Kapitel 15

Jayden's Sicht

Alles in mir spannte sich an und fürchtete sich vor den kommenden Minuten oder sogar Stunden. Alles in mir schrie, dass ich nicht hören wollte, was Ava uns sagen würde, doch ich musste es, denn die wenigen Informationen, die sie mir bereits gegeben hatte haben mich innerlich zerfressen und ließen mich die ganze Nacht nicht schlafen. Mein Vater ist der bedeutendste Mensch in meinem Leben. Von ihm habe ich gelernt nicht so zu sein wie die breite Masse, meine Meinung nicht nur zu sagen, sondern auch zu vertreten, meine alte Seele habe ich ihm zu verdanken und einfach alles was ich heute bin ist sein Verdienst. Ich wusste, dass er sterben würde dank Ava, aber ich wollte wissen wie lange uns noch blieb und wie wir diese Zeit am besten nutzen konnten. Ein Blick über meine Schulter verriet mir, dass es da nicht nur mir so ging, denn obwohl es kaum zu glauben war, waren Ava und mein Vater noch angespannter und wahrscheinlich nervöser als ich. Ich bewunderte diese Frau von Sekunde zu Sekunde mehr. Wer würde schon so viel auf sich nehmen für einen Familie, die nicht seine eigene ist?! Aber mir war schon immer bewusst, dass Ava die Tochter war, die mein Vater sich so sehnlichst gewünscht hatte, doch nie bekommen hat. Sie hielt einen Umschlag fest umklammert, damit man nicht sah wie sie zitterte, doch mir viel jede Kleinigkeit an ihr auf. Sie sah mich an und ihr Blick fesselte mich sofort, wie jedes Mal, wenn ihre blauen Augen meine trafen. Irrte ich mich oder sah ich Tränen in ihnen aufblitzen?! Stand es wirklich so schlimm um meinen Vater?!

Ava und ich rührte uns nicht, wir starrten uns einfach nur an und ich versuchte aus ihren Augen eine versteckte Nachricht abzulesen, doch meine Mutter zog meine Aufmerksamkeit auf sich, als ihre Stimme erklang. Ich bemerkte gar nicht, dass mein Vater zuvor zur Tür gegangen war, doch der Blick meiner Mutter verriet mir, dass sie glaubte, dass wir aus ganz anderen Gründen da waren. „ Hallo Liebling, was macht ihr denn hier und wer ist diese junge Dame?", begrüßte meine Mutter uns wie immer liebevoll und schloss uns in ihre Arme. Ich merkte, dass Ava sich in ihrer Haut immer unwohler fühlte und bot ihr deshalb meine Hand an, die sie dankbar ergriff. Meiner Mutter rutschte ein quietschen heraus, woraufhin ich die Augen rollte. „Sind sie zusammen?! Ist sie deshalb hier?! Werden sie heiraten?!", hörte ich meine Mutter meinen Vater löchern und begann zu schmunzeln bei dem Blick den mein Vater uns zuwarf, während Ava nur lachend den Kopf schüttelte. Wir betraten das Haus meiner Eltern und da schönes Wetter war setzten wir uns in den Garten auf die Terrasse und genossen die Sonne. Ich drückte ein letztes Mal Ava's Hand und ließ sie dann ihre Papiere in beide Hände nehmen, da man ihr mittlerweile deutlich ansah wie nervös sie war. „Keine Sorge Kleine, ich beiße nicht", scherzte meine Mutter, doch als sie merkte, dass niemand außer ihr lachte merkte sie wie ernst es war und das war ganz sicher nicht aus freudigem Anlass hier waren. „Okay, was ist hier los?", fragte sie jetzt panisch und mein Vater ergriff sofort ihre Hand und erklärte ihr, dass Ava ihr etwas in seinem Namen sagen müsse, da ihm der Mut dazu fehle. Meine Mutter richtete den Blick starr auf sie und ich hatte selten so eine Panik in den Augen, der bedeutsamsten Frauen in meinem Leben gesehen. „Ich bin hier um ihnen mitzuteilen, dass ihr man Krebs im Endstadium hat. Ihm bleibt nicht mehr viel Zeit und die Ärzte können nichts mehr für ihn tun, da der Krebs mittlerweile so weit gestreut hat, dass er alles in seinem Körper befallen hat. Ich habe selten einen so willensstarken und gleichzeitig so gutherzigen Menschen wie ihren Mann getroffen und deshalb glauben sie mir, mir hat es auch das Herz rausgerissen als er mir davon erzählt hat, aber wir haben im Voraus schon alles was die Beerdigung betrifft geplant, sodass sie in Ruhe Zeit haben zu trauern und sich nicht noch darum kümmern müssen. Und auch wenn es nur ein kleiner Trost ist hat ihr Mann zwei Wochen Urlaub nur für sie beide gebucht, sodass sie die letzte Zeit genießen können, sich ein letztes Mal in einander verlieben können und alles tun können, wozu die letzten Jahre keine Zeit hatten. Denn glauben sie mir Zeit ist das größte Geschenk was wir auf dieser Welt bekommen", sie starrte während sie das sagte die ganze Zeit meiner Mutter in die Augen und aus dem Augenwinkel sah ich wie ihr eine Träne aus den Augen kullerte. Mir war schon immer bewusst, dass Ava und mein Vater sich nahe standen, aber nie dass sie so viel für ihn empfand, dass sie seine Beerdigung hinter unserem Rücken mit ihm plante, es sah fast schon so aus als würde ihr Vater sterben und nicht meiner. Doch meine Mutter weinte nicht, sie lächelte. Doch es war nicht dieses gequälte Lächeln, dass man zeigte bevor man weinte, nein es war ein ehrliches Lächeln.

