Kapitel 16
Ava's Sicht
Alles drehte sich und ich wusste nicht wie ich jetzt weiter machen sollte. Wie konnte es sein, dass auch nur irgendjemand Gnade mit diesem Mann hatte. Wie war es möglich, dass er jetzt wieder hier sein durfte, dass man ihm die Gelegenheit gab wieder in meiner Nähe zu sein. Und warum ist ausgerechnet Jayden der einzige der mir in dieser Hinsicht als Hilfe in den Sinn kam. Jayden. Meine wohl größte Baustelle. Wie konnte ich sein Verhalten einordnen?! Waren wir jetzt ein Paar?! Waren wir Freunde oder was waren wir?! Er war mein zukünftiger Boss, das war aber auch alles bei dem ich mir sicher war. Mein Körper gab auf und ließ mich in einen Schlaf fallen, von dem ich mir so viel Erholung erhofft hatte, jedoch nicht bekam. In meinen Träumen verfolgten mich die Geister der Vergangenheit. Ich sah sein Gesicht mit jeder Kleinigkeit, mit den leeren grauen Augen, der Narbe am Kinn, den pechschwarzen Haaren, der einschüchternden Aura und seiner lauten Stimme. Wie immer schrie er mich an und ich verstand nicht wofür, ich verstand nicht was ich falsch gemacht hatte, denn alles was ich wollte war ihn zufrieden stellen und dann geschah etwas was ich zuvor nie erlebt hatte. Er begann zu Lächeln, seine Augen färbten sich grün, seine Arme breiteten sich aus, aus der Lederjacke und der Jeans wurde ein schicker hellblauer Anzug, seine Narbe verschwand und jetzt stand Jayden vor mir. Er nahm mich in den Arm, gab mir einen Kuss auf die Stirn und sagte immer wieder, dass alles gut sei. Und mit diesen Worten wurde ich aus meinem Traum gerissen. Nur um dann festzustellen, dass zumindest der letzte Teil meines Traumes im realen Leben geschah. Denn ich lag in Jayden's Armen und er streichelte mir sanft durchs Haar, während er mir immer wieder zuflüsterte, dass alles gut sei.
„Jayden, ich muss dir was sagen", sagte ich, doch er unterbrach mich. „Ava, alles ist gut. Ich bin da. Und ja wir sollten reden, aber nicht hier", ich nickte lediglich als Antwort auf seine Aussage und schwieg dann wieder. Nach einer halben Ewigkeit unterbrach er das Schweigen. „Lass uns heute Abend etwas unternehmen, ich habe eine Überraschung für dich, aber du musst mir versprechen, dass du sie mich dir erklären lässt und das Kleid, dass mittlerweile bei dir zuhause sein sollte anziehen wirst", seine Worte machten mir Angst, aber ich freute mich dennoch auf seine Überraschung, auch wenn ich Angst davor hatte, was für eine es sein würde, da ich Jayden alles zutraute. „Okay. Wie viel Uhr haben wir eigentlich?", fragte ich an ihn gewandt und er zeigte mir daraufhin seine Uhr. „Was?! Wie lange habe ich bitte geschlafen?! Wir haben ja schon achtzehn Uhr", flippte ich aus und sprang aus dem Bett, beziehungsweise ich versuchte es, da Jayden mich festhielt und zu ihm zurück zog. Er küsste mich liebevoll und stand dann gemeinsam mit mir auf. „Ich hoffe dir gefällt deine Überraschung und bitte sag mir nicht kurzfristig ab. Es ist wirklich wichtig für mich. Und bitte nehm Wechselkleidung mit, ich würde gerne die ganze Nacht mit dir verbringen", sein Blick war so liebevoll, während er das sagte, aber irgendetwas an ihm verriet mir, dass er genauso Angst vor heute Abend hatte wie ich. Wir machten uns auf den Weg nach draußen, von William und seiner Frau war keine Spur mehr und somit stiegen wir in das Auto und Jayden fuhr mich nach Hause. Die Fahrt verlief still und angespannt, aber ich war froh, dass niemand etwas sagte, da die Anspannung und Vorfreude zu groß war. Wir kamen bei mir an und mit einer kurzen Verabschiedung verschwand ich in meiner Wohnung. Drinnen stach mir sofort eine marineblaue Schachtel mit weißer Schleife ins Auge, die noch nicht da lag, als ich meine Wohnung heute morgen verlassen hatte.
