Verzweiflung
Meine Augen weiten sich, leicht klapptmein Mund auf. Ich will etwas erwidern, irgendetwas auf Ace Worte,die meine sorgfältig aufgebauten Mauern der letzten Jahre mit einemSchlag einreißen und mein Herz erwärmen.
Doch...ich kann nicht. Meine Lippenöffnen sich zwar, allerdings kommt kein einziger Laut heraus. Es istso erschreckend. Es scheint so, als wisse Ace alles übermich. Über meine Vergangenheit, meine grausamen Dämonen in meinemInneren, die mich alltäglich zurückblicken lassen. Was geschehenist, für was ich verantwortlich bin. Sie lassen mich nichtvergessen. Nie. Obwohl ich das so unglaublich dringend will. Muss.Ichkann sonst nicht abschließen. Zumindest glaube ich das.
DieTränen kommen so unvorbereitet, dass ich mich einfach näher an Acekuschele, um sie nicht zeigen zu müssen. Ich hasse es, zu weinen.Verletzliche Gefühle zu zeigen. Aufgegeben haben. Dabei, dabei habeich doch nicht aufgegeben...oder?
„Esist alles gut...", flüstert Ace leise, streicht mir langsam übermeinen Kopf. Mein Körper erzittert immer wieder, durchgeschütteltvon den Gefühlsausbruch. Dabei tröstet mich der Schwarzhaarige,redet leise auf mich ein. Worte, Versprechungen, Zuneigung, alles,was mein Herz immer weiter erwärmt, bis sich die Wärme ausbreitetund in meinen gesamten Körper übergeht.
Undganz langsam, behütet, geborgen, schlafe ich in Ace Armen ein undversinke in einem strahlend schönen Strudel aus warmer Farben.
Erschrecktwache ich aus meinem Schlaf auf, meine Augen suchen panisch den Raumnach irgendwelchen Eindringlingen ab. Als niemand in meinem Zimmerist, lasse ich mich zurück in meine Kissen fallen und fahre mirfahrig über meine Stirn. „Verdammt...", fluche ich leise,schließe wieder meine Augen.
Es istmehr als ein Monat seit dieser seltsamen Nacht vergangen. Ich bintatsächlich dort geblieben, wusste allerdings nicht mehr, wie ichmich gegenüber von Ace verhalten sollte. In der Schule ging ich ihmgrößtenteils aus dem Weg, was sich tatsächlich als relativ einfachherausstellte. Mit Kid war alles wie früher, die Lehrer meinten, unsvor den Weihnachtsferien noch einmal mit Schulaufgaben, Ausfragen undExen zu bombadieren, sodass fast jeder wirklich viel zu viel imStress war mit lernen. Sonst war alles natürlicher Schulalltag.
Ichkundschaftete die Höhlen noch mehr aus, zeichnete mir einen kleinendigitalen Plan und speicherte ihn auf mein Handy, sodass ich ihn inden Weihnachtsferien hatte. Richtig gehört, ich wollte es nocheinmal auf eigene Faust probieren. Vor allem zur Weihnachtszeit.Vielleicht verließ ich sogar das Schulgelände, nur um ein bisschendurch die Gegend zu reisen. Natürlich inoffiziell natürlich. AlsMinderjährige durfte ich das ohne Genehmigung vom Jugendamt garnicht. Sobald ich allerdings 18 wurde, hatte sich der ganze Misterledigt.
Ichseufze, drehe mich auf die Seite und starre mein Nachtkästchen an.Heute ist Sonntag. Ein Wochenende liegt zwischen den Ferien, weshalbes auch erst am Montag offiziell losgeht. Aber am Dienstag istWeihnachten. Also sind die Meisten entweder mit den letztenVorbereitungen beschäftigt oder sind schon längst in den Versteckenund dekorieren für den besonderen Feiertag. Ace hatte mich sogarmehrfach eingeladen. Nach Ace lud mich Sabo auch ein, da ich mit demBlonden immer mehr Kontakt – vor allem wegen dem Lernen – hatte.Ruffy auch, wir freundeten uns im Sportunterricht an. Nami, Robin,Bonney und Tashigi wollten ebenfalls, dass ich irgendwo mit jemandenfeiere. Tashigi ging sogar so weit und sagte, dass es selbst bei denPiraten besser wäre, als alleine. Ich lehnte ab. Bei jedem.
Ichhasse Weihnachten ohne meinen Bruder. Weihnachten ist einfach keinWeihnachten mehr, zu viele schöne Erinnerungen knüpfen daran undich habe keinen Bock emotional zu werden. Deshalb liegt der Planschon, dass ich abhaue. Es mag feige sein, mir allerdings ist dasegal. Ich kann mich dem nicht stellen, deshalb gehe ich.
