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„Entschuldigen Sie die Verspätung, Euer Ehren, Vorsitzender Richter. Es ist zu einem kleinen Zwischenfall gekommen." Ein klein wenig konnte man hören, wie sie nach Atem rang. Die Strecke bis zum Gerichtshof musste sie wohl gerannt sein, denn ihre perfekt festgesteckte Frisur war ein klein wenig verrutscht.
„Was Sie nicht sagen...", gab ich mit gespieltem Interesse zurück. Hopp, setz dich hin. Wir warten schon viel zu lange.
„Der für diese Verhandlung vorgesehene Anwalt ist zu unserem größten Bedauern auf dem Weg hierher überfallen worden. Doch dies ist ein Fall für sich. Daher bin ich nun als seine Vertretung überaus kurzfristig eingesprungen. Ich hoffe, dafür erhalte ich Ihr Einverständnis." Was hätte ich dagegen auch sagen sollen. Daher schwieg ich und nickte nur verständnisvoll. Schwer konnte ich mir das kleine Grinsen verbergen, welches meine Laune wahrhaft beschrieben hätte. Offensichtlich war der Anwalt tatsächlich aufgehalten worden. Man hielt mir ohne meine Anweisungen den Rücken frei. So wie ich es gernhabe. Die gute Frau konnte kaum sehr kompetent sein. Ansonsten wäre sie die erste Wahl gewesen. Mit der Arbeit meiner Mitstreiter konnte ich nur zufrieden sein.
„Wenn Sie sich nun setzen würden.", wies ich sie an. Der Spaß konnte beginnen!
„Sehr geehrte Geschworene, geehrte Geladene, wir haben uns hier versammelt, um das Urteil über denjenigen auszusprechen, der laut den Klägern der Verantwortliche für die unglaublichste Mordserie unserer Stadt ist. Doch hört nun selbst den Kläger." Mit einer ausladenden Armbewegung deutete ich auf die erwähnte Bank. Es wirkte, als würde er auf glühenden Kohlen sitzen, denn schon öffnete sich sein Mund, um auch gleich auch schon loszusprechen.
„Hier geht es um mehr als nur einen Serienmörder. Es handelt sich um den schlimmsten Vorfall, den es seit mindestens hundert Jahren gegeben hat. Fünfzig junge Frauen wurden die Opfer dieses herzlosen Verbrechers. Fünfzig unschuldige Mädchen, haben Sie das vernommen?", brüllte der Mann unter Tränen. Ja, ich habe es verstanden, keine Sorge. Auch wenn es Sie jetzt erstaunen wird, doch auch ich habe die Akten gelesen. Ein wenig Vorbereitung hatte mir nicht geschadet.
„Meine Tochter... Meine Tochter...", schluchzte er. Gerne hätte ich erfahren, was es mit seiner Tochter auf sich hatte, abgesehen davon, dass sie leider dieser Bestie zum Opfer gefallen war. Seine Ehegattin war ebenfalls nicht verschont geblieben. Es muss schon schwer sein, so viele Angehörige seiner Familie verloren zu haben.
Sofort wurde der Kläger von der Gegenseite unterbrochen. „Es handelte sich um achtundvierzig Morde.", bemerkte die Anwältin trocken. Als wäre das noch der Rede wert. Noch bevor ich wegen Verstoßes der Redeordnung einschreiten musste, fuhr schon der Anwalt des Klägers dazwischen: „Frau Anwältin, darf ich Sie darauf hinweisen, dass Sie nicht die Erlaubnis dazu besitzen, meinen Mandaten ohne Grund zu unterbrechen. Zudem würde ich gerne anmerken, dass Ihre Mitteilung nichts zur Sache tut. Wie mein Mandat schon betonte, es geht hier um die Menschenleben, die aufgrund ihres Mandanten ausgelöscht wurden, und die Grausamkeit, mit der dies geschah."
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