Meine Mutter stand auf und ging zu Ava und bat sie aufzustehen. Zuerst hatte ich Angst, dass meine Mutter sie gleich zerfleischen würde, doch kaum stand sie nahm sie Ava in den Arm und flüsterte ihr etwas zu, was ich leider nicht verstand. Doch kurz darauf brachen beide Frauen in Tränen aus, Ava sogar noch schlimmer als meine Mutter, doch das einzige was Ava tat als meine Mutter von ihr löste war, dass sie nickte und sich dann entschuldigte und den Garten verließ. „Und nun zu dir William, glaubst du wirklich dass ich das nicht gewusst habe?! Wir sind seit über 20 Jahren verheiratet. Ich kann dich lesen wie ein Buch. Ich wusste es die ganze Zeit, aber ich hab auf den Moment gewartet in dem du mir das sagen würdest. Ich habe auf den Moment gewartet in dem sich mein Mann von mir verabschiedet, auf den Moment in dem er mir zum letzten Mal erzählt wie sein Tag war, auf den Moment wenn er mich das letzte mal in den Arm nimmt, ein letztes Mal neben mir einschläft und ein letztes Mal mit unserem wundervollen Sohn hier auftaucht. Ich habe jede Nacht erwartet dass du keine Luft bekommst und aufhörst zu atmen. Jeden Tag gebetet, dass du wieder von der Arbeit nach Hause kommst, also glaube mir ich habe gewusst, dass das kommen würde, aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass du es mir über jemand anderes sagst und schon gar nicht, dass du ein letztes Mal mit mir auf Reisen gehen willst. Du warst, bist und wirst immer der einzige Mann in meinem Leben sein, egal wie lange ich dich noch habe", meine Mutter rührte uns beide tatsächlich zu Tränen und sorgte dafür, dass wir beide die Worte verloren. Wie konnte es sein, dass ich der einzige war, der nicht mitbekam wie er litt?! Mein Gewissen zerfraß mich innerlich, doch als ich sah wie verliebt die beiden sich ansahen zog sich meine Brust noch enger zusammen.