Vor lauter Neugier ließ ich meine Handtasche sofort fallen und ging auf die Schachtel zu. Vor Nervosität zittrigen Händen öffnete ich die Schachtel und das wohl schönste Kleid, das ich in meinem Leben gesehen hatte, stach mir ins Auge. Ich nahm ein langes, weißes, mit Spitze besetztes Abendkleid aus der Schachtel und hielt es mir vor meine Brust. Ich lief in mein Schlafzimmer vor den großen Spiegel und bekam Tränen in den Augen bei dem Anblick. Doch wer würde mir so ein Kleid schenken. Einen kurzen Augenblick erwischte ich mich dabei, wie ich mich darüber freuen würde, wenn es von meinem unbekannten Briefeschreiber wäre, aber das war eine alberne Idee. Ich lief zurück zur Schachtel in der Hoffnung, dass da ein Zettel war, der mir verriet von wem das Kleid war und wurde tatsächlich fündig. Es befand sich ein kleiner blauer Briefumschlag darin. Darin befand sich wine kleine Karte auf der handgeschrieben stand:
Liebe Ava,
Ich hoffe, dass du das Kleid genauso schön findest wie ich. Ich musste es einfach kaufen, da es perfekt zu meiner Überraschung passt. Denn es ist genauso ein Traum wie du, meine Schöne.
In Liebe,
Jayden
Erst da fiel mir wieder ein, dass Jayden ja erwähnt hatte, dass sich ein Kleid in meiner Wohnung befinden würde. Seine Zeilen rührten mich mehr als das Kleid, auch wenn es traumhaft war. Aber ich bekam immer mehr Angst vor seiner Überraschung. Um die Angst zu überdecken, sprang ich unter die Dusche und entspannte mich bei dem regelmäßigen Geräusch, dass die von mir abprallenden Wassertropfen von sich gaben. Doch in meinem Kopf wiederholten sich ständig seine Zeilen und dazu tauchte sein fürsorglicher Blick vor meinem geistigen Augen auf. Doch statt Angst zu bekommen, begann ich zu lächeln. Langsam stieg ich aus der Dusche und wischte den beschlagenen Spiegel frei, um mir ein natürliches Make-up zu verpassen, was jedoch nach ein bisschen mehr aussah als sonst. Meine Augen schminkte ich in einem Nudeton, während ich meine Lippen in einem dunkleren rosa schminkte. Der schwarze Kajal und die tiefschwarze Wimperntusche sorgten dafür, dass meine Augen wie kleine Diamanten aussahen. Es dauerte jetzt noch eine Stunde bis er kam, weshalb ich beschloss mich auf meine Couch zu setzen und noch einen Film zu schauen. Ich merkte gar nicht welcher gerade lief, da meine Gedanken nur bei Jayden und seiner Überraschung waren. Was würde es werden?! Würde ich mich freuen?! Warum war er so nervös?! Und was hatte es mit diesem Kleid auf sich?! Ich zerbrach mir den Kopf über so viele Dinge, dass ich gar nicht bemerkte wie schnell die Zeit verflogen war. Denn als ich das nächste mal auf die Uhr schaute waren es nur noch fünf Minuten, die ich geschickt nutzte, um aus dem Bademantel zu schlüpfen und mir das wunderschöne Kleid von Jayden anzuziehen. Genau in dem Moment als ich in meine dazu passenden High Heels geschlüpft war, klingelte es an meiner Tür, die ich freudestrahlend öffnete. Vor mir stand niemand geringeres als Jayden höchstpersönlich in einem dunkelblauen Anzug, mit weißem Hemd und einer Krawatte, die zur Farbe des Anzugs passte.
