jetzt keine Rolle.  Eilig schlüpfte sie aus ihren Kleidern und begab sich an das flache Ufer. Ihre langen Haare hatte sie zu einem Zopf gebunden, der ihr nun wie eine Mähne hinterherwehte. Die Sonne auf ihrem Körper tat ihr gut und stärkte sie nach dem langen Weg hierher. Zögerlich sah sie in das Wasser. Es hatte eine trübe, bräunliche Farbe und machte es unmöglich den Grund zu sehen.

Langsam streckte sie den Fuß vor, in Erwartung den Sich von kaltem Wasser an ihren Zehen zu spüren. Doch es war warm, einladend, umfloss sie wie ein Geliebter und liebkoste ihre helle Haut. Bevor sie sich versah, war sie bereits bis zum Hals eingetaucht und schwamm in Richtung Seemitte. Ihre Haare schwebten hinter ihr mit, ohne die Wasseroberfläche zu berühren und Seerosen verfingen sich darin, verliehen ihr eine blumige Krone.  Die Frösche, Libellen und Fische, denen sie begegnete sahen sie mit warmen, vertrauten Augen an, als würden sie einen alten Freund willkommen heißen.  Rehe, Hirsche, Kaninchen, Füchse, sämtliche Waldbewohner versammelten sich am Rande der Lichtung und beobachteten ihre Rückkehr. Fasziniert sah sie den Tieren zu, sah keinerlei Furcht in ihren Augen und schwamm entschlossen weiter. Noch nie war sie an diesem Ort gewesen, doch ein warmes Gefühl der Vertrautheit und Geborgenheit, breitete sich in ihrer Brust aus. Es schien als sei sie nach einer Ewigkeit in ihre Heimat zurückgekehrt.  Fische schwammen an ihrer Seite, Vögel landeten auf den Ästen und zwitscherten ihr fröhlich zu, Kaninchen hoppelten aufgeregt über die Lichtung und das Wasser hielt sie in seiner warmen Umarmung, umspielte ihren Körper und  trug sie in die Mitte. Instinktiv richtete sie sich in dem Wasser auf, obwohl sie wusste, dass der Grund unerreichbar war. Doch ihr Glaube war stärker als ihre Vernunft und sie vollbrachte das unmögliche. Überrascht sah sie an sich hinab, als sie in dem Wasser stand, ohne Boden unter ihren Füssen zu verspüren. Das Wasser trug sie. Sie stand in der Mitte der Lichtung, bis zur Hüfte im Wasser ohne Grund unter ihren Füssen und ihr Herz war erfüllt von Freude und Glück. Zwei Strähnen hatten sich aus ihrem Haar gelöst und umwehten sie, ohne dass die leiseste Brise wehte und das Wasser perlte von ihrem Körper, als wolle es den See nicht verlassen. 

Die Grillen verstummten, die Frösche und Vögel schwiegen und die Fische bildeten Kreise um die Dame im See. Alle Augen der Natur waren auf sie gerichtet und warteten gespannt. Eine Hand senkte sich ins Wasser, griff nach etwas, das zuvor noch nicht da gewesen war und brachte es ans Tageslicht. Ein harter, kalter Gegenstand, auf ihren Wunsch an die Oberfläche gespült, ohne dass sie es wollte. Ehrfürchtig hob sie das Schwert aus dem warmen Griff des Sees und wog es auf beiden Händen. Es war eine schlichte Waffe ohne Schnörkel oder Verzierung, doch strahlte sie eine unendliche Schönheit aus. Die Klinge wurde von einem leichten Blau umspielt, welches leichte Strahlen auf ihre Haut warf und wilde Muster über das Wasser sandte. Sie schien zu pulsieren, sich zu freuen endlich der Dunkelheit des Seegrundes entkommen zu sein. Noch immer schwieg die Natur, doch schien die Klinge mit ihr zu sprechen. Erst war es bloß ein Ziehen, dann ein Flüstern und schließlich ein Rufen. Mit geschlossenen Augen lauschte sie der Waffe, versuchte die Worte, die keine waren zu verstehen und sämtliche Tiere taten es ihr gleich. Einen Moment hielt die Welt die Luft an, eine Sekunde bloß stoppte die Zeit und die Welt versank in Harmonie. Dann sah sie es vor ihren geschlossenen Lidern. Ein großer Fels, ein Schwert, dass Niemand herausziehen vermochte und ein junger Mann, anders als alle anderen. Eine runde Tafel voller edler Ritter, blutige Schlachten, große Heldentaten, unglückliche Liebe, Verrat und eine Welt voller Magie. Sie sah das Schicksal des Landes und der Menschen. Sie öffnete langsam die Augen, weckte die Welt aus ihrem Schlaf und wusste um ihre Aufgabe darin. Wusste um ihr Schicksal.

Inspiriert von: 
THE AWAKENING OF MY SOUL by soundmopi



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