„Entschuldigt mich bitte", mit diesen Worten stand ich auf und machte mich auf den Weg zu Ava. Ich suchte sie im ganzen Haus gefühlt, aber ich fand sie nicht, bis ich ein Schluchzen aus dem Bad im ersten Stock hörte, welches immer lauter und hysterischer wurde. Ich wollte gerade die Tür öffnen, als ich hörte, dass sie telefonierte. „Was soll das heißen?! Wie kann er wieder frei rumlaufen? Was?! Papa, ich kann und will hier nicht weg. Ich habe zum ersten Mal das Gefühl, dass ich angekommen bin und du weißt genau wie froh ich war, dass du mich zu William hier her geschickt hast. Ich vermisse euch beide und würde so gerne zurück zu euch, aber jetzt kann ich ja nicht mal hier ohne persönlichem Bodyguard das Haus verlassen", ihre Worte wurden immer wieder von Schluchzern erstickt und ihre Stimme überschlug sich zum Schluss hin immer mehr. Auch wenn ich wissen wollte um was es ging entschied ich mich dazu die Tür aufzumachen, da sie klang als würde sie gleich hyperventilieren und vor mir spielte sich ein Bild ab, dass mein Herz zerriss. Sie saß zusammengekauert, ihr Handy umklammernd an die Badewanne angelehnt und beendete das Gespräch ruckartig, sobald ich den Raum betreten hatte. Langsam näherte ich mich ihr an und ging vor ihr in die Hocke. „Ava, ist alles gut bei dir?", meine Stimme klang sanft, doch trotzdem schreckt sie hoch und rutschte von mir weg. „hey Schöne, beruhig dich. Ich bin es", es war als wäre sie gerade aus einem bösen Traum aufgewacht und sucht ihr Stofftier, denn schneller als ich schauen konnte schmiss sie sich mir in die Arme, was dafür sorgte, dass wir umfielen und gemeinsam auf dem Fußboden lagen. Mein Herz schlug so schnell, dass ich befürchtete gleich an einem Herzinfarkt zu erlegen. Doch sobald sie sich auf meine Brust legte und mich umschlang, schlang ich automatisch meine Arme um sie und drückte sie an mich. „Pscht. Es ist alles gut", beruhigte ich sie, beziehungsweise mich selbst, da ich nicht wollte, dass es ihr so schlecht ging. Ihr Anblick machte es schwer für mich nicht nachzufragen um was es in diesem Telefonat ging, doch ich kannte Ava mittlerweile gut genug, dass ich wusste, dass sie nur wieder dich gemacht hätte und ich wollte sie gerade bestimmt nicht aus meinen Armen gehen lassen. Diese Frau könnte definitiv noch gefährlich für mich werden, doch diesen Gedanken verdrängte ich für diesen Augenblick. Ich spürte wie sie sich langsam beruhigte und auf meiner Brust immer regelmäßiger anfing zu atmen. Langsam hob ich ihren Kopf an und zwang sie mich anzusehen. Diese Augen bohrten sich sofort in meine und brannten sich in mein Gedächtnis ein. Ihre leicht geröteten Augen blickten mich an als wäre ich der einzige Mensch den sie brauchte um glücklich zu sein, der einzige der ihr ruhe schenken konnte, aber ich wusste auch, dass sie mich für alles was ich getan habe verachtete und deshalb wandte ich den Blick von ihr ab und stand auf, was sie mir nachtat. Doch sie stand auf so wackligen Beinen, dass sie wieder in sich zusammensackte und ich die ohne einen Moment zu zögern auffing. Ihre Hände platzierten sich auf meinen Schultern und krallten sich in ihnen fest, während ihr Blick mich gefangen hielt. Ich hielt sie an ihrem unteren Rücken und zog sie langsam wieder zu mir, damit sie wieder gerade stand, doch ihr Blick wollte mich immer noch nicht loslassen und es war so als würde ich das erste mal aus ihren Augen ablesen können, was sie von mir wollte. Und bevor ich auch nur eine Sekunde darüber nachdenken konnte, zog ich sie noch näher an mich und vergrub meine Hände in ihren Haaren, während ich sie küsste und sie ist die erste Frau in meinem Leben bei der ich mir wünschte, dass dieser Moment niemals enden würde, doch ich wusste auch wie lächerlich das aus meinen Mund klingen musste. „Ava, was hälst du davon, wenn ich dich erst einmal hier hinlege, dann kannst du dich ein bisschen beruhigen und herunterkommen und später fahre ich dich nach Hause, wenn du dich einigermaßen beruhigt hast?", meine Stimme klang besorgt, doch es wirkte so als hätte sie mir gar nicht zugehört. Sie küsste mich einfach wieder und langsam bewegte ich mich mit ihr aus dem Badezimmer und lief mit ihr zwei Räume weiter in mein altes Zimmer, ohne mich ein einziges Mal von ihr zu lösen, da ich wusste, dass sie morgen früh aufwachen wird und alles bereuen wird und mich das nicht mehr so schnell tun lassen wird. Ich war innerlich hin und her gerissen zwischen dem was mein Kopf mir sagte und dem was Herz versuchte zu entwickeln, doch es war absolut keine gute Idee Gefühle für diese Frau aufzubauen, weshalb ich das ab morgen sofort unterbinden musste, aber heute wollte ich noch ein letztes Mal ihre volle Aufmerksamkeit und Zuwendung genießen. Langsam schloss ich die Tür hinter mir und trat sie wieder zu, damit ich mich auch jetzt nicht von ihr trennen musste. Doch dann löste ich mich von ihren Lippen und sah wie sie langsam die Augen öffnete und mich mit diesen unglaublichen und intensiven Engelsaugen ansah. „Weißt du wie wunderschön du bist?", meine Frage war rhetorisch doch Ava lief rot an und lächelte so zuckersüß, dass ich nicht widerstehen konnte und sie einfach wieder küssen musste, doch das klingeln meines Handys riss mich aus diesem wunderschönen Moment.

Ich wollte den Anrufer wegdrücken, bis ich sah wer anrief. „Papa?", fragte ich sichtlich irritiert. „Ich bin stolz auf euch, dass ihr das endlich hinbekommen habt, hat ja schließlich lang genug gedauert. Ach und wenn du dich fragst woher ich das weiß dann schau mal aus dem Fenster. Du vergisst immer wieder, dass man vom Garten aus alles sehen kann was da vor sich geht. Also wir gehen jetzt etwas essen wir wünschen euch viel Spaß und immer schön aufpassen. Auch wenn ich bald sterbe bin ich nicht alt genug um Opa zu werden", mit diesen Worten legte er auf und ich zog den Vorhang zu bevor ich mich auf das Bett legte und Ava auf meine Brust zog. Sie war die erste Frau mit der ich meine Zeit lieber mit reden oder kuscheln statt Sex verbringen wollte und das fühlte sich gut an, auch wenn ich wusste, dass ich nicht der Typ Mann bin den sie jetzt gerade brauchte. Konnte ich wirklich so egoistisch sein und mein eigenes Glück über ihrs stellen?!

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