Ich war so beschäftigt damit ihn anzustarren, dass ich gar nicht merkte wie er mich ansah. Erst als ich den Blick von ihm löste merkte ich, dass seine Augen ganz glasig waren und er sich anstrengte nichts zu meinem Aussehen zu sagen, was ich eventuell falsch verstehe könnte. „Du bist wirklich wunderschön", wisperte er schlussendlich und brachte mich dazu wie ein verliebter Teenager zu grinsen und mich zu freuen wie ein kleines Kind an Weihnachten. „Und du verhältst dich heute gar nicht wie ein Biest", kicherte ich und schlug mir sofort die Hand vor den Mund, weil ich noch nie gekichert hatte und auch nicht vorhatte damit anzufangen. „Ich sehe das jetzt mal als Kompliment, meine Schöne. Also bist du bereit?", erwiderte er und stellte damit eine sehr gute Frage. War ich bereit dazu mit ihm mitzugehen?! War ich bereit für das, was mich erwartete? Doch selbst wenn ich nicht wusste ob ich bereit war, wollte ich zumindest wissen was auf mich zukam. Also schnappte ich mir meine Tasche und ergriff seine Hand, die er mir entgegenstreckte und verließ gemeinsam mit ihm meine Wohnung. Mein ganzer Körper kribbelte, aber ich schob es auf die Nervosität. Wir stiegen in sein Auto ein und er fuhr mit mir direkt aus der Stadt heraus. Es war schon etwas kühler, weshalb ich froh war, dass ich einen Mantel mitgenommen hatte. „Wo fahren wir hin?", wollte ich wissen, nachdem er immer weiter aus der Stadt herausfuhr, er antwortete jedoch nicht. „Ich hasse Überraschungen. Und das solltest du wissen, ich will doch immer alles wissen", jammerte ich und entlockte ihm ein kleines Lachen. „Wir sind gleich da, also entspann dich", lächelte er mich an und brachte mich damit tatsächlich für einen Augenblick zum schweigen. Nach weiteren 10 Minuten Fahrt bog er in einen kleinen Waldweg ein. „Ich wusste es. Das ist das Ende. Natürlich musste das Kleid weiß sein, damit man die Blutflecken darauf sieht", dramatisierte ich das ganze, da ich vor Nervosität beinahe platzte. Jayden sah mich irritiert an und fragte „was soll das heiße?". Er verstand wohl nicht, dass das ein Scherz war. „Naja, du sagst du hast eine Überraschung für mich und fährst mit mir alleine in einen Wald. Was soll ich da bitte glauben?", versuchte ich ihm zu erklären und als würde ihm ein Licht aufgehen, trat er sofort auf die Bremse. „Moment, du glaubst ich will dich umbringen?", platzte es aus ihm heraus und völlig entsetzt starrte er mich an. „Gott, nein ich wollte nur ein Scherz machen, um die angespannte Situation aufzulockern", lachte ich und auch er begann zu zögerlich und erleichtert zu lachen und fuhr wieder weiter.
