I
„Hoppla!", sagte die junge Frau mit der dunklen Sonnenbrille und wich einen hastigen Schritt zurück. Aber es war zu spät. Die klebrig warme Brühe tropfte bereits über Gustavs Hände und auf das dreckfleckige Trottoir zu seinen Füßen.
„Verzeihung!", schickte sie hinterher und blickte auf den nun leeren Becher und das Malheur auf den Händen ihres Gegenübers. Gustav stand hilflos da, seinen eigenen Kaffeebecher zum Mitnehmen in der nassen Hand. Am Hemd abwischen wollte er sie nicht. „Dumme Idee", dachte er im Allgemeinen und wusste nicht, ob er das Missgeschick am Morgen oder den generellen Erwerb von überteuerten Heißgetränken meinte - dem Luxus der kleinen Leute - von dem er wusste, dass er sich das eigentlich nicht leisten konnte als freischaffender Künstler ohne festes Einkommen in einer Stadt wie New York.
Auch die Frau mit der Sonnenbrille stand tatenlos da. Dann machte sie eine vage Handgeste, drehte sich um und verschwand im Inneren des Ladens und Gustav eilte weiter. Das zufriedene Lächeln auf ihrem Gesicht bemerkte er nicht mehr. Von seinem WG-Zimmer bis zum Atelier war es nicht weit, dort würde er sich die Hände waschen.
Während einige Minuten später das klare, kalte Wasser über seine Haut lief, fiel sein Blick auf das alte Klapphandy auf der Ablage. Gustav hoffte inständig, dass an diesem Tag endlich der ersehnte Anruf eingehen würde.
Aus reiner Neugier hatte er an diesem Morgen sein Horoskop gelesen, welches ihm mitgeteilt hatte, dass er sich etwas gönnen dürfe, ihm ein unangenehmes, aber auch ein lang erwartetes Ereignis bevorstanden. Zwei von drei hakte er vor seinem geistigen Auge ab – nicht, dass er an diesen Mist glaubte, aber trotzdem, irgendwoher brauchte er Hoffnung und den Glaube, dass sich bald alles zum Besseren wenden würde.
Dann schreckte dasKlingeln ihn aus seinen Gedanken.
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