Grenzen

Verdammt! Warum habe ich mich auf diese Scheiße bloß eingelassen? Mein Gefühl hat mir ja gesagt, dass diese Tat zu viel ist!

Mit trübem Blick beobachtete ich, wie sich die Menschenmasse langsam löste und gespaltene Wege einschlugen. Das Prasseln des Regens, welches mit jedem weiteren, rasenden Herzschlag meinerseits zu wachsen schien, trieb die Leute weiter dazu an, ihre Häuser auf zu suchen.
Ich vergrub meine kalten, feuchten Hände in meiner Jackentasche und lehnte seufzend meinen Überhitzen Kopf gegen die die kühle Stange einer Straßenlaterne.
Ich bildete mir sogar ein, ein leises zischen zu vernehmen, als meine kochende Schläfe auf das eisige Metall traf – Aber wie gesagt, es war alles nur Einbildung. Ein Produkt meiner Fantasie, welches mir helfen sollte, die Ereignisse der letzten 24 Stunden besser zu verarbeiten.
Ich wünschte mir jedoch, dass dieser Abend nur die reinste Fantasie war. Einbildung welche in meinem Kopf entstanden war, damit sich in mein langweiliges Leben auch mal etwas Action schlich.

Mit Mühe hielt ich mir die Träne zurück – Meine Wangen glühten und bestimmt sah man noch den dunkelroten Abdruck einer Hand an meinem rechten Kiefer.
Hätte ich diese ganze Scheiße nicht abgezogen, dann hätte ich noch ein Zuhause... Voll mit Menschen welche mich lieben – Mit meinen Macken und allem Drum und Dran.
Ich wusste das ich nicht wirklich Asozial oder Aggressiv war, wie mein Vater mich gerne bezeichnete... Nein! Ich war eben einfach nur ein ungeschliffener Diamant mit scharfen, unebenen Kanten. Und mein Schleifgerät? Das wäre einfach nur Liebe, Geborgenheit und Vertrauen...

Nur habe ich keine Menschen um mich, welche mir diese Drei, für mich so sehnsüchtig erwartete, fast lebensnotwendigen, Dinge entgegenbrachte.
Ich kramte eine Zigarettenschachtel hervor und zog eines dieser giftigen Dinger heraus.
Eigentlich wollte ich aufhören zu rauchen – Schon seit Wochen schrieb ich es mir vor, das Einatmen dieses Giftes zu unterlassen, oder wenigstens zu verringern.
Aber mein Leben steht kurz davor, von der Klippe zu stürzen, da brauche ich diese beruhigende Aura um mich herum, welche die Zigaretten bei mir auslösen.
Als ich mit meinem Feuerzeug eine Flamme entzündete, konnte ich mir die Tränen nicht mehr zurückhalten. Diese kleine, zerbrechliche Flamme war so unschuldig, dennoch konnte sie einen gefährlichen Brand hervorrufen, welcher sogar Menschenleben fordern würde.
Dieses kleine Feuer erinnerte mich an mich – So jung und unschuldig, dennoch so gefährlich.
Ich fing eine kleine Träne in meinem Augenwinkel auf, ehe ich mir über die Augen wischte.

„Das war ja wohl klar... Soviel zu ‚Ich rauch nicht mehr' ", ertönte plötzlich eine matte Stimme hinter mir.
Erschrocken wirbelte ich herum und starrte in zwei hellbraune, mir nur allzu bekannte, Augen.
Allison. Eine Person, welche mich oft genug enttäuscht und verraten hatte.
„Lass mich in Ruhe!", zischte ich und nahm einen kräftigen Zug an der Zigarette. Genüsslich schloss ich die Augen und ließ den Rauch sogleich wieder durch meine Nasenflügel entweichen.
„Ich wusste nichts davon, Liam! Das kannst du mir glauben – Steve hat das alles ganz alleine geplant! Hätte ich davon gewusst, hätte ich natürlich alle Hebel in Bewegung gesetzt, um dich da heraus zubekommen." Allison Stimme klang monoton, als würde sie einen auswendig gelernten Text aufsagen. Bestimmt hat sie diese Nummer schon bei einigen anderen abgezogen, welche darauf hereingefallen sind und sich von ihr in weitere kriminelle Machenschaften ziehen ließen. Aber nicht mit mir! Ich kenne jetzt ihr wahres Gesicht!
„Spar dir deine billige Nummer!", knurrte ich und ließ meine Zigarette zu Boden fallen, wo ich sie ausdrückte, ehe ich meine Aufmerksamkeit Allison widmete.

Ein paar ihrer blonden Strähnen waren von dem Regen durchnässt und klebten an ihrem Gesicht.
Ihre lieblichen Gesichtszüge zauberten mir unwillkürlich ein Lächeln auf die Lippen, welches ich krampfhaft zu unterdrücken versuchte.
Ihre geröteten Augen deuteten darauf hin, dass sie einen Streit mit Steve hinter sich hatte.
Bestimmt war er sauer, weil ich mich geweigert hatte den Bankmitarbeiter ab zu knallen. Allison bekam dann seine Aggressionen zu spüren... Dennoch diente sie ihm.
„Das meinst du nicht so", flüsterte das Mädchen und schüttelte bekräftigend den Kopf, als wolle sie sich selbst darin versichern.
Flink trat sie ein paar Schritte auf mich zu, stellte sich auf ihre Zehenspitzen und drückte ihre Lippen auf meine.

Kurz gewährte ich ihr diese Berührung, genoss es sogar. Jedoch gelang es mir, die Kontrolle wieder zu übernehmen, als sich meine Hände in ihre Haare vergraben wollten.
Grob stieß ich sie von mir und wich dann selbst ein paar Schritte zurück.
„Lass die Scheiße, Allison! Ich werde nicht als dein Ersatzspielzeug hinhalten! Ich hab Steve und dich gesehen, okay?! Ich weiß alles!"

Allison starrte mich fassungslos an, ehe sie in Tränen ausbrach.
Früher hätte ich mich entschuldigt, sie gestützt und versucht sie zu beruhigen. Aber jetzt ließ ich sie stehe, allein im Regen.
Soll sie sich doch andere Idioten suchen, welche ihr Trost spendete, wenn ihr Boss mal wieder unzufrieden war.
Soll sie sich doch andere Kerle suchen, welche die Drecksarbeit für Steve erledigen und sich nicht davor zieren, ein Menschleben aus eigener Hand zu beenden.
Aber ich mach da nicht mehr mit – Nie wieder!

-Geschrieben am 16.11.2015-

830 Wörter


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