III


Hermes Hermoso entpuppte sich als ein Herr um die sechzig, mit gepflegtem Äußeren in einem unscheinbaren, aber vermutlich teuren grauen Ensemble mit ergrautem Schnurbart und dunklem Haupthaar.

Er erhob sich, als Gustav auf ihn zutrat und während sie sich die Hände schüttelten, fühlte sich Gustav klein und fehl am Platz. Verstohlen zupfte er an seinem Karohemd und stellte erleichtert fest, dass es auf den ersten Blick fleckenfrei war.

Wenig später stellte eine Kellnerin zwei dampfende, nach Vanille und Karamell duftende Becher auf den Tisch.

Hermoso erläuterte den Auftrag ohne viel Federlesens, als würde er einem Studenten eine Vorlesung halten. Er wusste genau, was er wollte und Gustav wusste, dass er die Anforderungen umsetzen konnte. Er verschwieg, dass er aktuell keine anderen Aufträge hatte, nicht wusste, wie er seine Rechnungen zahlen sollte, wenn Andrew nicht wäre und es sich kaum leisten konnte, diesen Auftrag abzulehnen. Im Gegenteil – zwölf Skulpturen innerhalb der nächsten zwölf Monate anzufertigen, je eine jeden Monat, klang eher wie sechs Richtige im Lotto. Gustavs Sorgen hatten sich innerhalb eines Tages in Luft aufgelöst – ab morgen würde er seinen Geist und seine Hände mit dem beschäftigen, was er am liebsten tat: Material zum Leben erwecken. Und was für Material Hermoso ihm versprochen hatte! Onyx. Marmor. Sogar Elfenbein. Auch die Skulpturen selbst klangen vielversprechend. Hermoso wollte eine zyklische Reihe aus Göttern, Helden und mystischen Wesen. Gut, er hatte ihm verboten, Bilder anzufertigen und erwähnt, dass die Skulpturen niemand jemals zu Gesicht bekommen würde. Des Weiteren durfte der Auftraggeber eine von ihm bestimmte Stunde jeden Monat allein mit dem entstehenden Werk verbringen. Gustav dachte sich nichts weiter dabei, Künstler hatten ihre Macken und Eigenarten, genauso, wie sie Kunstliebhaber und Sammler hatten. Die leisen Glocken in seinem Hinterkopf läuteten ungehört.

Ab diesem Tag würde sich alles zum Guten wenden.

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