Unruhigdrehe ich mich wieder um, stehe schlussendlich auf und starre aus demFenster. Draußen ist alles absolut weiß. Der Schnee glitzert mirfröhlich entgegen und Frostblumen klettern an meinen Fensterglashoch. So schön doch alles aussieht. Einen Moment versinke ich inmeine Träume, lege meine rechte Hand auf das Glas und lehne meineStirn an. Was wärewenn...
Einplötzliches Klopfen durchbricht meine tiefgründigen Gedankengänge.Genervt mit den Augen rollend ignoriere ich es, bis ein „Ich weiß,dass du da bist, schließlich kann ich deine Aura spüren", von derTür kommt. „Sabo?", frage ich eher zu mir als zu ihm, als ichmissmutig dann doch zur Tür laufe und diese mit einem angepisstenGesicht öffne. Ein strahlendes Grinsen kommt mir entgegen und sorgtdafür, dass meine Stimmung noch mehr den Bach runter geht. Fürmeinen immer gut gelaunten Blondschopf habe ich gerade wirklichkeinen Nerv!
„Warumso missmutig?" „Was willst du?" „Sei halt mal net" „Wieauch immer, was ist los?" Seine gute Laune ging mir auf meinennicht vorhandenen Sack. Er kratzt sich am Kopf. „Naja...willst duwirklich nicht...? Wir würden uns freuen." Ich atme tief ein undaus, schließe kurz die Augen. „Nein, Sabo. Aber danke, für dasAngebot. Wenn das alles ist..." „Ace macht sich Sorgen um dich.Er isst kaum noch, schläft nicht wirklich...er redet nur von dir!Ich will mich wirklich nicht bei euch einmischen, aber -" „Danntu es auch nicht, Sabo. Ich hab dich echt gern, ja? Aber das ist eineAngelegenheit, die..." Ich senke meinen Kopf. „Es ist meineSache", murmele ich dann. Sabo klopft mir kurz auf die Schultern.„Verstehe." Dann geht er. Ich schüttele den Kopf, drehe michwieder um und sehe in mein Zimmer. Kurzerhand fasse ich einenEntschluss und beginne schon mit dem Packen.
Kurznach zehn Uhr in der Nacht bin ich fertig. Mit einem grauen dickenPulli und einer dicken schwarzen Filzhose ausgestattet, zusätzlichSchneestiefel an den Füßen, begebe ich mich aus meinem Zimmer.Geschultert habe ich einen dicken Rucksack mit noch mehr Klamotten,mein Schwert und meinen Mantel, den ich allerdings gleich anziehe.Mir ist jetzt schon kalt, dabei bin ich noch im Gebäude. DieAufschrift „Frostbeule" auf dem Pulli passt wirklich zu mir .
Schnellgehe ich aus dem Gebäude, umrunde das Hauptgebäude bis ich zum Waldkomme. Fröstelnd stapfe ich durch den knietiefen Schnee. Es ist echtdämlich, dass man meine Fußspuren so einfach verfolgen kann,allerdings gibt es keine andere Möglichkeit. Ich kann noch nichtrichtig gut mit meinen neu erwachten Kräften der Teufelsfruchtumgehen und will keine Bruchlandung provozieren. Deswegen laufen.
Irgendwannerreiche ich eine kleine Lichtung. Hier strahlt der Mond auf dasschöne Weiß und lässt alles wunderschön magisch funkeln. Eineangenehme Stille liegt über der Lichtung, die Sterne glitzern wiekleine Schneeflocken und malen ihre Muster in den schwarzen Himmel.Ein ehrliches Lächeln breitet sich auf mein Gesicht aus. Der Friedenauf der Lichtung stiehlt sich in mein Herz, erfüllt es mit Wärme.Diese innere Ruhe spürte ich in den letzten Wochen überhaupt nicht.Doch jetzt. Einfach ein wunderschöner, natürlicher Ort hat solcheMächte auf mich und lässt mich mich glücklich fühlen. Seufzendschüttele ich den Kopf. Nein, ich bin nicht glücklich. Es ist nurein Schein, eine Illusion von diesem Frieden hier auf der Lichtung.
Aufeinmal verschwindet das Glitzern und macht schwarzen Nebelschwartenplatz. Sie schlängeln sich lautlos durch das Geäst auf dieLichtung, lassen die Szene dunkel und düster wirken. Doch es breitetsich nicht nur auf der Lichtung aus, sondern auch in meinem Herzen.„Zehahaha, mein Kind du bist wahrlich ein Kind der Dunkelheit",ertönt da eine mir sehr wohl bekannte Stimme. Ich lasse meine Sachenfallen, drehe mich um die eigene Achse, immer auf der Suche nachTeach, der bekannt dafür ist, alles aber keine Gnade wallten zulassen. Ein Blick auf meine Uhr und mein Bauchgefühl wird bestätigt.
Esist nach Mitternacht.
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