Loserstreber #1 -5-
Wenig später wurde das Tor aufgemacht und ich lief durch. Es war das erste Mal, dass ich zu Fuß den Weg zur Villa lief. So sah ich die Bäume und Blume besser, an denen ich immer noch vorbeigefahren wurde. Alles war hier so vertraut. Viel zu vertraut. Hier in Minhos Zuhause griff mich die Trauer an, ich fühlte mich so hilflos, so traurig, aber ich musste jetzt dadurch. Saejin trauerte auch. Sie wusste, wie ich mich fühlte. Sie würde mit rot verquollenen Augen an der Haustür stehen und ihr sonst perfektes Erscheinungsplan würde nicht mehr so perfekt sein. Wie ich mich täuschte. Ihr langes, dunkelbraunes Haar war wie immer gestylt und sie trug ein modisches, schwarzes Designerkleid. Keine rot verquollenen Augen, keine Müdigkeit in ihren Augen. Sie sah nur fertig aus, allerdings eher so, als würde sie einfach nur zu viel Stress haben, anstatt ihren einzigen Sohn verloren zu haben. Minhos Mutter war nie ein Freund von großen Reaktionen gewesen, sie war ziemlich streng mit Minho, doch ich habe wirklich gedacht, sein Tod würde ein großer Trauerhaufen aus ihr machen.
„Hallo Hyunjin." Sie nahm mich wie immer in den Arm. Ihr teures Parfüm wehte mir in die Nase. So roch niemand, der seinen Sohn gerade verloren hatte. Wie sehr ging ihr Minhos Tod überhaupt nah? Ich löste mich von ihr und lief mit ihr rein. Ihre Absätze der schwarzen, flachen Highheels, klackten hektisch über den dunkelbraunen Parkettboden. „Möchtest du was trinken, bevor du in Minhos Zimmer gehst? Lass dir ruhig Zeit." Ich verneinte und lief gleich die Treppen nach oben in Minhos Etage. Da die Villa so groß war, besaß mein Kumpel ein ganzes Stockwerk für sich. Schnurstracks lief ich zur Minhos Schlafzimmertür und öffnete sie. Dort an der Wand stand sein großes Kind Size Bett mit schwarzer Seidenbettwäsche. Die Bediensteten haben sein Bett gemacht. Allgemein haben sie sein ganzes Zimmer aufgeräumt. Jetzt sah es aus wie aus einem Einrichtungshaus, als Minhos Schlafzimmer. Weg waren die Klamotten, die oft auf Minhos Bett lagen. Der einzige Beweis auf Minhos einstiges Leben hier, waren seine Bilder, die er eingerahmt an der Wand hatte. Es gab auch ein paar Bilder von uns beide.
„Hier hat man ihn gefunden", ertönte Saejins Stimme hinter mir. Sofort bekam der Raum eine andere Aura. Das war kein Einrichtungszimmer, noch Minhos Zimmer, es war ein Zimmer, in dem jemand gestorben war. „Wer hat ihn gefunden?"
„Hayun", antworte Minhos Mutter. Hayun war eine Bedienstete und war für Minhos Etage zuständig. Oft hatte er sie mit Geld oder Schmuck bestochen, dass er nicht bei ihm putzen sollte, weil er es das selber machen wollte. Am Ende hatte Minho sich nie aufgerafft seine Zimmer zu säubern. Er wollte einfach keine Bedienstete bei sich haben, die bei ihm rumschnüffeln konnte. „Hyunjin? Ich möchte, dass du sein Handy bekommst. Dort sind sicher viele Erinnerung von euch darauf. Mein Mann und ich haben keine Verwendung dafür." Sie drückte mir Minhos silbernes Handy in die Hand. „Ich lasse dich jetzt alleine." Mit hastigen Schritten stöckelte sie weg. Für einen traurigen Moment starrte ich auf Minhos Handy in meiner Hand. Minho traf man nie ohne Handy an. Ob es noch an war? Ich drückte auf die Entsperrtaste und sah ein Bild von uns beide, wie wir gemeinsam irgendwelche Cocktails in einer Bar tranken. Liebevoll strich ich über das vertraute Display und wurde wieder von Trauer übergriffen.
Bevor ich mich allerdings wieder so wie heute morgen verlieren konnte, steckte ich das Handy in meine Jackentasche und suchte erstmal das Ladekabel dafür. Wie immer lag es ordentlich zusammengerollt auf Minhos Nachtkästchen. Das steckte ich ebenfalls ein. Erst dann konnte ich meine Klamotten und meine Kopfhörer zusammensuchen. Sowie ich Hayun kannte, hatte sie meine Sachen in Minhos Kleiderschrank gesteckt, damit sie nicht im Zimmer herumlagen. Dort fand ich auch meine Kopfhörer, die ich auch an mich nahm. Als ich mich durch Minhos Klamotten durchschlug, wehte mir das vertraute Waschmittel von Minho in die Nase. Selbst das vermisste ich. Ich legte alle meine Klamotten sorgfältig auf Minhos Bett und setzte mich auf die Bettkannte. Die Matratze gab etwas nach. Minhos Bett war immer gemütlicher als meins gewesen. Ich hab es geliebt hier zu schlafen, wenn Minho mir sein Bett überlassen hatte, um selbst auf seine extrem gemütliche, große Couch zu schlafen. Ich lies Minhos Zimmer nochmal in mich einsacken. Ein letztes Mal.
Jetzt wo ich wieder in Minhos Zuhause war und all die Erinnerung in mir zugelassen hatte, war sein Selbstmord wieder schwer zu verkraften. Minho war so ein lebensfroher Mensch gewesen, der wusste, wie man Spaß haben konnte. Dann brachte er sich einfach um. So ganz wollte ich nicht daran glauben und ich hinterfragte mich die Reaktion von Saejin. Wieso war sie so gefasst, als würde der Tod von Minho ihr nicht viel ausmachen? Hatte sie...etwa damit gerechnet, dass ihr Sohn irgendwann mal diesen Schritt wählte? Heftig schüttelte ich den Kopf. Saejin war nicht so drauf. Trotzdem hatte ich ein ungutes Gefühl bei der Sache. Ich lief mit meinen Klamotten nach unten, um Minhos Mutter Bescheid zu sagen, dass ich fertig bin. Sie eilte zu mir und gab mir eine Tasche, um dort meine Sachen und Minhos Ladekabel zu verstauen. Sie legte ihre perfekt, manikürten Hand auf die Schulter. „Minhos Tod soll kein Grund sein, dass du uns nicht mehr besuchen darfst. Mein Mann und ich würden uns freuen, wenn du weiter mit uns Kontakt hältst. Gunwoo wird dich dann abholen Du kannst auch gerne mal hier übernachten, wenn du möchtest. Minho hätte sicher nichts dagegen, wenn du in seinem Bett schläfst. Gunwoo bringt dich übrigens auch nach Hause."
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