Nach weiteren 10 Minuten hielten wir vor einer kleinen Waldhütte an und er sagte mir, dass ich aussteigen solle. Es war wundervoll, der kühle Wind pfiff durch die fast kahlen Bäume und man hörte immer wieder ein Rascheln, wenn wir durch das Laub liefen. Es war einfach magisch. „Wow", war das einzige was ich sagte und das schien genau die Reaktion zu sein, die er sich von mir gewünscht beziehungsweise erhofft hatte, denn seine Augen begannen zu funkeln. „Danke", kam es zögernd über seine Lippen, was mir ein ehrlich gemeintes Lächeln auf die Lippen zauberte. Er holte meine und noch eine weitere Tasche, die vermutlich seine war aus dem Kofferraum und stellte sie vor der in Anführungszeichen kleinen Hütte ab. Es war einfach so schön hier, es fühlte sich an als wäre man ein Teil der Natur, sodass ich kaum bemerkte was er tat. Die Natur hatte mich vollkommen in ihren Bann gezogen und ich fühlte mich zum ersten Mal, seitdem ich aus meinen Kinderschuhen gewachsen bin so als wäre ich ein Teil der Natur und nicht die, die sie zerstörte. Ich fühlte mich zum ersten Mal so als müsste ich nicht irgendjemand besonderes sein, denn ich war ein kleines Puzzelteil in dem großen Gesamtbild, das nicht anders hätte sein dürfen, denn sonst hätte das Bild einen Fehler. Ich fühlte mich einfach frei, obwohl eine Welt heute für mich zusammengebrochen war und genau deshalb stürzte ich mich auf den großen Laubhaufen, der auf dem Weg lag und warf befreit das frische Laub in die Lüfte und ich hätte mir keinen Ort vorstellen können an dem ich lieber hätte sein wollen, bis ich spürte wie sich jemand hinter mich kniete und mich in seine Arme zog, denn da wusste ich, dass es wohl einen Ort gab an dem ich mich noch wohler fühlte. Jayden's Arme waren erstaunlicher Weise der einzige Ort an dem ich mich zuhause fühlte, ganz egal wo wir in diesem Sonnensystem sein würden. „Komm mit rein bevor du noch krank wirst. Es wird langsam dunkel", hauchte er mir zu und half mir dabei aufzustehen und wie durch ein Wunder hatte das weiße Kleid keinen einzigen Fleck. Er ließ meine Hand auch nachdem ich stand nicht los und ging gemeinsam mit mir in die Hütte, die einfach wundervoll war. Es leuchteten kleine Lichterketten und in einem Kamin brannte ein Feuer, während man durch die Glasfront einen Blick auf den wohl eiskalten kleinen See hatte. Es war einfach atemberaubend. „Es ist wunderschön hier, Danke", platzte es aus mir heraus und ein liebevolles Lächeln seinerseits war seine Antwort. Auf dem Tisch stand ein gigantischer Strauß rote Rosen und langsam bekam ich angst vor seiner Überraschung. „Also wieso musste ich in dieses unglaublich teuer aussehende Kleid schlüpfen, wenn wir in einen Wald fahren?", lachte ich nervös. Auch er schien nervöser zu werden und spielte verlegen mit seinen Fingern herum. „Du musst mir versprechen mich ausreden zu lassen", waren seine ersten Worte und diese machten mir echt Angst, doch ich nickte.
„Ava Wright, wir kennen uns jetzt schon Jahre lange, davon hast du mich zwar die meisten gehasst und konntest mich nicht ausstehen, aber ich wusste von Anfang an, dass du etwas besonderes an dir hast, etwas das mich schon immer fasziniert hat. Es sind momentan schwere Umständen, durch die ich gezwungen bin dir diese Frage früher zu stellen als ich das geplant hatte. Ich weiß du verehrst den Mann, der dir diese Briefe geschrieben hat, das habe ich an deinem Blick gesehen und auch wenn ich dir gegenüber nie so liebevoll war und niemals so einfühlsame Worte gefunden habe, habe ich dich echt gerne. Du bist keine der Frauen, bei der ich mir sorgen machen muss, dass sie nur hinter meinem Geld her ist und genau deshalb bist du die richtige für das. Mein Vater hat sich immer gewünscht mich heiraten zu sehen und da ihm nicht mehr viel Zeit bleibt will ich dich hiermit fragen ob du meine Frau werden willst", ich realisierte seine Worte ganz langsam und dann wurde mir klar, dass er auf eine Antwort von mir wartete. Aber wollte ich wirklich seine Frau werden?!
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top