Seo -3-

Es fühlte ich schon kriminell an, wie ich nichts in die vorgegebene Kästchen schrieb. Mein Ehrgeiz hatte gerade mächtig zu kämpfen. Dabei wusste ich jede einzelne Antwort und würde glatt wieder über 90 Punkte erreichen können. Um nicht länger die schmerzhaft leeren Lücken betrachten zu möchten, drehte ich die Blätter herum und vergrub mein Gesicht in die Hände. Im Hintergrund hörte ich Stifte, die schnell über die Blätter geführt wurden, die Metallspitze ihrer Kugelschreiber und Füller auf der weißen Oberfläche aufkommend. Auch hörte ich das Herumgeblättere der Arbeitsblätter und am schlimmsten die Uhr, die leicht tickte. Für mich war sie bisher nie von Bedeutung gewesen, doch jetzt hörte ich ihr Ticken so deutlich, dass ich richtig unruhig wurde. Mit jedem Ticken der Uhr wurde meine Chance geringer noch eine gute Note zu schreiben. Ich widerstand allen Verlockungen und gab die Arbeit am Ende der Stunde bei meinem Geschichtslehrer ab. Die Unruhe zog sich wie ein Sturm über mich. Mein Gemütszustand war nicht gerade sonnig.

Die Arbeit bekamen wir eine Woche später ausgehändigt. Dieser Moment war der Allerschlimmste für die ganze Schülerschaft. Da war diese schreckliche Anspannung, wenn die Lehrer durch die Gänge ging und die Arbeiten austeilte. Herr Lee sah mich enttäuscht an. „Das hätte besser laufen können, Hyunjin. Nächstes Mal strengst du dich besser an, okay?" Er gab meine Arbeit. Bei der Punktzahl musste ich schwer schlucken, es tat mir fast physisch weh. 57 Punkte. So schlecht war ich in meinem Leben noch nie gewesen. Schnell packte ich die Arbeit weg, damit ich sie mir nicht mehr anschauen musste. Ich hoffe, dass das Changbin jetzt freudig stimmte. Und das tat es auch. Als unsere Leistungen wieder für alle sichtbar waren, sah ich Changbin als einer der ersten, die sich zum schwarzen Brett fortbewegten. Wie vermutet, stand mein Name nicht mehr ganz oben, sondern war nach unten gerutscht, was mir ein Dorn im Auge war. Stattdessen stand Seo Changbin ganz oben. Genau so wie er es wollte. Grinsend, als würde er gerade einen Süßigkeitenladen ausgeraubt haben, stellte er sich neben mir hin und sah seinen Namen. „Du hast es tatsächlich durchgezogen?", fragte er mich, um mir noch mehr Salz in meine Wunde zu streuen. „Ja, habe ich. Jetzt schuldest du mir Antworten." Changbin zog mich aus der Menge heraus, die sich hinter und versammelt hatten. „Gut, dann komm mit nach draußen." Dsetzte wir uns auf einer Bank. Ich verstand wieso Changbin hier sein wollte. Die Sonne strahlte warm auf uns. Langsam vermutete ich, dass Changbin sich gerne in der Natur aufhielt, wenn er nicht wie ich nur am Lernen war.

„So, du willst also Minhos kleines Geheimnis erfahren. Er hat sich seine schulischen Leistungen bei mir erkauft. Minho ist nämlich nicht so gut in der Schule, wie er vorgibt. Alle sollten denken, dass er was im Kopf hat, damit niemand enttäuscht von ihm war." 

Schockiert riss ich die Augen auf. Minho hat die ganze Zeit über nur so getan, als würde er den ganzen Schulstoff wissen? Seit wann machte er das? Wie machte er das? Ich hatte so viele Fragen. Die stellte ich Changbin. „Seit wann er das macht? Seit dem Anfang. Bis auf englisch, habe ich alle seine Hausaufgaben und Aufsätze bearbeitet und er musste es nur noch abschreiben. Natürlich zu einem angemessenen Preis. Ich hab ihm ebenfalls die Lösungen zu Klassenarbeiten mitgeteilt und nein, ich habe sie selber nie benutzt. Frag mich nicht, wie ich es geschafft hab, ich würde es dir eh niemals sagen." Seit dem Anfang der Oberstufe? Seit fast drei Jahren? Er war sehr erfolgreich damit gewesen. Nie hätte ich gedacht, dass er alles nur faked. Gut, er wollte nie mit mir lernen. Jetzt war mir auch klar wieso. Er wollte sich nie bei mir blamieren. Minho musste es sich wirklich gut alles überlegt haben, viel Zeit investieren, um die Wahrheit zu verstecken. Nur in Englisch entsprachen seine Noten seinem wirklichen Wissen, was ich mir mit der Beziehung zu Chan zusammenreimte. Er wollte ihn stolz machen und Lob von ihm bekommen, deswegen hatte er sich immer angestrengt, um gute Noten zu schreiben. Irgendwie war das schon ziemlich süß, wie Chan ihm die nötige Motivation gab, sehr gut in Englisch zu werden.

„Wir haben immer ein leeres Klassenzimmer herausgesucht und haben dort unser Tauschgeschäft gemacht. Ich gab ihm meine Aufschriebe oder die Lösungen, je nachdem was er brauchte, und er gab mir sein Geld. Ich hab wirklich gut verdient. Minho war sehr spendabel, wenn es um seine 'Leistungen' ging. Wirklich schade, dass er tot ist. Er hätte mir ein kleines Vermögen vermacht. Du wirst jetzt deine Klappen halten, okay? Diese Konversation hat niemals statt gefunden. Versprich mir das." Es wäre die perfekte Möglichkeit den unfreundlichen Changbin Karma zu verpassen, doch ich versprach es ihm. „Mache ich."

In mir sträubte alles Chan in die neue Info einzuweihen. Er war schließlich immer noch ein Lehrer. Würde er Minho vor seiner Lehrerpflicht wählen? Bestrafen konnte man Minho eh nicht mehr, also weihte ich ihn ein. Wie ich war er schockiert darüber, versprach mir aber, dass er für sich behielt. 

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